Zusammenfassung
Wie ist die Dynamik der internationalen Systemkonflikte der Neuzeit zu erklären? Warum wurden sie unmittelbar aktualisiert und eskalierten nach einem kurzen ideologischen Abtausch in eine Phase der gewaltsamen Argumentation? Was erklärt ihre partielle Relativierung im Verlauf der Gewaltphase? Warum mündete die Gewaltphase im internationalen Konfessionskonflikt in zwischenstaatliche Toleranz, in den beiden anderen Konflikten hingegen in eine ideologische Blockbildung? Warum kam es im absolutistisch-demokratischen Konflikt zu Toleranz, im Ost-West-Systemkonflikt aber nicht? Und warum wurde der internationale Konfessionskonflikt durch Entpolitisierung der Ideologie, die beiden anderen Debatten aber durch die Konversion der nicht-demokratischen Systeme gelöst? Diese und andere Invarianzen und Varianzen des Phasenmusters internationaler Systemkonflikte lassen sich nun argumentationstheoretisch erklären, indem sie auf das Zusammenwirken von Strukturen, Dispositionen und Interaktionen und deren Wandel über Zeit zurückgeführt werden. Ich gehe dabei entlang des allgemeinen Phasenmusters P1 vor, unter das die spezielleren Dynamiken P2-P4 subsumiert werden können (vgl. auch Abb. 8.1.).
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Literatur
Vgl. fir die Mechanismen des Übergangs in den gewaltsamen Konfliktaustrag Blanning (1986: 163, 208); Gaddis (1978: 82); Kim (1970: 122ff.); Walt (1992).
Dieser Prozeß spielt in Theorien der internationalen Sozialisation eine zentrale Rolle (vgl. im Überblick Schimmelfennig 1994 ). Für den Realismus beweist er, daß auch Staaten, die ursprünglich ganz anders als alle anderen sein wollten, unter den systemischen Anpassungs-und Wettbewerbszwängen ihren Konkurrenten ähnlich werden und die gleiche Machtpolitik betreiben wie diese (vgl. z.B. Waltz 1979: 172f.). Für die Britische Schule des Institutionalismus demonstriert er zudem die Beharrungskraft der Staatengesellschaft, der es schließlich gelingt, auch revolutionäre Staaten zu sozialisieren (vgl. insbesondere Armstrong 1993, in Bezug auf die Sowjetunion: 139, 144 ).
Gleiches gilt im übrigen für die regionalen Nachkriegsphasen bis zum systemweiten Krieg. Vgl. am Beispiel der Sowjetunion Armstrong (1993: 139, 144); Aspaturian (1971: 95f.); Ra’anan (1967: 237f.; 244f.).
Zur Entwicklung der europäischen Kriege vgl. Howard (1981).
Vgl. z.B. Buzan (1993: 340ff.) und Murphy (1994), der diesen Trend auf die weltweite zunehmende Ausbreitung des Kapitalismus und der damit wachsenden Notwendigkeit zum Management der kapitalistisch erzeugten Konflikte durch „global governance“ erklärt.
Vgl. den situationsstrukturellen Erklärungsansatz der Entstehung internationaler Institutionen, wie er von Zum (1992) entwickelt und von Zangl (1994) unter Berücksichtigung der two level“-Problematik verfeinert worden ist. Hier ergeben sich auch Anhaltspunkte für die Komplementarität von Argumentationstheorie und Spieltheorie sowie, in weiterem Rahmen, von liberaler und institutionalistischer Theorie internationaler Politik: Demnach kann die Argumentationstheorie im Rahmen der liberalen Denkschule prinzipiell erklären, wie sich die Interessen und Interessenkonstellationen (Situationen) bilden, die die Entstehung von Institutionen überhaupt erst möglich, wahrscheinlich und notwendig machen. Die Spieltheorie (im Rahmen der institutionalistischen Denkschule) zeigt dann, ob und wie (schnell, leicht etc.) sich auf der Basis dieser Interessenkonstellationen Institutionen bilden.
Vgl. die Hypothese von Moravcsik (1995: 178): „The most effective institutions for international human rights enforcement rely on prior sociological, ideological and institutional convergence toward common norms.
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© 1995 Leske + Budrich, Opladen
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Schimmelfennig, F. (1995). Dissens und Argumentation in internationalen Systemkonflikten. In: Debatten zwischen Staaten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99373-1_12
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99373-1_12
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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