Zusammenfassung
Bei unserer Untersuchung des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes (KPMD) hat sich der folgende Fall, eigentlich ein Komplex von Fällen, nicht nur als aufschlußreich erwiesen, er erscheint uns auch in verschiedener Hinsicht zur Illustration der im Vertextungsmodell methodologisch angesprochenen Gesichtspunkte als besonders geeignet. Zum einen läßt sich an einer besonders typischen Texttransformation von der ursprünglichen Tatortbeschreibung zur späteren KPMD-Meldung veranschaulichen, wie sehr der Sinn einer Meldung auf einer von Kontextwissen freien sprachlichen Darstellung des Tatortes beruht, und verdeutlichen, wie deren Gelingen von einer erfolgreich durchgeführten Tätertyp-Rekonstruktion abhängig ist. Zum anderen bietet sich der Fall deshalb zur Darstellung an, weil innerhalb eines kurzen Zeitraums sechs Mal in dieses Objekt eingebrochen wurde und damit sechs Spurentexte zur Beurteilung des Tätervorgehens als Ausgangsbasis für Ermittlungen vorliegen, so daß für die Fallrekonstruktion die Möglichkeit bestand, entsprechend unserem sequentiellen Vorgehen, zur Überbrückung von Textlücken angestellte Hypothesen an Hand der Informationen späterer Anzeigenaufnahmen zu prüfen. Sodann erlauben die zu einem der Fälle vorliegenden Zeugenaussagen die Erweiterung der Perspektive von der kriminalistischen Ausdeutung vorfindlicher Tatortgegebenheiten zur Interpretation von Beobachtungen und Aussagen. Darüberhinaus erwies sich der Fallkomplex auch als besonders typisch für eine charakteristische Art von Ermittlungshandeln, die wir nicht nur in der Dienststelle, die ihn bearbeitete, vorgefunden haben.
Die Analyse entstammt dem Projekt “Empirische Untersuchung der tatsächlichen Abläufe im Kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD) und der an der Zusammenführung beteiligten kriminalistischen Schlußprozesse — unter Berücksichtigung des Stellenwerts der EDV”, das Ulrich Oevermann, Erwin Leidinger und Jörg Tykwer, unter Mitarbeit von Andreas Simm und Thomas Störmer, im Auftrag des BKA von Dezember 1984 bis Mai 1987 durchführten. Es handelt sich um die durchgesehene und leicht gekürzte Fassung einer in dem Sonderband “Kriminalistische Datenerschließung. Zur Reform des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes” der BKA-Forschungsreihe, Wiesbaden 1994, als exemplarisch für die durchgeführten Fallrekonstruktionen aufgenommenen Fallstudie. Sie basiert auf fernschriftlichen KPMD-Meldungen, den Fallakten auf der lokalen Ermittlungsebene, dem Fernschreibverkehr mit zentralen Auswertungsstellen sowie auf Interviews mit den örtlichen Sachbearbeitern.
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© 1996 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Tykwer, J., Oevermann, U. (1996). Sinnrekonstruktive Auswertung von Spurentexten. In: Reichertz, J., Schröer, N. (eds) Qualitäten polizeilichen Handelns. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99357-1_9
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