Zusammenfassung
Bürgerinitiativen, jedenfalls die große Mehrzahl der uns bis heute bekannten, sind keine „Sprengsätze“ der repräsentativen Demokratie. Sie sind viel eher Indikatoren spezifischer Struktur- und Funktions-schwächen der repräsentativen Ordnung. Stimmt diese These, so muß sich die Qualität gegenwärtiger politischer Herrschaft als der systematische Ort für die Beantwortung der Frage nach den Gründen für das seit Anfang der 70er Jahre beobachtbare massenhafte Auftreten von Bürgerinitiativen beschreiben lassen.
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Anmerkungen
Vgl. zum folgenden vom Verf., Herrschaftslegitimierung und Staatskrise, in: M. Th. Greven, B. Guggenberger, J. Strasser, (1975), S. 13 f.
Zu dieser Problemskizze vgl. P. Graf Kielmansegg, in: W. Hennis, P. Graf Kielmansegg, U. Matz, (Hrsg.) (1977), S. 118 ff. und vom Verf., Das Legitimitätsdilemma des Leistungsstaates, in: T. Ellwein u. a., a. a. O.
Ein für das Entstehen von Bürgerinitiativen bedeutsamer Aspekt ist in diesem Zusammenhang vor allem die prinzipielle „Asymetrie“ des Pluralismus, die Chancenungleichheit in der Repräsentation der Interessen und Bedürfnisse. Es gibt vor allem zwei spezifische Arten von Bedürfnissen, die nicht oder nur sehr schwer zu organisieren sind : die Bedürfnisse sozialer Randgruppen und Bedürfnisse von zumindest potentiellem Allgemeinheitsrang, z. B. umwelt- oder gesundheitspolitische Interessen; vgl. zum Problem M. Olson, (1968), S. 124 ff. u. C. Offe, (1973).
Zur historischen Dimension der Repräsentation und des Repräsentations-gedankens vgl. H. Hoffmann, (1974), H. Tausch, (1968), D. Sternberger, (1971), B. Guggenberger, H.-J. Veen, A. Zunker, (Hrsg.) (1977), S. 14 ff.
Zur Begriffsverwendung vgl. P. C. Mayer-Tasch, (1976), S. 72 ff., bei dem die Begriffsdifferenzierung (S. 72) jedoch nicht konsequent durchgeführt ist.
Vgl. Th. Schiller, (1970), S. 115.
Vgl. M. Ostrogorski, (1964).
Vgl. vom Verf.. Wem nützt der Staat?, (1974).
Vgl. S. Neumann, (1956) und H. Marr, (19 34).
W. Hennis, (1977), S. 188.
K. H. Flach, (1972), S. 248 ff.
Zu diesem Parteientypus vgl. vor allem die Arbeiten O. Kirchheimers.,
Th. Schiller, (1970), S. 114.
S. u. W. Streeck, (1972), S. 46.
Ebd., S. 43.
Vgl. bes. J. Dittherner, R. Ebbighausen, (Hrsg.) (1973); W. D. Narr, (1977), P. C. Mayer-Tasch, (1976), S. 93.
Vgl. hierzu bes. den Beitrag von Steffani, in diesem Band.
Vgl. hierzu: Der Spiegel, Nr. 13, 1977, S. 34 ff.
Zwischen 3 % und 12 % von Bundesbürgern haben bisher aktiv in Bürger-initiativen mitgewirkt, 34 %, nach einigen Umfragen sogar bis über 60 %, sind grundsätzlich zu einer Mitarbeit bereit. Vgl. Emnid-Informationen 11/12–1973, S. 6 und Infas-Report vom 23. Juli 1973.
Vgl. P. C. Mayer-Tasch, (1976), S. 89 ff., S. 95.
Vgl. P. C. Mayer-Tasch a. a., O., S. 94, der das Begriffspaar „Exklusiv“- und „Inklusivinteressen“ von E. Pankoke, übernimmt.
Vgl. „Bürgerinitiativen in Bayern“ (1973).
Vgl. von Kodolitsch, (1975), S. 274.
Vgl. Anm. 21.
Der genannte Vorwurf träfe im übrigen nicht nur die Bürgerinitiativen, sondern ganz genauso auch alle übrigen politisch motivierten Sozialaktivitäten, einschließlich der Parteien- und Verbändeaktivitäten. Die amerikanische Partizipationsforschung (nachzulesen etwa bei Milbrath, Verba, Nie u. a.) hat, immer wieder diese mittelständische Überrepräsentation, betont und auch neuere Untersuchungen über die Mitgliederstruktur der CDU und der SPD (etwa die von Hartwich, oder von Diederich,), bestätigen dieses Phänomen.
Vgl. hierzu den Beitrag von S. Haffner, in diesem Band.
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© 1978 Westdeutscher Verlag, Opladen
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Guggenberger, B. (1978). Bürgerinitiativen — oder: Wie repräsentativ ist die „Repräsentative Demokratie“ in der Bundesrepublik?. In: Guggenberger, B., Kempf, U. (eds) Bürgerinitiativen und repräsentatives System. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99364-9_9
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