Zusammenfassung
Der kulturanthropologische Funktionalismus von Malinowski und RadcliffeBrown verband die Methode funktionaler Analyse mit einer Reihe theoretischer Voraussetzungen, die Merton in seinem bekannten Versuch zur Kodifikation der funktionalen Analyse für die Soziologie einer eingehenden Kritik unterzog.493 Mertons Beitrag kann gelesen werden als Ablösung und Emanzipation der funktionalen Analyse zu einer empirischen Forschungsmethode, die Wege zur Theoriebildung weist, ohne sich vorschnell an bestimmte theoretische Voraussetzungen zu binden.494
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Literatur
Vgl. Merton 1957, S.19ff.
Drei theoretische Postulate sind es dabei vor allem, gegen die sich Mertons Kritik richtet (vgl. Merton 1957, S.25ff): Es sind dies die Postulate (a) der “funktionalen Einheitlichkeit der Gesellschaft”, (b) des “universalen Funktionalismus” und (c) der “funktionalen Unentbehrlichkeit”. Merton zeigt, daß es sich bei diesen Postulaten um ungerechtfertigte Dogmatisierungen empirisch falsifizierbarer Annahmen handelt, deren ungeprüfte Unterstellung den Blick des Forschers drastisch einschränkt. Miteinander verknüpft und konsequent zur Voraussetzung empirischer Forschung gemacht, sind die kritisierten Postulate geeignet, mit der Ausblendung möglicher Polyfunktionalitäten, Dysfunktionalitäten und funktionaler Äquivalenzen zentrale Gesichtspunkte funktionaler Analyse überhaupt zu verstellen.
Vgl. dazu u.a. Parsons 1975, Kap. II sowie Habermas 1981, Band 2, S.352ff.
Vgl. dazu Luhmann 1974, S.18ff; siehe auch 1990b, S.139.
Als Illustration zur Anwendung des Konzeptes der Problemstufenordnung vgl. unten, Abschn. 10.3 sowie Schneider 1991.
Oder, um eine neuere Formulierung für diesen Sachverhalt zu zitieren: “Mit Hilfe der Unterscheidung von Problem und Problemlösung wird sachliche Komplexität temporalisiert” vgl. 1990a, S.422.
Vgl. Luhmann 1974, S.23.
Vgl. Luhmann 1974, S.260.
Vgl. oben, Abschn. 3 und 4 sowie Popper 1981, S.198f.
Vgl. oben, Abschn. 4.3.1 sowie Popper 1984.
Vgl. Popper 1972, S.120.
Vgl. dazu auch die folgende metatheoretische Bemerkung Luhmanns (1984, S33): “Will man die Ergiebigkeit von Verallgemeinerungen kontrollieren, muß man die Begriffe der allgemeinsten Analyseebene, die man benutzt, nicht als Merkmalsbegriffe, sondern als Problembegriffe anlegen. Die allgemeine Systemtheorie fixiert dann nicht die in allen Systemen ausnahmslos vorzufindenden Wesenheiten. Sie wird vielmehr in der Sprache von Problemen und Problemlösungen formuliert, die zugleich begreiflich macht, daß es für bestimmte Probleme unterschiedliche, funktional äquivalente Problemlösungen geben kann.”
Vgl. Luhmann 1984, S.86: “Die eigentliche Theorieleistung, die den Einsatz funktionaler Analyse vorbereitet, liegt demnach in der Problemkonstruktion. Daraus ergibt sich der Zusammenhang von funktionaler Analyse und Systemtheorie.” Vgl. dazu auch Luhmann 1974, S.38ff.
Ich übernehme diesen Begriff von U. Oevermann (1981), ohne damit jedoch als sicher zu unterstellen, daß er in beiden Fällen völlig Identisches bezeichnet. Die Klärung der Frage, inwieweit hier Übereinstimmung besteht, würde eine separate Diskussion erfordern, die über den Rahmen dieser Arbeit hinausführt.
Vgl. dazu ausführlicher unten, Abschn. 10.3. — Zum Konzept der Strukturgeneralisierung im Rahmen einer “objektiven Hermeneutik” vgl. bes. Oevermann 1981 und 1983, S.273.
Allgemein zum Status dieser und ähnlich hoch generalisierter Problemformeln (auch “Bestandserhaltung” wird dazu gerechnet) als “Abschlußformeln für riesige Forschungsbereiche”, welche “nur die Einheit der Differenz von Theorie und Methode” symbolisieren, vgl. Luhmann 1990a, S.425.
Vgl. Collingwood 1957, S.23ff sowie oben, Abschn. 3.2.
Luhmann selbst notiert den engen Zusammenhang zwischen den Schemata Frage-Antwort und Problem-Problemlösung ausdrücklich, wenn er feststellt (1990a, S.422f): “Das Schema Problem/Problemlösung knüpft an die soziale (dialogische) Unterscheidung von Frage und Antwort an, wird aber (wie auch die ‘Dialektik’ im Laufe der Zeit von Ramus über Kant und Hegel bis Bachelard und Popper) de-sozialisiert.”
Z.B. “Kommst Du morgen?” — “Ja, ich komme!” — “Um wieviel Uhr wirst Du da sein?” — Die Frage nach der Zeit des Eintreffens, setzt voraus, daß der Befragte, wie in der vorherge-henden Antwortäußerung zugesichert, kommen wird.
Vgl. Collingwood 1957, S.21f.
Vgl. Toulmin 1983, S.100.
Zur logischen Struktur transzendentalpragmatischer Begründungen vgl. bes. Kuhlmann 1985, S.71ff. Zur Rekonstruktion transzendentaler Reflexion als Analyse nicht-empirischer Sinnbedingungen von Begriffen und Urteilen vgl. auch Schnädelbach 1977, S.108ff.
Ohne transzendentale Konnotationen, sondern mit Blick auf die Strukturierungsleistung von Problemen spricht Luhmann diesen Sachverhalt an, wenn er feststellt (1990a, S. 24): “Ein Problem funktioniert nur, wenn es die Zahl möglicher Lösungen limitieren kann, und es funktioniert schlecht (Beispiel: das berüchtigte Problem der Bestandserhaltung), wenn die Zahl der Problemlösungen zu groß ist. Ein Problem, kann man daher auch sagen, erscheint nur, wenn es zugleich Beiträge zu einem Plan für die Lösung des Problems mitführt, also Beschränkungen für das enthält, was als ‘Lösung’ zugeordnet und akzeptiert werden kann.”
Vgl. Luhmann 1971, S.302, Fußn.16.
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Schneider, W.L. (1991). Funktionale Analyse als rekursive Anwendung der Figur von Problem und Problemlösung. In: Objektives Verstehen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99355-7_9
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