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Das Paradoxon der Rationalität: Max Weber

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Politik und Technik
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Zusammenfassung

Für die positivistische Soziologie Spencers oder Durkheims war die wissenschaftliche Rekonstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit ein wissenschaftstheoretisch vorab geklärtes Problem, Gesellschaft wurde als Teilmenge einer universalen Wirklichkeit begriffen, deren Erkenntnis entsprechend den Naturwissenschaften mit nomologischen Mitteln möglich sein mußte. Diese Vorstellung halt Weber für naiv, denn sie muß soziale Vorgänge so weit abtrahieren, daß sie sich in gesetzmäßige Regelmäßigkeiten fügen — das ist ja der Ansatz der Theorie der Institution, die davon ausgeht, daß bestimmte soziale Vorgänge in annähernd gleicher Form in jeder Kultur auftreten -, wobei notwendig die Spezifika des immer nur kulturell vorstellbaren Sozialen verlorengehen. Das Ergebnis müsse ein sozialer ‘Biologismus’ sein, der, weil er das Besondere eliminiert, die Gefahr der Vernichtung der kulturellen Werte heraufbeschwört, deren Audruck doch gerade die Institutionen sein sollen. Webers Beitrag zur Theorie der Institution läßt sich nur vor dem Hintergrund dieses Skeptizismus rekonstruieren, er ist gewissermaßen der letzte große Beitrag zur Verteidigung des (bürgerlichen) Individuums vor der — durch die Entfaltung der Technik bedingten — kollektiven Vereinnahmung in die Anonymität einer ‘Massengesellschaft’.

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Literatur

  1. Hennen versucht eine Verknüpfung über die zentralen Begriffe ihrer Theorien und nennt Evolution, fait social und Rationalität. Wir folgen Aron, der für die klassische Soziologie die Formel prägte: Wie ist Gesellschaft möglich?, was uns zu den logischen und historischen Stufen Stabilität, Solidarität und Rationalität führt, die nach unserer Auffassung jeweils im Zentrum des Interesses der drei Klassiker standen. Wir folgen aber Hennen, wenn er behauptet, daß Webers Rationalitätsbegriff nicht nur akteurbezogen ist, sondern auch stets systemrelevante Bezüge enthält, z. B. wenn er die Besonderheit der okzidentalen Entwicklung gegenüber anderen rational abgrenzt und begründet. Webers Rationalitätsbegriff ist insofern kulturspezifisch gebunden und ‘institutionalistisch’ . Dies rechtfertigt, Webers Soziologie als einen Beitrag zur Theorie der Institution einzustufen. Manfred Hennen, Krise der Rationalität — Dilemma der Soziologie, Stuttgart 1976, 3 und 15ff.

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  2. Max Weber, Roschers ‘historische Methode’ (1903), in: Johannes Winckelmann (Hg.), Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre von Max Weber (GAzWL), Tübingen 19734, 3–42.

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  3. zwischen der deutschen ‘historischen’ Schule und der Wiener ‘theoretischen’.

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  4. Dilthey hatte zwischen Natur- und Geisteswissenschaft, Rickert zwischen Gesetzesund Geschichtswissenschaft unterschieden. Vgl. Max Weber, GAzWL, 12, Fußnote 1.

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  5. Weber unterscheidet: “der Ablauf menschlichen Handelns und menschlicher Äußerungen jeder Art (ist) einer sinnvollen Deutung zugänglich, welche für andere Objekte nur auf dem Boden der Metaphysik ein Analogon finden würde. “ GAzWL, 12f. Fußnote 1.

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  6. Max Weber, Die ‘Objektivität’ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904), in: GAzWL, 146–214, im folgenden kurz Objektivitätsaufsatz.

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  7. GAzWL, 170.

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  8. “Die philosophische Grundthese des Neukantianismus ist die kritizistische Auffassung, daß die Wirklichkeit als an sich seiende nicht Gegenstand irgendeiner Wissenschaft sein kann, da sie wissenschaftlich nicht als solche zu erkennen ist. “ Rainer Prevo, Max Webers Wissenschaftsprogramm, Ffm. 1979, 32. “Trotz aller emphatischen Betonung des wirklichkeitswissenschaftlichen Charakters seiner Soziologie besteht Weber mit der gleichen Rigorosität darauf, daß Wirklichkeit immer nur begrifflich vermittelt, niemals aber unmittelbar zugänglich sein könne ... und damit verlagert sich der Vorgang der Wirklichkeitsbeschreibung in den Bereich der Bemühungen um ‘Vorveranstaltungen’ , um Wirklichkeit erkennbar zu machen. “ Hennen (1976), 14f.

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  9. “Die Wirklichkeit wird Natur, wenn wir sie betrachten mit Rücksicht auf das Allgemeine, sie wird Geschichte, wenn wir sie betrachten mit Rücksicht auf das Besondere und Individuelle. “ Heinrich Ricken, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft (1899), Tübingen 1926, 63. Im letzteren Fall besteht nun eine prinzipiell unbegrenzte Anzahl individualisierender (historischer) Fragestellungen und damit kultureller Gegenstände sowie Arten, sie zu untersuchen. Um Verbindlichkeit zu erlangen und dem Verdacht der Willkür zu entgehen, muß demnach jede Kulturwissenschaft ihre speziellen Fragen an ‘Kulturwerten’ verankern, d.h. die begriffliche Bearbeitung des Stoffs auf Werte beziehen, wobei jeweils “ein begrifflich erzeugtes historisches oder kulturelles Individuum hervorgebracht wird. “ Prevo (1979), 44f.

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  10. GAzWL, 13f.

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  11. Max Weber übersetzt die Scheidungen Diltheys und Rickerts in dieses Begriffspaar.

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  12. GAzWL, 11f.

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  13. Mit dieser Formulierung setzt sich Weber von Rickert ab. GAzWL, 12f., Fußnote 1.

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  14. GAzWL, 41.

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  15. “Was zwischen der Vernunft als selbstbewußtem Geiste und der Vernunft als vorhandener Wirklichkeit liegt, was jene Vernunft von dieser scheidet und in ihr nicht die Befriedigung finden läßt, ist die Fessel irgendeines Abstraktums, das nicht zum Begriffe befreit ist. “ Hegel (1976), 26.

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  16. GAzWL, 40f.

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  17. Ebd.

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  18. Ebd., 41. Aus der Position Webers lassen sich offenbar gegensätzliche Schlüsse ziehen. C. Wright Mills feiert die Wertepluralität Webers als ‘moralischen Gipfel’: “Weber stellt die soziale Welt als ein Chaos der Werte, eine hoffnungslose Pluralität der Götter dar; sein Weltbild ist vom Pessimismus eines klassischen Liberalen von hoher Intelligenz und ungeheurem Wissen geprägt, das Weltbild eines Denkers am Ende der liberalen Ära, der keine Basis für Entscheidungen und kein anderes Kriterium als seinen persönlichen Willen und seine Integrität findet. “ Während für Leo Strauß diese Position mit Notwendigkeit zum Nihilismus führt, worauf Käsler hinweist. Dirk Käsler (Hg.), Max Weber, München 1972, 29f.

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  19. GAzWL, 217f. Tenbruck stuft die Wissenschaftslehre Webers als ‘Hilfsüberlegungen zur Krise des Fachs’ ein, die nicht Zweck, sondern Mittel seien. Friedrich H. Tenbruck, Die Genesis der Methodologie Max Webers, KZfSS 4 (11, 1959, 573–630, 582.

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  20. Vgl. Richard van Dülmen, Protestantismus und Kapitalismus. Max Webers These im Lichte der neueren Sozialgeschichte, in: Christian Gneuss und Jürgen Kocka, Max Weber. Ein Symposium, München 1988, 89.

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  21. Tiryakian (1981), IV, 17ff.

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  22. Nach Tenbruck (1959, 22) hat Weber seine Aufsätze zur Wissenschaftslehre gegen das Eindringen von Comte, Spencer und Marx in die deutschen Kulturwissenschaften geschrieben.

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  23. Offe spricht bei Weber von einem ‘staatstechnischen Institutionenbegriff’ . Die Institutionen der parlamentarischen Demokratie hätten für Weber keinen ethischen Eigenwert, sondern sie dienten der bloßen Steuerungsfunktion bei der Elitenauslese. Max Weber und das Projekt der Moderne. Protokoll einer Diskussion Claus Offes, Dieter Henrichs und Wolfgang Schluchters, in: Gneuss und Kocka (1988), 174.

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  24. Den Begriff des Idealtypus entleiht sich Weber von Jellinek, der damit juristisch Seinsollendes bezeichnet. Seine Bedeutung, Sinnkomplexe zusammenzufassen, um sie zu verstehen, folge hingegen Simmel, behauptet Tenbruck (1959), 62off.

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  25. GAzWL, 170. Wirklichkeitswissenschaft ist der wissenschaftslogische Gegenbegriff zur Gesetzeswissenschaft. Für sie habe Weber leidenschaftlich Partei ergriffen, und sie sei deshalb das Scheidewasser jeder Weber-Interpretation, behauptet Tenbruck, um Parsons vorzuhalten, er habe Weber gesetzeswissenschaftlich ‘umgedeutet’ , in The Structure of Social Action auf alles das gesetzt, “was Weber als gefährlichen Irrweg verwarf: Entwicklung eines definitiven Systems von Begriffen zwecks Entwicklung einer definitiven Theorie, aus der sich Wirklichkeit vorhersagen lasse, und damit beharrlicher Fortschritt der Soziologie zu einer strengen Gesetzeswissenschaft.” Friedlich H. Tenbruck, Das Werk Max Webers: Methodologie und Sozialwissenschaften. KZfSS 1 (38, 1986), 13–31, 18.

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  26. GAzWL, 170f.

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  27. Ebd. , 172.

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  28. Ebd., 180.

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  29. Ebd. Unter Bezugnahme auf dieses Weber-Zitat kritisiert Tenbruck (1959, 592f. und 602) den Begriff Wirklichkeitswissenschaft bei Weber als ‘zwielichtig’ . Der Begriff suggeriere, daß es eine die Wirklichkeit selbst wiedergebende Wissenschaft geben könne. Die könne es aber nach Weber gerade nicht geben, sondern der Begriff diene der Verteidigung von Wertgesichtspunkten gegen den Naturalismus. Allerdings geschehe die ‘Rettung der Kulturwissenschaft’ auf Kosten ihrer Objektivität.

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  30. In der Ablehnung biologischer Erklärungen sozialen Verhaltens und des Sozialdarwinismus sollen Weber und Durkheim übereingestimmt haben. Tiryakian (1981), IV, 18.

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  31. Unvollendetheit ist nach Aron (1971, II, 179 und 185) für Weber Wesenszug der modernen Wissenschaft, er lehne ‘soziale Gesetze’ ab. Seine Soziologie enthalte insofern zwei Verneinungen, die gegen Durkheim gerichtete, daß Wissenschaft ableiten könne, wie der Mensch leben solle, und die gegen Marx gerichtete, wie er künftig leben könne.

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  32. Die Polemik gegen Marx ist kaum berechtigt, Webers zentrale These, die Zusammenfassung seiner wissenschaftlichen Arbeit, wenn wir Tenbruck glauben wollen, ist selbst die einer Tendenz. Er leitet seine Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie mit dem ersten Satz der berühmten Vorbemerkung ein: “Universalgeschichtliche Probleme wird der Sohn der modernen europäischen Kulturwelt unvermeidlicher- und berechtigterweise unter der Fragestellung behandeln, welche Verkettung von Umständen hat dazu geführt, daß gerade auf dem Boden des Okzidents, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch — wie wenigstens wir uns gerne vorstellen — in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen?” Marianne Weber (Hg.), Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie von Max Weber (GAzRS), Tübingen (1920) 1972, 1. Tenbruck wertet: “Der Satz, aufgrund der ‘Einleitung’ und ‘Zwischenbetrachtung’ geschrieben, dokumentiert einen Erkenntnisstand, der in den Sachkapiteln von WG und WEWR noch nicht erreicht war. “ Friedrich H. Tenbruck, Das Werk Max Webers, KZfSS 4 (27, 1975, 663–702, 679. Und elf Jahre später ergänzt er in einer umstrittenen Fußnote 4 seines Methodologie-Aufsatzes (1986, 31): “... Hinzu kommt, daß Weber zweifellos am Konzept der Wirklichkeitswissenschaft später einige Korrekturen vorgenommen hat. Seit etwa 1908 erhalten die ‘Regelmäßigkeiten’ eine verstärkte Bedeutung ganz einfach deshalb, weil Weber nun von der allgemeinen Verteidigung der Kulturwissenschaften als Wirklichkeitswissenschaften zu dem besonderen Fall der Sozialwissenschaften übergeht.” Zum Streit um die ‘Regelmäßigkeiten’ vgl. auch Gerhard Wagner und Heinz Zipprian, Tenbruck, Weber und die Wirklichkeit, KZfSS 1 (39, 1987), 132–149, 139, sowie Tenbrucks ‘Erwiderung’, ebd. , 150–155.

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  33. GAzWL, 190.

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  34. Aron (1971, II, 195) unterscheidet bei Weber drei Idealtypisierungen: historische Individuen wie den Kapitalismus, abstrakte Elemente der historischen Realität wie die Bürokratie und rationalisierende Rekonstruktionen besonderer Verhaltensweisen wie die Summe der ökonomischen Lehrsätze. Schluchter setzt Webers idealtypische Begriffe idealtypischen Theorien gleich. Wolfgang Schluchter, Aspekte bürokratischer Herrschaft, München 1972, 122. Hennen (1976, 74) kritisiert, daß der Idealtypus als ‘Surrogat für Gesetze der Gesellschaft’ dienen soll.

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  35. Tenbruck (1975, 683) weist darauf hin, daß Weber in der Zwischenbetrachtung wenigstens in einem Fall vom Idealtypus in den Realtypus wechselt, nämlich bei den religiösen Weltbildern, und sich damit im Lager des zeitgenössischen Evolutionismus befinde. Was Weber unter dem Problem der Theodizee abhandele, sei die Behauptung einer auf Rationalitätsdruck reagierenden Eigenlogik der religiösen Sphäre. Mehr noch: “Weber leugnete also radikal, was seine (und unsere) Zeit über alle Differenzen hinweg für ausgemacht hält: daß der Mensch seine Rationalität unmittelbar an der Wirklichkeit bestätigt und gewinnt, im Dienst seiner vernünftigen Interessen, welche zugleich auf die kognitive wie auf die praktische Bewältigung von Tatsachen hinauslaufen. Für Weber hingegen beansprucht die religiöse Rationalisierung mit ihrer Eigenlogik Priorität, entwickelt sich also das, was wir kurzerhand Rationalität nennen, unter dem Vorbehalt der religiösen Rationalisierung.” Roth verweist auf den Begriff der Eigengesetzlichkeit, den Weber im Zusammenhang mit seiner Kritik an den monokausalen Grundannahmen des historischen Materialismus verwende, wenn er z. B. von der ‘Eigengesetzlichkeit’ der Strukturformen des Gemeinschaftshandelns spreche (WG, 201), die ‘im Einzelfall’ wirtschaftlich mitbestimmt sein könnten. Weber kontrastiere die Marktautonomie mit der höchst eigenwilligen Eigengesetzlichkeit des Religiösen, die ökonomische Bedingungen auf mögliche ‘Entwicklungswege’ reduziere. Damit werde die Beziehung zwischen ‘Eigengesetzlichkeit’ und Rationalisierung klar: erstere hat eine gerichtete Logik, deren Konsistenz teilweise Ursache und teilweise Produkt der Rationalisierung ist. Günther Roth, Politische Herrschaft und persönliche Freiheit, Ffm. 1987, 295. Auch Giddens betont, daß der Gegensatz von Marx und Weber nicht auf der Linie ‘Bestätigung’ oder ‘Widerlegung’ zu finden ist. Die Ablehnung der ‘Gerichtetheit’ von Geschichte bei Marx und Hegel hat jedenfalls Weber selbst zu Widersprüchen und Paradoxien geführt, was Aron (1971, II, 212) zu der Bemerkung veranlaßt, “wahres Verstehen sei ganzheitlich” , es bestehe kein Widerspruch der Erklärungen über Ideen oder Interessen, also Religion oder Ökonomie, beides sei möglich. Anthony Giddens, Marx, Weber und die Entwicklung des Kapitalismus, in: Walter M. Sprondel und Constans Seyfarth (Hg.), Max Weber und die Rationalisierung sozialen Handelns, Stuttgart 1981, 93.

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  36. GAzWL, 204f.

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  37. GAzWL, 212. Webers Angriff gilt auch dem ‘kritiklosen’ Aufstellen von ‘Gesellschaftstheorien’ auf ‘naturwissenschaftlicher’ Grundlage. Vgl. WL, 167. Die schroffe Ablehnung von Kollektivpersönlichkeiten oder -gebilden grenze Webers Soziologie von der zeitgenössischen Durkheims scharf ab, stellt Tiryakian (1981, IV, 17ff.) fest. Es gebe keinerlei gegenseitigen Hinweis auf ihre Arbeiten, sie veröffentlichten keine Artikel in der jeweils vom anderen mitherausgegebenen Zeitschrift. Dennoch waren ihnen die Arbeiten des anderen bekannt; sie ignorierten sie bewußt.

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  38. Nach Tenbruck (1959, 618) das Anliegen Max Webers im Objektivitätsaufsatz.

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  39. GAzWL, 185.

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  40. Ebd.

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  41. Ebd., 186.

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  42. Ebd.

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  43. Ebd.

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  44. Ebd., 187.

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  45. “Das Schicksal einer Kulturepoche, die vom Baum der Erkenntnis gegessen hat, ist es, wissen zu müssen, daß wir den Sinn des Weltgeschehens nicht aus dem noch so sehr vervollkommneten Ergebnis seiner Durchforschung ablesen können, sondern ihn selbst zu schaffen imstande sein müssen, daß ‘Weltanschauungen’ niemals Produkt fortschreitenden Erfahrungswissens sein können, und daß also die höchsten Ideale, die uns am mächtigsten bewegen, für alle Zeit nur im Kampf mit anderen Idealen sich auswirken, die anderen ebenso heilig sind, wie uns die unseren.” GAzWL, 154.

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  46. Das trennt Weber und Durkheim grundsätzlich: Durkheim erwartet die Bestimmung von Wahrheit durch die Wissenschaft, Weber hält es für unmöglich, im Plural der Wahrheiten eine wissenschaftlich begründete Auswahl zu treffen. Den Drang zu machiavellinischer Beratung verspürte er — ebenso wie Durkheim — dennoch. Aron (1971), II, 223.

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  47. Webers Bekenntnis zum Sinnverstehen der Wirklichkeitswissenschaft gegenüber der handelnden ‘Persönlichkeit’ ist für Tenbruck (1986, 27ff.) Ausdruck eines Wertestandpunktes, der das autonome Individuum in seiner Freiheit und Würde gegen die ‘nur technische Anpassung’ verteidige.

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  48. GAzWL, 189.

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  49. Ebd.

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  50. Vgl. GAzWL, 172.

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  51. GAzWL, 175.

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  52. “Offen bleibt jedoch, in welcher Beziehung die von gesellschaftlichen Normen und Werten geprägte Rationalität, der die Wertrationalität als spezielle Ausprägung zuzurechnen wäre, zu der von Weber so oft beschriebenen wertneutralen Zweckrationalität steht, die einerseits auch eine handlungsorientierende Wertvorstellung sein kann — wie die materiale Rationalität — andererseits jedoch eindeutig nur ‘technisch’ , nach Art ihres Vorgehens definiert ist.” Ulrike Vogel, Einige Überlegungen zum Begriff der Rationalität bei Max Weber, KZfSS 4 (25, 1973), 532–550, 539.

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  53. Das ist z. B. in der Herrschaftsoziologie der Fall. Vgl. hierzu die Kapitel III und IX WG.

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  54. So die Konsequenz in Wissenschaft als Beruf, GAzWL, 612.

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  55. Durkheim ist mit seinem Postulat des exterioren Standortes der Sache gerade nicht auf die Spur gekommen, sondern bleibt naturwissenschaftlich befangen; es geht nicht um die scheinobjektive Betrachtung von außen, es geht um die eingestandene und bekundete Darlegung des Standortes und der damit verbundenen Subjektivität der Perspektive.

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  56. GAzWL, 157.

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  57. Gemeint ist die Zeitschrift ‘Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik’ , deren Mitherausgeber Weber war.

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  58. GAzWL, 154f. Tenbruck ist beizupflichten, wenn er sagt (1986, 29), Weber hätte sich später nicht zu Durkheim öffentlich äußern müssen, weil er das Seine dazu im Objektivitätsaufsatz gesagt hatte. Diese Stelle läßt sich auch als Abrechnung mit Durkheims methodischer Position verstehen. Die Gegenposition nehmen Wagner und Zipprian (1987), 141, ein. Bezweifelt werden darf auch, ob sich vor dem Hintergrund dieser entschiedenen Aussage die Interpenetrationsthese von Parsons und Münch auf Weber stützen kann.

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  59. Löwith charakterisiert den radikalen Individualismus Webers, der auch seine Methode bestimme, als ‘positive Glaubenslosigkeit’ : “Das Positive dieses mangelnden Glaubens an etwas, was das Schicksal der Zeit und die Forderung des Tages überschritte — an objektiv vorhandene Werte, Sinne, Gültigkeiten -, ist aber die Subjektivität der rationalen Verantwortung als einer reinen Eigenverantwortung des Individuums vor sich selbst. “ Karl Löwith, Max Weber und Karl Marx, in: Constans Seyfarth und Walter M. Sprondel (Hg.), Seminar: Religion und gesellschaftliche Entwicklung, Ffm. 1973, 29.

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  60. Weber benutzt den Begriff Institution im Zusammenhang mit der bürokratischen Herrschaft. Hier spricht er von der bürokratischen ‘Behörde’ und vom bürokratischen ‘Betrieb’ , die er als eine gemeinsame moderne Institution auffaßt: “In diesem Sinn (als öffentlich-rechtliche Herrschaft, d.V.) ist diese Institution in den politischen und kirchlichen Gemeinschaften erst im modernen Staat, in der Privatwirtschaft, erst in den fortgeschrittenen Gebilden des Kapitalismus voll entwickelt. “ Max Weber, WG, 551. Weber benutzt also Institution und Gebilde als synonyme Begriffe, entwickelt aber von hier aus keine Gebildelehre wie Leopold von Wiese. Von Wiese hatte den Begriff Gebilde als Oberbegriff einer Lehre entwickelt, in der Geschichte als ununterbrochene Kette von Geschehnissen, zwischenmenschlichen Begebenheiten, d.h. ‘Beziehungen’, verstanden wird. Wie Weber lehnt von Wiese einen ‘substanzlosen’ Gesellschaftsbegriff ohne Individuum ab, kritisiert aber Durkheim im Gegensatz zu Weber explizit. Beeinflußt von Spencer, über den er seine Dissertation geschrieben hat, faßt von Wiese Institution als Unterbegriff zu Gebilde auf und teilt das Institutionenkonzept in die Bereiche Institution, Profession und Befreiung auf. Unter Institution versteht er in direkter Übernahme des amerikanischen Institutionalismus von Cooley u.a. die Verrechtlichung des Brauchs, die einem autorisierten Stab übertragen wird, den Professionellen, die ein eigenes institutionelles Ethos entwickeln und sich dabei einseitig verhärten. Gegen sie mobilisiert sich eine außerinstitutionelle, auf Befreiung angelegte, an Utopien sich orientierende Bewegung. Die Konstruktion erinnert an Webers Veralltäglichung des Charisma, greift aber eigentümlicherweise nicht auf Webers Forschungen zurück und bleibt vielleicht auch deshalb folgenlos für die weitere Entwicklung der Theorie der Institution. Vgl. Leopold von Wiese, Zur Grundlegung der Gesellschaftslehre. Eine kritische Untersuchung von Herbert Spencers System der synthetischen Philosophie, Jena 1906, und insbesondere ders., System der Allgemeinen Soziologie als Lehre von den sozialen Prozessen und den sozialen Gebilden der Menschen (Beziehungslehre) (1924), München und Leipzig 1933. Vgl. zur Einarbeitung des Institutionalismus in die Gebildelehre auch Antonio Montaner, Der Institutionalismus als Epoche der amerikanischen Geistesgeschichte, Tübingen 1948.

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  61. Weber individualisiert zwar die Soziologie, gleichzeitig betrachtet er Handeln aber von oben, aus einer Perspektive der Herrschaftssoziologie, also institutionell, wie Rehberg zeigt. Karl-Siegbert Rehberg, Rationales Handeln als großbürgerliches Aktionsmodell, KZfSS 1 (31, 1979), 199–236, 231, FN 60.

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  62. GAzWL, 428.

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  63. Ebd., 429.

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  64. Parsons mißt den beiden nicht-rationalen (die Kennzeichnung ‘irrational’ verwirft Parsons) Handlungstypen Webers nur eine Residualfunktion zu und verweist darauf, daß Weber die normativen Elemente des zweckrationalen Handelns übersehen habe, denn in dieses Handeln gingen Gültigkeitsabwägungen und Nutzenvorstellungen ein. Als ‘wertfreies’ zweckrationales Handeln will Parsons lediglich ein auf Effizienz abgestelltes Handeln im technologischen Sinn gelten lassen: “Kaum problematisch ist vielleicht, was man im allgemeinen ‘technologische Rationalität’ nennt. In diesem Bereich, der aufs engste mit der Wirtschaft zusammenhängt, betrifft dies vor allem die physikalische und die biologische Technologie. “ Diesem naiven Technikglauben hing Weber allerdings gerade nicht an, er kritisierte vielmehr ausdrücklich den von Werten abgekoppelten, anwendungsorientierten Einsatz von Technik (vgl. unsere Ausführungen weiter oben unter 6.2.1), nur: bei Parsons wird deutlich, wie die Weber-Interpretation mit seinem auf Verfahren abgestellten Technikbegriff — das ‘wertneutrale’ und korrekte zweckrationale Handeln einer Verwaltung, der die Zwecke politisch vorgegeben sind — verfährt, ihn auf den industriellen Technikbegriff überträgt, den damit neutralisiert und in eine Wahlverwandtschaft mit dem systemischen Begriff des Marktes bringt, denn der Prototyp der Zweckrationalität dürfte der Markt sein, wie Parsons weiter feststellt. Der Mythos der Wertneutralität der ‘systemischen’ Technik ist geboren, dem System wird darüber hinaus auch noch eine eigene Rationalität zugebilligt: Zweckrationalität (und mithin Rationalität überhaupt) bleibt nicht mehr auf das Interessen verfolgende menschliche Individuum beschränkt, sie anonymisiert sich in Kollektivsubjekte. Wir verfolgen den Gedanken im Rahmen der Diskussion des Rationalitätsbegriffs (6.5) weiter. Talcott Parsons, Rationalität und der Prozeß der Rationalisierung im Denken Max Webers, in: Sprondel und Seyfarth (1981), 82f. , 90 und 85.

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  65. “Das Zweckrationale (dient) als Idealtypus, gerade um die Tragweite des Zweckirrationalen abschätzen zu können.” GAzWL, 430.

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  66. GAzWL, 432.

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  67. Spencer und Durkheim hatten mit psychologischen Unterstellungen gearbeitet, für Spencer war z. B. Furcht ein entscheidendes Moment für die Bildung von Institutionen.

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  68. GAzWL, 433. Die These sucht Weber mit der PE zu belegen.

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  69. GAzWL, 473f.

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  70. Ebd. , 474. Wie ernst Weber diese Zivilisationskritik meinte, kann man auch daran sehen, daß er die Schlußpassage des Kategorienaufsatzes von 1913 fast unverändert in den Vortrag ‘Wissenschaft als Beruf, den er 1919, also 6 Jahre später, hielt, übernommen hat. GAzWL, 593f.

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  71. Der Begriff stammt von Weber und wird in der PE eingeführt. Er kennzeichnet die Verwandtschaft zwischen bestimmten Einstellungen und Haltungen einerseits, ökonomischen Strukturen andererseits. Zur Wahlverwandtschaft von Wissenschaft und Wirtschaft vgl. Ulrich (1977), insbesondere das Kapitel III. Ulrich spricht von einer “strukturellen Affinität zwischen Technik, Wissenschaft und Kapital”.

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  72. Vgl. hierzu Webers Zitat im Objektivitätsaufsatz: “‘Zwei Nationalökonomien’ , wie ein verzweifelter Wiener Examinand seinerzeit jammernd klagte. Was heißt hier Objektivität?” , GAzWL, 161.

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  73. Weber benutzt in seiner Kritik zwar Begriffe wie Volk und Staat, es kann aber kaum Zweifel darüber herrschen, daß er einen Begriff wie Gesellschaft ebenso ablehnte. Vgl. hierzu auch Tenbruck (1986), 27.

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  74. Vgl. hierzu die Vorträge Wissenschaft als Beruf (in: GAzWL, 582–613) und Politik als Beruf, sowie insbesondere das Luther-Zitat in letzterem (19583, 66).

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  75. WG, 1.

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  76. In Webers Terminologie steht der Begriff ‘Gebilde’ oder ‘institutionelles Gebilde’ für Institution. Han nennt hierzu drei von Weber als konstitutiv angesprochene Dimensionen: 1. die Perennierung, 2. die Ordnung, d.h. ein Stab handelt nach einer Satzung und verfügt über entsprechende Mittel, 3. die Herrschaft, d.h. Institutionen sind Ausdruck einer dauerhaften und geordneten Herrschaft des Menschen über den Menschen. Vgl. Yang Wha Han, Institution und Konsens in der Soziologie Max Webers, Bielefeld 1973, insbesondere 63ff.

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  77. Luhmann faßt dies im Begriff der ‘erwarteten Erwartungen’, die, wenn sie institutionalisiert werden, den Charakter ‘reflexiver Mechanismen’ annehmen: “Der Entscheidungsvorgang kann dadurch reflexiv gemacht werden, daß die (vorläufig endgültige) Entscheidung (zum Verwaltungshandeln, d.V.) als ein kommunikativer Akt besonderer Art veräußerlicht und verselbstständigt wird. In dieser Form kann sie dann Gegenstand zeitraubender vorheriger Überlegungen und Beratungen, vorheriger Zwischenentscheidungen und Teilfestlegungen sein. Die Herstellung der Entscheidung kann arbeitsteilig organisiert werden, die Verantwortung kann geteilt, sehr verschiedenartige Fähigkeiten und Wissensbereiche können in ein Verhältnis des Zusammenwirkens gebracht werden. Man kann dann nicht nur entscheiden, wie, sondern auch, wann man entscheiden will, ja man gewinnt sogar die Möglichkeit, zu entscheiden, nicht zu entscheiden. Erst wenn der Entscheidungsprozeß in dieser Form veräußerlicht und reflexiv gemacht worden ist, wird eine großbetriebliche bürokratische Organisation der Entscheidungsherstellung, wird Verwaltung als selbstständiger Betrieb möglich. “ Luhmann zeigt also, daß sich Erwartungen der zweiten Stufe durch Verfahren soweit stabilisieren lassen, daß Entäuschungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind, d. h. die Verwaltung kann dann auch Handeln vermeiden, wo es eigentlich geboten wäre, sie kann sich der Politik entziehen, weil sie sich in sich selbst stabilisiert. Niklas Luhmann, Reflexive Mechanismen, in: Soziale Welt 1966, 9. Vgl. ferner ders. , Soziale Systeme, Ffm. 1984, 362ff.

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  78. Webers Unterscheidung erinnert an die Durkheims, der physikalische und moralische Handlungen jeweils nach ihren Handlungsfolgen unterschied. Durkheim (1985), 93f.

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  79. Unter Bezugnahme auf ein Zitat aus der GAzWL versucht Berger, am Beispiel des Marktes die Grenzen der verstehenden Soziologie aufzuzeigen: “Wie haben wir uns die Entstehung und den Fortbestand nicht auf kollektivem Wege zweckvoll geschaffener und doch — für unsere Auffassung — zweckvoll funktionierender Institutionen des Wirtschaftslebens vorzustellen?” (GAzWL, 29) Berger beantwortet die Frage mit dem Begriff des Einverständnishandelns von Weber, der normativ oberhalb der Institution verortet sei (Regeln werden von allen befolgt), tatsächlich beharrt aber Weber in derGAzWL polemisch auf der Autonomie des Individuums gegenüber der Institution. Insofern hat Lindner recht, wenn er Bergers Kritik an Weber für unberechtigt hält; anders als in der Herrschaftssoziologie denkt Weber Handeln im Markt vom Individuum her. Johannes Berger, Michael Berger, Heiner Ganßmann und Jost v.d. Knesebeck, Einführung in die Gesellschaftstheorie, Ffm., New York, 1976, I, 110f., sowie Clausjohann Lindner, Max Weber als Handlungstheoretiker, ZfS 3 (15, 1986), 151166, 154.

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  80. Unter dem Begriff der Veralltäglichung des Charisma zeigt Weber, daß die Vergesellschaftung erfolgen muß, soll die Vergemeinschaftung auf Dauer gestellt werden. Hierin liegt auch eine evolutionstheoretische Komponente der Weberschen Herrschaftssoziologie.

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  81. GAzWL, 471 ff.

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  82. Ebd. 473f.

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  83. WG, 12.

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  84. Deutlicher als in den Soziologischen Grundbegriffen formuliert Weber den Gegensatz in dem Vortrag Politik als Beruf (56ff.), indem die beiden Handlungstypen auf Typen der Verantwortung bezogen werden. Das zweckrationale Handeln entspricht dann der für Weber anspruchsvolleren Verantwortungsethik, während wertrationales Handeln als gesinnungsethisch abqualifiziert wird.

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  85. WG, 16.

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  86. Die von Aron behauptete Annäherung der Begriffe Konvention und Recht bei Weber und Sanktion bei Durkheim trifft u. E. nicht zu: Die Sanktion wird zur Sanktion, weil sie von der Gesellschaft ausgeht, Konvention und Recht legitimieren Herrschaft nur, weil sie vom Individuum akzeptiert werden. Aron (1971), II, 221.

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  87. WG, 16. Yang Wha Han (1973, 29) setzt in seiner Dissertation, von der wir einige interessante Anregungen zur Herrschaftssoziologie Webers erfahren haben, ‘Prestige der Legitimität’ und ‘wertrationale Motivation’ gleich. Dies führt ihn zu der Feststellung: “Eine kraft Wertrationalität geltende Ordnung ist daher für ihn (Weber, d.V.) identisch mit der kraft ‘Prestige’ und ‘Pflichtgefühl’ geltenden Ordnung. “ Das ist aber gerade nicht der Fall; wertrationale Motive tragen Herrschaft kraft ‘der Heiligkeit altüberkommener Ordnungen’ , die sich auf Personen (‘Herren’ , WG, 130) beziehen, das Prestige ist personengebunden. Der Begriff der Pflicht steht hingegen für Herrschaftsverhältnisse in Apparaten, sie wirkt ‘ohne Ansehen der Person’ (WG, 129), ist mithin Inbegriff einer ‘wertfreien’ , technischen Rationalität. Weil Yang die Differenz zwischen Individuum und Institution nicht sieht (oder sehen will), ist Charisma für ihn kein Thema und Weber kann umstandslos zum Konsens- und Institutionstheoretiker umgebogen werden. Demgegenüber zeigt Käsler Weber als Theoretiker postrevolutionärer Prozesse, der unter dem Begriff des Charisma die Veralltäglichung der Revolution beschreibt. Dirk Käsler, Revolution und Veralltäglichung, München 1977. Auch Rehberg (1979, 222) betont, daß der Kampf bei Weber im Mittelpunkt der Vergesellschaftungsprozesse steht.

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  88. Nach Birnbaum beschreibt Weber mit seiner Typologie der Herrschaftsformen nicht nur politische Herrschaftsstrukturen, sondern die gesamte Organisation der Gesellschaft. Norman Birnbaum, Konkurrierende Interpretationen der Genese des Kapitalismus: Marx und Weber, in: Seyfarth und Sprondel (1973), 40.

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  89. WG, 122.

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  90. Ebd., 28.

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  91. Ebd., 122.

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  92. Vgl. hierzu auch Politik als Beruf Weber entlarvt dort die Herrschaft der modernen Parteien als Befriedigung von Machtgier, materieller Versorgung und Pöstchenschacher.

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  93. Weber (WG, 566) vergleicht die Entwicklung der politischen Institutionen der Moderne mit der des Kapitalismus und stellt in diesem Bereich der Trennung der Betriebsmittel vom Stab eine Parallele fest.

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  94. Auch Aron (1971, II, 227) weist auf diese Diskrepanz zwischen Herrschaftstypen und Handlungsmotiven hin, erklärt sie aber mit Webers Schwanken zwischen analytischen . und ‘halb-historischen’ Begriffen.

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  95. Daß bei Weber die drei analytischen Idealtypen der Herrschaft für die Vielfalt empirischer politischer Institutionen stehe, die jeweils als Kombinationen der ersteren gedacht werden können, zeigt Aron (1971, II, 227f.) . Weber folge damit Aristoteles: “Aristoteles fragt, wie jedes (der politischen) Systeme seine Probleme lösen, überleben und gedeihen könne. Max Weber fragt nach der wahrscheinlichen, möglichen oder notwendigen Entwicklung eines Herrschaftstypus. “ Auf diese Weise versuche Weber, die ‘Logik der Institutionen’ zu erkennen, wofür die Umbildung des Charisma das typische Beispiel sei.

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  96. Die drei Herrschaftsformen (traditional, rational und charismatisch) werden von Weber analytisch rein konstruiert und jeweils auf ihre innere Stütze (Legitimitätsglauben), die Funktionsfähigkeit der Organisation (Verwaltung) und die charakteristischen Machtrivalitäten hin untersucht. Die Zusammenfassung der patrimonialen und feudalen Herrschaft zur traditionalen und ihre gemeinsame Rückführung auf die patriarchalische wird von Bendix kritisiert. Offensichtlich sei zwar die patrimoniale als personenbezogene Herrschaft aus der patriarchalischen hervorgegangen, die feudale Herrschaft entspreche hingegen eher einem legalen Typus. Reinhard Bendix, Max Weber. Das Werk, München 1964, 250 und 292.

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  97. Weber spricht hier von ‘uralten naturgewachsenen Situationen’ , die den Glauben begründen. Gemeint ist offenbar das, was Spencer als Institution des Ceremoniells beschreibt.

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  98. Der ‘Oikos’ ist für Weber die eine Linie der Evolution der Hausgemeinschaft, die über den Patrimonialismus zur Verwaltung des modernen Staates führt und so den Gegenbegriff zum kapitalistischen Betrieb bildet, zu dem die andere Linie der Entwicklung aufsteigt. Er umschreibt die auf Bedarfsdeckung, nicht Kapitalverwertung ausgerichtete Form der Hauswirtschaft, bei der die ‘Produzenten’ nicht von ihren ‘Betriebsmitteln’ getrennt sind. Vgl. WG, 230ff. und 583. Roth (1987, 294) weist darauf hin, daß dies eine der wenigen Stellen ist, wo Weber explizit von Evolution spricht.

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  99. Das ist der entscheidende Unterschied zum zweiten Idealtypus traditionaler Herrchaft, dem Feudalismus und dem für ihn charakteristischen ‘Lehn’ : “Eine Lehnsbeziehung beruht immer auf einem Kontrakt zwischen freien Männern. “ Bendix (1964), 275.

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  100. D.h. die Lebensansprüche des Herrn dürfen sich nur graduell von denen seiner Untergebenen unterscheiden. Vgl. WG, 583, und Bendix (1964), 252.

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  101. Als typische Beziehung nennt Bendix (1964, 251) die des Kindes zum Vater.

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  102. WG, 584. Eine derartige Beschränkung der Gewalt sieht Weber in der Institution des Marktes, dem der moderne Arbeiter ausgesetzt ist, als nicht gegeben an. Vgl. auch WG, 583.

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  103. Hiermit ist die ‘Eingelebtheit’ der Herrschaftsbeziehung in der Generationsfolge gemeint, innerhalb derer die Unterworfenen durch Verfestigung der Beziehung zum Herrn Sicherheit zu gewinnen suchen, tendenziell also eine Begrenzung der Herrschaft und Eliminierung der Willkür.

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  104. Auf Ausdehnung muß die patrimoniale Herrschaft drängen, um die Finanzmittel für ihre Perennierung bereitzustellen. Ausdehnung aber bedeutet bei einer personenbezogenen Herrschaft notwendig ‘Dezentralisierung’ , ein Dilemma, dem die patrimoniale Herrchaft nicht entgehen kann. Sie ist daher spezifisch labil und entscheidend von der persönlichen Durchsetzungsfähigkeit des Herrschers abhängig. Vgl. Bendix (1964), 263 und 267, sowie zu den Organisationsproblemen auch 252.

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  105. Im Orient konnten die Herrn Stereotypisierung und Appropriation der Ämter verhindern, was die Beibehaltung der Günstlingsverwaltung bedeutete. WG, 604.

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  106. WG, 652.

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  107. Die Monopolisierung der Berufsausübung über Verbände nennt Bendix (1964, 255f. und 289) ein Privileg, das zu Ständen führt. Das Paktieren der Stande untereinander sei zu einem typischen Wesenszug des mittelalterlichen Staates geworden und schließlich durch gesatzte Ordnungen vergesellschaftet worden.

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  108. WG, 631.

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  109. Was für Weber spezifische Konsequenzen hat: In England mit einem wenig entwickelten Berufsbeamtentum kann sich der Kapitalismus frei entfalten, in Deutschland hingegen der Untertanengeist und das Berufsbeamtentum: “Politisch betrachtet war und ist der Deutsche in der Tat der spezifische ‘Untertan’ im innerlichsten Sinn des Wortes und war daher das Luthertum die ihm adäquate Religiosität. ” WG, 652.

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  110. Bendix (1964, 293) behauptet, Weber interessiere sich nicht für die konkrete Entstehung des modernen Staates, ihn interessierten die “institutionellen Voraussetzungen dieses Staates”, wobei primär der okzidentale Staat gemeint ist, denn nur in ihm kamen sie in dieser Kombination zustande: “1. Monopolisierung der Herrschafts- und Verwaltungsmittel auf der Grundlage a) der Einführung eines zentral geleiteten und dauernden Steuersystems, b) der Schaffung einer zentral geführten und dauernden Militärmacht in der Hand einer zentralen Staatsgewalt; 2. Monopolisierung der Rechtssetzung und der legitimen Gewaltanwendung durch die Staatsgewalt; und 3. Organisation einer rational orientierten Beamtenschaft, deren Ausübung von Verwaltungsfunktionen in Abhängigkeit von der Staatsgewalt erfolgt.”

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  111. WG, 815.

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  112. Ebd., 835.

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  113. Der Grad des rigiden Eingestelltseins bemißt sich für Weber nach der Abhängigkeit vom Dienstherrn. Ein Amtsrichter ist in seiner Lebensführung freier als ein Ministerialbeamter.

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  114. Obwohl Weber selbst positivistisch argumentiert, wenn er legales Handeln legitimiert, befürchtet er eine Aushöhlung des Rechts durch formal-legales Verwaltungshandeln und verlangt von der Politik die Zügelung ‘entmenschlichender’ Tendenzen in der Bürokratie. Bendix (1964), 359.

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  115. Aktiengesellschaft wie moderner Staat gelten Weber als im bürokratischen Sinne gleichartige, anonymisierte Institutionen.

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  116. “‘Überlegen’ ist der Bürokratie an Wissen: Fachwissen und Tatsachenkenntnis, innerhalb seines Interessenbereichs, regelmäßig nur: der private Erwerbsinteressent. Also: der kapitalistische Unternehmer. Er ist die einzige wirklich gegen die Unentrinnbarkeit der bürokratischen rationalen Wissens-Herrschaft (mindestens: relativ) immune Instanz. Alle anderen sind in Massenverbänden der bürokratischen Beherrschung unentrinnbar verfallen, genau wie der Herrschaft der sachlichen Präzisionsmaschine in der Massengüterbeschaffung.” WG, 129.

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  117. WG, 835.

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  118. Ebd., 836.

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  119. Eben deshalb ist Webers Charisma-Begriff heftig umstritten: “Charisma bedeutet beides: die Etablierung von Herrschaft oder die Erlösung von Herrschaft. Es ist Systemaufbau wie Systemzerstörung. Gerade darin aber ist für die Praxis der Soziologie ein ungeheurer Affront zu sehen. Als ob es nicht soziologisch darauf ankäme, gerade diese Innovationsprozesse zu destillieren!” Woraus Hennen das Fazit zieht: “Max Weber stellt die Subjekte für die Verwaltung von Geschichte und gesellschaftlicher Wirklichkeit durch seinen Begriff des Charisma frei, um sich selbst vom Zwang loszusprechen, Angaben über die Selbststeuerung der Gesellschaft nach dem Sündenfall der Aufklärung zu machen. ” Hennen (1976), 66.

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  120. WG, 656.

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  121. Nur chronologisch, nicht logisch verlagert Weber die revolutionäre Bedeutung des Charismas hinter die der Rationalität: “Das Charisma ist die große revolutionäre Macht in den traditional gebundenen Epochen. Zum Unterschied von der ebenfalls revolutionierenden Macht der ‘ratio’ , die entweder geradezu von außen her wirkt: durch Veränderung der Lebensumstände und Lebensprobleme und dadurch mittelbar der Einstellungen zu diesen, oder aber: durch Intellektualisierung, kann Charisma eine Umformung von innen her sein, die, aus Not oder Begeisterung geboren, eine Wandlung der zentralen Gesinnungs- und Tatenrichtung unter völliger Neuorientierung aller Einstellungen zu allen einzelnen Lebensformen und zur ‘Welt’ überhaupt bedeutet. In vorrationalistischen Epochen teilten Tradition und Charisma nahezu die Gesamtheit der Orientierungsrichtungen des Handelns unter sich auf. ” WG, 142. Dennoch spricht Weber auch von modernen charismatischen Bewegungen, mißt ihnen aber keine herausragende Bedeutung mehr zu. Diese Einschätzung gewann er zeitgleich mit seinem Freund Robert Michels an der Entwicklung der SPD von der Arbeiterbewegung zur Partei. Vgl. hierzu auch Michels (1911). Den Faschismus hat Weber nicht vorausgeahnt, Michels hat sich der italienischen Variante aus Enttäuschung über die SPD angeschlossen.

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  122. Wie die Mittel aufgebracht werden, sei es als Kollekte im Liebeskommunismus oder als grandioser Beutekapitalismus, ist dabei gleichgültig. WG., 659f.

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  123. WG, 658.

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  124. Weber spricht von Intuitionen.

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  125. Weber, der sonst quasi naturgesetzliche Verläufe der Geschichte strikt bestreitet, greift hier auf Michels’ Gesetz der ‘ehernen Oligarchie’ zurück. Ein ganz ähnliches Gesetz des Alterns von Bewegungen zu Institutionen und deren Verkrustung hat in der amerikanischen Soziologie Angell aufgestellt. Er definiert 4 Phasen der Institutionalisierung: 1. incipient organization, 2. efficiency, 3. formalism, 4. disorganization. Was Weber unter dem Stichwort Veralltäglichung beschreibt, entspricht Angells Übergang von Phase 1 zu Phase 2. Auf der Stufe von ‘efficiency’ erregen die neu formulierten Bedürfnisse die Aufmerksamkeit der Institution, die sie aufnimmt, sich verjüngt, aber dann doch wieder in Erstarrung zurückfällt: “But since in the very nature of the case institutions can live only through symbols, there is a constant tendency for the symbol to obscure the human purpose implicit in it. When this happens the institution has passed into a phase of formalism.” Der Formalismus installierter Verfahren läßt individuelle Identifikation und Gruppenidentität auseinandertreten, die anfängliche Homogenität zerfällt in partikulare Strömungen, die gegensätzliche Ziele verfolgen und sich bekämpfen, die Institution in eine Krise (Disorganization) treiben und “a great need of constructive leadership”, also Webers Charisma, unübersehbar machen. Vgl. Robert C. Angell u.a., Introductory Sociology, London 1933, 407. In jüngerer Zeit hat Rammstedt (1978) dem ‘Gesetz’ eine systemtheoretische Variante beigefügt.

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  126. WG, 661.

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  127. Ebd . , 663.

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  128. Ebd., 671. Und an anderer Stelle: (In der) “Verknüpfung des Charisma mit der Innehabung eines Amtes ... als solchem ... liegt der Übergang zu jener eigentümlichen institutionellen Wendung des Charisma: seine Anhaftung an ein soziales Gebilde als solches, als Folge der an die Stelle des charismatischen persönlichen Offenbarungs- und Heldenglaubens tretenden Herrschaft der Dauergebilde und Traditionen.” WG, 674.

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  129. “Denn nur ein Parlament im Zentrum des politischen Systems macht nach dem Zerfall der Honoratiorenverwaltung Politik als Beruf außerhalb der Verwaltung möglich, und nur eine solche Institution vermag die Verwaltung wirksam zu kontrollieren.” Schluchter (1972), 102.

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  130. Politik als Beruf, 49.

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  131. Darauf, daß diese Alternative eine eingeschränkte ist, weist Loewenstein hin. Weber hätte bei seiner Erzfeindschaft zur Bürokratie die Institution der Verwaltungs- und Verfassungsgerichte übersehen, die ihrerseits die Politik, von der Verwaltung nicht selten gedrängt, die Verfassung zu übertreten, in Schranken hielte. Karl Loewenstein, Max Webers Beitrag zur Staatslehre in der Sicht unserer Zeit, in: Käsler (1972), 238.

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  132. Schluchter (1972, 93 und 118) zeichnet Weber als individualistischen Demokraten: “‘Wider den Strom der materiellen Konstellationen’ bekenne er (Weber, d. V .) sich als ‘Individualist’ und als ‘Parteigänger ‘demokratischer’ Institutionen’ . ” Und an anderer Stelle: “So läßt sich Webers Bekenntnis, das zugleich schlagend seine Differenz zum Saint-Simonismus und zu Marx markiert, wie folgt formulieren: Totale bürokratische Herrschaft ist möglich, darf aber nicht sein, totale demokratische Herrschaft darf sein, ist aber nicht möglich. Was uns bleibt, ist die bürokratische Demokratie”. Dem geschönten Bild widerspricht Aron (1971, II, 233f.) heftig: Die zweite deutsche Republik male sich das Bild eines Demokraten, nur um sich in den Glanz eines ‘Gründervaters’ stellen zu können; tatsächlich sei Weber dieser Demokrat nicht gewesen. Allerdings habe auch die Zeit von 1933–1945 nicht seinem Ideal charismatischer Herrschaft entsprochen.

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  133. Politik als Beruf, 64. Für Mommsen entwickelt Weber eine ‘demokratische Elitetheorie’ für die Klasse der ‘Berufspolitiker’, die sich ‘bemerkenswert der Lehre Paretos vom permanenten Wechsel der Führungseliten’ nähert. Wolfgang Mommsen, Vom liberalen Verfassungsstaat zur plebiszitären Führerdemokratie, in: Käsler (1972), 202228, 214.

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  134. “Die grundlegende Antinomie des Handelns bilden für Max Weber die Verantwortungsethik und die Gesinnungsethik oder, anders ausgedrückt, Machiavelli einerseits und Kant andererseits. ” Aron (1971), II, 199. Tatsächlich stellt Weber in seinem Vortrag Politk als Beruf die ‘kalte Billigung’ des kantischen ethischen Urteils in Gegensatz zur politischen Leidenschaft des Florentiner Bürgers: “Machiavelli (läßt) an einer schönen Stelle, irre ich nicht: der Florentiner Geschichten, einen seiner Helden jene Bürger preisen, denen die Größe der Vaterstadt höher stand als das Heil der Seele.” Für Vaterstadt könne nun jedweder erstrebenswerte Wert stehen, beispielsweise der Sozialismus. Stets gefährde das politische Handeln, welches mit gewaltsamen Mitteln und auf dem Wege der Verantwortungsethik arbeite, das ‘Heil der Seele’ . ”Wenn ihm aber mit reiner Gesinnungsethik im Glaubenskampf nachgejagt wird, dann kann es Schaden leiden und diskreditiert werden auf Generationen hinaus, weil die Verantwortung für die Folgen fehlt. Denn dann bleiben dem Handelnden jene diabolischen Mächte, die im Spiel sind, unbewußt”, drückt Weber seine Verachtung für die Gesinnungsethik aus. Politik als Beruf, 64f. Hennen (1976, 59) kritisiert, daß die Gesinnungsethik bei Weber formal bleibe — sie entstehe aus der Tapferkeit, die Schwäche zuweilen hervorbringen könne -, die Verantwortungsethik jedoch als die unerschütterliche Form wissenschaftlich-technischer Selbst-sicherheit erscheine und damit material werde.

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  135. WG, 122.

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  136. Herrschaft ist insofern ein reziprokes Verhältnis und in ihrer Willkür durch immanente Legitimitätsschranken begrenzt. Soll sie nicht labil werden, ihren Charakter wandeln, dann muß sie die inneren Begründungen der Zustimmung durch die Beherrschten beachten. Vgl. hierzu ausführlich Yang (1973), 89ff.

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  137. Insofern schränkt Weber den Begriff der politischen Herrschaft definitorisch gegenüber dem der Macht ein. Daraus läßt sich aber nicht ableiten, daß Politik in dem Sinne zustimmungsbedürftig sei, daß sie eines, wie auch immer zustande gekommenen, institutionellen Konsenses bedürfe, weil sonst “ernsthafte Störungen des Institutionensystems die Folge seien”, wie Birnbaum (1973, 50) folgert, wenn er sagt: “Die Charakterisierung verschiedener Herrschaftsformen als charismatisch, rational-legal oder traditional bezieht sich auf Geltungsgründe der Legitimität: Werte, die Herrschaft akzeptieren lassen ... Seine Herrschaftstypologie war faktisch eine Typologie allgemeiner Wertesysteme, die in einer Gesellschaft Konsens zustande bringen können. Weber nahm an, daß soziales Handeln ganzheitlichen Charakter hat; eine in den Wirtschaftsbeziehungen traditionale Gesellschaft hat in der Regel kein rational-legales Herrschaftssystem. Das geltende Wirtschaftssystem einer Gesellschaft setzt den Möglichkeiten interner institutioneller Variation Grenzen. ” Zweifellos war es Webers Anliegen, die Wahlverwandschaft von Kapitalismus und rational-legalem politischen System nachzuweisen, nur war dies für ihn keine Konsensfrage. Nirgendwo stellt er die Frage, wie Zustimmung als Konsens zustande kommt, sondern er fragt, wie Legitimitätsglauben erzeugt und kultiviert werden kann. Es geht Weber in diesem Fall gerade nicht um Rationalität. So stellt Hennen (1976, 61f.) unter Bezugnahme auf Lachmann zu Recht fest, daß bei Weber die theoretische Vorstellung des Kompromisses keinen Platz habe. Vgl. auch Ludwig M. Lachmann, Drei Essays über Webers geistiges Vermächtnis, Tübingen 1973.

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  138. Weber spricht hier von ‘Schwindel’ , nach dem die Soziologie aber nicht frage, da allein die Wirkung interessiere. WG, 654.

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  139. “Webers ethisches Begriffsschema reicht nicht weiter als seine politisch-gesellschaftliche Einsicht: sie stellt den Leitwert (der Machtnation) nicht mehr in Frage. ” Hans Bosse, Die Säkularisierung der politischen Ethik: Max Weber, in: Käsler (1972), 186201, 195.

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  140. Weber war paradoxerweise Liberaler, ohne Demokrat zu sein, weil er ein tiefes Mißtrauen gegen Massen hegte, behauptet Anderson (1981), 421f. Daß bei Weber nicht Konsens, sondern Kampf das interessierende Element des Sozialen ist, betont auch Aron (1971, II, 221f.): “Die Gesellschaften bilden nicht, wie manche Soziologen meinen, eine harmonische Einheit. August Comte betonte besonders die Idee des Konsensus ... Nach Webers Auffassung haben sich die Gesellschaften aus Kämpfen und Vereinbarungen entwickelt. Der Kampf ist eine grundlegende soziale Beziehung.”

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  141. Bei Durkheim entfernt sich Gott aus der Welt, weil zunehmende Arbeitsteilung die Gesellschaft rationalisiert, bei Weber ist es umgekehrt: “Erst die Ablösung des ritualistischen Konservatismus durch die Prophetie ebnet den Weg zu einer ständig wachsenden Verselbständigung aller Tätigkeitsbereiche. ” Die Konsequenz, die beide ziehen, ist identisch: die Wissenschaft zerstört die ethische Vorstellung von einem sinnvoll organisierten Kosmos, jeder muß sich seinen Gott wählen. Dies kommt bei Durkheim im Begriff des Sakralen, bei Weber im Begriff des Charisma zum Ausdruck. Aron (1971), II, 217.

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  142. “Zu ihnen (den immanenten Gründen, d.V.) tritt normalerweise ein weiteres Moment: der Legitimitätsglaube. Keine Herrschaft begnügt sich, nach aller Erfahrung, freiwillig mit den nur materiellen oder nur affektuellen oder nur wertrationalen Motiven als Chancen ihres Fortbestandes. Jede sucht vielmehr den Glauben an ihre ‘Legitimität’ zu erwecken und zu pflegen.” WG, 122.

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  143. Die Argumentation von Yang (1973, 118), der Weber zum Theoretiker institutionellen Konsenses stilisiert, weil er Legitimitätsglauben und Konsens umstandslos synonym setzt, greift u.E. vollkommen ins Leere und bürstet Weber gegen den Strich. Zur Erklärung von institutionellem Konsens entwickelt Han vier Dimensionen: motivfreie Fügsamkeit, Vertrauen, Einverständnis und innere Zustimmung. Legitim ist hier alles, für das Konsens instttutionell vorausgesetzt werden kann. Weil institutionalisiert, wird eine Sache ‘unpolitisch’, sie bedarf keiner weiteren Entscheidungen mehr. Der Institution gilt im Sinne Gehlens das Vertrauen, sie wirkt entlastend, weil sie dem Individuum die Entscheidung abnimmt, mithin auf aktuellen Konsensbedarf verzichtet werden kann. Diese, je nach Standpunkt, naive oder zynische Institutionengläubigkeit hatte Weber als Hörigkeit verurteilt. Entsprechend deckt seine Handlungstheorie die Dimension der ‘motivfreien Fügsamkeit’ , Basis der Argumentation, gerade nicht. Weber bezieht ausdrücklich Dulden und Unterlassen (von Gegenmaßnahmen), d.h. Sichfügen, in seinen Handlungsbegriff ein (vgl. WG § 1, sic!) . Handeln kann aber nicht ‘motivfrei’ erfolgen, denn Handeln ist bei Weber per definitionem jedes menschliche Verhalten, mit dem ein ‘subjektiv gemeinter Sinn’ verbunden werden kann. Wie ein subjektiv gemeinter Sinn frei von Motiven sein soll, bleibt unerfindlich. (Yang (1973, 171, FN 416) begründet dieses Abstraktum der ‘motivfreien Fügsamkeit’ mit Luhmann). Aber auch aus dem Begriff ‘Einverständnis’, den Weber als Handlungsorientierung in einem Herrschaftsverhältnis einführt (GAzWL, 456ff.), kann nicht auf Konsens geschlossen werden: “Unter ‘Einverständnis’ ... wollen wir den Tatbestand verstehen: daß ein an Erwartungen des Verhaltens anderer orientiertes Handeln um deswillen eine empirisch ‘geltende’ Chance hat, diese Erwartungen erfüllt zu sehen, weil die Wahrscheinlichkeit objektiv besteht: daß diese anderen jene Erwartungen trotz des Fehlens einer Vereinbarung (Hervorhebung d.d.V.) als sinnhaft ‘gültig’ für ihr Verhalten praktisch behandeln werden. Begrifflich gleichgültig sind die Motive, aus welchen dieses Verhalten der anderen erwartet werden darf. ” (GAzWL, 456) Von der soziologischen Gleichgültigkeit der Motive kann selbstverständlich nicht auf ‘Motivfreiheit’ geschlossen werden, vielmehr führt Weber sehr konkret aus: “Reale Grundlage des Einverständnishandelns ist lediglich eine auf die je nachdem verschieden ein- deutige Geltung des ‘Einverständnisses’ und nichts anderes hinwirkende Kostellation ‘äußerlicher’ oder ‘innerlicher’ Interessen ... ” (GAzWL, 460) Hinter den Motiven stehen also handfeste Interessen, nur sind diese für Weber gleichgültig, solange das Einverständnis ‘funktioniert’ . Und diese Interessen sind nicht auf eine Vereinbarung hin im institutionellen Kompromiß abgestimmt worden, es hat gar keine Verständigung, Voraussetzung wenigstens formalen Konsenses, stattgefunden. Wie das empirisch zu beobachtende Verhalten der Anerkennung von Herrschaft zustande kommt, bleibt auch hier eine Leerstelle. Yang (1973, 115ff.). Von einer anderen Seite sucht sich Weiß dem Problem zu nähern: “Die Feststellung, daß ... soziales Handeln durch seinen kommunikativen Charakter definiert (ist), bedarf wohl keiner umständlichen Erläuterung,” stellt er lapidar fest, um gleichzeitig einzuwenden: “Vielleicht ist es aber nicht ganz überflüssig festzustellen, daß die Rationalitäts- und Kommunikabilitätsannahme Webers auch nicht implicite derart schwerwiegende Voraussetzungen oder Folgerungen enthält (wie sie etwa von Habermas formuliert werden, der Konsens als Bedingung kommunikativen Handelns voraussetzt und ‘rekonstruktiv’ zur Aufdeckung der Möglichkeit eines moralisch-politische Normen begründenden wahren Konsens vordringen will). Allerdings ist hier auf die Vieldeutigkeit des Begriffes Konsens zu achten. In einem weiteren Sinne verstanden ist Konsens natürlich Voraussetzung (oder Vollzugsweise) aller Kommunikation. Wird unter Konsens aber vollständige intersubjektive Übereinstimmung ‘in der Sache’ (insbesondere im Hinblick auf die Begründung und Verwendung von Normen und Werten) verstanden, so ist Kommunikabilität eine zwar notwendige, aber nicht hinreichende Begründung auch eines bloß faktischen Konsens. Prozesse der Rationalisierung können durch die Entfaltung der Kommunikationsmöglichkeiten auch die Chancen eines wirklichen und tragfähigen Konsens ‘in der Sache’ verbessern. Ebensowohl können sie jedoch zu einer Verschärfung gesellschaftlicher Konfliktlagen führen.” Johannes Weiß, Rationalität als Kommunikabilität. Überlegungen zur Rolle von Rationalitätsunterstellungen in der Soziologie, in: Sprondel und Seyfarth (1981), 49, 54.

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  144. Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, München und Leipzig (1923) 1924, 308f.

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  145. Die aus ‘Intuition’ geborenen ‘Ideen’ führen Weber zu dem Fazit: “Es (das Charisma, d.V.) ist in diesem rein empirischen und wertfreien Sinn allerdigs die spezifisch ‘schöpferische’ revolutionäre Macht der Geschichte.” WG, 658.

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  146. WEWR, 540.

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  147. Ebd., 539.

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  148. Ebd., 538f.

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  149. An vier Stellen fügt Weber diese Konsequenz nachträglich in die 1920 in die WEWR aufgenommene Fassung der PE ein: WEWR, 94, 114, 156 und 158. Schluchter folgert: “Für Weber gibt also weder die zur ‘Weltanschaung’ erhobene rationale Wissenschaft noch die Erlösungsreligion eine Sinndeutung, die den Bedingungen der Entzauberung adäquat wäre: Die eine verabsolutiert letztlich technologische Lebensideale und hat Weltanpassung zur Folge, die andere verabsolutiert die religiöse Hingabe und führt damit zur Weltflucht. ” Aus dieser Paradoxie findet Schluchter dadurch einen Ausweg, indem er Webers Begriff der Verantwortungsethik zwischen die Positionen schiebt und den Ort, den die Verantwortungsethik bei Weber einnahm, als ‘realpolitischen’ kennzeichnet. Das Ergebnis ist kaum mehr als ein Wortspiel: “Nur die verantwortungsethische Haltung verfolgt eine Opitimierungsstrategie und sucht beide (‘moralische Angemessenheit’ und ‘Effizienz’) in ein spannungsreiches ‘Gleichgewicht’ zu bringen: Sie ist die Kunst des Möglichen und die Kunst des Unmöglichen zugleich.” Was das heißen soll, bleibt Schluchter leider schuldig. Wolfgang Schluchter, Die Paradoxie der Rationalisierung. Zum Verhältnis von ‘Ethik’ und ‘Welt’ bei Max Weber, in: ZfS 3 (5, 1976), 256–284, 279, 281.

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  150. Der Titel Zwischenbetrachtung des Schlußkapitels der WEWR verweist darauf, daß die religionssoziologischen Studien Webers durch seinen Tod vorzeitig abgebrochen wurden.

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  151. WEWR, 541.

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  152. Ebd., 544.

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  153. Ebd., 564.

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  154. Die 1920er Einfügungen in die PE haben zu einer heftigen Kontroverse in der Weber-Interpretation geführt. Der Auseinandersetzung zwischen Tenbruck und Winckelmann (Johannes Winckelmann, Die Herkunft der ‘Entzauberungs’ -Konzeption, in: KZfSS 1 (32, 1980), 12–53) verdanken wir die Einsichten dieses Abschnitts, wir wollen sie deshalb kurz skizzieren. Kernthese Tenbrucks ist, daß die Entzauberung nicht mit der Rationalisierung gleichgesetzt werden darf, vielmehr der Prozeß der Entzauberung abgeschlossen sein mußte, bevor die moderne Rationalisierung sich als Sonderfall entwickeln konnte. Die Nachtragsstellen der PE enthielten ein Fazit, das durch die PE selbst nicht gedeckt sei und das sich Weber erst nach Abschluß der religionssoziologischen Studien, insbesondere der über das antike Judentum, erschlossen hätte und das dann in der Vorbemerkung, Einleitung und Zwischenbetrachtung zur WEWR auf den Punkt gebracht worden wäre: die Eigenlogik der Sphäre des Religiösen, die durch die charismatische Suche nach Umweltbeherrschung unter einen Rationalisierungsdruck gerate, was Weber als Problem der Theodizee fasse. Aus dem Idealtypus Sphäre des Religiösen wird unter der Hand ein Realtypus, der den Menschen in sein eigenes Gespinst Wirklichkeit verwickele und fortan als List der Idee, als Weltbild die Geschichte zur Universalgeschichte antreibe: “Ungeachtet der Tatsache, daß menschliches Handeln unmittelbar von Interessen angetrieben wird, finden sich in der Geschichte langfristige Abläufe, deren Richtung von ‘Ideen’ bestimmt worden ist, so daß hier gewissermaßen die Menschen sich für ihre Interessen abrackern und damit langfristig doch nur das Wasser der Geschichte auf die Mühlen von Ideen leiten, mit ihrem Tun in deren Bann verbleiben.” (Tenbruck, 1975, 684) Entsprechend können die ‘partiellen Rationalisierungen’, die sich z.B. aus technischen Interessen ableiten, ihren Wirklichkeitsausschnitt nicht verlassen, sie bleiben stecken: “Die Weichenstellung der Ideen ist deshalb nur die Kehrseite der Blindheit der Interessen.” (Ebd., 689) Eine Konsequenz lautet: erst Weltbilder können Interessen vereinheitlichen (hier gründet sich das von uns vorgetragene Argument zum Legitimitätsglauben, das institutionellen Konsens nicht voraussetzt), die andere: Rationalität ist nicht aus der Wirklichkeit abgeleitet. Tenbruck verweist nicht nur darauf, daß Weber den Rationalitätsbegriff selbst relativiert hat (nicht generell, wie Tenbruck der zitierten Stelle entnehmen will, aber immerhin schreibt Weber dem ‘Berufs’-Begriff irrationale Elemente zu, vgl. GAzRS I, 62), er geht auch darüber hinaus und behauptet: “Weber leugnete also radikal, was seine (und unsere) Zeit über alle Differenzen hinweg für ausgemacht hält: daß der Mensch seine Rationalität unmittelbar an der Wirklichkeit bestätigt und gewinnt, im Dienste seiner vernünftigen Interessen, welche zugleich auf die kognitive wie auch praktische Bewältigung von Tatsachen hinauslaufen. Für Weber hingegen beansprucht die religiöse Rationalisierung mit ihrer Eigenlogik Priorität, entwickelt sich also das, was wir kurzerhand Rationalität nennen, unter dem Vorbehalt religiöser Rationalisierung. ” (Ebd., 683) Winckelmann (1980) hält Tenbruck entgegen, daß Weber bereits 1913, also lange vor 1920, die Entzauberungsthese im Kategorienaufsatz und in WG entwickelt habe, sie also kein spätes Fazit sein könne: “Je mehr der Intellektualismus den Glauben an die Magie zurückdrängt und so die Vorgänge der Welt ‘entzaubert’ werden, ihren magischen Sinngehalt verlieren, nur noch ‘sind’ und ‘geschehen’ , aber nichts mehr ‘bedeuten’ , desto dringlicher erwächst die Forderung an die Welt und ‘Lebensführung’ je als Ganzes, daß sie bedeutungshaft und sinnvoll geordnet seien.” (WG, 308) Ebenso habe Weber ‘Phantasmen’ wie ‘innere Eigenlogik’ abgelehnt: “‘... den treibenden Faktor des geschichtlichen Geschehens’ irgendeiner Epoche oder irgendwelche ‘wahrhaft treibenden Kräfte’ des Geschichtsprozesses finden zu wollen” , sei Un-Sinn, ‘denn derartige Gespenster gibt es für mich nicht in der Geschichte.’“ (Weber, zitiert nach Winckelmann, 1980, 25f.) Tatsächlich habe Weber bereits 1905 (in einer frühen Fassung der PE) die spezifische Entwicklung des Okzidents zu einer entzauberten Welt mit der logischen Begriffslehre Sokrates’ und deren Ausbau durch Platon und Aristoteles, mit der Erfindung des rationalen Experiments in der Renaissance und der mathematischen Fundierung der empirischen Wissenschaften im 17. Jahrhundert in Verbindung gebracht (GAzRS, 141, Anm. 5), von einer Eigenlogik des Religiösen könne also keine Rede sein: “An und für sich sind ‘Ideen’ sowohl universalgeschichtlich als auch soziologisch gar nichts, und sie bleiben völlig bedeutungslos — außer für eine Ideengeschichte -, wenn sie nicht vermittels menschlicher und institutioneller Träger reale Macht und soziale Wirksamkeit erlangen.” (Winckelmann, 1980, 31) Was nun die ‘Weltbilder’ betrifft, sind sie für Winckelmann Interpretationen, magische oder mytologische Artefakte (er nennt 10 Stufen der Entwicklung), die keine Eigenlogik entwickeln können, auch wenn sie selbst oder über den Schritt zur Religion die praktische Lebensführung beeinflussen. Als Kanon, aus dem sich Handlungsmaximen ableiten lassen, aber ist das Weltbild die prominente Legitimationsgrundlage, denn “überall ist das tatsächlich Hergebrachte der Vater des Geltenden gewesen.” (WG, 15) Das jeweils entwickelte und indoktrinierte Weltbild prägte “die Mentalität und damit nicht allein den Erwartungshorizont der Menschen, sondern erzeugte darüber hinaus zugleich deren Bereitschaft, sowohl sich das im Weltbild zum Ausdruck gelangende ‘gesagt sein’ zu lassen, ‘Schlüsse’ daraus für ihre Lebenspraxis zu ziehen, sondern insbesondere auch Maximen und Weisungen zu folgen, die als dem Weltbild adäquat für sie einsehbar waren. ” (Winckelmann, 1980, 34) Vorübergehend hatte die Religion diese Rolle usurpiert, aber die Moderne hat ihr diese Funktion wieder entrissen, auf ein mathematisch-physikalisches sei ein ökologisch-biologisch-humanes Weltbild der entschiedenen Abweisung jeglicher Gigantomanie und industriell hochgezüchteter Technologien gefolgt. Wie ensteht nun der Eindruck des Beharrungsvermögens von Weltbildern und Institutionen? Die einfache Antwort der Winckelmannschen WeberInterpretation lautet: die Interessen der herrschenden Schicht kultivieren die bisherigen Vorstellungsmuster, Herrschaftsverhältnisse und Einnahmequellen. Damit entschlüsselt sich Webers Begriff des Legitimitätsglaubens als ein Zitat: “Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken.” (Marx und Engels, Die Deutsche Ideologie, MEW 3, 46f.)

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  155. Der Protestantismus ist für Weber keine ‘Erlösungsreligion’, sondern eine der Unbrüderlichkeit, “welche, als Virtuosenreligiosität, auf den Universalismus der Liebe verzichtete” . WEWR, 545f.

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  156. Mommsen (1972, 215, 218) wertet, Weber habe selbst mit Nachdruck hervorgehoben, daß eine zweckrationale Orientierung an einem Normensystem formalen Charakters kein echtes Legitimitätseinverständnis begründen könne und deshalb die Lehre von der Führung durch charismatisch Berufene in das Verfassungssystem parlamentarischer Demokratien, deren Institutionen nur noch als ‘technische Apparate’ verstanden werden, eingefügt. Der Preis sei, daß der Gedanke freier Selbstbestimmung und Selbstorganisation des souveränen Volkes zum alten Eisen geworfen sei.

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  157. Das ist die Quintessenz der beiden Aufsätze Politik als Beruf und Wissenschaft als Beruf

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  158. Über die Differenz zwischen ‘konstitutiv’ bzw. ‘adäquat’ lief die Auseinandersetzung in den Kritiken und Antikritiken zur PE. Kritisch beteiligten sich H. Karl Fischer und Felix Rachfahl, verteidigend Ernst Troelsch an der Kontroverse. Weber selbst schrieb einige extrem scharf formulierte Antikritiken, in denen er wiederholt die KonstitutivUnterstellung zurückweist. Offenbar erfolglos, denn diese Fehlinterpretation geistert auch heute noch in Weber-Interpretationen herum. So schreibt Mommsen, daß der Kapitalismus ein ‘Produkt puritanischer Religiosität’ , der ‘Puritanismus Schöpfer des Kapitalismus’ usf. sei. Vgl. hierzu den Sammelband von Johannes Winckelmann (Hg.), Die protestantische Ethik II, Hamburg 1972, und Wolfgang J. Mommsen, Universalgeschichte und politisches Denken bei Max Weber, in: Käsler (1972), 262.

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  159. Max Weber, Antikritik, PE, II, 169.

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  160. Ebd., 285.

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  161. Ebd., 170.

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  162. An anderer Stelle: ‘Seele’ , ebd. , 168.

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  163. Ebd., 170.

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  164. Ebd. , 285. Daraus wäre zu folgern, daß dem modernen Kapitalismus die ‘mechanische Basis’ konstitutiv sein müsse. Demgegenüber definiert Weber in den Vorbemerkungen (15ff.) den modernen okzidentalen Kapitalismus als “die rational-kapitalistische (betriebliche) Organisation von (fromell) freier Arbeit”, d.h. die Trennung von Haushalt und Betrieb und die rationale Buchführung. Der technische Bereich wird hierbei unter die Berechenbarkeit im Sinne von Kalkulation subsumiert, also rein buchhalterisch gefaßt, d.h. ‘Betrieb’ wird abermals auf ‘Büro’ verkürzt, die mechanische Basis bleibt ausgespart.

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  165. Fischoff behauptet, Weber wolle zeigen, daß die gesellschaftliche Entwicklung nicht ein automatisches Ergebnis der Technikentwicklung sei, was (angeblich) “gewöhnlich von den technologischen Theorien der Geschichte übersehen werde damit antworte Weber “auf die Mechanisierung des Menschen ... im Denken von ... Karl Marx ... ” Ephraim Fischoff, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: PE, II, 355ff. Abgesehen davon, daß wir der Einschätzung von Marx nicht zustimmen, scheint Webers Motiv getroffen: “... von einer ‘Widerspiegelung’ der ‘materiellen’ Verhältnisse in dem ‘ideellen Überbau’ reden zu wollen, wäre ja barer Unsinn.” (PE, 63) Stattdessen will Weber unter dem Verhältnis von ‘Geist’ und ‘Institution’ ein spezifisches Adäquanzverhältnis verstehen, wie er in einer Antikritik nochmals erläutert: “Wir (Weber, d. V .) bezeichnen den ‘Geist’ den Organisationsformen als “irgendwie spezifisch ‘adäquat’ : aus inneren Gründen ihnen ‘wahlverwandt’ ... Es ist z. B. ein typischer Vorgang in der Geschichte, daß eine (staatliche oder andere soziale) Institution in ganz den gleichen Formen weiterbesteht, aber in ihrem ‘Sinn’ für das geschichtliche Leben, ihrer kulturgeschichtlichen ‘Bedeutung’ verändert erscheint. Wenn wir in solchen Fällen von einer Änderung ihres ‘Geistes’ sprechen — und wir pflegen es zu tun -, so haben wir natürlich die unbedingte Pflicht, jeweils zu verdeutlichen, was darunter verstanden sein soll und welche konkreten Ursachen die Änderung bedingten.” (PE, II, 284) Weber, der sonst jede Vorstellung von einem kollektiven Bewußtsein als positivistische Utopie geißelt, nähert sich hier in der Verteidigung seiner ‘ideellen’ Erklärung des Kapitalismus deutlich Durkheims institutioneller Soziologie an.

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  166. Rachfahls Kritik (PE, II, 265f.) lautet, daß Weber zwar (aus taktischen Gründen) selbst betone, daß das geschilderte Phänomen nur eine Komponente des Kapitalismus sei, aber er erwecke auch den Eindruck, daß es die wesentliche sei, “die dem Ganzen seinen Stempel aufprägt” . So sei Weber auch verstanden worden. Hieran schließt sich die bis heute anhaltende Kontroverse an, ob es sich bei der PE um eine empirische Studie (Löwith, 1973, 34) oder nur um eine gegen Marx gerichtete idealtypische Gedankenkonstruktion, die die Rolle der Ideen in der Geschichte zeigen soll (van Dülmen, 1988, 101), handelt. Die zweite Position zeigt, daß Webers Wissenschaftsprogramm nicht zur Kenntnis genommen wurde, daher ist diese Kontroverse unfruchtbar. Fruchtbar hingegen sind die Anregungen von Löwith und Birnbaum, die Webers Argument der Ergänzungsthese ernst nehmen. Für Birnbaum ist die PE keine Widerlegung zu Marxens Versuch, die Entstehung des Kapitalismus zu erklären (Kapital I, Kap. 24), sondern eine Ergänzung zum ersten Kapitel des Kapitals (Birnbaum, 1973, 61) . Löwith ergänzt, es ginge Marx um die Erklärung und Destruktion des allgemeinen Tatbestandes der Verdinglichung, Weber darum, sie zu verstehen (Löwith, 1973, 26).

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  167. Daß es sich bei den technischen Artefakten um materialisierte Ideen handelt, zeigt Marx in seinem berühmten Vergleich der Biene mit dem Architekten: bevor die materielle Form entsteht, bedarf der Mensch (weil nicht instinktgesteuert) der Idee von ihr.

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  168. Vgl. hierzu Webers Aufsatz ‘Der Sozialismus’ , in: Marianne Weber (Hg.), Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik (GAzSS), Tübingen 1924.

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  169. Wir werden sie im folgenden Abschnitt 6.5 entwickeln.

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  170. “Die verhängnisvolle Vorstellung Webers, daß praktische Fragen keine rationale Öffentlichkeit besäßen und wissenschaftlich nicht verallgemeinerungsfähig wären, hat dazu geführt (sic!), daß Rationalität ohne Investitionsplan dort eingesetzt wird, wo sie vergleichsweisen Überschuß produziert und dort fehlt, wo objektiv das Gesellschaftinteresse liegen müßte ... In Wahrheit offenbart sich hier das ‘politische Dilemma der Technokratie’ . ” Hennen (1975, 71) Eben dies ist ja unsere These, die wir in der folgenden Verzweigungstelle belegen wollen: der Mythos einer sich selbst sachgerecht verwaltenden Sphäre der Technik ist kein vaterloses Kind.

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  171. PE, 45f. Weil bei Weber der ‘Geist’ des Kapitalismus vor dem Kapitalismus da sei, verstelle sich Weber den Blick auf die Eigendynamik der Institutionen (Markt, Tausch) und ihrer Dysfunktionalitäten. Das führe dazu Arbeit (als Naturaneignung) durch Beruf zu substituieren, was zur Kette Rationalität — methodisches Leben — Berufspflicht führe und Sinn wie Kommunikationserfolg verzichtbar erscheinen lasse, kritisiert Hennen (1975, 84ff.).

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  172. PE, 50.

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  173. Ebd., 52f.

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  174. Ebd., 67f.

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  175. Ebd., 122.

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  176. Ebd. , 132.

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  177. Mit der Absage an religiöse Zeremonien findet für Weber der Entzauberungsprozeß seinen Abschluß (ebd. , 123) .

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  178. Ebd., 122.

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  179. “Die christliche Askese, anfangs aus der Welt in die Einsamkeit flüchtend, hatte bereits aus dem Kloster heraus, indem sie der Welt entsagte, die Welt kirchlich beherrscht. Aber dabei hatte sie im ganzen dem weltlichen Alltagsleben seinen natürlich unbefangenen Charakter gelassen. Jetzt trat sie auf den Markt des Lebens, schlug die Tür des Klosters hinter sich zu und unternahm es, gerade das weltliche Alltagsleben mit ihrer Methodik zu durchtränken, es zu einem rationalen Leben in der Welt und doch nicht von dieser Welt oder für diese Welt umzugestalten.” Ebd., 165.

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  180. Ebd . , 66.

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  181. Die Kirche charakterisiert Weber als ‘Gnadenanstalt’ mit dem universalen moralischen Anspruch der Nächstenliebe. Demgegenüber sind Sekten als voluntaristische Verbände ‘aristokratische Gebilde’ mit einer spezifischen Trennung zwischen Binnen- und Außenmoral — in der Entwicklung religiöser Weltbilder sind sie insofern ein Rückfall auf eine frühere Stufe -, die ihr spezifisches Ethos (dazu gehört die Verachtung der nicht der Sekte Angehörenden) durch Prämien auf Verhalten (‘Anzüchtungsmittel’) als Bewährungsgedanken verabsolutieren. Zur Schließungstendenz der Sekte gehöre auch ihr Selbstverwaltungsanspruch als ‘Abendmahlsgemeinde’ , der mit demonstrativem Politikverzicht gekoppelt ist (‘honesty is the best policy’), der aber selbstverständlich politisch wirkt (Sekten sind der Archetypus jener gesellschaftlichen Gruppenbildungen, welche heute die ‘öffentliche Meinung’ prägen, PE, II, 173f., und sie sind typische Vehikel zur Verbreitung und Erhaltung des kapitalistischen Geschäfts- und Berufsethos des bürgerlichen Mittelstandes, PE, I, 285): Die moderne amerikanische Gesellschaft sei kein formloser Sandhaufen von Individuen, sondern gleichsam ein Netzwerk von voluntaristischen Verbänden, deren Prototypen die Sekten bilden. Jeder Ausschluß von ihnen ist gleichbedeutend mit der Vernichtung der Existenzgrundlage. Diese Skizze entfaltet Weber nach einem Besuch der USA in dem Aufsatz ‘Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus’ (GAzRS I, 207–236). Daß Weber Calvin als Begründer der partikularen Doppelmoral der Sekten möglicherweise falsch gesehen habe, zeigt Nelson am Beispiel des Zinswucherverbots durch Calvin, das die moderne universale Wirtschaftsethik befördert habe. Benjamin N. Nelson, Über den Wucher, KZfSS, Sonderheft 7 (1963), 407–447.

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  182. PE, 172.

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  183. Ebd., 180.

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  184. Ebd., 183.

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  185. Ebd. , 184. Von hier aus stellen sich dann ‘Überbauphänomene’ ein: die Vorstellung vom Beruf als vorzüglichem Mittel des Gnadenstandes erlaubt es, die Ausbeutung zu legalisieren (ebd., 185).

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  186. Ebd., 188.

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  187. Nach Schmidt-Glintzer dürckt sich Weber hier so aus, als sei er schon 1904 ein früher Grüner, der gesehen habe, daß die (einmalige) euroamerikanische Industriekultur durch Übernutzung der Umwelt in eine Sackgasse führt. Helwig Schmidt-Glintzer, Intellektueller Imperialismus? Außereuropäische Religionen und Gesellschaften im Werk Max Webers, in: Gneuss und Kocka (1988), 65.

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  188. Richard Baxter, ein Seelsorger, ist Webers Kronzeuge für die Berufsidee im englischen Puritanismus. PE, 166.

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  189. Ebd., 187ff. Die dunkle Schlußpassage der PE hat zu unterschiedlichen Interpretationen herausgefordert. Mommsen erkennt in Weber einen frühen Grünen, der von linken, alternativen Bewegungen fasziniert war, den Sprung in eine alternative Lebensführung für sich selbst aber für unaufrichtig hielt. Offe hingegen kritisiert den staatstechnischen Institutionenbegriff, der Weber dazu verleite, fatalistisch hinter Marx zurückzufallen (“Geschichte wird von Menschen gemacht”) und dem es nur um die Auslese und Züchtung einer Elite ginge. Schluchter sieht gerade im Wirken der Elite durch die Wissenschaft eine Paradoxie der Rationalisierung. Alle in: Max Weber, Ein Symposion, München 1988, 161 ff.

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  190. Gemeint ist hier natürlich ausschließlich der Zusammenhang von PE und Antikritiken. Mehr als ein Jahrzehnt später kommt Weber in dem Aufsatz Wissenschaft als Beruf auf das Thema zurück.

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  191. Karl Marx, Das Kapital I, Berlin 1975, 86.

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  192. Ebd.

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  193. PE, 126f.

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  194. Weber greift in einem Vortrag über den Sozialismus Marxens Gedanken der Entfremdung auf und bezeichnet diesen Prozeß als ‘unentrinnbar’ ; unabhängig davon, wie sich die Eigentumsverhältnisse gestalten, ist sie (die ‘Entfremdung’ bzw. ‘Trennung’) durch die Technik vorgegeben. Max Weber, ‘Der Sozialismus’, in: Marianne Weber (1924), 498f. Daß es sich bei dem Komplex Kapitalismus-Technik-Markt um ein ‘unabänderliches Gehäuse’ handelt, wertet Weber erstmals in der PE (ebd., 45) und behält das plastische Bild fortan bei.

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  195. Löwith (1973), 26. Vgl. hierzu auch Georg Lukäcs, Geschichte und Klassenbewußtsein (Berlin 1923), Darmstadt und Neuwied 19684, 170ff.

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  196. Ebd.

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  197. Vgl. hierzu auch Georg Stauth und Bryan S. Turner, Nietzsche in Weber oder die Geburt des modernen Genius’ im professionellen Menschen, ZfS 2 (15, 1986), 81–94, insbes. 90f.

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  198. “Man kann eben — dieser einfache Satz, der oft vergessen wird, sollte an der Spitze jeder Studie stehen, die sich mit ‘Rationalismus’ befaßt — das Leben unter höchst verschiedenen letzten Gesichtspunkten und nach sehr verschiedenen Richtungen hin ‘rationalisieren’ . Der ‘Rationalismus’ ist ein historischer Begriff, der eine Welt von Gegensätzen in sich schließt, und wir werden gerade zu untersuchen haben, wes Geistes Kind diejenige konkrete Form ‘rationalen’ Denkens und Lebens war, aus welcher jener ‘Berufs’-Gedanke und jenes — wie wir sahen, vom Standpunkt der rein eudämonistischen Eigeninteressen aus so irrationale — Sichhingeben an die Berufsarbeit erwachsen ist, welches einer der charakteristischen Bestandteile unserer kapitalistischen Kultur war und noch immer ist. Uns interessiert hier gerade die Herkunft jenes irrationalen Elements, welches in diesem wie in jedem ‘Berufs’-Begriff liegt.” PE, 65f.

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  199. In der GAzWL (190) hatte Weber Idealtypen als ‘Utopien’ charakteresiert, in der PE (117), vor allem aber den Antikritiken die PE selbst zu einer idealtypischen Studie erklärt: “Sowohl der Begriff ‘Kapitalismus’ wie, erst recht, der andere: ‘Geist des Kapitalismus’ sind nur als ‘idealtypische’ Denkgebilde konstruierbar.” (Antikritisches zum ‘Geist’ des Kapitalismus, PE, II, 170). Das Problem ist nun, daß Weber dieser ‘Utopie’ reale Kraft beimißt, was sie entweder in einen ‘Realtypus’ (Tenbruck, 1975) überführt (davor hatte Weber in der GAzWL, 203, gewarnt) oder aber zur (nur idealtypischen Rekonstruktion) von Triebkräften führt, die Weber aber ausdrücklich, und explizit gegen Marx gerichtet, nicht anerkennen mochte (GAzWL, 205).

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  200. PE, 46.

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  201. Das Zitat (wir übernehmen es von Nelson, 1963, 408) ist eine Mitschrift der letzten Weber-Vorlesung vom WS 1919/1920, also keine originale Textstelle. Dennoch diente der hier beschriebene Prozeß Parsons (und in seinem Gefolge auch Münch) dazu, Weber zum Kronzeugen des Interpenetrationskonzeptes zu erheben, nur im Okzident sei die Durchdringung (im Sinne von Versöhnung) von Wirtschaft und Moral gelungen. Demgegenüber zeigt Berger, daß die PE auf Überwindung einer Moral durch eine andere, also Kämpfe innerhalb einer Wertsphäre, nicht aber Durchdringung verschiedener Wertsphären abhebt. Es geht bei Weber um Prozesse der Institutionalisierung, d.h. Veränderungen der Sozialstruktur, nicht der Versöhnung unterschiedlicher Strukturprinzipien. Stephen D. Berger, Die Sekten und der Durchbruch in die moderne Welt: Zur zentralen Bedeutung der Sekten in Webers ProtestantismusThese, in: Seyfarth und Sprondel (1973), 250f.

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  202. Die revolutionäre Kraft des Charisma realisiert sich in den rationalen Prophetien, die die Magie ‘durchbrochen’ und so erst die Grundlage für die moderne Wissenschaft, Technik und Ökonomie geschaffen hätten. Denn die Magie sei eine der schwersten Hemmungen für die Rationalisierung, sie bedeute “Stereotypisierung der Technik und Ökonomie” . Max Weber, Wirtschaftsgeschichte, in: PE, 366f. Daß Weber mit sol-chen Feststellungen selbst einen Mythos kultiviert, haben wir in unserer Eder-Kritik (vgl. Abschnitt 3.4) gezeigt.

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  203. Offe (1988), 174. Offe verknüpft seine Wertung mit der Aufforderung, Webers späte Schriften daraufhin zu prüfen, welchen Beitrag welche Institutionen zur politischen Kultur leisten können. Das ist auch unser Anliegen.

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  204. Mommsen (1972), 267.

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  205. Gemeint ist das ‘Hörigkeitszitat’ in WG, 835f.

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  206. Hierin folgen wir Tenbruck (1975), aber mit entgegengesetzter Konsequenz: Die religionssoziologischen Studien sind, wie in der Vorbemerkung (PE, 21f.) von Weber selbst ausgeführt, Kontrastforschungen, “um die Vergleichspunkte mit der weiterhin zu analysierenden okzidentalen Entwicklung zu finden.” Wäre die PE ein Realtypus, der die Dynamik der Rationalität primär aus dem Religiösen zu erklären sucht, dann wäre Webers Versuch in der Tat ein ‘idealistischer’ Angriff auf ‘materialistische’ Deutungen der Institutionen der Industriekultur. Tatsächlich geht es Weber aber um die Ergänzung einer Leerstelle bei Marx, um die Motive, die die Institutionen als Innenstützung verhärten. Vgl. hierzu Löwith (1973) und Birnbaum (1973).

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  207. Vorbemerkung, 20.

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  208. Mit Lebensführung ist bei Weber das umschrieben, was bei Habermas als Sphäre verständigungsorientierten kommunikativen Handelns, als Lebenswelt, von anderen systemischen Sphären normativ abgetrennt wird.

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  209. PE, 373.

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  210. Vorbemerkung, 19.

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  211. Weber spricht von ‘Anzüchtung’ , PE, 296.

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  212. Weber nennt die Bereiche Wissenschaft, Kunst, Politik (‘Staat’), Wirtschaft (‘Kapitalismus’, ‘Sozialismus’ wird als Spiegelbild des ersteren gedacht) und Technik.

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  213. Gert Schmidt, Technik und kapitalistischer Betrieb. Max Webers Konzept der industriellen Entwicklung und das Rationalisierungsproblem in der neueren Industriesoziologie, in: Seyfarth und Sprondel (1981), 171.

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  214. WG, 835.

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  215. Von hier aus, und nicht von der PE, sucht Weber Marx zu widerlegen. Denn der Sozialismus bedarf dieser ‘lebenden’ Maschine Bürokratie in besonderem Maße, um die technische Maschinerie in Gang zu halten. Er radikalisiert insofern genau das, was er aufzuheben sucht, die Herrschaft des Staatsapparates.

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  216. Vorbemerkung, 12.

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  217. WG, 822.

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  218. Ebd., 551.

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  219. An Robert Michels soll Weber geschrieben haben (wir zitieren den Brief nach Mommsen (1972, 207) : “Aber — ach wieviel Resignation werden Sie noch über sich ergehen lassen müssen! Solche Begriffe wie ‘Wille des Volkes’ , wahrer Wille des Volkes, existieren für mich schon lange nicht mehr, sie sind Fiktionen. Es ist gerade so, als ob man von einem Willen der Stiefelkonsumenten reden wollte, der für die Art, wie der Schuster seine Technik (!) einrichten sollte, maßgebend sein müsse! Die Schuhkonsumenten wissen zwar, wo sie der Schuh drückt, aber niemals, wie er besser gemacht werden sollte.” Aus der Aussage zieht Mommsen den Schluß, daß für Weber der demokratische Verfassungsstaat eine ‘technische Veranstaltung’ sei.

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  220. WG, 129.

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  221. Ebd., 562.

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  222. Kostede kommt in einem von Luhmann beeinflußten Beitrag zu dem Schluß, daß die Absenkung des Entscheidungsniveaus bei einzelnen Sachfragen auf die Ebene von Plebisziten das Vertrauen in die Verfahren der Politik wiederherstellen und gleichzeitig das Primat der Politik sicherstellen könne. Hierbei scheint uns nicht mehr herauszukommen als bei Meinungsumfragen — es können Stimmungen abgefragt werden, Garantien für ‘sachgerechte’ Entscheidungen sind durch formal-retuschierte Verfahren nicht zu erreichen, vor allem aber: die Illusion eines Primats der Politik wird suggeriert. Norbert Kostede, Primat der Politik. Legitimation durch Sachvoten, Bielefeld 1984.

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  223. Deswegen stehen Fachmenschentum und Kulturmenschentum auch im Kampf miteinander, ersteres reduziert Sinn auf technische Adäquanz, letzteres verteidigt Sinn gegen ‘Kolonialisierung’ (Habermas) . WG, 578.

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  224. Ebd., 833.

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  225. Sombart versteht Technik als ein Subsystem der Kultur, dem keine eigenständige Bedeutung zukommt: “Technik in der allgemeinen Bedeutung heißt Verfahren.” In einem engeren Sinn verstanden wir Westeuropäer (im Gegensatz zu anderen Kulturkreisen) unter Technik ‘Instrumentaltechnik’. Sombart leitet Technik vom Werkzeuggebrauch ab, einem Gattungsphänomen, das nur dem Menschen zukomme: “Denn Technik ist Geist und der Geist wirkt durch die einzelne Person und diese ist in ihrem Tun selbständig und willkürlich.” Die Nähe zu Weber ist unverkennbar. Werner Sombart, Vom Menschen, Berlin 1956, 82–87.

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  226. Hennen (1976, 72) wertet, es sei der Mythos des Funktionierens, dem sich Weber ergebe: Zwischen dem ‘geronnenen Geist’ der gesellschaftlichen Maschinerie und dem Schrecken des ‘Gehäuses der Hörigkeit’ spielt sich jene Tragik ab, in der Weber der Faszination einer berechenbaren Gesellschaft erliegt. Er selbst versucht, die formalistische Beherrschung dadurch zu beschönigen, daß er sie als ‘Feindin der Willkür’ und ‘Schwester der Freiheit’ apostrophiert. In Wirklichkeit ist diese Herrschaft der Dinge über den Menschen eine Herrschaft der Mittel über den Zweck; und die Willkür, der Weber entronnen zu sein glaubte, tritt in neuer Form in Erscheinung, indem auf dem Wege individueller Regression vernachlässigte emotionale Bedürfnisse zur Gefahr werden. Die Partikularisierung der Rationalität fördert Substruktur wie Entfremdung. Nach Parsons (1981, 87, 83) führt die Überbetonung der formal-rationalen gegenüber den affektuellen Kategorien erst in den Teufelskreis Webers hinein, das Gehäuse ist das Produkt der Problemstellung. Der Prototyp des Zweckrationalen sei der Markt und nicht die Verwaltung (als Folge von Politik), die vielmehr den irrationalen Gegenpol (‘Wertrationalität’) zum Markt bilde.

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  227. Der Zugang zu Webers engerem industriesoziologischen Technikbegriff ist kein unproblematischer. Hier stehen uns nur wenige Arbeiten zur Verfügung, die selbst keine Ergebnisse enthalten, sondern ausschließlich Fragestellungen formulieren. Es sind dies vor allem ‘Methodologische Einleitung für die Erhebung des Vereins für Sozialpolitik über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft in der geschlossenen Großindustrie’ (1908) und ‘Zur Psychophysik der industriellen Arbeit’ (1908–09), beide in: Marianne Weber (Hg.), Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik (GAzSS), Tübingen 1924.

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  228. Erhebung, 11.

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  229. Ebd., 2.

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  230. Psychophysik, 126.

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  231. Erhebung, 11.

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  232. Psychophysik, 142.

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  233. Erhebung, 10.

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  234. Ebd., 14.

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  235. Ebd. , 9.

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  236. Ebd., 7. Das alles ist nicht unproblematisch. Die Untersuchungen ließen Rückschlüsse auf die Rentabilität einzelner Betriebe zu, deswegen müßten die Daten in bezug auf das Unternehmen unkenntlich gemacht werden, bei den Arbeitern reiche es hingegen aus, daß ihnen dieses versichert werde, ohne es tatsächlich zu vollziehen (ausgenommen den Namen), (ebd., 44–50).

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  237. ‘Diskussionsreden auf den Tagungen des Vereins für Sozialpolitik’ , in: Weber (1924), 426. Die hier skizzierten Postulate — sie sind Anweisungen an Mitarbeiter zur Durchführung von Leistungsmessungen an Arbeitsplätzen in der Großindustrie — sind keine ‘Ausrutscher’ im Rahmen einer Auftragsforschung, auch wenn sie Weber vor dem Verein für Sozialpolitik bagatellisierend zu rechtfertigen sucht (die Verbesserung der Kalkulation sei nur ein ‘nützlicher Nebenerfolg’ , ebd.), es auch an Kritik an den Industriellen nicht mangeln läßt (‘spießbürgerlicher Herrnkitzel’, ebd., 397), sein Ziel ist die industrielle Aufrüstung im Kampf um den Weltmarkt am Beispiel der USA. Internationalistische Klassenorientierungen sind demgegenüber dysfunktional, wohingegen sich die ‘ständische’ Orientierung der Arbeiter in den USA schon durchgesetzt habe. Weber zeigt dies drastisch an einem Gepräch mit einem amerikanischen Arbeiter, den er fragte, warum sie die Korruption in der Politik, in den Gewerkschaften hinnähmen. Seine Anwort soll gelautet haben: “Das tut nichts, es ist genug Geld für das Stehlen da und es bleibt immer noch genug übrig zum Verdienen für andere — auch für uns. Auf diese ‘professionals’ (gemeint sind die Bosse der Parteien, Gewerkschaften und Aktiengesellschaften, d.V.), auf diese Beamten speien wir, die verachten wir. Wenn aber eine examinierte studierte Klasse die Ämter einnimmt wie bei euch drüben — die speit auf uns.” (Sozialismus, 496).

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  238. “Es ist selbstverständlich an sich etwas Willkürliches und sehr Zweifelhaftes, was man unter dem Begriff ‘Technik’ verstehen will. Marx gibt eine Definition des Begriffs Technik meines Wissens nicht. Es steht aber bei Marx, bei dem sehr Vieles steht, was, wenn man genau und pedantisch, wie wir es tun müssen, analysiert, nicht nur widerspruchsvoll scheint, sondern wirklich widerspruchsvoll ist, unter anderem eine oft zitierte Stelle des Inhalts: Handmühle bedingt Feudalismus, Dampfmühle bedingt Kapitalismus. Das nun ist eine nicht ökonomische, sondern technologische Geschichtskonstruktion, — und von der Behauptung selbst ist einwandfrei zu konstatieren, daß sie einfach falsch ist. Denn das Zeitalter der Handmühle, welches ja bis an die Schwelle der Neuzeit heranreicht, hat Kultur-’Überbauten’ aller denkbaren Art auf allen Gebieten gesehen.” (ebd. , 450) Die geschichtsmaterialistische Auffassung binde den Technikbegriff an die Eigentumsverhältnisse, das aber greife zu kurz, wie das Beispiel der kapitalistischen Verhältnisse im Altertum zeige, deren Anstieg zum Gipfel erst begonnen habe, als die technische Entwicklung bereits zum Ende gekommen sei (ebd., 451). Tatsächlich schrieb Marx folgendes: “Die sozialen Verhältnisse sind eng verknüpft mit den Produktivkräften. Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherrn, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten.” Es kann also keine Rede von einer mechanischen Gleichung sein, sondern die These ist die, daß die materielle Reproduktion die Lebensverhältnisse wesentlich gestaltet, ein Sachverhalt, den Weber selbst nicht ernsthaft bestreiten kann (vgl. die Methodologische Einleitung). Marx fährt fort: “Aber dieselben Menschen, welche die sozialen Verhältnisse gemäß ihrer materiellen Produktivität (Produktionsweise) gestalten, gestalten auch die Prinzipien, die Ideen, die Kategorien gemäß ihren gesellschaftlichen Verhältnissen. Somit sind diese Ideen, diese Kategorien, ebensowenig ewig wie die Verhältnisse, die sie ausdrücken, sie sind historische, vergängliche, vorübergehende Produkte.” Karl Marx, Elend der Philosophie, MEW, 4, Berlin 1974, 130. Selbst wenn Weber mit seiner Zurückführung des Berufsethos auf die protestantische Ethik im Recht sein sollte, so ist auch für ihn unbestreitbar, daß nach Absterben der religiösen Wurzel das Berufsethos sich an die materiellen Bedingungen anbindet, Ausdruck dieser Bedingungen wird. Sind diese Bedingungen aber aufgrund ihrer technischen Struktur in spezifischer Weise undurchschaubar, dann rankt sich um dieses Berufsethos ein spezifischer Rationalitätsmythos. Genau das scheint aber für bestimmte sog. ‘High-Tech’-Bereiche der Fall zu sein.

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  239. Diskussionsreden, ebd., 453. Wie nun aber, und diese Frage muß sich ja anschließen, wenn die Technik, in ihren ‘kreativen’ Möglichkeiten entfesselt, megalomanisch die Bedeutung in dem Sinne okkupiert, daß sie selbst meint, Kunst zu sein? Dann verflüchtigt sich die kritische Konnotation der Bedeutung für die Eindrücke, die die Seele des Künstlers verschlingen, sie ‘zerrütten und parzellieren’ (ebd.) und damit seinen (oder irgendeinen) Widerstand hervorrufen.

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  240. Ebd.

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  241. Ebd.

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  242. Ebd.

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  243. Die Problematik des Fortschrittsbegriffs handelt Weber im ‘Werturteilsgutachten’ dergestalt ab, daß er die “Möglichkeit eines — bei eindeutig feststehendem Zweck — an der bloßen Zweck-Mittel-Rationalität orientierten wertfreien Begriffs des ‘empirisch-technischen Fortschritts’ herausstellt.” Winckelmann (1980), 26.

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  244. GAzWL, 525.

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  245. Ebd., 593f.

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  246. Winckelmann (1980), 27.

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  247. GAzWL, 594.

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  248. So wurden etwa Konstruktionsunterlagen für Atomkraftwerke den Genehmigungsbehörden mit dem Hinweis auf militärische Geheimhaltungserfordernisse vorenthalten.

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  249. In welchem Ausmaß die verfahrensrechtlich zu beteiligende Öffentlichkeit z. B. bei der Genehmigung des AKW Mülheim-Kärlich durch die Kooperation von Betreibern und Genehmigungsbehörde getäuscht wurde, geißelte im September 1988 ein BVGUrteil, das den Reaktor aus diesem Grund stillgelegt hat.

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  250. GAzWL, 525.

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  251. Ebd., 530.

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  252. Ebd. Unter Anspielung auf das Ende der PE — die mächtige Wiedergeburt überkommener Ideale und Glaubensvorstellungen — was immer das für welche sein sollen, läßt Weber offen — zieht Winckelmann (1980, 29) als Fazit, daß die “orientierungslose, die schreckliche Zeit” herrsche. Damit übernimmt er Webers Schicksal-Mythos: Weber war bemüht gewesen, Marx den Fehler des ‘technologischen Determinismus’ nachzuweisen (Giddens, 1973, 81). Marx hatte seine Technikkritik aber vor dem Hintergrund einer ‘Ethik letzter Ziele’ entfaltet. Diesen Sachverhalt eliminiert Weber gleichzeitig als ‘unwissenschaftlich’ , nur um unter der Hand eine eigene ‘Ethik’ einzuführen. Der Begriff der Zweckrationalität ist selbst ein polemischer Wertbegriff (vgl. auch Vogel, 1973, 539): “Die Gesinnungsethik ... ist formal, sie entsteht aus der Tapferkeit, die Schwäche zuweilen hervorbringen kann. Die Verantwortungsethik jedoch erscheint unerschütterlich in der Form wissenschaftlich-technischer Selbstsicherheit, sie wird damit material.” (Hennen, 1976, 59) Es geht Weber nicht um die Verständlichkeit von Handeln (womit er die Heraushebung der Zweckrationalität begründet), sondern um eine spezifische Verantwortlichkeit des Handelns (Löwith, 1973, 25), und die wird (eine Paradoxie in sich) ‘systemisch’ : “Die Rationalität ist bei Weber weder durch die Vernunft der Systemführung, noch durch diejenige des Gesamtsystems, sondern allein durch die der im weitesten Sinne technischen Verselbständigung charakterisiert.” (Hennen, 1976, 58. Vgl. hierzu auch Rehberg, 1979, 202f.) Das wissenschaftliche Weltbild werde bei Weber selbst zu einer materialen Realität: als eine mächtige Lebenssphäre, dennoch unfähig, wertrationalisierende Prozesse hervorzubringen, verurteilt sie das Individuum als Persönlichkeit dazu, seine Existenz am Rande der Gesellschaft in kleinen intimen Gruppen zu fristen, faßt Kalberg wertend zusammen. Stephen Kalberg, Max Webers Typen der Rationalität, Grundsteine für eine Analyse von Rationalisierungsprozessen in der Geschichte, Sprondel und Seyfarth (1981), 33.

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  253. Geschichte ist für Weber sinnlos (Kalberg, 1981, 29), dennoch spricht er in der Zwischenbetrachtung von der Eigengesetzlichkeit der Sphären. Wenn es denn eine solche gibt, so läßt sich die Technik wohl kaum unter die der Kultur zwingen (Sombart), sondern im Gegenteil, sie ist im Begriff — das gesteht ja Weber selbst zu -, die Kultur zu ‘kolonialisieren’ . Riesebrodt bezweifelt demgegenüber, daß es eine abstrakte Eigenlogik gibt, sie beruhe vielmehr auf der Dynamik der Interessen der Trägerschichten. Und hier insbesondere: die Rationalisierungsdynamik liegt im Interesse der Intellektuellen, die sie auch selbst befördern. Uns erscheint die Rolle der Intellektuellen überschätzt; die Frage müßte vielmehr lauten: veranlaßt die Intellektuellen nicht eine bestimmte Interessenlage (etwa die Drittmittelforschung) zur Komplicenschaft? Martin Riesebrodt, Ideen, Interessen, Rationalisierung: Kritische Anmerkungen zu F.H. Tenbrucks Interpretation des Werkes von Max Weber, in: KZfSS 1 (32, 1980), 111–129, 121f.

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  254. Johann Wolfgang Goethe, Der Zauberlehrling, Werke I, Ffm. 1981, 212.

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  255. Was der Spiegel treffend ‘Selbstmord des Atoms’ nennt.

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Berger, R. (1991). Das Paradoxon der Rationalität: Max Weber. In: Politik und Technik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99620-6_6

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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