Zusammenfassung
In Bürgerinitiativen (BI) manifestiert sich zunächst vor allem Kritik an Inhalten politischer Entscheidungen, dann aber auch an Formen der Willensbildung und Entscheidungsfindung.1 Der Erfolg der BI ist somit daran zu messen,
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inwieweit es einzelnen BI gelingt, Inhalt und Ablauf politischer Entscheidungen zu beeinflussen,
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und inwieweit es der BI-Bewegung insgesamt zuzuschreiben ist, wenn sich bestehende Strukturen der Willensbildung und Entscheidungsfindung ändern, und dabei neue Ziel- und Wertvorstellungen bestimmend werden.
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Anmerkungen
Vgl. Guggenberger (1980), S. 94. Unberücksichtigt bleiben dabei die reinen Selbsthilfeinitiativen, die keinen Einfluß auf politische Entscheidungen zu nehmen versuchen. Solche Initiativen sind allerdings nur eine Minderheit.
Andritzky/Wahl-Terlinden (1978), S. 70; Borsdorf-Ruhl (1973), S. 91; John (1979), S. 95 f.; v. Kodolitsch (1980), S. 97; Zur Rolle und Funktion von Bürgerinitiativen in der Bundesrepublik und West-Berlin, Analyse von 61 Bürgerinitiativen, hrsg. v. R.P. Lange, in: Zum Nachdenken 51/1973, S. 26 f.
Die folgenden Angaben summieren sich meist nicht auf 100%. Die Restgrößen entfallen entweder auf „keine Angaben“ bzw. „nicht feststellbar“ bzw. auf weitere Erfolgsdimensionen (z.B. bei Selbsthilfeinitiativen).
Zum Folgenden vgl. v. Kodolitsch (1980), S. 100 ff.
Dies entspricht den Ergebnissen der Untersuchung Andritzky/Wahl-Terlinden, a.a.O., S. 84.
Vgl. Großstadtuntersuchung, zit. bei: Kempf, in: Guggenberger/Kempf, (1982), S. 000. Danach fallen hierunter 74% aller Bürgerinitiativen.
Vgl. W. Hagstotz, Betroffenheit und kollektives Handeln im ländlichen Raum, empirisch theoretische Studie über Bürgerinitiativen im Konflikt um Planung und Bau der Neubaustrecke Mannheim-Stuttgart, Frankfurt 1981.
So gibt z.B. die „Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm“ in Waldshut/Tiengen an, 50 000 Mitglieder zu vertreten (Stuttgarter Zeitung v. 12.2.77.).
So sammelten z.B. in München und Berlin BI zur E.rnaitung von rustorischen Plätzen, gegen die Schließung von Krankenhäusern und für die Verlängerung der Sperrstunde zwischen 20 000 und 30 000 Unterschriften (Tagesspiegel v. 7.4.77., Süddeutsche Zeitung v. 11.7.77., Stuttgarter Nachrichten v. 8.6.77., Süddeutsche Zeitung v. 10.11,76., Zeit v. 4.6.77., Süddeutsche Zeitung v. 8.4.76.).
Vgl. Andritzky/Wahl-Terlinden a.a.O., S. 194; Kempf, a.a.O., S. 000.
Vgl. Kempf a.a.O., S. 000.
Vgl. Andritzky/Wahl-Terlinden a.a.O., S. 193 f.
W. Seeler/R. Spille, Bürgerbeteiligung an der Stadtentwicklungsplanung und im Wohnbereich bei Vorhaben im Hamburger Raum, Gutachten im Auftrag des Bundesministers für Raumordnung Bauwesen und Städtebau, Bonn 1977 (Schriftenreihe „Städtebauliche Forschung“ des BMBau, 03.056/1977), S. 41.
Vgl. Guggenberger a.a.O., S. 48 ff.
Zweifelsohne wird diese Deutung der Vielgestaltigkeit der BI-Bewegung nur unzureichend gerecht, aber sie erfaßt das, was wohl die meisten BI — jenseits ihrer konkreten Einzelziele — bewegt, doch ausreichend. Dies schließt nicht aus, daß es auch andere BI gibt, z.B. die neuerdings auftretenden BI für Ausländerstop, die sich zum Teil sogar an Wahlen beteiligen.
K. Arzberger (1980), S. 156 ff. Dies wird auch dadurch bestätigt daß postmaterielle Zielsetzungen wie Bürgereinfluß und Meinungsfreiheit nur von 18,3% bzw. 11,7% der Bevölkerung als wichtigste politische Ziele angesehen werden, Ruhe und Ordnung sowie Vermeidung von Preissteigerungen jedoch von 47,3% bzw. 21,5% (Ch.S. Siara, Komponenten der Wohlfahrt, Materialien zu Lebensbedingungen und Lebensqualität in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt, New York 1980, S. 175).
Vgl. E. Ballerstedt/W. Glatzer, Soziologisches Almanach, Handbuch gesellschaftlicher Daten und Indikatoren, 3. Aufl., Frankfurt, New York 1979, S. 81. 86 und 427 ff.
Vgl. J. Bölsche (Hg.), Natur ohne Schutz, neue Öko-Strategien gegen die Umweltzerstörung, Reinbek 1982 (Spiegel-Buch 22); vgl. auch Hessischer Umweltschutzbericht 1982, in: Tagesspiegel v. 28.4.82.
Dies gilt vor allem für die Umweltinitiativen (vgl. Andritzky/Wahl-Terlinden a.a.O.. S. 73).
Vgl. W. Beywl, Lokale Alternativpresse, eine erste Bestandsaufnahme, in: Media Perspektiven 3/1982, S. 184 ff.
Stand: September 1983.
Mit insgesamt 75 Vertretern (Stand: 7.3.82., DST-Statistik).
Mit insgesamt 122 Vertretern (Stand: Herbst 1981, in: Rudolf Schäfer, Stadtteilvertretungen in Großstädten, Teil 2: Länder- und Städteporträts, Berlin 1982 (Deutsches Institut für Urbanistik).
Vgl. Spiegel 13/1982, S. 22 ff.
So in Kassel, Rüsselsheim und Marburg (vgl. FAZ v. 10.4.82. und Kommunalpolitische Blätter 3/1982, S. 210 f.).
Arzberger a.a.O., S. 127 ff., stellt fest, 19% der Bürger beteiligten sich überhaupt nicht, 37% übten nur eine Form der Beteiligung aus (zu ca. 90% Teilnahme an Wahlen), während 44% zwei und mehr Formen ausüben.
G.C. Behrmann, Politische Partizipation: Bedingungen und Interpretationen gruppenspezifischer Dispositionen und Beweggründe, in: L. Albertin, (1979), S. 325.
1977 waren 4,5% der Wählberechtigten Mitglieder einer Partei (vgl. M. Bretschneider, Mitgliederzahlen der Parteien und ihre räumliche Verteilung 1977, Berlin 1978 (Deutsches Insititut für Urbanistik), S. 39. 1969 waren es nur 2,6% (vgl. Ballerstedt/Glatzer a.a.O.,. S. 429).
Die Angaben schwanken zwischen 1% (Ballerstedt/Glatzer, S. 435 für 1977) und 17,5% (G.D. Radtke, Teilnahme an der Politik, Bestimmungsgründe zur politischen Partizipation, ein empirischer Beitrag, Leverkusen 1976). Arzberger a.a.O., S. 117, ermittelt 7%.
EMNID, 1978, zit. bei Guggenberger, S. 25. Früher ermittelte Zahlen liegen z.T. höher (laut Radtke bei 66,3%, laut EMNID für 1973 bei 59%), z.T. niedriger (INFAS für 1973 bei 34%).
Ballerstedt/Glatzer a.a.O., S. 431 (für 1977).
Vgl. Ellwein/Lippert/Zoll (1975), S. 173 f.
Zur Mitgliederstruktur von BI zuletzt Arzberger/Murck/Schuhmacher (1979), S. 201 ff. In allen anderen Bereichen vgl. Armbruster/Leisner (1975), S. 259 ff.
Pelinka (1978), S. 101.
Die Konflikte ergeben sich dann aus der Zugehörigkeit zur Entscheidungselite bzw. aus der Nichtzugehörigkeit (vgl. Arzberger a.a.O., S. 141 und 153).
Die Konflikte zwischen BI und Gewerkschaften, die bei technischen Großprojekten entstehen, könnten Ausdruck konkurrierender Interessen von Aktivschichten und Arbeiterschaft sein (vgl. Rainer Prätorius, Bürger-initiativen, in: M. Greiffenhagen/S. Greiffenbagen/R. Prätorius (Hg.), Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, ein Lehr- und Nachschlagewerk, Opladen 1981, S. 100 f.).
So z.B. Guggenberger a.a.O., S. 25. Dies bedeutet allerdings nicht, daß die sogenannten St. Florians-Initiativen völlig ausgestorben wären. Wie hoch ihre Zahl ist, ist allerdings kaum feststellbar. Nach John, S. 98, sind es nur ganz wenige, laut Borsdorf-Ruhl, S. 80, bezeichnen sich 12% der befragten BI als Vertretung von Gruppen.
Als Beleg wird angeführt, daß im Umweltbereich 40% der BI von direkt Betroffenen, 45% von nur mittelbar Betroffenen und 14% von Nicht-Betroffenen gegründet werden (Andritzky/Wahl-Terlinden a.a.O., S. 109). Zu den sozio-kulturellen Initiativen vgl. John a.a.O., S. 81 f
Nach Borsdorf-Ruhl a.a.O., S. 80, glauben 24% der BI, sie verträten die Interessen aller betroffenen Bürger, und 61%, sie verträten die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung.
Vgl. Seeler/Spille a.a.O., S. 32 ff.
So treten z.B. 52% der Wahlberechtigten für den Bau weiterer Kernkraftwerke ein, aber 96% der Wahlberechtigten mit „grüner“ Parteipräferenz sind dagegen (vgl. J. Leinemann, Die Angst der Deutschen, Beobachtungen zur Bewußtseinslage der Nation, Reinbek 1982 (Spiegel-Buch 21), S. 181).
Dies liegt nahe, wenn man sich der Auffassung anschließt, die Menschheit begehe mit der Umweltzerstörung kollektiven Selbstmord, oder die Atomkraft sei nicht beherrschbar. Unterhalb dieser Ebene, wo die meisten BI ihre Thematik ansiedeln, dürfte der Rückgriff auf objektive Interessen bzw. Gemeinwohl allerdings schwerer zu begründen sein.
Vgl. dazu ausführlicher O. W. Gabriel, Mängelanalyse des politischen Willensbildungsrpozesses in der Gemeinde, ein Beitrag zur „institutionellen Krise“ der kommunalen Selbstverwaltung, in: Politische Beteiligung im repräsentativen System, S. 79 ff.
Vgl. Guggenberger a.a.O., S. 10 f. und 102 ff.
So mündet z.B. eine der ersten Untersuchungen des Phänomens Bürgerinitiativen in eine Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung von Beteiligungs-verfahren (vgl. Batelle-Institut (1975).
Vgl. J. Gramke, Praktizierte Bürgernähe, Köln, Stuttgart 1978, S. 117 f.
Die „Beschleunigungsnovelle“ zum Städtebautörderungsgesetz una Bundes-baugesetz, am 1. August 1979 in Kraft getreten, beschränkt die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger. Vgl. auch die Diskussion in NordrheinWestfalen um die Zurücknahme einiger Beteiligungsmöglichkeiten (in: Rathaus 3/1982, S. 178).
Vgl. zum Folgenden ausführlicher: v. Kodolitsch a.a.O., S. 20 ff.
Solche Regelungen gibt es in Baden-Württemberg (§ 3 3,4 GO), Bremerhaven (§ 34,4 VerfBHv), Hessen (§ 72,6 GO), Rheinland-Pfalz (§ 35,2 GO), und im Saarland (§ 50,3 KSVG).
Vgl. in: Natur 7/1981, S. 15.
Vgl. Der Landkreis 5/1981, S. 271. 1 h
Weitere Instrumente setzen die Gemeinden ein, ohne daß diese gesetz geregelt sind: Anwaltsplanung, Gemeinwesenarbeit, Planungszelle, Beteiligungsgremien der unterschiedlichsten Art usw.
Vgl. z.B. die schon mit zwei Preisen ausgezeichneten „Strategien fur Kreuzberg“ in Berlin.
Die Begrenzung ergibt sich vor allem aus den staatlichen v orgauen fur d C Kommunalpolitik einschließlich der Finanzausstattung der Gemeinden und aus der Apathie der Bürger.
Das Gesamturteil, die institutionalisierte Bürgerbeteiligung spiele in der Praxis keine Rolle, dürfte allerdings überzogen sein (so Gabriel a.a.O., S. 219).
Vgl. W. Holler/K.-H. Nassmacher, Rat und Verwaltung im Prozeß kommunalpolitischer Willensbildung, in Frey (1976), S. 141 ff.
R. Schäfer, Stadtteilvertretungen in Großstädten, Teil 1: Grundlagen und Bestandausnahme, Berlin 1982.
So das CDU-Programm zur Bürgerbeteiligung (S. 7). Entsprechende Reform-vorschläge machen Mathias Schmitz, Parteien als Partizipationssysteme, S. 192 ff., und P. Haungs, Funktions-optimierende Strukturen lokaler Parteiorganisationen, S. 291 ff., beide in: Strukturprobleme lokaler Parteiensysteme, Bonn 1975.
In Fortsetzung der oben erwähnten Studie (Anm. 57) untersucht das Deutsche Institut für Urbanistik, gefördert von der Stiftung Volkswagenwerk und dem Bundesministerium des Innern, Funktion und Arbeitsweise von Stadtteilvertretungen.
Vgl. R. Hess, Rat und Verwaltung in der gemeindlichen Willensbildung, S. 119 ff., und A. Klein, Parteien und Wahlen in der Kommunalpolitik, S. 94 ff., sowie M. Mattar, Die Verwaltungsreform als Instrument zur Leistungs-steigerung und Demokratisierung der Kommunalpolitik?, S. 154 ff., alle in: Gabriel (Hg.) (1979).
Vgl. Arzberger a.a.O., S. 119 ff.
v. Kodolitsch a.a.O., S. 102.
F.M. Kreiter, Die Rolle der politischen Parteien in der kommunalen Entwicklungsplanung, in: Strukturprobleme des lokalen Parteiensystems, S. 109.
Vgl. zum Folgenden v. Kodolitsch a.a.O., S. 94 f.
Die Umfrage ist Teil der erwähnten Untersuchung (Anm. 59). Die hier weidergegebenen Ergebnisse beruhen auf Erhebungen in 3 von insgesamt 8 Untersuchungsstädten. In diesen 3 Städten wurden 628 Mitglieder von Stadtteilvertretungen befragt, von denen 316 (50,8%) den Fragebogen beantworteten.
Die Prozent-Angaben beziehen sich auf die 316 Mitglieder, die den Fragebogen beantworteten.
Daß dies nicht immer so war, belegt v. Kodolitsch (1975). S. 265 ff.
Auf einer Skala von insgesamt 10 kommunalen Institutionen nehmen die BI nach den Stadtteilvertretungen und vor den Gewerkschaften den neunten Rang ein (Arzberger a.a.O., S. 60 und 64).
Nach dem Bericht der Bundestagskommission über den „Jugendprotest im Staat“ bestimmt dieses Empfinden den Protest (vgl. Tagesspiegel v. 4.5.82.).
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von Kodolitsch, P. (1978). Effizienzsteigerung oder Systemüberwindung — zur empirischen Erfolgsbilanz der Bürgerinitiativen. In: Guggenberger, B., Kempf, U. (eds) Bürgerinitiativen und repräsentatives System. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99364-9_18
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