Zusammenfassung
In diesem und dem folgenden Kapitel geht es um die Übersetzung der vorgestellten Konzeption Politischer Kultur in ein Design zur Analyse eines konkreten Gegenstandes, hier der politischen Deutungskultur Weimars. Um den Status der einzelnen Operationalisierungsschritte zu verdeutlichen, soll zunächst ein Einblick in den Produktionsprozeß der Studie gegeben werden:
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Formulierung des Ansatzes. In diesem ersten Schritt wurde die Eingangs-these, derzufolge in der Weimarer Republik unter den Vorzeichen von Kriegs-niederlage, Systemwechsel und Modernisierungskrisen die traditionelle Segmentierung der politischen Kultur Deutschlands sich prekär zuspitzt und den gesellschaftlich gültigen Bereich des politisch Selbstverständlichen aufzehrt, formuliert und begründet. Diese These wird durch die Realgeschichte der Weimarer Republik sowie durch eine Vielzahl von Dokumenten etwa der zeitgenös-sischen Literatur1 induziert und gewinnt durch eine Vielzahl von Erkenntnissen der Weimar-Forschung in verschiedenen Disziplinen Plausibilität. Um nur einige Beispiele zu nennen:2 Hinweise auf den Verlust eines referentiellen Codes in der politischen Kultur Weimars unter den Vorzeichen tiefgreifender Verunsicherungen geben außer der historischen Forschung selber en detail etwa die Ideen- und Ideologiegeschichte3, die Literaturwissenschaft4 sowie Arbeiten zu kulturellen Entwicklungen der Weimarer Republiks5.
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Literature
Erinnert sei an die großen Zeitporträts wie Döblins ’Berlin Alexanderplatz’, Feuchtwangers ’Erfolg’ (Erster Band der ’Wartesaal’-Trilogie), Manès Sperbers ’Wie eine Träne im Ozean’, an die weniger populären Weimar-Romane Oskar-Maria Grafs oder an die literarischen Versuche der Verarbeitung des Weltkrieges bei bspw. Arnold Zweig (’Erziehung vor Verdun’), Erich-Maria Remarque (’Im Westen nichts Neues’), Ernst Toller (’Die Wandlung’) oder Ernst Jünger (’In Stahlgewittern’, ’Kriegstagebücher’) u.a. Die erzählende Literatur der Weimarer Republik — mehr noch selbstverständlich die retrospektive Verarbeitung des Scheiterns der Republik, die Gegenstand eines Gutteils der Exilliteratur ist — ist häufig politische Literatur, die der synoptischen Betrachtung ein umfassendes Bild der disparaten Deutungswelten der Zeit bietet.
Übergreifend: John Willet, 1978: The New Sobriety. Art and Politics in the Weimar Period 1917–1933, London (deutsch: Explosion der Mitte. Kunst und Politik 1917–1933, Müchen, 1981).
Vgl. z.B. Karl Dietrich Bracher, 1982: Zeit der Ideologien. Eine Geschichte politischen Denkens im 20. Jahrhundert, Stuttgart; Kurt Sontheimer
Vgl. z.B. Karl Dietrich Bracher, 1968: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933, München, 2. Aufl. der Taschenbuchausgabe, 1983,
Helmuth Plessner, 1959: Die verspätete Nation. Über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes (zuerst erschienen 1935 unter dem Titel “Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche”), Frankfurt/M., 1. Aufl. der Taschenbuchausgabe 1974;
Georg Lucàcs, 1962: Die Zerstörung der Vernunft (3 Bände), Darmstadt und Neuwied, Taschenbuchausgabe 1974. Hinzuweisen ist außerdem auf Auseinandersetzungen mit der Staatslehre der Weimarer Republik;
vgl. z.B. Wolfram Bauer, 1968: Wertrelativismus und Wertbestimmtheit im Kampf um die Weimarer Demokratie. Zum Methodenstreit der Staatsrechtslehrer und seiner Bedeutung fir die Politologie, Berlin;
Christoph Müller/Ilse Staff (Hg.), 1985: Staatslehre in der Weimarer Republik. Hermann Heller zu ehren, Frankfurt/M.
Stellvertretend sei eine Studie über die in diesem Zusammenhang hochrelevante Kriegsliteratur genannt: Hans-Harald Müller, 1986: Der Krieg und die Schriftsteller. Der Kriegsroman der Weimarer Republik, Stuttgart.
Bspw. Peter Gay, 1969: The Outsider as Insider,
Bspw. Peter Gay, 1969: New York 1968 deutsch: Die Republik der Außenseiter. Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918–1933, Taschenbuchausgabe 1987;
Walter Laqueur, 1977: Weimar. Die Kultur der Republik, Frankfurt/M., Berlin, Wien.
Es handelt sich um das Konzept der sozial-moralischen Milieus (Lepsius) und um das des political confessionalism (Burnham). Genaueres siehe unter 2.1.2 Taxonomie der politischen Kultur Weimars.
Hier ist die Stelle im Untersuchungsprozeß, an der die Entscheidung darüber fällt, worauf das Untersuchungsmaterial denn eigentlich befragt wird; vergleichbar etwa der Herleitung und Erstellung eines Fragebogens in der Umfrageforschung.
Die Zeitspanne, die die Weimarer Demokratie Bestand hatte, war kürzer als die Kanzlerschaft Adenauers — und zumindest dieser Vergleich stimmt, gleich, ob man die Weimarer Republik retrospektiv mit der Notverordnungspolitik Brünings, den Präsidialkabinetten Papens oder Schleichers, oder erst mit der Inthronisierung Hitlers für gescheitert erklärt.
Vgl. Hans Ulrich Wehler, 1973: Das Deutsche Kaiserreich 1871–1918 (Deutsche Geschichte, hrsg. von Joachim Leuschner, Band 9), Göttingen,
sowie M. Rainer, Lepsius, 1966: Parteiensystem und Sozialstruktur: zum Problem der Demokratisierung der deutschen Gesellschaft, in: Wilhelm Abel u.a. (Hg.), 1966: Wirtschaft, Geschichte und Wirtschaftsgeschichte, Stuttgart, S. 371–393 (Neuabdruck in: Gerhard A. Ritter (Hg.), 1973: Deutsche Parteien vor 1918, Köln, S. 56–80).
Wehler, 1973: a.a.O., S. 96.
Ebd. S. 79.
Lepsius, 1966: a.a.O., S. 383.
Wehler, 1973: a.a.O.. S. 96,
in Anlehnung an W. Sauer, 1965: Die politische Geschichte der deutschen Armee und das Problem des Militarismus, in: PVS 6.
Vgl. dazu Hans Rosenberg, 1967: Große Depression und Bismarckzeit. Wirtschaftsablauf, Gesellschaft und Politik in Mitteleuropa, Berlin, S. 88 ff.
Vgl. dazu die Darstellung Peter Reichels in: Ders. 1981: a.a.O., sowie aus mentalitätsgeschichtlicher
Perspektive Martin Doerry, 1986: Übergangsmenschen. Die Mentalität der Wilhelminer und die Krise des Kaiserreichs (2 Bände), Weinheim und München.
Plessner, 1959: a.a.O., S. 43.
Diese Unklarheit findet in einigen der Ereignisse des 9. November 1918 einen geradezu symbolischen Ausdruck: Zunächst mußte der prinzliche Kanzler Max von Baden den “von Legalitätsskrupeln” geplagten Friedrich Ebert zur Übernahme der Kanzlerschaft drängen; und später am Tage wurde die Republik, mal als demokratische, mal als sozialistische, von mehr als nur einem Berliner Fenster bzw. Balkon aus proklamiert [vgl. Hagen Schulze, 1982: Weimar. Deutschland 1917–1933 (Die Deutschen und ihre Nation; Band 4), Berlin 2. Aufl. 1983, S. 160 ff].
Detlef Lehnert/Klaus Megerle 1989a: Politische Identität und nationale Gedenktage, in: Dies. 1989; a.a.O., S. 9–30, hier: S. 15 f.; vgl. dazu ausführlich Lepsius, 1966: a.a.O., sowie Wehler, 1973: a.a.O., Abschnitt III.2., S. 78–105.
Womit die Forderung erhoben ist, diese Dimensionen als einen Strukturzusammenhang auch ernst zu nehmen (unbeschadet der Möglichkeit, respektive forschungspraktischen Notwendig-keit, je eine oder einige davon in den Mittelpunkt einer Untersuchung zu stellen), und sie nicht gegeneinander auszuspielen. Damit bewege ich mich im Widerspruch zu Elkins und Simeon, die die strikte Trennung von strukturellen und kulturellen Erklärungen fordern und letztere nur dann gelten lassen wollen, wenn strukturell hinreichend ähnliche Kollektive signifikant unter-schiedliche politische Vorstellungen pflegen (vgl. dies. 1979: a.a.O., S. 135 f.). Damit wird ein “hartes” hypothesentestendes Verfahren privilegiert, das allerdings das Verhältnis von Struktur und Kultur systematisch ausblendet.
Vgl. W.D. Burnham, 1972: Political Immunization and Political Confessionalism: The United States and Weimar Germany, in: Journal of Interdisciplinary History 3, S. 1–30.
Vgl. Seymour M. Lipset/Stein Rokkan, 1967a: Cleavage Structures, Party Systems, and Voter Alignments: An Introduction, in: dies. (Hg.), 1967: Party Systems and Voter Alignments: Cross-National Perspectives, New York, London, S. 1–64. Auf deutsche Verhältnisse angewandt wurde das Konzept von Franz U. Pappi
Vgl. Seymour M. Lipset/Stein Rokkan,(vgl. z.B. ders. 1977: Sozialstruktur, gesellschaftliche Wertorientierungen und Wahlabsicht. Ergebnisse eines Zeitvergleichs des deutschen Elektorats 1953 und 1976, in: PVS 18, Heft 2/3, S. 195–229.
Lepsius, 1966: a.a.O., S. 383.
Metaphorisch kann der Prozeß der Ausdifferenzierung politischer Subkulturen als eine Art Baum abgebildet werden, wo sich aus den Wurzeln gemeinsamer Kultur heraus eine — nach oben hin wachsende — Anzahl von Linien entwickelt, wobei die “Astknoten” als politische Schlüsselerfahrungen begriffen werden können, die innerhalb einer bis dahin gemeinsamen Linie eine heterodoxe Deutung evoziert. D.h., Darstellungen von Formationen politischer Subkulturen fixieren diese immer nur auf bestimmten Differenzierungsniveaus und damit in Abhängigkeit von der Wahl der Analyseebenen. Fragt man etwa nach den Deutungsmustern für den Verlauf der Geschichte, so wird man bspw. bei Sozialdemokraten und Liberalen gleichermaßen auf eine Vorstellung von deren Prozeßhaftigkeit und Fortschrittsorientierung stoßen. Fragt man dagegen auf einer spezifizierteren Ebene nach den Vorstellungen von den Aufgaben des Staates, so wird sich im einen Fall das Bild eines sozial absichernden, im anderen Fall das eines in seinem Wirken sehr viel beschränkteren rechtssichernden Staates ergeben.
Lepsius, 1966: a.a.O., S. 377.
Ebd., S. 383.
Arthur Rosenberg, 1961: Entstehung und Geschichte der Weimarer Republik, Frankfurt/M., Taschenbuchausgabe 1983, S. 47 f.
Vgl. ebd., S. 67 ff.
Vgl. Eberhard Kolb, 1984: Die Weimarer Republik (Oldenbourg-Grundriß der Geschichte, hrsg. von Jochen Bleichen, Bd.16), München, Wien, S. 153 ff.
Hans Kelsen, 1924: Marx oder Lasalle. Wandlungen in der politischen Theorie des Marxismus, Leipzig.
Detlef Lehnert, 1989: “Staatspartei der Republik” oder “revolutionäre Refomisten”? Die Sozialdemokraten, in: Lehnert/Megerle, 1989: a.a.O., S. 89–114.
Vgl.Kolb, 1983: a.a.O., S. 10 f.
Vgl. Manfred Gailus, 1989: “Seid bereit zum Roten Oktober in Deutschland” Die Kommunisten, in: Lehnert/Megerle, 1989: a.a.O., S. 61–88, hier: S. 61.
Zwar war das Reichsbanner eine gemeinsame Gründung der Parteien der Weimarer Koalition SPD, DDP und Zentrum, in seiner Mitgliederschaft aber eine weitestgehend sozialdemokratische Angelegenheit.
Vgl.Lehnert 1989: a.a.O., S. 90.
Siehe zu den vielfältigen organisatorischen Ausprägungen der sozialdemokratischen Arbeiterkulturbewegung: Wilfried van der Will/Rob Burns, 1982: Arbeiterkulturbewegung in der Weimarer Republik, 2 Bände, Frankfurt/M., Berlin, Wien.
Dies betrifft v.a. die Funktionärskader, die die Distanz zwischen den Milieus so groß wie möglich machen mußten, um ihre Gefolgschaft einen der ähnlichen Sozialstruktur wegen immer denkbaren Milieuwechsel zu erschweren. An der Basis dagegen dürfte aufgrund des gemeinsamen lebensweltlichen Kontextes der Haß sehr viel weniger flammend gewesen sein.
Vgl. dazu: Georg Kotowski, 1989: Auf dem Boden der gegebenen vollendeten Tatsachen! Der politische Katholizismus, in: Lehnert/Megerle 1989: a.a.O., S. 159–180.
So z.B. “katholische Gewerkschaften, Handwerkerbünde, Akademikervereine etc.” (Rainer M. Lepsius, 1966: Extremer Nationalismus. Strukturbedingungen der nationalsozialistischen Machtergreifung, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz, S. 33).
Lepsius, 1966: a.a.O., S. 33 f.
Kotowski, 1989: a.a.O., S. 179.
vgl. Elfi Bendikat, 1989: “Wir müssen Demokraten sein.” Der Gesinnungsliberalismus, in:Lehnert/Megerle 1989: a.a.O., S. 139–158.
Vgl. Klaus Megerle, 1989: Aus dem Gefiihl der Defensive erwächst keine Führung. Gesellschaftliche Elitengruppen am Beispiel der Industriellen, in:Lehnert/Megerle, 1989: a.a.O., S. 207–230.
Schulze, 1982: a.a.O., S. 276.
Vgl dazu für die Zeit der Weimarer Republik die Abhandlung von Kurt Sontheimer,1968: a.a.O.,
sowie für die Zeit seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Fritz Stern, 1963: Kulturpes-simismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland, München, Taschenbuchausgabe 1986.
Vgl. Jürgen Bergmann, 1989: “Das Land steht rechts!” Das “agrarische Milieu”, in: Lehnert/Megerle,1989: a.a.O., S. 81–206.
Wehler, 1973: a.a.O., S. 85.
In Anlehnung an Klaus Theweleit, der den Begriff des soldatischen Mannes als Terminus für eine auf charakteristische Weise defizitäre psychische Struktur eingeführt hat, die er anhand einer Analyse autobiographischen Materials früherer Freikorps-Offiziere herausarbeitet. Vgl. Klaus Theweleit, 1980: Männerphantasien. Bd. 1: Frauen, Fluten, Körper, Geschichte; Bd.2: Männerkörper — Zur Psychoanalyse des weißen Terrors, Reinbek.
Lepsius, 1966: a.a.O., S. 381.
Vgl. Werner Maser, 1981: Der Sturm auf die Republik. Frühgeschichte der NSDAP, Frankfurt/M., Berlin, Wien, S. 284–288.
Vgl. Gerhard Paul, 1989: Der Sturm auf die Republik und der Mythos vom “Dritten Reich” Die Nationalsozialisten, in: Lehnert/Megerle 1989: a.a.O., S. 255–280, hier: S. 255 f.
Vgl. Falter, 1989: a.a.O., S. 297 ff.
Ebd., S. 291.
Zumindest für einen ersten Überblick über das Feld scheint mir die Variable “Region” hinter andere zurücktreten zu müssen, trotzdem unter Bedingungen extremer Abweichung regionale Besonderheiten freilich erhebliches Gewicht haben können (z.B. blieb die Erfahrung der Niederschlagung der Münchner Räterepublik auf das politische Deuten in Bayern sicher nicht ohne Auswirkungen). Gleichwohl wird diese Arbeit nichts zur Beseitigung jener “Unklarheit über die möglicherweise gleichermaßen nach ihren Teilkulturen vertikal und nach Regionen horizontal untergliederte Politische Kultur der Weimarer Republik” (Hennig, 1987: a.a.O., S. 97) beitragen können.
Dieser Weg führt direkter und zuverlässiger als der von Rohe vorgeschlagene, demzufolge politische Kulturforschung in etwa die gleichen Fragen zu stellen habe wie die politische Theorie (vgl. ders. 1987, a.a.O., S. 40), zu etwa den gleichen Resultaten, insofern politische Theorie in ihren Fragestellungen ja ebenfalls an tatsächliche Problemlagen gebunden ist — oder es zumindest sein sollte. Der Vorschlag, sich nicht auf deren Fragen, sondern auf die der politischen Praxis selber zu stützen, hat allerdings den Vorzug, sich nicht auf die Problemerkennungskapazität einer benachbarten Teildisziplin verlassen zu müssen.
Solche Regelverstöße lassen sich exemplarisch im Bereich der politischen Rhetorik anhand mißglückter Metaphern und Vergleiche studieren — was in der Tat ein interessantes Forschungsfeld wäre. Der von H. Kohl aufgemachte Vergleich zwischen Goebbels und Gorbatschow wurde in weitesten Teilen der Öffentlichkeit als anstößig oder — umgangssprachlich, aber sehr treffend — “daneben” empfunden, weil die zwar unbestimmten, aber überreich vorhandenen Determinationen des Symbolisierenden “Goebbels” sich nicht in der durch die analogische Formulierung “Gorbatschow ist ein Propagandist: Goebbels war auch ein Propagandist:: (unausgesprochene Conclusio:) Gorbatschow ist wie Goebbels” nahegelegten analogieschluß-logischen Weise mit dem Bedeutungsfeld um den Sympathie- und Hoffnungsträger Gorbatschow in Deckung bringen ließen. Sehr viel geschickter verfuhr kurze Zeit später Willy Brandt, der ebenfalls Goebbels als Symbolisierendes — für Heiner Geissler — einsetzte, aber ausdrücklich den personalen Vergleich mied und stattdessen mit der Formulierung “Geissler ist der schlimmste Hetzer seit Goebbels” über die zeitliche Abfolge eine Rangfolge anbot.
Vgl. Ernst Bloch, 1935: Erbschaft dieser Zeit, Frankfurt/M. 1985, dort das Kapitel “Zusammenfassender Übergang”, S. 104 ff. und passim.
Eine genaue Beschreibung der Analyseinhalte liefert die Dokumentation des inhaltsanalytischen Kategorienschemas in Anhang B.1.
Die Materialstichprobe, an der sukzessive das Kategorienschema der Inhaltsanalyse entwickelt und erprobt wurde, bestand aus den Texten der Jahrgänge 1921, 1928 und 1931 des Textsamples (vgl. Anhang A 1).
Reinhardt Koselleck, 1977: ’Neuzeit’. Zur Semantik moderner Bewegungsbegriffe, in: ders. 1979: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt/M., 1. Aufl., S. 300–348, hier: S. 330 f. (das Zitat bezieht sich auf Begriffsbildungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts als der Zeit der Entstehung des transitorischen Bewußtseins im Zuge der Spätaufklärung).
Detlev J.K. Peukert, 1987: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne, Frankfurt/M., 1. Aufl., S. 266.
Vgl.Koselleck, 1979: a.a.O.
Plessner, 1959: a.a.O., S. 98.
Jürgen Habermas, 1985a: Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen, Frankfurt/M., 3. Aufl. 1986, S. 16 (Hervorhebung im Original).
Habermas, 1981: a.a.O., Band 1, S. 78.
Gerhard Plumpe, 1978: Alfred Schuler. Chaos und Neubeginn. Zur Funktion des Mythos in der Moderne, Berlin, S. 27. Als Ursprungsmythos im von Plumpe angesprochenen Sinn figuriert bspw. innerhalb der politischen Kultur der Bundesrepublik die sogenannte ’Stunde Null’ des 8. Mai 1945, in dem sich das allgemeine Schema ihres symbolischen Verhältnisses zum Nationalsozialismus objektiviert, das keine Brücke zwischen diesem und jenem Staat duldet und das auf dieser symbolischen Ebene sämtlichen Kontinuitätslinien kappen mußte, um die strukturelle Kontinuität — bspw. der gesellschaftlichen Eliten — erträglich zu gestalten.
Link, 1978: a.a.O., S. 45.
Dies schwingt etwa mit, wenn im allgemeinen Sprachgebrauch Kriege ’ausbrechen’, als stünde es in ihrer eigenen Macht, dies zu tun oder zu lassen.
Habermas, 1985a: a.a.O., S. 22 (Hervorhebung im Original).
Vgl. umfassend zur apokalyptischen Geschichtsdeutung: Klaus Vondung, 1988: Die Apokalypse in Deutschland, München.
Gleichwohl ist die Gattung der später apokalyptisch genannten Texte älter. Vgl. etwa im Alten Testament das Buch Daniel.
Vondung, 1988: a.a.O. S. 76.
Ein solches Zeitenwendebewußtsein findet sich auch in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, als in der Literatur Begriffe wie “Niemandsland”, “Quarantäne” und “Wartesaal”, im Alltagsbewußtsein der Exkulpationstopos “Stunde Null” als Kollektivsymbole figurieren.
Jürgen Habermas, 1971: Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der kommunikativen Korpetenz, in: Jürgen Habermas/Niklas Luhmann, 1971: Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie — Was leistet die Systemforschung? Frankfurt/M., 1. Aufl. S. 101–141, hier: S. 137.
Zitiert nach: Verfassung und Recht, in: Der Vorwärts Nr. 375/1921, 11.8.
Reinhart Koselleck, 1975: Zur historisch-politischen Semantik asymmetrischer Gegenbegriffe, in: ders. 1979: a.a.O., S. 211–259. Koselleck untersucht hier die sematische Struktur dreier Klassifikationspaare von universalem Anspruch: Hellenen — Barbaren, Christen — Heiden, Mensch — Unmensch.
Allerdings sind die Pole nicht immer eindeutig. So kann etwa der Tugend der Ehrenhaftigkeit sowohl die Untugend der Ehrlosigkeit (etwa als moralische Verkommenheit) oder des Verbrechertums entgegengestellt werden.
Vgl. Hans Maier, 1966: Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, München, Taschenbuchausgabe 1986.
Vgl. Weber, 1922a: a.a.O., S. 822.
Ilse Staff, 1985: Staatslehre in der Weimarer Republik, in: Christoph Müller/Ilse Staff (Hg.), 1985: Staatslehre in der Weimarer Republik. Hermann Heller zu ehren. Frankfurt/M., 1. Aufl., S. 7–23, hier: S. 9.
Carl Schmitt, 1926: Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, Berlin, 3. Aufl. 1961, S. 23.
Vgl. Jürgen Meinck, 1978: Weimarer Staatslehre und Nationalsozialismus. Eine Studie zum Problem der Kontinuität im staatsrechtlichen Denken in Deutschland 1928 bis 1936, Frankfurt/M., New York, S. 21.
Schmitt, 1926: a.a.O., S. 21.
Max Weber, 1921: Soziologische Grundbegriffe, in: ders. 1922: a.a.O., S. 541–581, hier: S. 580.
Hermann Heller 1934: Staatslehre (in der Bearbeitung von Gerhart Niemeyer; 1934 erschienen in Leiden, Niederlande), Tübingen, 6. rev. Aufl., S. 256.
Ebd.
Ebd., S. 252.
Ebd. (Hervorhebung D.S.).
Staff, 1985: a.a.O., S. 14.
Ebd.
Habermas, 1976a: a.a.O., S. 278.
W.I. Lenin, 1917: Staat und Revolution. Die Lehre des Marxismus vom Staat und die Aufgaben des Proletariats in der Revolution, in: ders., Ausgewählte Schriften, Moskau 1984, S. 286–382, hier. S. 290.
“Sind Öffentlichkeit und Diskussion in der tatsächlichen Wirklichkeit des parlamentarischen Betriebes zu einer leeren nichtigen Formalität geworden, so hat auch das Parlament, wie es sich im 19. Jahrhundert entwickelt hat, seine bisherige Grundlage und seinen Sinn verloren.” (Schmitt, 1926: a.a.O., S. 63).
Pasquale Pasquino, 1985: Politische Einheit, Demokratie und Pluralismus. Bemerkungen zu Carl Schmitt Hermann Heller und Ernst Fraenkel, in: Müller/Staff, 1985: a.a.O., S. 114–127, hier: S. 118.
Vgl. Schmitt, 1926: a.a.O., S. 22.
Dessen gewissermaßen philosophisch rationalisierte Form kann man, wie Hermann Heller herausgearbeitet hat, auch im Hegelschen Begriff des “Volksgeistes” (ebenso wie in den präromantischen “Volksgeistern” Herders) und der organologischen Deutung des Staates wiederfinden — dies als Hinweis darauf, daß es hierbei wiederum nicht um eine weimarische Besonderheit, sondern um eine lange deutsche Tradition geht, von der noch ausführlicher zu sprechen sein wird (vgl. Hermann Heller, 1921: Hegel und der nationale Machtstaatsgedanke in Deutschland. Ein Beitrag zur politischen Geistesgeschichte, Leipzig, Berlin, S. 69 ff. und passim).
Plessner, 1959: a.a.O., S. 61.
Ebd. S. 64.
Was für den weiteren Gang der Untersuchung wichtig ist: Weil nicht nur abstrakte Staatsvorstellungen untersucht, sondern auch die Ergebnisse ihrer taxierenden Anwendung auf den konkreten Staat Weimarer Republik verfolgt werden sollten, geht jedes der in der Übersicht zusammengestellten Elemente des Eigenschaftsraumes Staat dreifach als Kategorie in die Inhaltsanalyse ein: als Staatsvorstellung für sich, als Eigenschaft, die die Republik auszeichnet (also ein positives Resultat des Vergleichs von Staatsvorstellung und Staatswirklichkeit) bzw. als Eigenschaft, die der Republik fehlt.
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Schirmer, D. (1992). Analyse der politischen Deutungskultur Weimars: Eingangsthesen und Ansatz. In: Mythos — Heilshoffnung — Modernität. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 114. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99354-0_3
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