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Anmerkungen

Einleitung

  1. Der im Untertitel dieser Schrift eingeführte Begriff der “bürgerlichen Gesellschaft” ist hier sowohl in seiner theoretischen wie inhaltlichen Konsistenz zugrundegelegt. Wir ersparen es uns, hierzu auch nur ansatzweise den Diskussionsstand und die methodische Debatte einzubringen. Beides wurde nachvollziehbar zusammengefaßt in: Utz Haltern 1985. Für die notwendig grundlegende und übergreifende Analyse verweisen wir auf die Arbeiten insbesondere von Heide Gerstenberger, der wir für kollegiale Durchsicht von Ausgangsmanuskripten für diese Arbeiten dankbar sind.

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  2. Vgl. die implizite Argumentation bei H. Welker 1974, 970

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  3. Einige Beispiele solcher Zwänge werden später gegeben, vor allem zum Bereich Werbung.

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  4. Das Wort “folgen” ist hier nicht im Sinne einer Kausalbeziehung gebraucht, weil diese durchaus konjunkturtheoretisch unklar ist, auch bei Schumpeter selber.

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  5. Diese fällt in bestimmten Phasen, an Zyklenenden nämlich, mit der zweiten Ebene zusammen. Dies ist im Moment mit den neuen Medien der Fall. Sie bezeichnen sowohl Schnittstellen qualitativer epochaler Änderungen im elektronischen Mediensystem, als auch eine zyklische Basisinnovation, die jetzt schon erkennbar, erhebliche Bewegungen in der vierten Ebene programmiert.

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I. Kommunikationstechnologie und gesellschaftliche Entwicklung

  1. Vgl. zur Situationsbestimmung und Perspektive dieser Organisation den Bericht der Mac Bride-Kommission. UNESCO-Kommission für Deutschland, Österreich, Schweiz (Hrsg.) 1981. Für die politische Wende: H. J. Schiller 1973, 472; J.D. Halloran 1970.

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  2. Diese auch in der Kommunikationswissenschaft traditionelle Perspektive, die das ökonomische Interesse der Medienindustrien in der vorgeblichen Wertfreiheit technologischer Formbetrachtung verbirgt, ist sehr anschaulich exemplifiziert etwa bei D. Lerner (1958) oder in den Aufsätzen des Readers von L.W. Pye (1963).

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  3. Vgl. H. J. Schiller 1970; ders. 1976, 143-163; J. Tunstall 1978. Und selbst in den jüngsten Untersuchungen, in denen die Analyse ökonomischer Verflechtung der traditionellen Perspektive folgend aufgegeben und durch den stark interessebesetzten Ansatz der Modernisierungsforschung ersetzt ist, schlägt die Einsicht in die enormen Asymmetrien und die Herrschaft der westlichen Medienindustrien noch durch. Vgl. E. Katz und G. Wedell 1978.

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  4. Einen sehr überzeugenden Argumentationsgang derselben Richtung hat für die vorhergehende Geschichte, etwa von Aristoteles bis zum 16. Jh. entlang der alten physikalischen und nationalökonomisch-sozialen Impetustheorie Michael Wolff (1978) entwickelt. Eine sehr materialreiche Darstellung zur verschränkten Durchsetzimg der okzidentalen, sozio-technischen Rationalität bietet L. Mumford (1977).

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  5. Auch die Modernisierungstheorien, in deren Zentrum Entwicklungsparameter zur Gewinnung eines industriellen Reproduktionsniveaus stehen, also ursprünglich im Interessenzusammenhang der Industriestaaten an der Transformation der Entwicklungsländer herausgebildet wurden, werden zunehmend historisiert und zu Strukturtheorien auch der alteuropäischen Gesellschafts-und vor allem Staatsentwicklungen umgedeutet (vgl. S.N. Eisenstadt 1980).

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  6. Eine logisch und materiell konsistente Deutung dieser Entwicklungsvorstellung von Marx findet sich bei Jon Elster (1981, 209-212).

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  7. Die Entwicklung verläuft von der magisch-animistischen Weltauffassung mit ihrer vollständigen innerweltlichen Sakralisierung aller belebten und unbelebten Gegenstände hin zur totalen Säkularisierung des Übersinnlichen. In diesen Prozessen wird die Natur, einschließlich der menschlichen Natur, planender Verfügung immer weiter zugänglich, bis schließlich alle Grenzen dafür fallen. Die beiden entscheidenden Rationalisierungsschübe erfolgen mit der Installierung des Monotheismus im mosaischen Judentum und mit dem Auftreten des reformatorisch-calvinistischen Christentums, das mit seiner innerweltlichen Askese als Heilsmechanismus den Rationalisierungsimpuls endgültig von der Religion-i. e. S. von der Theologie-ablöst und auf profane Mechanismen überträgt, nämlich auf die von ihm ermöglichte und mit ihm in Gang gesetzte kapitalistische Ökonomie, nachdem er zunächst gerade religiös-ethisch ausgearbeitet wurde in der Gewährleistung der certitudo salutis durch die industria, d. h. die heilssichernde Wirkimg strenger Berufsarbeit. Weber sieht diese Entwicklung auch realisiert in spezifischen Denkformen der Menschen, die er in ihrer zeitlichen Abfolge als traditional, wertrational und schließlich bestimmend für die kapitalistische Gesellschaft seiner und unserer Zeit als zweckrational bestimmte. Diese drei Denkformen konzipiert er zugleich als Typologie und historische Abfolge von Herrschaftsformen, wobei die letzte ihre zeittypische und auf Dauer alles überformende Ausprägung in der Bürokratie als absolut versachlichtem, rein zweckrational orientiertem Herrschaftstypus erhält (M. Weber 1956, III §§ 1-5). Das schlägt bei ihm auch auf die Wissenschaft durch: Da die Zweckrationalität die bestimmende Denk-und Rationalitätsform der bürgerlichen Gesellschaft ist, muß zweckrationale Erkenntnis, wie sie in der experimentellen Naturwissenschaft und den technischen Disziplinen bereits existiert, auch die fundamentale Methode der Sozialwissenschaft werden, d. h. die instrumenteile Bestimmimg von optimalen Mitteln zu vorgegebenen Handlungszwecken (vgl. M. Weber 1968, 500 ff. und 525 ff.). Darauf basiert auch sein methodischer Doppelschritt, mit dem er eine erklärungswissenschaftliche Soziologie begründet: Da die soziale Wirklichkeit der bürgerlichen Gesellschaft zweckrational organisiert ist, kann die Soziologie sie mit dieser Denkform auch-bis in die Ebene der Motivkausalität individuellen Handelns hinein-“deutend verstehen” und sie aus diesem Verständnis heraus in “Ablauf und... Wirkungen ursächlich erklären” (M. Weber 1956, I § 1).

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  8. “Wo kapitalistischer Erwerb rational erstrebt wird, da ist das entsprechende Handeln orientiert an Kapitalrechnung.” Wesentliches Entwicklungselement der kapitalistischen Gesellschaft ist “die rationale Buchführung” (M. Weber 1922, 4f. u. 8 et pass.). Vgl. hierzu auch W. Sombart (1911, 261-281).

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  9. Das Sepzifikum des neuzeitlich-okzidentalen Kapitalismus ist “die rationalkapitalistische Organisation von (formell) freier Arbeit”, sie ist das Wesen der “modern(en) rational(en) Organisation des kapitalistischen Betriebes,” ohne die es den heutigen Evolutionstyp kapitalistischer Gesellschaft überhaupt nicht gäbe (M. Weber 1922, 7 f.). Max Weber nennt ihn deshalb auch gelegentlich “bürgerlichen Betriebskapitalismus” (a. a. O., 10).

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  10. “... die rationale betriebsmäßige Kapitalverwertung” ist neben der betriebsmäßigen Arbeitsorganisation eine der “beherrschenden Mächte” für das ökonomische Handeln geworden (M. Weber 1922, 43).

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  11. “Der spezifisch moderne okzidentale Kapitalismus nun ist offenkundig in starkem Maße durch Entwicklungen von technischen Möglichkeiten mitbestimmt. Seine Rationalität ist heute wesenhaft bedingt durch Berechenbarkeit der technisch entscheidenden Faktoren... (d. h. durch die Eigenart der abendländischen Wissenschaft, insbesondere der mathematisch und experimentell exakt und rational fundierten Naturwissenschaften). Die Entwicklung dieser Naturwissenschaften und der auf ihnen beruhenden Technik erhielt und erhält nun ihrerseits entscheidende Impulse von den kapitalistischen Chancen, die sich an ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit als Prämien knüpfen.” Darin liegt aber genau die selektive Kumulation technisch-sozialer Entwicklungsmodelle begründet (M. Weber 1922, 10). Und an anderer Stelle heißt es: “Aber in Wirklichkeit ist die Technologie ja nichts weiter, als eine nach bestimmten Fragestellungen gewendete Oekonomik” (M. Weber 1924, 422 f.).

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  12. “Der ‘Fortschritts’-Gedanke stellt sich... als notwendig ein, wenn das Bedürfnis entsteht, dem religiös entleerten Ablauf des Menschheitsschicksals einen diesseitigen und dennoch objektiven Sinn zu verleihen” (M. Weber 1968, 422 f.).

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  13. Dabei ist freilich nicht zu übersehen, daß Webers Rationalitätsbegriff und mit ihm verkoppelt auch seine Konzeption von Sozialwissenschaft fundamental manichäisch ist. Er teilt nämlich die wirkliche Welt möglicher Ereignisse in zwei ungleiche Teile, in einen großen Teil (irrationaler), wissenschaftlich nichtkontrollierbarer Zwecke und einen kleineren Teil wissenschaftlich kontrollierter Mittel. Nicht nur ist Max Weber damit der theoretische Begründer eines radikalen wissenschaftlichen Dezisionismus und der Entethisierung der neuzeitlichen Wissenschaft geworden, sondern seine Soziologie ist in diesen Grundzügen zugleich die blinde Ideologie einer sozialen Wirklichkeit, in der zweckautonome Machteliten eine auf instrumentelle Mittelbeherrschung reduzierte Wissenschaft in Anspruch nehmen, um ihre Zwecksetzungen technisch zu modellieren.

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  14. Vgl. die materialreiche Untersuchung für die Zeit von Quattro-und Seicento in Italien und Frankreich von Rudolph zur Lippe (1974).

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  15. Hierzu entwickelt W. Sombart (1911, bes. S. 183 ff.) einige weitere historische Kausalfaktoren. Vgl. dazu auch A. Dopsch 1918/20 und 1962.

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  16. Vgl. hierzu auch Adam Smith’s Darstellung des frühen Kapitalbildungsprozesses (bei Marx: “primäre Akkumulation”) durch die Geldtransformation der feudalen Grundrente mit ihrem Effekt der Arbeitsteilung im zweiten und dritten Buch der “Wealth and Nation” (1776, 367-564) wie überhaupt seine Überlegungen über den Zusammenhang von subjektiver Rationalisierung und Geldverkehr.

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  17. Taylor hat in seinem Buch “Shopmanagement” bereits 1903 unter dem ihm zentralen Aspekt der Beseitigung der Autonomie der Arbeit und ihrer Kontrolle durch das Management diese Abbildung des Produktionsprozesses und die Zentralisierung der geistigen Potenzen der Arbeit auf der Kapitalseite als Ziel seiner wissenschaftlichen Betriebsführung beschrieben. Sein System “... zielt darauf, eine klare und neue Teilung von geistiger und manueller Arbeit in den Betrieben durchzusetzen. Sie ist auf genauen Zeit-und Bewegungsstudien jeder Arbeitsaufgabe für sich gegründet und überführt alle geistigen Anteile der Arbeiten in die Hände des Managements” (zit. nach A. Sohn-Rethel 1972, 195; Übersetzung Verf.).

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  18. Vgl. zur kontroversen Erörterung dieses Sachverhalts die neueren Forschungen zur Volkskultur im Hoch-und ausgehenden Mittelalter, vor allem A. van Gennep (1937–1958); R. Muchembled (1982); A. Gurjewitsch (1980; 1987).

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  19. Unsere Argumentation ist hier natürlich analog der Max Webers bei seiner Einführung der Explikation des Begriffes “Geist des Kapitalismus” idealtypisch orientiert: Ähnlich wie es vor dem okzidental-neuzeitlichen, rationalen Betriebskapitalismus kapitalistische Einzelzüge in nahezu allen Wirtschaften gibt, existieren auch im vorbürgerlichen, insbesondere in den abendländischantiken Sklavenhaltergesellschaften sowohl Elemente bürgerlicher Ordnung als auch sozial konstituierte Interessen mit zum Teil eheblicher politischer Durchsetzungsmacht, etwa in der Gruppe der phönizischen oder kretischen Überseekaufleute, der kleinasiatischen oder attischen Grubenherren der Chalkidike, der phokaeischen Raubindustriellen von Gadir, der kolonialen, privat appropriierenden Beamtenschaft der Prokonsulen oder des römischen, politisch freien, doch sozioökonomisch Undefinierten Stadtproletariats. Auch die feudale Ständeordnung hatte bekanntlich nicht nur in den Städten Öffnungen, die eigentümliche, in der Hierarchie nicht vorgesehene Interessenlagen und Handlungskonsequenzen begründeten, wie sich etwa in der Haltung der stadtbremischen Bürgerschaft zwischen Bischof und aufständischen Stedingern 1273 gezeigt hat, oder den Randkoalitionen mit Städten und verarmten Adligen im Bauernkrieg 1525, im Banditenwesen (England: Robin Hood; Mafia und Banditen in Sizilien und Katalanien im 19. Jh.) oder im spätmittelalterlichen Piratentum in Nord-und Ostsee. Der Beispiele durchbrochener Sozialordnung mit gruppenmäßigen Interessenlagen wären Legion. Das Besondere und Neue des neuzeitlichen Interessenbegriffs ist aber die Ausnahmslosigkeit der Subsumtion, von Aussteigern abgesehen.

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  20. Vgl. die affirmative aber sachkundige Darstellung des Berliner Nationalökonomen und Mitglieds des engeren Freundeskreises von Alfred Hugenberg: Ludwig Bernhard (1928, 70 f. u. 105 ff.).

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  21. Dieser Zusammenhang bestand vor allem in der Variabilität und Vielfalt der vorgutenbergschen Buchherstellung. Sie wurden geschrieben oder von einer geschnitzten Platte gedruckt. Insofern gab es keine Standardisierungen, sondern vielfältige Ornamentierungen und Buchminiaturen, Satzspiegelausschmückungen und Randverzierungen (vgl. A. Schramm 1920 ff.; 1925). Zwar existierten schulenartige kalligraphische Traditionen, doch wurden diese ständig individuell verändert und weiterentwickelt. Demgegenüber bringt der Satz mit beweglichen Lettern, obgleich Gutenberg noch soweit möglich an die Schmuckbuchstaben-Tradition der Kopisten anknüpft, einen fundamentalen Standardisierungsschub.

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  22. Während dieser Phase gab es allerdings andere technische Innovationen gewaltigen Ausmaßes: etwa die Agrarrevolution des 9.–12. Jhs. mit der Einführung des Tiefenpflugs für Schwarzerde und der Dreifelderwirtschaft; die Einführung des Steigbügels beim Reiten mit ihrer fundamentalen Umwälzung der Heeresformation oder die empirische Erforschung der dynamischen Kräfte im Ingenieurwesen, z.B. bei den großen Kathedralen.

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  23. In erster Linie ist hier an Erfindung und Einführung der Feuerwaffen zu denken, die ihrerseits wieder erhebliche Rückwirkungen auf die Veränderung der Nahkampfwaffen (Hieb-und Stichwaffen) hatte-und auf die soziale Organisation der Armeen (vgl. W.H. McNeill 1983, 79-102; M. Daumas, 1965, 88-96 und 483-501; G. Klemm 1858).

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  24. Gemeint sind hier die Nicht-Edelmetalle, vor allem Kupfer und Eisen. So verdiente die Familie Fugger an dem südeuropäischen Kupfermonopol, das Jacob “der Reiche” erworben hatte, mehrere Millionen Gulden (vgl. G. Ogger 1977). Erwähnenswerte Vermögen erwarben mit Kupferbergwerken und-hütten in Thüringen und Eisleben die Nürnberger Familien Führer und Schlüsselfelder (um 1490). Hans Kresse, Paul Heyner und Sebald Ketzel aus Nürnberg besitzen zu Beginn des 16. Jhs. Eisenhämmer, Lucas Semmler Hütten in Schlesien-um nur einige Nürnberger Metallunternehmer zu nennen. Die Augsburger Welser gehören in diesem Bereich ja wohl zu den bekannteren Figuren (vgl. des näheren R. Ehrenberg, Bd. 1, 1896, 189 et pass.).

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  25. Dies vollzog sich zunächst vor allen Dingen in den oligarchischen Republiken Nord-und Mittelitaliens im 15. Jahrhundert, aber auch in den intellektuellen Kreisen nördlich der Alpen. Das gebundene Buch selbst war schon seit der Spätantike im Gebrauch und selbstverständlicher Standard klösterlicher, kirchlicher und wissenschaftlicher Bibliotheken.

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  26. Vgl. z.B. die Kaufmannsvita des Florentiners Morelli (Cronica, Florenz 1718): W. Raith 1979, 11-226.

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  27. Den ausgeführten Zustand dieser hier beginnenden Entwicklung im 18. Jahrhundert hat M. Foucault (1977) modellhaft dargestellt.

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  28. Mit Erfindervorlagen bezeichnen wir einen Zusammenhang von sozial, politisch und ökonomisch konstituierten Problemlagen und sächlichen Mitteln, wie Techniken, Ressourcen oder Entdeckungen, die weiterzuentwickeln oder zu kombinieren sind, wodurch evtl. eine Problemlösung geschaffen, mindestens aber die Problemlage verändert, entwickelt oder verschärft wird. Der Begriff stellt also eine konkrete Ausformimg dessen dar, was Max Weber (1968, 269 ff.) in seiner Methodologie der historischen Kausalanalyse generell als Kategorie der objektiven Möglichkeit bezeichnet.

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  29. Solche waren, um nur einige zu nennen, die kalligraphische Kopierzentrale Florenz seit Cosimo Medici, Venedig, Padua, Bologna, Nürnberg, Köln oder Augsburg, alles typischerweise auch spätere Druckhochburgen.

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  30. Damit sind etwa Bibliotheken, Handschriftensammlungen, Buchbinde-und Einblatthandel gemeint.

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  31. Daran beteiligt war die etablierte universitätswissenschaftliche Intelligenz.

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  32. Auf der Produktionsseite resultieren die Unternehmensentscheidungen in Erhalt oder Verbesserung des Kapitalertrages und damit in laufender Ökonomisierung der Produktionsfaktoren. Dies hat selbstverständlich Auswirkungen auf das Produkt etwa im Hinblick auf Vereinfachung, Vereinheitlichung und Standardisierung von Nachrichtengewinnung,-bearbeitung und Redaktion, die bis in die Sprachstruktur durchschlägt. Dieser Vorgang ist von einer bestimmten, nicht näher determinierbaren, aber schon sehr früh anzusetzenden Stufe der Kapitalausstattung medialer Produktionsprozesse irreversibel und alternativeneleminierend. Auf der Distributionsseite nehmen im Zuge der Marktdurchsetzung der Medien spontane Vergesellschaftsungsweisen, wie sie für direkte Kommunikation typisch sind, als Nutzerperspektiven irreversibel ab. Dies ist nicht, wie gemeinhin vorschnell argumentiert wird, dem Mediencharakter zuzuschreiben; dagegen spricht die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts vorherrschende Rezeptionsweise des Kollektivbezugs und der Kollektivrezeption von Zeitungen, die es u. a. ermöglichten, daß mit (geschätzten) gut 300 000 Zeitungsexemplaren etwa die Hälfte der männlichen deutschen Wohnbevölkerung von ca. 8 Millionen Menschen erreicht wurde (M. Welke 1977, 79, 82). Vielmehr ist diese Irreversibilität ausschließlich auf die durchgesetzte Marktförmigkeit der Medienzirkulation zurückzuführen. An ihr scheiterten auch die Experimente des 18. und 19. Jahrunderts, im Buchwesen die Marktdistanz zwischen Autor und Leser durch Subskription zu überwinden, also unter Beibehaltung der kapitalistisch betriebenen Buchproduktion den Markt als anonymen Mittler zwischen Produzent und Konsument aufzuheben (H. Kiesel und P. Münch 1977, 149-154).

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  33. Vgl. exemplarisch J. Kulischer (Bd. 1, 1971 229-252); J. Heer (1971, 77-118); E. Finder (1930, 279-339); K. Tenfelde (1979), u.ä.

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  34. Es wird sich sogar zeigen, daß solche Systeme zum Teile, etwa die informellen, von den expansiven Mediensystemen substituierbar sind und von diesen inhaltlich als “Stoff” aufgesogen, und damit in ihrer sozialen Existenz zerstört werden.

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  35. Dieser und der im nächsten Satz erwähnte Umstand bestimmen im übrigen-entgegen der These vom Strukturwandel von Jürgen Habermas-von allem Anfang an die Formbildung und Funktionsweise der bürgerlichen Öffentlichkeit-trotz der historiographisch hochgradig idealisierten geselligen Rezeption im 18. Jh. in Cafés oder Lesegesellschaften und späterhin in Salons und trotz der illusionären Öffentlichkeitskonzeption der Aufklärungsphilosophie Habermas’ Quellen, die realgeschichtlich nur unzureichend gedeckt sind.

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  36. Im übrigen wird selbst diese Geselligkeitsform des Familienempfangs mit der Tendenz zum Zweit-und Drittgerät beseitigt.

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  37. D. h., genaugenommen ist die Medienherstellung,-Verbreitung und-rezeption in der Form der Presse eines der allerersten Paradigmen dieser kapitalistischen Rationalitätsentwicklung.-Selbstverständlich gibt es auch weitere Gründe, die-wirklich radikal aber erst im 19. Jahrhundert-rezeptiven Alternativen entgegenstehen: z.B. die enorme Ausweitung der Arbeitszeit.

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  38. Mochte diese Erkenntnis zu Beginn der analytischen Arbeiten an dieser Abhandlung Ende der siebziger Jahre noch als Resultat theoretischer Anstrengung erscheinen, so hat sich diese Erkenntnis als darauf aufbauende Politik erwiesen und wird entsprechend auch in offiziellen Dokumenten der Politikplanung ausgewiesen. So heißt es in einem Papier der Kommission der Europäischen Gemeinschaft, in dem die Folgeschritte nach der Veröffentlichimg des Grünbuches der Kommission über die Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationsgeräte überprüft werden: “Die im Grünbuch niedergelegten Zielsetzungen entsprechen den drei wichtigsten Problembereichen, die auf europäischer Ebene behandelt werden müssen: Der technologische Wandel durchdringt irreversibel (Hervorhebung-d. Verf.) den europäischen sowie den Weltmarkt und erfordert eine Anpassung der Marktbedingungen. Während der letzten Jahre hat die Geschwindigkeit der technologischen Diversifizierung (Digitalisierung, Glasfaserkabel, zellularer Mobilfunk, Satelliten, usw.) in dramatischer Weise zugenommen... ” In: Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Auf dem Wege zu einem wettbewerbsfähigen EG-weiten Telekommunikationsmarkt im Jahre 1992. Zur Verwirklichung des Grünbuches über die Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationsgeräte. Stand der Diskussion und Vorschläge der Kommission (Mitteilung der Kommission. KOM [8848, 9.2.1988]).

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  39. Beim Fernsehen in der Bundesrepublik ist dieser Sachverhalt etwa charakteristisch mit Schwellendaten wie der Fußballweltmeisterschaft von 1954 und der Olympiade von 1956 mit ihren ersten größeren Verkaufsschüben anzugeben; bei der Presse durch die Etablierung der Gattungsteilmärkte.

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  40. So gibt es in verschiedenen Ländern sehr unterschiedliche Zirkulationszahlen für Zeitungen, die sehr unterschiedliche Marktausdehnungen und Sättigungsschwellen indizieren. So kommen (1975) z.B. auf 100 Personen in der Bundesrepublik 31 Zeitungsleser. In Frankreich lesen 27 v.H. Tageszeitungen, in Großbritannien 30 v.H. und in Italien 11 v.H. (P. Barile, E. Cheli 1976, 325). Das heißt, Marktsättigung ist kulturell, wirtschaftlich, verkehrsinfrastrukturell (das erklärt z.B. primär den niedrigen Wert in Italien) bestimmt und keineswegs als eine absolute Größe anzugeben.

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  41. Die folgenden Überlegungen verdanken in der Argumentation viel den Ausführungen Raymond Williams’ (1974; 1976); deshalb haben wir es hier für unnötig gehalten, ihn durchgehend zu zitieren.

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  42. Vgl. z.B. für die Anfangsphase der USA-Entwicklung Hinweise bei H.L. Jome (1925).

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  43. Vgl. z.B. Volkshochschule im Westen, Nr.1/1949, S.11

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  44. Vgl. zur experimentellen Aneignung des Rundfunks als Produktionsmaschine paradigmatisch die Texte bei G. Hay (1975), ferner W. Schivelbusch (1982, 62-76).

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  45. Der hier hypothetisch formulierte Zusammenhang ist leider angesichts der steuernden Interessen der Mainstream-Medienforschung kaum untersucht (Als Hinweis vgl. M. Buß 1985, 115; relativierend: ibid. 132 f.).

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  46. “Der Gedanke des zentralen städtischen Filmgebers mit der Aufgabe, eine Anzahl angeschlossener Kinos mit dem Bildsignal zu beliefern, das im Filmtheater mittels eines Gerätes zur Großbilddarstellung ins Optische umgesetzt wird, ist frühzeitig ausgesprochen und in den Vereinigten Staaten auch praktisch verwirklicht worden”-allerdings nur experimentell (F. Schröter 1963, 36).

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  47. Das schließt nicht aus, daß angesichts der den Inventionsprozeß begleitenden technischen “Propaganda” in den anderen Medien ein öffentliches Bewußtsein, eine gewisse Erwartungshaltung, vorhanden war, worauf W.B. Lerg (1967, 350) hinweist; doch kann man diesen Umstand in seiner Bedeutung für den tatsächlichen Durchsetzungsprozeß nicht sehr hoch veranschlagen.

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  48. Der segmentäre Strukturtyp der Privaten weist, ebenfalls in deren Lebenszusammenhang und nicht im Kontext der funktionalen Vergesellschaftungsbereiche, zugleich eine Verdichtung auf höherer Ebene auf, ohne daß deshalb ein vermittelter Zusammenhang von System-und Sozialintegration hergestellt würde. Wir finden solche Verdichtungen vor allem-aber nicht nur-in organisierten, massenhaften Veranstaltungen und deren Verräumlichungen im Freizeitbereich (Freizeitparks, Massentourismus oder Massenwandern etwa). Diese organisierten Formen unmittelbarer Vergesellschaftung bilden keine differenzierteren Strukturmerkmale aus, sondern sind lediglich Verdichtungen im segmentären Typ, denen kaum noch zu entfliehen ist. Demgegenüber bilden die winzigen Privatsegmente mit ihren häuslichen Medienparks fast schon wieder ein Refugium.

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  49. Die seit den sechiger Jahren laufenden Entwicklungsarbeiten daran, unter dem Stichwort High Definition Television (HDTV) bekannt, zielen bei etwa doppelter Zeilenzahl (europäische Fernsehnorm beträgt gegenwärtig 625) und erhöhter Bildewechselfrequenz auf ein Fernsehen in normaler Kinoqualität. Seit 1985/86 sind die ersten Systeme im Test, ihre Markteinführung ist allerdings von Normenbildungen der Fernsehveranstalter abhängig. Eine weitere Entwicklung, die auf den Flachbildschirm zielt, ist die Ersetzung der Elektronenstrahlröhre durch lichtempfindliche Flüssigkeitskristalle, wie sie bereits in den Monitoren von portable PC’s oder Kleinstfernsehempfängern eingesetzt werden. Vgl. BR (1987); F. Müller-Römer (1987).

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  50. Mit dem Bedarf ist hier die Distributionsform des Mediums, nicht dessen Programminhalt gemeint.

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  51. Andererseits ist nicht zu erkennen, daß hier überkommene Formen revitalisierend wirken können, so etwa im heutigen Straßentheater, in der Animation oder in den Experimenten Peymanns.

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  52. Das sind selbstredend alle heute bekannten Medien, anders existieren sie nicht. Ob je andere Typen, gruppengebundene, nicht-kumulative, nicht auf Verallgemeinerung zielende Alternativen technisch konzipiert waren, ist bei der herrschenden Art der Heldengeschichtsschreibung in der Medienforschung mit ihrer Ausscheidung nicht passender Quellen unbekannt. Weiterhin dürften von solchen “Fehlschlägen” auch kaum schriftliche Quellen existieren. Hingegen sind verallgemeinernde Medienkonzeptionen, vor allem solche eines Rundfunks, längst vor ihren Realisierungsformen in utopischen Entwürfen bekannt. Sie sind immer integriert in die Subsysteme von Macht und Anpassung. Vgl. z.B. die anonyme Erfindung aus dem 18. Jh., referiert bei F. Roedemeyer (1944, 14-16). Oder E. Bellamy (1965 pass.). Allerdings finden sich im 19. Jh. durchaus utopische Programmatiken zur Auflösung (nicht zur Beseitigung!) der institutionellen Massenkommunikation im Zusammenhang mit egalitären Vorstellungen sozialer Änderung. Die bekannteste ist von W. Morris (1896). Vgl. zu diesem Komplex I. Modelmog (1970, 96 f. et pass.).

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  53. In diesem Zusammenhang vgl. G. Simmel (1922, 480-585).

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  54. Zu der Konzeption dieses Begriffs in der soziologischen Theoriebildung vgl. A. Giddins (1979 b, 69-76).

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  55. Eine solche funktionalistische Perspektive ist wegen der Prämisse einer positiven Rückkopplung schon aus rein logischen Gründen nicht haltbar (vgl. J. Elster 1981, 192-194). Aber auch empirisch ist der Gedankengang zwar exkulpatorisch wertvoll, doch sachlich wenig wahrscheinlich. Inhaltsanalysen dürften zeigen, daß das Repertoire an politischen, und das heißt entscheidungsrelevanten Informationen-das dürften ja wohl die “komplexitäts-”angemessenen sein-in allen neueren Medien kaum den Gehalt der alten Presse übersteigen, wohingegen sich ideologische, konsumtive etc. Programmierungen und Standardisierungen durch eine wachsende Flut von Unterhaltungsprogrammen ausweiten. Diese dürften aber kaum angemessen sein, erhöhen sie doch-funktionalistisch gesprochen-das Komplexitätsgefälle zwischen Systemen und frieren Selektionsleistungen auf einem relativ niedrigen symbolisierbaren Horizont von Möglichkeiten ein. Außerdem gilt, was wir bereits im letzten Abschnitt dargestellt haben: “Die Selbstverständlichkeit des habituellen Alltagsverhaltens gegenüber den Massenmedien schirmt... die Eindringlichkeit der Informationssignale in hohem Maße ab” (H. Schelsky 1965, 314). Ein ganz anderes Problem besteht darin, wer überhaupt und wozu oder in welchem Interesse welche Datenmengen produziert. Das sind Fragen an die Empirie des gesellschaftlichen Prozesses, die abstrakte Kategorien wie Komplexität bewußt wegdefinieren, für die charakteristisch ist, daß sie nicht in operationalisierter Form vorgelegt werden (Mit ihnen wird eine menschenleere und subjektfreie Sozio-Logie konstruiert, in der nur noch selbstlaufende Prozesse-und Soziologen-existieren, ähnlich einer einstweilen noch utopischen automatischen Fabrik.). Es würde sich zeigen, daß die Adäquanz von Komplexität und Information wenn überhaupt, dann nur in wenigen machtbesetzten Kernbereichen der Gesellschaft existieren, nämlich etwa in Militär, staatlicher Verwaltung oder Ökonomie. Ihre Aufrechterhaltung beruht aber gerade auf einem Informationsgefälle zu den Betroffenen, Bürgern und/als Arbeitnehmer. Diese Aufgabe, das Informationsgefälle zu operationalisieren, besitzen die Massenmedien.

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  56. Eine vergleichbare Überlegung, reduziert auf den Rundfunk, findet sich in der Bestimmung des Bundesverfassungsgerichts, Rundfunk sei “Medium und Faktor” der Meinungsbildung zugleich (BVerfGE 12, 205 ff.).

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  57. Im Verfassungsrecht, formuliert durch das Bundesverfassungsgericht, findet sich dafür als Auffassung die “Integrationsfunktion” z.B. des Rundfunks (BVerfGE 57, S. 295 ff. [FRAG-Urteil]).

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  58. Die ökonomische Planungsrationalität macht sich betriebswirtschaftlich nicht nur innerhalb des Medienunternehmens technisch-innovativ geltend. Sie wirkt darüber hinaus auch auf der Ebene der Organisierung von werbemarktbestimmten Zielgruppen. Hier sind die Medienunternehmen verkehrswirtschaftlich der Planungsrationalität anderer Wirtschaftseinheiten unterworfen, denn “... die Zeitung ist in erster Reihe eine Verkehrseinrichtung, und sie bildet eines der wichtigsten Stützorgane der heutigen Volkswirtschaft”, ideologisch und wirtschaftlich (Karl Bücher, zit. n. O. Jöhlinger 1921, 35). Die Aussage Büchers trifft natürlich für fast alle modernen Massenmedien zu. Ökonomisch sind sie gerade aus der Perspektive der Werbung Verkehrsmittel. Als solche weisen sie eine eigene betriebswirtschaftliche Rationalität auf, wie wir dargelegt haben. Zugleich aber gehören sie damit auch zur Verkehrsinfrastruktur der gesamten nationalen-und partiell: der internationalen-Ökonomie und sind mithin an deren Rationalisierungsbewegung beteiligt. Gerade dieser gesamtwirtschaftliche Aspekt macht die Auseinandersetzung um die “neuen Medien” so bemerkenswert, und auf ihn zielen meistens “kommunikations”-politische Initiativen.

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  59. Dieser Verlust der Unmittelbarkeit ruft etwa in intellektuellen Subkulturen eine ausgesprochene Ideologisierung von Spontaneität und Erfahrungsunmittelbarkeit als Lebensalternative reflexartig hervor. Dies ist eines der üblichen, unzulänglichen alternativen Schemata, das sich an einem subjektiv leidvollen Erfahrungs(losigkeits)zusammenhang festmacht, daran seine Handlungsalternativen formuliert, ohne mit seiner an der erwünschten Unmittelbarkeit selbst gebundenen Theorieblindheit die strukturierenden Konstituentien dieses Phänomens zu treffen. Dabei tut sich ein Gegensatz zwischen gesamtgesellschaftlichem Trend und partikularen Bewegungen in gesellschaftlichen Teilbereichen auf. Eine gesamtgesellschaftlich aggregierte Demotivierung und Apathisierung kann durchaus Hand in Hand gehen mit einer Revitalisierung des unmittelbaren Austauschs. Das ist gegenwärtig anscheinend der Fall; so kann man eine Intensivierung des Kneipenlebens feststellen, eine Straßenfestbewegung, Wandermode u. a. Allerdings sind auch solche Tendenzen überwiegend segmentär und zumeist an spezielle Trägergruppen gebunden. Am massenwirksamsten und vor allem an die Funktionszusammenhänge des ökonomischen und politischen Systems anknüpfend sind solche Revitalisierungen zweifellos in politischen “Bewegungen”, etwa in der Ökologie-, Friedens-oder Anti-AKW-Bewegung.

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  60. Wenn wir den Unterhaltungscharakter als ein Mehr an inhaltlicher Bestimmtheit, als ein neues programmatisches Charakteristikum der elektronischen Medien der Presse gegenüber annehmen, dann offenbart sich die neuerliche inhaltliche Umwälzung des Unterhaltungscharakters sehr anschaulich in den fundamentalen Programmänderungen des Rundfunks nach Etablierung des Fernsehens. Auch hier ist wieder der Bezug zur Werbung deutlich: in ihr sind die neuen programmatischen Charakteristika, die Inhalte, massiv, z.T. programrnformbestimmend vorgearbeitet.

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  61. Die Standardisierung ist natürlich kein Resultat der “neuen Medien”. Wie wir nachzuweisen versucht haben, ist sie kumulierendes Ergebnis der permanenten internen Prozeßrationalisierung der Medienproduktion, also seit Gutenberg immer schon “da”, sich historisch nur verdichtend. Mit den “neuen Medien” wird sie lediglich als Struktureigenschaft offenbar. Dies verdeutlicht sehr anschaulich das Beispiel Japans, von den sechziger Jahren an (vgl. G. G. Kopper 1974).

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II. Ein-und Ausgrenzung von Interessen als Funktion publizistischer Systembildung

  1. Allerdings wurde sie von Anfang an manufakturell (Guß, Satz und Druck in einem Haus) betrieben und verband sich im 17. Jahrhundert-wiederum extrem früh-mit dem entstehenden Verlagssystem. Dasselbe gilt für die im 13. Jahrhundert aufkommende Papierindustrie: nicht mit Hand und Fuß (spleißen, stampfen etc.), sondern maschinell in Manufakturen wird gearbeitet (J. Gimpel 1980, 9).

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  2. Solche lagen vor allem in dem noch relativ “intakten” Gemeinschaftsleben, dessen informelle Kommunikationsstrukturen zugleich die Rezeptionsform des neuen Mediums bildeten.

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  3. Die in der Pressehistoriographie bis heute übliche Typenbezeichnung “Gesinnungspresse” in angeblich eindeutiger Abgrenzung zur “Generalanzeigerpresse” erscheint uns mehr als problematisch, sie dürfte in dem Inhaltsbezug der Definitionskriterien wohl nicht haltbar sein. Wir haben indessen kein Interesse an einer Gattungsdiskussion. Uns geht es an dieser Stelle nur um den Hinweis, daß eine typologische Klassendifferenzierung des Pressewesens im ausgehenden 19. Jh. stattfand.

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  4. Berühmt ist z.B. die vielfache Korrespondenz zwischen Leibniz und Newton bzw. dessen Sekretär, über ihre kontroversen Auffassungen von der Unendlichkeit des Raumes geworden, obgleich beide Theorien gedruckt vorlagen (Koyré 1969).

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  5. Das ist es heute wegen der Folgewirkungen für die individuellen Karrieren von Wissenschaftlern in womöglich noch größerem Ausmaß als bei der kommerziellen Tagespresse.

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  6. Genau hier entbrennt der Interessenkampf zwischen denen, für die nützlich nur das ist, was ihrer (Produktions-) Gesellschaft nützt (“Was gut ist für General Motors ist auch gut für Amerika!”) und die über organisierte Durchsetzungsmacht verfügen, und den Wortführern der unorganisierten Machtlosen, die Nutzen mehr im Lebenszusammenhang ihrer Klientel betrachten.

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  7. Erinnert sei hier an das analoge Selbstverständnis des Fernsehtechnikers Fritz Schröter, das wir im letzten Abschnitt zitiert haben.

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  8. Vgl. hierzu u. a. L. Stone (1983, 77-98), der die Debatte um die Herausbildung der englischen gentry als Klasse und ihren Lebensstil darstellt. Ferner Ch. Normand (1976), R. Pernoud (II, 1960, 373-394 und 417-426; F.C. Ford (1962); L. Lenk 1968; L. Batkin (1981, 190-197 et pass.); F.W. Kent (1977) u. a.

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  9. Natürlich existieren sehr viel ältere Askeseformen. Aber der innerweltliche Asketismus der gläubigen Laien der frühen Neuzeit ist sehr von den mönchischen Berufsasketen etwa des Mittelalters zu unterscheiden. Stellte bei letzteren der Asketismus Exerzitien dar, welche Interesse und Handeln von der Welt abziehen sollten, so bei ersteren eine kontinuierliche Lebenshaltung, die den Menschen gerade für eine Betätigimg in der Welt öffnete.

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  10. In den Städten bilden sich seit dem 17. Jahrhundert im Schoße der Ständetrias durch Ausdifferenzierung des Dritten Standes Schichten und Gruppierungen heraus, die man vage als “bürgerlich” bezeichnen kann. Doch weisen diese Personen noch keineswegs die Merkmale auf, die der konstituierten Klasse im 19. Jahrhundert zukommen und die der Begriff soziologisch meint. Diese terminologische Trennschärfe im Hinblick auf eine soziale Vorläufergruppierung soll der Begriff protobürgerlich anzeigen.

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  11. Paradigmatisch: vgl. die Erfindungsgeschichte des Transistors auf der Grundlage der neuen Festkörperphysik in den Bell Laboratorien in den 30er und 40er Jahren (J. Halfmann 1981, 118-180; 1984; L. Hartmann Hoddson 1977).

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  12. Allerdings erhält die Situation durch die neue Postpolitik der konservativen Bundesregierung seit 1982 eine neue Dimension. Hier sind partielle Interessenkopplungen und Vereinheitlichungsstrategien zu erkennen. Allerdings wird damit das o. a. Grundproblem nicht beseitigt, weil in jedem einzelnen Produktions-und Mediensegment die Endanbieterkonkurrenz weiter existiert und laut EG-Politik sogar noch verstärkt werden soll.

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  13. Kommunikationspolitik wird in der Vergangenheit aber praktisch wirksam in der ersten Festlegimg und machtpolitischen Sanktionierimg der ersten Zensuredikte, über Kap. 35 der revidierten Reichs-Policey-Ordnung von 1577, das Reichspressegesetz von 1874, das Schriftleitergesetz von 1935, die Landespressegesetze der Bundesrepublik (zuletzt von 1965 ff.), die Arbeit des Parlamentarischen Rates an Art. 5 des GG für die Bundesrepublik Deutschland, bis zu Organisationsfestlegungen des Reichsrundfunks nach dem I. Weltkrieg und 1932, der Landesrundfunkanstalten nach 1945, und schließlich bis hin zu zahlreichen einzelgesetzlichen Regelungen aus Zivil-und Strafrecht, Jugendwohlfahrt-oder Jugendschutzrecht, die wir allerdings wegen grundsätzlicher Unstreitigkeit in der Sache aus unseren weiteren Überlegungen ausklammern können.

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  14. Vgl. die derivativen Preisreihen bei Hans-Friedrich Meyer (1969, Anhang II, 461-507, ferner 131 ff.).

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  15. Ausgenommen sind hier die “Schlangenbewegungen” des Kinofilms. Er scheint das einzige Massenmedium zu sein, das in der bisherigen Mediengeschichte durch ein anderes Vermittlungsinstrument zu Teilen, aber keineswegs vollständig substiutiert worden ist.

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  16. So wird inzwischen z.B. in einschlägigen sozialwissenschaftlichen Untersuchungen die Bierkneipe als einer der ganz wenigen noch übrig gebliebenen autonomen (subkulturellen) Sozialräume gesehen, die gegenüber den entsozialisierenden Wirkungen der massenmedialen Freizeitveranstaltungen übriggeblieben sind, in welchen die an interpersonelle Kommunikation gebundenen sozialpsychologischen Bedürfnisse von Menschen noch befriedigt werden können (E. Le Masters 1975).

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  17. Sicherlich genießt eine ex-post-Prüfung der Prämissen und des methodischen Verfahrens von den Ergebnissen her wissenschaftstheoretisch einen etwas zweifelhaften Ruf. Aber wir sind der heute nicht mehr naiven Auffassung, daß die sozialwissenschaftliche Erkenntnislage und-situation ein solches aliud darstellt, daß die von der naturwissenschaftlichen Erkenntnis abstrahierte wissenschaftstheoretische Dogmatik für soziologische Theoriearbeit und Forschungspraxis oft wenig hilfreich, gelegentlich eher hinderlich ist, sofern man nicht die Position logisch-deduktiver Theoriebildung durchgehend akzeptiert, was wohl wenig sinnvoll ist. Ein ganz anderes Problem ist das der nachgängigen Kontrolle des Ganzen. Vgl. zu dieser Auffassung etwa die Arbeiten von Lakatos oder den “mittleren”, prä-pluralistischen Feyerabend. In anderem Theoriezusammenhang trägt eine dementsprechend andere Argumentation mit nahezu derselben Schlußfolgerung Niklas Luhmann (1978, 26 f.) vor.

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  18. Jean Paul schätzt die Zahl der einigermaßen Gebildeten im späten 18. Jahrhundert auf ca. 300 000. Friedrich Nicolai glaubt, die traditionelle Buchleserschaft, den “harten Kern” der Gebildeten, mit 30 000 angeben zu können (1773), und der Literaturwissenschaftler Alberto Martino hält 80 000 auf jeden Fall für die äußerste Grenze (Welke 1977, 72, 74 f.). Die Zahlen schwanken ziemlich angesichts nicht eindeutig definierbarer Kriterien. Doch vermitteln sie einen Eindruck von Dimension und Struktur (gebildeter Kern der Buchleser bis zur Peripherie der erst aufsteigenden) der neuen Schichten in der Gesamtmasse der auf 25 Millionen Menschen geschätzten Wohnbevölkerung des damaligen Reiches (H. Kiesel u. P. Münch 1977, 160). Für die Binnenstrukturierung nach Berufen und Bildungsgruppen vgl. J. Habermas (1965, 33).

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  19. Natürlich ist die Entwicklung des operativen Funktionszusammenhanges heutzutage widersprüchlich. Einerseits wird die Unterhaltungsfunktion in den allgemeinen Medien universalisiert, diese selbst also im operativen Sinne ausgetrocknet. Andererseits entstehen spezialisierte Medien oder Mediensubsysteme mit überwiegend oder ausschließlich operativen Funktionen (z.B. zielgruppenbezogene SpezialZeitschriften wie “Eltern” oder im Bereich der “neuen Medien”: Btx). Die Differenz ist aber eklatant: während sich die operative Funktion der Medien bei den angesprochenen älteren Beispielen auf den Gesamtzusammenhang des Lebens, einer identifizierbaren und nahezu vollständig von dem Medium erreichten Gruppierung bezog, sind die modernen operativen Spezialmedien nur auf Rollensegmente oder Teilfunktionen des Lebenszusammenhanges von ökonomisch oder kulturell definierten Teilpublika des allgemeinen Medienpublikums bezogen. Insofern ist diese gegenläufige Bewegung im Mediensystem eine weitere Quelle der informationellen Depravierung des allgemeinen Publikums und einer entsprechenden Überprivilegierung einiger Teilpublika.

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  20. Man denke etwa an die Wahlrechtsauseinandersetzungen in den westeuropäischen Staaten.

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  21. Dies zeigt das englische Beispiel zur Zeit der Korngesetze, als die Industriebourgeoisie gegen die Koalition aus kapitalistischer Landwirtschaft und Handelsbürgertum um die Hegemonie, d. h. um die Durchsetzung der für ihre Fraktionen jeweils günstigsten Bedingungen der Interessenreproduktion kämpfte (vgl. K. Marx 1867, 298 ff.; G.M. Trevelyan 1965, 207 et pass.).

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  22. Dies war im Deutschen Reich z.B. im Verhältnis zwischen Ruhrindustrie und Elektro-/Chemie-Komplex zu beobachten, deren Hegemoniewechsel etwa 1937 ein forciertes Tempo in die kriegsbezogene Rüstungspolitik brachte (T. Mason 1966).

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  23. Der Prozeß der Normbildung verläuft real also so, daß sich die Legitimität der privaten Interessen oder Werte gewissermaßen vor einer fiktiven Instanz von Allgemeinheit erweisen muß. Selbstverständlich ist der Inhalt dieses Komplexes von Prüfkriterien keine definite Gemeinwohlbestimmung, vielmehr ein sich geschichtlich stets änderndes Resultat von Machtbildungs-und Machtkampfverläufen zwischen Eliten oder organisierten Großaggregaten und deren Interessenträgern, also von Leuten mit Definitionsmacht bezüglich des jeweils gelten sollenden Sinns des Allgemeinen. In dem Prüfvorgang selbst fallen viele Interessen und Werte aus. Der Rest gerinnt zu abstrakten “man”-Vorstellungen, den Normen, die ihrerseits wieder in Lebenskonstellationen exemplarisch und für jedermann sinnfällig konkretisiert werden. Die Medien sind funktional an beiden Prozessen, die sich wechselweise stützen und gegenseitig aufbauen, beteiligt, an der Normbildung durch Prüfung und Vergleich und an der exemplarischen interpretierenden und verallgemeinernden Konkretisierung durch “Geschichten”.-Im Unterschied zum kommunikationspolitischen Teil dieses Buches (vgl. S. 115) wird an dieser Stelle ein soziologischer Normbegriff verwendet: wir verstehen darunter orientierungsfähige und-leitende Selektionen und Reduktionen von Werten.

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  24. Allenfalls kommen sie in der Regenbogenpresse als exotisches Gehabe zum Zuge, werden damit aber ebenfalls an die Peripherie der überwölbenden Normstruktur abgedrängt (über publizistische Mechanismen ihrer Ausgrenzung im 19. Jh. vgl. C. Fox 1977; U. Wischermann 1983). Sozialwissenschaftlich-systematisch ist jedoch über die z.B. kulturellen, hauswirtschaftlichen, gemeinschaftlichen oder auch politischen Reproduktionserfordernisse der Bourgeoisie als Klasse so gut wie nichts bekannt. Gerade diese Tatsache betrachten wir als einen sehr starken Hinweis auf die Richtigkeit obiger Aussage, insbesondere wenn wir sie mit der protobürgerlichen Selbstdarstellung in der Aufklärungspublizistik vergleichen.

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  25. Eine Gleichsetzimg, die inzwischen auch in einigen Varianten sozialwissenschaftlicher Theoriebildung als Systemtheorie ontologisch nachvollzogen ist, so etwa bei Talcott Parsons oder Niklas Luhmann.

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  26. Trotz der bei einigen Alterssegmenten nachweislich sinkenden Nutzungsanteile bei Tageszeitungen zeigen Langzeituntersuchungen deutlich, daß Tageszeitungen in ihrem Einfluß bei der Informationsbewertung von politischen Ereignissen keineswegs an Gewicht verloren haben. Vgl. Massenkommunikation III, Eine Langzeitstudie zur Mediennutzung und Medienbewertung 1964–1985, herausgegeben von Klaus Berg und Marie-Luise Kiefer, Frankfurt am Main 1987.

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  27. Es ist selbstredend theoretisch nur schwer bestimmbar, was “vitale Interessen” positiv sind. Aus Konflikt-und Bewegungsanalysen kann man umgekehrt ex negativo ermitteln, was sie nicht sind. Von daher ist empirisch der o. a. Sacherverhalt zu erhärten, den die theoretische Systemanalyse nahegelegt hat.

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  28. Etwa eine der linken Studentenbewegung, die um den “Verlust des bürgerlichen Subjekts” trauerte (Jürgen Krahl), oder der gegenwärtigen kleinbürgerlichen “Aussteiger”.

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  29. Insoweit beginnt der Film sozialhistorisch auch konsequent an den Freizeitvergnügungsstätten der Unterschichten, als Tingeltangel auf dem Jahrmarkt, bevor seine Distribution in festen Film-“Theatern” kapitalisiert wird.

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  30. Vgl. zu diesem Thema die Untersuchungen von J. Galtung u. M.H. Ruge (1965) und von W. Schulz (1976).

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  31. Allerdings ist es angesichts der ökonomischen Potenz der Privathaushalte in der Bundesrepublik bei wirtschaftlicher Stagnation mittelfristig sehr fraglich, ob dies eine dem Fernsehen vergleichbare Massenerscheinung werden wird, die vor allem auch die (zahlenmäßig schließlich größte) soziale Unterschicht erfassen kann, die sich ohnehin kaum aus einem einzelnen Haushaltseinkommen reproduzieren kann, und sich außerdem einer zunehmenden Arbeitslosigkeit durch die neuen Medien und zunehmender sozialer Depravierung (etwa durch tarifäre Abgruppierungen wegen der heruntergestuften Arbeitsplatz-“Qualifikationen” in Massendimensionen) gegenübersieht. Vgl. hierzu die sehr skeptische Prognos-Studie zur Nachfrageentwicklung im Kabelbereich bis 1995 (K. Schrape 1983).

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  32. D. h. von der internen Logik her. Überhaupt sind diese nicht technisch mediatisierten Verkehrsverhältnisse ja prinzipiell der mögliche Markt für jedes Medium. Ihre Expansionsmöglichkeiten sind-theoretisch-in dem Augenblick erschöpft, in dem es nichts mehr zu substituieren gibt. Praktisch liegt die Grenze natürlich viel früher. Denn unabhängig von der expansiven Dynamik der Medien stehen ihr Widerstandslinien entgegen, die in der lebendigen Substanz menschlicher Handlungsfähigkeit und-bereitschaft lagern, in dem, was Negt/Kluge (1972) “Block wirklichen Lebens” nennen. Diese sind zwar sehr variabel und deshalb wissenschaftlich nicht a priori bestimmbar, doch existieren sie nichts desto weniger real.

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  33. Vgl. Prüfbericht des Bundesrechnungshofes zur Investitionsrechnung der Deutschen Bundespost im Rahmen der Breitbandverkabelung 1985. Zum Phasenablauf der Verkabelungspolitik, insbesondere dem Umschwung ab Regierungswechsel 1982 vgl. Medienbericht’ 85 (Bericht der Bundesregierung über die Lage der Medien in der Bundesrepublik Deutschland 1985, Drucksache 10/5663 Deutscher Bundestag, S. 39-42); für Einzelheiten: Kabinettvorlage Bundesminister für das Post-und Fernmeldewesen (227 A 1346-6; 14.11.85) vom 26.11.1985. Zur zusammenfassenden Bewertung vgl. Endbericht der wissenschaftlichen Kommission zur Begleitung des Kabelpilotprojektes Dortmund (WKB NRW) 1989. Zum Gesamthintergrund sehr instruktiv: M. Schmidbauer (1982, 53 ff.).

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  34. Am besten nachweisbar an der Entwicklung des Telegraphen und am Einsatz der Funktelegraphie bis hin zur Schwelle der Radionutzung. Noch eindeutiger ist dieser Zusammenhang der Entwicklung von Kommunikationstechniken im Militärwesen in der Vor-Moderne, vgl. W. Riepl (1913).

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  35. Vgl. hierzu die umfangreichen Befunde aus der Begleitforschung zum Kabelpilotprojekt Dortmund (Abschlußbericht 1989, dort: Gruppenbezogene Untersuchungen zur Nutzung und zu Auswirkungen, in: Teil III, S. 539-670.) vor allem aus dem Verbund der altersgruppenbezogenen Mehrmethodenprojekte mit den reinen Zuschauerforschungsresultaten, die übereinstimmend empirische Bestätigungen dieser Entwicklung liefern.

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  36. Der Formentwicklungsprozeß im internationalen Zusammenhang ist noch nicht umfassend dargestellt worden: von den public access rules in den USA, über Ansätze in Großbritannien (community TV), über Bürgerradios in Frankreich zu den Adaptionen in der Bundesrepublik. Der fortwährende Umstülpungsvorgang des Legitimationsrestes ließe sich daran auch materiell nachweisen. Daß ein solches theoriegeleitetes Verfahren der vergleichenden Untersuchung bisher nicht gewählt wurde, hängt mit dem Mangel an Medien-u. Kommunikationstheorie schlechthin zusammen, die hierauf international angewandt wurde. Vgl. ausschnitthaft: Croll u. Husband (1975), Expertengruppe (1980), Hategan (1983), Heyn (1979), Kleinsteuber (1979), Langenbucher u. a. 1981.

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  37. Vgl. eine erste empirische und rechtstatsachen-analytische Studie zur Praxis der Aufsichts-und Lizenzierungsorgane für privaten Rundfunk in der Bundesrepublik, durchgeführt durch Hellstern, Hoffmann-Riem und Reese im Rahmen der Begleitforschung zum Kabelpilotprojekt Dortmund, Düsseldorf 1989. Diese Befunde wurden von der neunköpfigen interdisziplinär zusammengesetzten “Wissenschaftlichen Kommission des Landes Nordrhein-Westfalen zur Begleitung des Modellversuchs mit Breitbandkabel (WKB-NW)” so bewertet: “So werfen zum Beispiel die Ergebnisse zur Organisation der Lizensierungs-und Aufsichtsgremien für private Rundfunkangebote in der Bundesrepublik die Frage auf, ob die gegenwärtige Praxis noch mit den grundlegenden Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu vereinbaren ist.” (Abschlußbericht Teil 1, S. 13). Die Kommission faßt u. a. zusammen: “Die Praxis habe nun zu einer einseitigen, die inhaltlichen Vielfaltsanforderungen vernachlässigenden Auslegung (der Aufsichtspflichten-Anm. D. u. K.) geführt, u. a. weil sich die Aufsichtsinstanzen für das wirtschaftliche Gelingen des privaten Rundfunks verantwortlich fühlen und deshalb Wirtschaftlichkeitskriterien hohe Priorität eingeräumt haben.” (Abschlußbericht Teil III, S. 748) In einer zusammenfassenden Bewertung führt die Kommission in einer langen Liste u. a. folgende immanente Probleme auf, die festgestellt werden konnten: mangelnde Staatsferne, mangelnde Rechtsstaatlichkeit der Verfahren. (ibidem, S. 762) Hinzukommen eine Vielzahl struktureller Probleme, die ebenfalls katalogisiert wurden; insgesamt wird von einem “verfassungswidrigen Zustand” gesprochen (ibidem, S. 767; ebenso ausführlicher: Feststellungen F 16 u. F 17 ibidem Teil 1, S. 22-24).

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  38. Diese Synthesis stellt sich nach der Theorie der ökonomischen Klassik über den Markt, indem sich die Privaten austauschen, her, was indessen wegen der Oligopolisierung und zum Teil Monopolisierung der Arbeits-und der meisten Warenmärkte heute nicht mehr, nicht einmal dem ideologischen Scheine nach, gelingt.

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  39. Es ist natürlich explizite Voraussetzung unserer Untersuchung, daß gerade diese Annahme falsch und hochgradig ideologisch ist. Für unsere Hypothese gibt es unzählige empirische Hinweise für unautorisierte Artikulationen unterdrückter oder aus dem Konsens ausgefällter Interessen.

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  40. Auch ein verkoppeltes System bringt seine technischen Möglichkeiten nur momentan zum Ruhen und seine motivierenden Interessen nur zeitweilig zu luxurierender Befriedigung: die Reproduktionserfordernisse des investierten Kapitals überschreiten immer jeden gegebenen historischen Zustand. So ist auch dieser nur Voraussetzung seiner eigenen Weiterentwicklung, die Max Weber allerdings als “Versteinerung” der vitalen Kräfte des Kapitalismus begreift (ähnlich, in seinen Konsequenzen allerdings rigoroser, Schumpeter), oder seiner Zerstörung durch destruktive Kräfte immanenter (Atomkrieg; ökologisches Ungleichgewicht; funktionale erdeterminierung der sozialen Kontrolle) oder alternativer Provenienz.

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  41. Rahmenbedingungen und Strukturelemente politisch-ökonomischen Wandels moderner westlicher Gesellschaften und Staaten zeichnet in einem krisentheoretischen Entwurf Jürgen Habermas (1973) nach; spezifisch vor allem zur staatlichen investiven Steuerung der Ökonomie und seiner Selbstreproduktion vgl. James O’Connor (1973). Er basiert auf dem Konzept des “Steuerstaates” (hierzu J.A. Schumpeter 1953, 1-71).

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  42. Zum letzten Gesichtspunkt vgl. Murray Edelman (1976, 92-109 et pass.).

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  43. Er manifestiert sich in seiner “großen” Form etwa im Kampf um das Koalitionsrecht für Arbeiter, allgemeines Wahlrecht, Normalarbeitstag, Sozialistengesetzgebung, Streiks und Arbeitskämpfen z.T. (heute) unglaublichen Ausmaßes.

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  44. Diese Krise hat nämlich u.W. die Balance-Theorien der Neoklassik erheblich ins Wanken gebracht und die keynesianische Erkenntnis aus der großen Krise 1929 aufgewärmt, daß der fortgeschrittene Kapitalismus durchaus einen Gleichgewichtszustand bei chronischer Unterbeschäftigung gewinnen kann-sofern nicht besondere Wachstumsbedingungen geschaffen werden können. Solche besonderen, dazu universellen Bedingungen hatte nach der letzten Krise der Zweite Weltkrieg geschaffen, dessen gewaltige und langandauernde Produktionsunterbrechungen und Kapitalvernichtungen den jahrzehntelangen Boom nach 1945 wesentlich verursacht haben. Unter heutigen Bedingungen der Totalvernichtung dürfte das aber wohl kaum eine rationale Krisenstrategie mehr sein. Allerdings ist die Latenthaltung der Vernichtungsoption ein Innovationspotential erster Ordnung, wie sich gerade in der staatlichen Induktion der mikroelektronischen Technologie durch Rüstungs-und Weltraumforschung gezeigt hat.

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  45. Vgl. Seymour Martin Lipset (1963, 45-76). Es wäre ein leichtes, Politikerzitate zusammenzustellen, die die Ansicht erhellen, bei Aufkommen einer wirtschaftlichen Krise würden extremistische Bewegungen auftreten und die Verfassungsordnung gefährden. Die Geschichte der NPD spricht in der Tat für diese Auffassung. In der Adenauer-und Erhard-Ära sprachen deshalb bürgerliche Kritiker der Regierungspolitik oft von “Kühlschrankdemokratie” oder “Schönwetterdemokratie”, wenn sie den Konnex von staatlicher Verfassung und ihrer wirtschaftspolitischen Garantie charakterisieren wollten.

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  46. Gute Fallschilderungen, besonders aus dem Bereich der privaten Ökonomie und ihrer Kontrolltechniker qua Informationstechnologien, bei Peter Brügge (1982).

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  47. Vgl. Joachim Bergmann u. a. (1975); Dietrich Hoss (1974, 13-80); S.M. Lipset (1963, 40 et pass.). Lipsets ganze Vorstellung des modernen äquilibrierten Systems demokratischer Entscheidungsfindung beruht auf dem Kompromißtheorem und dem integrativen Charakter von Klassenkampforganisationen.

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  48. Claus Offe spricht hier von einer horizontalen Dimension des Klassenkonflikts, die er Disparitäten nennt mit zentripetal-zur Mitte der ökonomischen Kernstruktur hin-zunehmender Abwälzungsmacht und zentrifugal zunehmender Betroffenheit (J. Bergmann u. a., 1969).

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  49. S. zur näheren Begründung und Entwicklung des Arguments J. Habermas 1965, 251 ff. et pass. An dieser Stelle nennt er den hier gemeinten Sinn noch “Refeudalisierung”, präzisiert dann in J. Habermas 1973.

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  50. Abgesehen von der außerordentlich investitionsintensiven Breitbandverkabelung richtet sich deshalb die öffentliche Diskussion heute primär auf die Anwendungszusammenhänge in Wirtschaft und Verkehr und auf die unübersehbaren Möglichkeiten der privaten und staatlichen Personenkontrollen-und die deutlich werdenden Gelüste auf diesem Gebiet in Fabriken, Kontoren und Verwaltungen.

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  51. Dies indiziert natürlich auch eine neue Etappe der gesellschaftlichen Entwicklung. Indem die Kommunikationstechniken in die strukturellen Grundlagen der Reproduktion des Systems hineingenommen werden, sind diese einerseits überausgestattet, neigen so zur Ultra-Stabilität, werden aber zugleich auch außerordentlich störanfällig. Der industrielle Kapitalismus hat also seine Struktur etwa dem 19. Jahrhundert gegenüber erheblich geändert, aber keineswegs in Richtung auf eine postindustrielle Informationsgesellschaft, wie modernistische Neokonservative gern behaupten. Die Grundlage bleibt schließlich die industrielle Produktion, und wesentliche Neuerungen, die wir hier besprechen, intendieren ja gerade, die Produktion zu rationalisieren und sie durch eine neue Produktionspalette zugleich auszuweiten.

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  52. Unter diesem Aspekt ist es deshalb methodisch sinnvoll, die dort eingeführten Begriffe weiterzuverwenden, weil sie dann temporale Differenzen zwischen einzelnen Medien beschreiben und transparent machen können.

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  53. Dies bedeutet in strikter Fassimg bei Max Weber der Begriff der “Wahlverwandschaft”, wie die einschlägigen Stellen seiner Verwendung, etwa in der Vorbemerkung der Religionssoziologie (1922, 1-16) oder seiner methodologischen Auseinandersetzung mit Eduard Meyer (1968, 266-290), zeigen.

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  54. Andere mögliche Regler lassen wir als außerhalb unseres Themas liegend beiseite, obgleich sie wegen der Verzahnungen untereinander und ihrer möglicherweise kumulativen, eventuell aber auch zum Teil widersprüchlichen Wirkungen empirisch wichtig wären.

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  55. Dies ist die Bildung von handlungsrelevanten Auto-und Heterostereotypen. Vgl. Vorurteile (1964); funktionale Zusammenhänge von Stereotypenbildung in den Massenmedien vgl. Droge (1967, 117 ff.); eine konkrete inhaltsanalytische Untersuchung von Stereotypen in einem Medium bei Pleyer (1968).

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  56. Zwar sind an jeder Zeitstelle der Systemgeschichte funktionale Äquivalente, also mögliche Alternativen denkbar, jedoch durch die kumulierten gegenständlichen Strukturelemente und deren Machtbesetzung ohne Gewaltanwendung empirisch ausgeschlossen.

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  57. Das war nicht immer so: In früheren Phasen der Strukturentwicklung, etwa in Deutschland im 19. Jahrhundert, als die Ankopplung des politischen Systems an die Kapitalinteressen und damit die Unterdrückung entgegenstehender Interessen noch direkter war als heute, als die endogenen Äquilibrierungsmechanismen (etwa durch Gratifikationen) und normative Transformationen (Ideologiebildung) entweder noch nicht existierten oder noch nicht griffen, als außerdem-auf der objektiven Seite-die fraktionierende und stratifizierende Ausdifferenzierung des Kapitals noch nicht so weit fortgeschritten war wie heute, der Klassenantagonismus mithin noch seine empirische Evidenz besaß, waren die Klasseninteressen durchaus einsichtig handlungsorientierend und mit erheblicher sozialer Sprengkraft empirisch wirksam.

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  58. Nur mit Infrastrukturpolitik und ähnlichen Einzelmaßnahmen (etwa Subventionen) werden direkt Interessen befriedigt. Hier handelt es sich aber ohnehin um dominante ökonomische Interessen, die machtbesetzt sind und zum Teil die hier behandelten Transformationsmechanismen und-resultate wie auch die ideologischen Formern mitbestimmen.

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  59. Die Charakterisierung des Programmpersonals als “kreativ” bezieht sich hierbei auf das im Rekrutierungsprozeß zugrunde gelegte Orientierungsverhalten, nicht jedoch auf die tatsächlichen Leistungsdimensionen des Personals. Detailuntersuchungen der letzten Jahre, die sich auf eine Ermittlung der realen Produktionsbedingungen des journalistischen Alltagsbetriebes in unterschiedlichen Medien eingelassen haben, zeigen sehr deutlich, daß entgegen den tradierten Berufsmythen der Programmacher in allen Angebotssparten der eigenständig kreative Bereich eine vergleichsweise außerordentlich geringe Rolle spielt. Sehr viel stärker und in einigen Bereichen geradezu tragend sind Tätigkeitselemente der Stückgutbearbeitung von Information, vergleichbar dem Versandgeschäft in den Dienstleistungsbereichen des Transports, der Zustellung und des Vertriebs. Aus der Tatsache, daß dieser erhang an journalistischer Expediertätigkeit und eines routinehaften Umganges mit Informationen in einigen Anwendungsfeldern, so vor allem im Bereich der lokalen Berichterstattung eine vorrangige Funktion darstellt, ist im Umkehrschluß der Verlautbarungsjournalismus gelegentlich auch wissenschaftlich als notwendig erachtet worden (Dorsch 1982). Dabei muß festgehalten werden, daß mit dem Sinken der realen Kreativität in diesem Berufsfeld und dem Ansteigen des routinehaften Verlautbarungsjournalismus ein Mechanismus direkter Machtkanalisierung und Normenkontrolle sich dynamisiert. Wir haben es also mit einer zunehmend dequalifizierten journalistischen Arbeit zu tun, deren wichtigstes Anwendungsfeld die mittelständische Lokalpresse und in neuester Zeit auch der Lokalfunk ist. Hier öffnet sich also folgerichtig das soziale Rekrutierungsspektrum erheblich nach unten, ohne deshalb mehr Realitätsmächtigkeit in den Prozeß der Programmproduktion hineinzubringen. Das verhindern die redaktionelle Sozialisation und die Berufsnormen.

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  60. Als Auswahl vgl. etwa Holzer (1971, 1973); Dröge u. Modelmog (1973); Müller-Doohm (1972); Barile u. Cheli (1976).

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  61. Vgl. hierzu Verlegerzitate, abgedruckt bei Groß 1981, 52 f.

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  62. An dieser Stelle gehen wir nicht gesondert auf die öffentlich-rechtlichen Medien ein. Was das Verlegerrecht in der Presse, ist in seinen Auswirkungen die zum Gewohnheitsrecht gewordene Dauerintervention des politischen Machtkartells dort.

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  63. Vgl. auswahlweise Paletz u. Dunn (1969) analog dazu für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Medien Halloran, Elliott u. Murdock (1970); Donohew (1965); Paletz, Reichert u. McIntyre (1971); Bagdikian (1964), Breed 1960, (1963); Groß (1981) etc.

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  64. Beispiele hierfür sind etwa DIE WELT (Bonn) und BILD-Zeitung (Hamurg).

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  65. Die von bitterer Polemik über lange Epochen hin gezeichneten Auseinandersetzungen über die Genese rechtlicher Interessen kann an dieser Stelle ausgespart werden, im fortdauernden Streit über mögliche naturrechtliche Fundamentalisierungen der Rechtsordnung ist davon beiläufig genug aufzunehmen.-Festzuhalten ist jedoch, daß mit der Polemik über “schutzbedürftige” und “schutzwürdige” Interessen, die analytisch korrekte Verwendung “des Interesses” keineswegs ausgeschlossen ist. Diese Klarstellung ist durch Th. Geiger-dankenswerterweise noch nach Ende des Zweiten Weltkrieges, der als historische Epoche vieles umgewichtet hat, was republikanischen Ursprungs war-überliefert; er spricht von “Vitalverhältnissen zu gewissen Objekten und Geschehensabläufen” (1964, 163) für einzelne und sieht darin den Wirklichkeitszusammenhang von “Interessen”, die subjektives Recht zu bilden vermögen. Dabei war ihm wichtig eine Herleitung “ohne alle naturrechtlich-metaphysischen Hintergedanken”. Dieses natürlich-faktische Interesse kann, sofern es sinnlich wahrnehmbar in Erscheinung tritt, so Th. Geiger, rechtliches Interesse werden, wenn nämlich die positive Rechtsordnung es aufnimmt und sanktioniert (1964, 166).

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  66. In der durchgängig verbreiteten soziologischen Erörterung bilden sich Normen auf einer abgestuften Folge von Verhalten und Verhaltenserwartungen heraus. Mit dem Entstehen einer für alle Beteiligten erkennbaren Regelhaftigkeit, also eines geordneten Verhaltensgefüges, bildet sich für bestimmte Gruppen von Verhalten ein Interesse an der Wiederkehr von Verhaltensweisen heraus. “Von einer Norm läßt sich sprechen, wenn die Gruppenmitglieder durch Reaktion (soziale Reaktionen, Boykott) der Regelmäßigkeit Verbindlichkeit zuerkennen und gegen ein Abweichen opponieren,” so P. Trappe in einer Zusammenfassung der durch Theodor Geiger zugrundegelegten Normensicht (1964, 23). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß zwar Grundvorstellungen geschilderter Art über die “Verregelung” sozialer Wirklichkeit in gesellschaftlichen Gebilden vorhanden sind, daß aber nur außerordentlich wenige umfassende und gleichzeitig exakte Bemühungen vorliegen, den Zusammenhang zwischen Verregelung und Verrechtlichung präzise und theoretisch angemessen zu fassen. Mit Trappe sind wir der Meinung, daß diese Versuche angemessen bisher nur von Max Weber und Theodor Geiger unternommen wurden (vgl. P. Trappe 1964, 24), zur Tradition einer solchen grundlegenden Unternehmung darf man in letzter Zeit jedoch die Rechtssoziologie von N. Luhmann rechnen. Ein Grund für den gerade angesprochenen Regelungszusammenhang mag auch darin liegen, daß eindrücklich nachweisbar ist, in wie hohem Maße die Systeme allgemeiner sozialer Kontrolle, also der außerhalb der institutionalisierten Rechtsnormen wirkende Bereich der Verregelung, ein viel größeres Maß an Regelgenauigkeit und an faktischer Durchsetzungsmacht besitzt als der institutionalisierte Apparat staatlicher Sanktionen, der für die Durchsetzung allein von Rechtsregeln zuständig ist. Von G. Gurvitch stammt bezogen auf diesen Fall der bezeichnende Hinweis auf das, gemessen an der Selbsteinschätzung der Juristen, nur untergeordnete Gewicht sozialer Regulationsmacht des Rechts. Methodologisch bietet sich mithin-nicht zuletzt auch im Blick auf die historische Entwicklung der Disziplinen der Rechtswissenschaft und der Soziologie-eine separate Perspektive für den jeweiligen Regulationszusammenhang an; wobei die für das Verständnis gesellschaftlicher Prozesse wichtigeren analytischen Einsichten zweifelsohne gerade aus einer beide Sektoren des Regelbezugs begründenden Perspektive oder auch nur aus einer einheitlichen Analysesicht zu ziehen sind. Letzteres wird in der weiteren Entwicklung unseres Gesichtspunktes die hervorragende Leitlinie für uns sein. Die vor diesem methodologischen Hintergrund ohnehin vorherrschende Diffusheit, in bezug nämlich auf die gesellschaftliche Begründung gerade der rechtsnormativen Systemprozesse einer Gesellschaft, erleichtert das Ausblenden all jener Prozesse innerhalb der Gesellschaft, die möglicherweise mindestens so große Wirksamkeit für das historische Gestaltungsmoment haben, dennoch aber (oder gerade deswegen) nicht in den institutionellen Normenkodex einwirken-und folglich auch selten ins Blickfeld der Gesellschaftsforschung geraten. Mit einem solchen, zumeist übersehenen Prozeß beschäftigen wir uns hier deswegen nachhaltiger, weil in ihm ein für Kommunikationspolitik und ihr Wirkungsspektrum entscheidender Begründungszusammenhang liegt.

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  67. Das hier als Sublimationsvorgang gekennzeichnete Geschehen setzt nämlich eine spezifische Befähigung beim jeweiligen Subjekt voraus und diese muß man nicht unbedingt für ein zeitgebundenes Phänomen halten. Es ist durchaus vorstellbar, daß zu anderen, vergleichbar fundamental bestimmenden Umbruchsepochen in ähnlicher Weise Anpassungsleistungen des Menschen erfolgten, die das Überleben der danach mächtigen Institutionen-mit unserem Untersuchungsabschnitt vergleichbar-in viel stärkerem Maße sicherten als dies der mögliche unmittelbare Zwang oder die von außen kommende “sanfte” Normdurchsetzung hätte bewirken können (vgl. hierzu die Arbeiten von Norbert Elias und seine “Theorie der Zivilisation” 1979, II, 312-454). Es ist, je weiter wir in die geschichtlichen Materialien zurückgreifen müssen, um so weniger genau möglich, die Momente im einzelnen herauszupräparieren, die einen solchen Anpassungsmodus jeweils epochenbestimmt qualifizierten. Dies fällt aufgrund der umfänglicheren Quellen und einer epochentypischen Verwandtschaft unseres Zeitalters mit dem voraufgegangenen der beginnenden Industrialisierung, heute vergleichsweise sehr viel leichter. Dennoch, um nur ein Beispiel zu nennen, kann man davon ausgehen, daß schon in der Hellenischen Vorzeit die hier angesprochenen Grundlagen einer nach innen gerichteten Absicherung der Normen wirksam waren und wohl später auch von den Institutionen erkannt wurden (vgl. G. Thomson 1960, 97-101).

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  68. Entscheidend für diese Ebene der gesellschaftlichen Realität und damit auch für die angezielte Analyse ist dabei eine Tatsache, deren Erkenntnis einen markanten Einschnitt in der Herausbildung gerade auch rechtssoziologischer Methodologie darstellt: es üben nämlich außer-rechtliche Normen oft eine stärkere Zwangswirkung aus, als die rechtlichen. Dies gilt wie wir nachweisen werden auch für die außer-rechtlichen Normen gesellschaftlicher öffentlicher Kommunikation. Die Zwangswirkung mancher dieser außer-rechtlichen Normen ist dabei so groß, daß sie, wie E. Ehrlich in seiner grundlegenden Rechtssoziologie entwickelte, “selbst die Wirkung des rechtlichen Vollstreckungszwanges überwindet” (1913, 16). Wenn wir uns im folgenden auf eine Verdeutlichung der Prozesse einlassen, die vor der Institutionalisierung der Normen-als Rechtsnormen-liegen, dann vor allem deswegen, weil der fundamentale Effekt jenes Wirkungsmomentes gesellschaftlicher Entwicklung, das wir im Prozeßelement des “normativen Scheins” fassen wollen, gerade im Ausblenden von Strukturierungsleistungen, von Sichtweisen, Regeln und Grundperspektiven der Lebenswirksamkeit liegt. Die Peripheriegestalt engültig durchgesetzter und unmittelbar staatlich sanktionierter Rechtsnormen “kann” so gar nicht auffallen. Dieser für unser Vorhaben wichtige, weiterreichende Analyseansatz muß deshalb hervorgehoben werden, weil in der Fortentwicklung gerade auch der hier für diesen Fragenkreis wichtigen Rechtssoziologie (also über Weber, Ehrlich, Geiger hinaus) der direkte und kongruente Bezug zum existierenden Rechtssystem überwiegt und ganz vordringlich zu sein scheint. Die mögliche Mißweisung in diesem gängigen, wenn auch durchaus aufschlußreichen Denkansatz selbst, offenbar durch einen Hang zur Systematik bedingt, wird nur selten hervorgehoben.

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  69. Wie sehr gesellschaftliche Entwicklungen eine adäquate Entwicklung des Rechts übersteigen, wenn nicht gar sprengen, läßt sich an der Masse der modernen “Problemlagen” nachvollziehen, bei denen die Gesetzgebung “nicht im Entferntesten Schritt zu halten vermag.” In diesen Fällen (z.B. Großindustrie, Eisenbahnwesen, Telegraf, Telefon-dies ist die Beispielsliste von E. Ehrlich am Beginn unseres Jahrhunderts) werden “die hergebrachten staatlichen Normen, so gut es geht, auf die neuen Verhältnisse” projiziert. Auf diese Weise gelingt es, hergebrachtes Verfassungsrecht, staatliches Privat-und Verwaltungsrecht “zum großen Teil allerdings nur zum Scheine” beizubehalten. Diese Rechts-“Projektion” sichert vor allem also normative Kontinuität, wiewohl gerade mit dem Wachsen ihres Gewichts bei ständig schnellerem gesellschaftlichen Wandel auch das Moment des “Scheins” zunimmt. Es überlagert aber auf Dauer die normative Kontinuität den realen “Schein”, beseitigt ihn aus dem Blickfeld. Dieses Bewegungsmoment ähnelt dem Prozeßelement des “normativen Scheins”, das wir hier untersuchen wollen. Es spiegelt das Bewegungsgesetz des “normativen Scheins”, das am Beginn der Normentwicklung steht, am Endpunkt der Institutionalisierung wider. Vgl. zu den frühen Herleitungen E. Ehrlich (1913, 324 f.).

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  70. Kennzeichnend die inneren Widersprüche zwischen Einleitungsteil und Staatsrechtsteil bei Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten; vgl. Ausgabe K. Vorländer, Hamburg: Meiner 1959, Seite 26 pass., Seite 136 pass.

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  71. Eine wichtige Ebene, auf der sich einerseits die Dynamik der fortwährenden gesellschaftlichen Veränderung-gerade unter dem Aspekt einer fortschreitenden Ausweitung der “Öffentlichen Kommunikationssphäre”-niederschlägt, auf der andererseits jedoch auch die angesprochenen Elemente der Beharrung wirksam werden, stellt jene dar, auf der die ihr zugrundeliegenden Normen selbst Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzung werden. Dies ist der Fall etwa bei den expliziten Kommunikationsnormen, den Grundkonzepten also für die Regularien, denen auch Massenmedien in der modernen Gesellschaftsentwicklung unterworfen werden. Schon die allgemeine, immerwährende Normentwicklung von Gesellschaftssystemen ist außerordentlich umständlich zu erfassen, dennoch existieren eine Reihe von modellhaften Annäherungen an derartiges Prozeßgeschehen. Vielfach sind diese Analysen und Modellentwürfe um so plausibler, je abstrakter sie angelegt sind. Wir werden sie hier für unsere Zwecke getrost vernachlässigen können, da die Prozeßannahmen, die unsere Analyse fundieren, bereits aufgezeigt wurden. Ihnen liegt eine größtmögliche Konkretion der materialen Befunde gesellschaftlicher Entwicklung als Grundorientierung zugrunde.

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  72. Es geht also darum, die Annäherung an den Verlauf einer realen Prozeßentwicklung zunächst in einem Ausschnitt zu versuchen-und zwar in dem Passepartout, in dem sich die für die Ausgrenzung dieser “öffentlichen Kommunikationssphäre” selbst grundlegenden und bestimmenden Normen aus ihrer anfänglichen Widersprüchlichkeit und Vielfalt immer stärker verallgemeinern, bis schließlich ein spezieller und stark begrenzter Ausschnitt aus diesem Normenspektrum zur institutionellen Norm schlechthin für öffentliche Kommunikation erhoben wird. Auf dieser Ebene werden, im Zuge der gängigen Ausfilterungsprozesse normativer Entwicklung, am Ende staatliche Institutionen zum Garanten der Zielvorgaben, Interpretationsmuster und Sanktionen (vgl. W. Seagle 1967, 410-440). Hier hilft u. a. Forschungsmaterial aus anderen Bereichen: der Geschichte, der Anthropologie usw. Dieser letzte und einschneidende Abschnitt der Entwicklung-der wiederum in den “klassischen Bereich” des tradierten Öffentlichkeitsbegriffes gehört-wird uns hier kaum und wenn überhaupt, nur beiläufig kümmern.

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  73. Wir gehen von manifesten, d. h. vor allem also überlieferten, dabei in erster Linie also institutionalisierten Normen aus, um von dort her-quasi im mittelbaren Rückschluß-auf die Qualität der (nennen wir sie einmal so:) zunächst Undefinierten und noch vielfältigen normativen Ausgangsvoraussetzungen zu stoßen. Dieser Weg muß schon deswegen gewählt werden, weil ein konkreter Ansatzpunkt-gerade wegen der Vielfältigkeit der Ausgangsmöglichkeiten-am bereitliegenden Material nur äußerst mühselig zu erschließen ist (und zunächst aufwendige Forschungsanstrenungen bei in der Regel bisher noch nicht erschlossenen Primärquellen voraussetzen würde). Um eine grundsätzliche theoretische Bestimmung im hier zu untersuchenden Beziehungsgeflecht vornehmen zu können, ist es gerechtfertigt, eine Abkürzung einzuschlagen. Sie besteht darin, vom ersten Punkt einer Normen-Institutionalisierung aus auf die hier angesprochenen Ausgangsbedingungen der Normenentwicklung in der Weise zurückzuschließen, daß der bisher vorhandene Fundus an Forschung aus allen verfügbaren Fachrepertoires analytisch mit aufgegriffen wird.

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  74. So kann man von der ersten Institutionalisierung einer pressefreiheitlichen Rechtssetzung im 19. Jahrhundert ausgehen, um von dort her Rückschlüsse auf normative Ausgangsvoraussetzungen bei der Herausbildung von Kommunikationsentwürfen zu ziehen, deren eines und wichtiges Merkmal diese Pressefreiheitsordnung darstellt. Der Argumentationsgang muß sich demnach sinnvollerweise entlang solcher Fallbeispiele entwickeln. Auf dieser Ebene der Analyse der “öffentlichen Kommunikationssphäre” finden sich entsprechend den vorgeführten Verfahrensmustern eine Reihe eindringlicher Beispiele. Zu dieser Beispielskette zählt, will man sie bis in unsere Tage verlängern, heutzutage etwa die Art der Anwendung gesellschaftlicher Kontrollrechte in öffentlich-rechtlichen Medieninstitutionen. Eine Fülle weiterer Erscheinungsformen, auch historisch weit zurückreichender normativer Anknüpfungen und Einflüsse, wären außerdem für den gesamten Verlauf der Entwicklung der jüngeren Kommunikationsgeschichte, einschließlich der Herausbildung von Kommunikationspolitik, (als eines erst in jüngster Zeit begriffsumrissenen Beschreibungsgegenstandes) aufzuführen und entsprechend fallweise zu erläutern.

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  75. Dabei interessiert hier zuallererst weniger die rein faktische und damit systematisch aufzudeckende Verklammerung-im Verlauf der Entwicklungsgeschichte-von jeweiligen Normen und der Geschichte ihrer konkreten Einbindung in die sich entfaltenden und ausdifferenzierenden Interessen von Kapital und Staat. Was hier wesentlich im Mittelpunkt stehen wird, ist die Untersuchung des Vorganges einzigartiger Sublimierung von normativen Voraussetzungen für das umrissene und fallweise zu erschließende Prozeßgeschehen.

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  76. Wobei zu unterstreichen ist, daß hierbei nicht der Gesichtspunkt der Legitimität ausschlaggebend ist. Dieser Gedanke, wenn auch noch nicht zugeschnitten auf diesen Begriff selbst, Legitimität nämlich als entscheidendes Bestandsintegral moderner Gesellschaftsentwicklung, ist deutlich bereits bei E. Ehrlich herausgearbeitet (der diesen Begriff allerdings nicht verwendet): “Die große Masse des Volks braucht nicht erst durch den Staat gebändigt zu werden, sie fügt sich der Rechtsordnung freiwillig, weil sie fühlt, daß es ihre Ordnung ist, die Ordnung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verbände, in denen jeder Einzelne von ihnen eingegliedert ist.” Die Aufrechterhaltung gegebener staatlicher Ordnung bei der Mehrheit erfolgt dennoch vor allem aus dem “starken Gefühl” heraus, daß diese Ordnung “notwendig, in ihrem eigenen Interesse notwendig ist” (E. Ehrlich 1913, 61 f.). Dieses Ordnungselement des “starken Gefühls” prägt um so mehr den normativen Bestand, ist zu schlußfolgern, je stärker gleichzeitig eine materiell rechtliche “Projektion” der Rechtssetzung erfolgt und damit de facto der “Schein” einer Einheit von Rechtsordnung und gesellschaftlichen Wandel notgedrungen zunehmen muß.

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  77. Anders formuliert und weniger weitreichend spiegelt sich diese Problemsicht schon bei E. Ehrlich: “Alle bisherigen Versuche, sich über das Recht klar zu werden, sind daran gescheitert, daß nicht von der Rechtsordnung in den Verbänden, sondern von den Rechtssätzen ausgegangen worden ist” (1913, 29).

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  78. Für J. Habermas ergab sich bei seinem Versuch der Fundamentierung einer Gesellschaftstheorie, gerade aus der Einsicht in die Lückenhaftigkeit und drängende Erklärungsbedürftigkeit, eine definitive Ausgrenzung über die zunächst zugrundegelegte Handlungstheorie hinaus (vgl. 1981, I. 366). Vergleichbare Vorbehalte sind bei der Feststellung sozio-historischer Bewußtseinsbestände, wie im vorliegenden Fall, auch hier angebracht: Bezugsebene ist nicht etwa ein handlungstheoretisches Gerüst.

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  79. Hinzuweisen ist auf einen verwandten Differenzierungs-Tatbestand normspezifischer Art: den logischen Prozeß der Subsumtion von Tatbeständen unter Normen gibt es schlechterdings nicht; die Rechts-Neukonstruktion durch den Richter ist mithin nicht die allfällige Ausnahme, “sondern die durchgehende Regel” (Th. Geiger 1964, 243 f.). Die hierin liegende Fiktion der Normwirksamkeit konstituiert eine andere Ebene von “normativem Schein”, nämlich innerhalb des institutionalisierten Prozesses der Normenanwendung. Noch genauer gefaßt: in bezug auf die in Normsätzen gefaßten begrifflichen Inhalte. In der Praxis finde sich hierin ein “klassisches Beispiel”, so Geiger, “berufsfachlicher Ideologiebildung” (1964, 255).

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  80. Welcher Typ qualitativen Wandels hier gemeint ist, wird an einem eindrücklichen Beispiel deutlich, das, bezogen auf den zeitlichen Abschnitt unseres hier vorliegenden Untersuchungsfeldes, schon später liegt. Wie stark die Differenzierung der repräsentierten Interessen in der politischen Sphäre auf alle Bereiche unmittelbar rückwirkte, läßt sich auch an der “Entpersonalisierung” von Repräsentativaufgaben in der großen Industrie nachweisen. Waren über lange Zeit hinweg die Firmeneigner selbst Ansprechpartner, Förderer und Mitgestalter repräsentativer Vereinigungen und Delegativgruppen, so zwang bald die Vielzahl dieser Aufgaben und Kontakte zu einer organistorischen Lösung. Beispielsweise richtete die Firma Siemens 1912 eine “Zentralstelle für Beteiligimg bei Vereinen, Verbänden, Gesellschaften etc.” ein. Die wirtschafts-und sozialpolitische Interessenvertretung eines Industrieunternehmens dieser Größenordnung war nach dem Honoriatorenprinzip nicht mehr zu lösen (vgl. J. Kocka 1969, 443).

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  81. Der “sozialen Zweckmäßigkeit” als grundlegendem Auswahlfaktor für die Gestaltung gesellschaftlicher Institutionen erteilt Th. Geiger (1964, 106 f.) eine gründliche Absage. Er geht sogar so weit zu behaupten, der platte theoretische Rationalismus, der in solchen Grundannahmen stecke, wecke geradezu “Mißtrauen gegenüber planmäßigen Bestrebungen, das soziale Leben doch wenigstens einigermaßen zu rationalisieren.” So erweise sich die scheinbare Aufklärung als Behüterin des “Irrationellen” in der Gesellschaft.-Ein Gedanke, den später gezielt und als eigenes Thema die “Frankfurter Schule” ausarbeiten sollte.

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  82. Die Schwierigkeiten eines kritischen Vorgehens, das hinter vermeintlichen Begriffssubstanzen auf reale gesellschaftliche Prozesse zu stoßen versucht, kennzeichnete bereits Theodor Geiger unübertrefflich-in seinen Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts-, wenn er sein Bemühen damit beschreibt: es gelte “metaphysisch-ideologisch geladene Vorstellungskomplexe wie Norm, Geltung, Pflicht, Rechtsanspruch usw. auf die durch sie verfälschten Tatsachenzusammenhänge hin zu analysieren und diese in Termini der wahrnehmbaren Wirklichkeit zu fassen.” (1964, 40).

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  83. In welchem Maße, die nach unserer Prozeßdarstellung nachhaltigen Strukturveränderungen Momente der Irreversibilität einschlossen, die gerade aufgrund damit fundamental ausgeschlossener Bewußtseinsperspektiven maßgebliche politische Alternativen irrelevant werden ließen, erhellt mit großer Klarheit auch in den präzisen und selbstkritischen Anmerkungen von Friedrich Engels, der diesen rasanten Umwälzungsprozeß seiner Zeit in seinen epochalen Stufungen genauestens verfolgte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kommt Engels gegenüber Bebel zu Schlußfolgerungen, die sich stark von den noch zusammen mit Marx entwickelten Konzeptionen zur Umwälzung der Klassengesellschaft unterscheiden-es haben sich in den Jahrzehnten der Zwischenphase die Voraussetzungen elementar verändert. Engels entwickelt dementsprechend Vorstellungen von einem “naturgemäßen” Eintritt der Arbeiterklasse in die Macht auf dem Wege über die Massenbasis-also durchaus auf einem systembezogenen politischen Weg. Ferner sieht er die Möglichkeit einer Integration von technisch vorgebildeten Kadern zusammen mit der Inbesitznahme der Produktionsmittel im Zusammenhang. Dieser Weg schien ihm sinnvoller als eine Umwälzung vom Typ der Französischen Revolution, wo im Anschluß eine kleine revolutionäre Minderheit den Reaktionären aufsitze, die überall an untergeordneter Stelle alles in Schwung halte. Damit entwirft Engels in nuce die für den Typ der Herrschaftsübernahme im 20. Jahrhundert in der Tat kennzeichnenden zwei Grundmodelle (Vgl. Friedrich Engels an August Bebel 24./26.10.1891. In: August Bebels Briefwechsel mit Friedrich Engels 1965, S.461-465).

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III. Zur Theorie der Systemalternativen

  1. Zensurartige Maßnahmen sind in einer funktional differenzierten Gesellschaft schlimm, weil sie Rehierarchisierungen, also neue Hegemonialstrukturen indizieren. Aber erst ihre Nichtpublikation macht sie zu einem gravierenden gesamtgesellschaftlichen Problem, weil die Inter-Systemtransparenz verlorengegangen ist und damit Hegemonialstrukturen-oder systemtheoretisch formuliert: Entdifferenzierungen-etabliert sein dürften.

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  2. Ebenso wie das Gegenteil, die keineswegs vollständig gelungene Transformation mit einer eben nicht vollständigen funktionalen Differenzierung zu begründen ist. Sozialempirisch weisen die kapitalistischen Gesellschaften westlichen Typs durchaus noch Elemente sektoraler und stratifikatorischer Differenzierung auf, die für die Individuen auch keineswegs hinreichend zu ideologisieren sind. Dem entsprechen auch hegemoniale Strukturelemente. Es ist keineswegs auszuschließen, daß in der Systemevolution diese Elemente weiter ausgebaut werden. Das bedeutet allerdings auch, daß die heutzutage stark politisierten Konfliktlagen in der Gesellschaft “resozialisiert” würden-mit allen konfliktären Konsequenzen.

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  3. Bemerkenswert in diesem Zusammenhange ist, daß die wissenschaftliche Begleitforschung, wo sie überhaupt stattfand, den von der KtK formulierten Auftrag, soziale Folgenabschätzung vorzunehmen, mit Vorliebe (Ausnahmen seien vermerkt) in reine Akzeptanzforschung umformuliert hat-ein sehr guter Indikator für die hier vorgetragene, heutzutage fachübliche Ansicht.

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  4. Im Kapitel über Interessentransformationen haben wir das daran erörtert, wie Programmproduzenten an einer historisch geronnenen Produktionspraxis berufsethische Normen entwickeln. Dies ist aber nichts anderes als ein sozial stabilisiertes Selektionsprogramm, eine handlungssteuernde Struktur.

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  5. Die einzige uns bekannte Sozialtheorie, deren Verfasser die zentrale Bedeutung von Folgekontingenz für die gesellschaftliche Entwicklung hinreichend präzise erfaßt und systematisch zum Gegenstand theoretischer Erarbeitung gemacht hat, ist die Kritik der Politischen Ökonomie von Karl Marx (partiell Hegel: Rechtsphilosophie §§ 182–256). Er bezeichnet den hier gemeinten Sachverhalt meistens mit der Formulierung “hinter den Rücken durchsetzen” o.ä. Eine Theorie, die Kontingenz nicht einfach als ontischen Modus betrachtet, sondern auch die gesellschaftliche Produktion von Kontingenz als Realprozeß thematisiert, muß zwangsläufig Marxsche Gedankengänge aufnehmen und in einer anderen Sprache reformulieren-auch wenn die Theoriebauer das nicht wahrhaben wollen und die zeitgenössische marxistische Orthodoxie solche Vorhaben ablehnt.

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  6. Die Gründe sind hier nicht im einzelnen darzulegen, da nur der Argumentationsgang entwickelt werden soll. Aber empirisch ist z.B. mit der Zunahme solcher Folgekontingenzen zu rechnen mit zunehmender Internationalisierung der Medienmärkte oder Globalisierung des Mediensystems, da die von politischen Systemen produzierte Umweltkomplexität für das Mediensystem gravierend wächst, die Selektionsleistung der etablierten Strukturen also relativ sinkt, ohne daß eine Wandlungsmöglichkeit in ihrem Kapitalkorsett absehbar wäre.

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  7. Das “mehr oder minder” bezieht sich darauf, daß in einer funktional-differenzierten Gesellschaft-wir akzeptieren diese systemtheoretische Vorstellung von Sozialstruktur einstweilen trotz erheblicher Zweifel, daß sie durchgehendes Differenzierungsprinzip ist, aus methodischen Gründen-die einen sehr beschränkten Pluralismus zu ihrer Existenzgrundlage gemacht hat, außer einigen wenigen bestandsrelevanten Sinnbereichen, mit denen wir uns hier allein beschäftigen, eine große Anzahl weiterer, pluraler Sinnfelder vorliegen, die an gesellschaftliche Gruppierungen oder Subsysteme gebunden sind, die alle zu den sich teils überlappenden Rändern hin sehr stark ausfransen.

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  8. Ein gut belegtes Beispiel aus der jüngsten Geschichte dieser Republik ist der für betroffene Autoritäten wie die empirischen Sozialwissenschaften überraschende und eruptive Ausbruch der 68er Bewegung, als alle Welt noch an die privatistische Karriereorientierung der Jugendlichen glaubte, die Helmut Schelsky 1957 in seiner “Skeptischen Generation” gezeichnet hatte, und als auch jüngere jugendsoziologische Erhebungen keinerlei Hinweise auf die bevorstehenden Ereignisse gaben (vgl. W. Jaide 1965; Shell o.J.).

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  9. Zur übrigen Presse, allerdings auf die ganze Umweltproblematik bezogen, vgl. die jüngst vorgelegte Inhaltsanalyse der überregionalen deutschen Tagespresse zur Zeit der sozial-liberalen Koalition, E. Oehmichen )1988).

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  10. Das gilt übrigens auch für andere, im hier eröterten Sinne nicht-mediale Transformationsmechanismen, wie etwa diejenigen, die lt. Luhmann Selektionsentscheidungen, d. h. reduzierte Komplexität im System transferieren; er behandelt als solche, von ihm ebenfalls “Medien” genannte Mechanismen z.B. Geld, Liebe, Macht oder Wahrheit. Auch sie gewinnen ihre Eindeutigkeit und damit ihr spezifisches Leistungspotential nur durch Ausgrenzung anderer Möglichkeiten; diese Ausgrenzung mit möglichst geringem Entscheidungsaufwand auch dort zu erzielen, wohin sie transferiert werden, ist gerade ihre Aufgabe.

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Dröge, F., Kopper, G.G. (1991). Anmerkungen. In: Der Medien-Prozeß. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99488-2_11

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