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Theoriediskussion

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Book cover Klasse und Geschlecht 1

Part of the book series: Reihe „Sozialstrukturanalyse“ ((SSA,volume 10))

  • 116 Accesses

Zusammenfassung

Die Theoriediskussion um Konzepte der Klassenanalyse, Sozialstruktur- und Ungleichheitsforschung in der Bundesrepublik hat in den letzten 15 Jahren eine Entwicklung genommen, die mit der Schwerpunktverlagerung von Klassen und Schichten über deren Verabschiedung zugunsten von Lagen und Milieus bis hin zu integrierenden, sowohl vertikale als auch horizontale Ungleichheitsstrukturen berücksichtigenden Forschungsansätzen zu beschreiben ist. Es gibt inzwischen elaborierte Konzepte (oder Vorschläge) sowohl von Seiten der nicht-marxistischen Theorietradition, die den Anforderungen nach hinreichender Differenzierung von Sozialstrukturanalyse aufgrund von Mehroder „Multidimensionalität“ sozialer Ungleichheit gerecht zu werden versprechen, als auch von Seiten der marxistischen Theorietradition, die sich um die Überschreitung der Grenzen traditioneller Klassenanalyse und -theorie und deren differenzierte Weiterentwicklung bemühen.

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Literatur

  1. Zu diesen Ausnahmen gehören Herkommer 1983; Ritsert 1987; Teschner 1989.

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  2. Rainer Geißler bestreitet das Zutreffen dieses Effekts empirisch am Beispiel der Bildungschancen: „... die Kinder aus den benachteiligten Schichten haben den Fahrstuhl nach oben in der Regel nicht erwischt ... Die generalisierende Fahrstuhl-Metapher übersieht die schichtspezifischen Abstufungen der Aufwärtsbewegung.“ (1996, 327)

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  3. Für den Zeitraum Mitte bis Ende der achtziger Jahre, der hier angesprochen ist, kamen solche kritischen Impulse eher aus dem angloamerikanischen Sprachraum, insbesondere aus der in England zu dieser Zeit geführten Gender and Class-Debatte (Crompton/Mann 1986); mit wenigen Vorläufern (Rerrich 1990) nahm die Frauenforschung in der Bundesrepublik erst ab Anfang der neunziger Jahre die Debatte um soziale Ungleichheit und Geschlecht auf (s. Einleitung dieser Studie). Die englische Debatte als erste rezipiert haben im deutschen Sprachraum neben Reinhard Kreckel (1989) zeitgleich Eva Cyba und Andreas Balog (1989; 1990). Ihr Hauptaugenmerk galt zunächst der Frage, ob Geschlechterungleichheit mit klassentheoretischen Ansätzen zu erklären sei; kritisch setzten sie sich mit den sogenannten neuen sozialen Ungleichheiten auseinander, wonach „Geschlecht“ als eine „Dimension“ betrachtet wird, statt es als irreduzible, d.h. nicht auf andere Ursachen zurückführbare Ursache sozialer Ungleichheit anzusehen. Eva Cyba hat sich dann verstärkt mit der Theorie sozialer Schließung von Max Weber, weiterentwickelt von Parkin, auseinandergesetzt, um Frauendiskriminierung und Geschlechterungleichheit zu erklären (Cyba 1993, 1995).

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  4. Reinhard Kreckel (1989, 1992) kommt das Verdienst zu, als erster die bis dahin nicht ins Deutsche übersetzte Gender and Class-Debatte rezipiert und damit zugleich die Aufnahme dieses Diskurses auch in der Bundesrepublik empfohlen zu haben. In gewisser Weise sind wir seiner Empfehlung in Gestalt einer gemeinsamen Tagung der Sektionen „Soziale Ungleichheit/Sozialstrukturanalyse“ und „Frauenforschung“ in der DGS, die von Stefan Hradil angeregt und von uns organisiert und realisiert wurde, unter dem Titel „Soziale Ungleichheit und Geschlechterverhältnis“ in Köln, Juni 1992, nachgekommen (s. Frerichs/Steinrücke 1993).

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  5. Mayer/Blossfeld (1990) werden „stellvertretend für andere“ genannt, die das Fortbestehen „alter“ sozialer Ungleichheit konstatieren. Die Autoren hatten im Rahmen einer großangelegten Kohortenanalyse u.a. festgestellt, daß die soziale Herkunft nach wie vor entscheidend die Lebenschancen prägt und daß die Klassentrennung (zwischen Arbeiterund unterer Mittelschicht verlaufend) für Frauen noch rigider sei als für Männer.

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  6. Während wir die konzeptionellen Überlegungen, die Birgit Geissler anstellt, nicht teilen können, u.a. weil sie sich unseres Erachtens vorschnell vom Gedanken und vor allem von der Realität vertikaler Strukturierung verabschiedet, sind ihre Überlegungen zur „Aufhebung“ des „askriptiven Merkmals. Geschlecht“ erhellend. Sie schlägt vor, Geschlecht als etwas zu „Erwerbendes“ zu begreifen, denn Askription sei soziale Konstruktion. Damit betreibt sie quasi eine Dekonstruktion von Geschlecht (Wetterer/Gildemeister 1992) zugunsten eines „sozial konstituierten Merkmals“. (Geissler 1994, 557)

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  7. Folglich auch all diejenigen, die sich auf diese modernen „Klassiker“ der Klassenanalyse berufen. Zumindest für Zeuner (1995) ist Ausbeutung konstitutiv für das Klassenverhältnis. Erbslöh u.a. (1990, 200) mildern Wrights Ausbeutungsmodell dahingehend ab, daß sie von einem „Modell mehrdimensionaler Handlungsressourcen“ sprechen.

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  8. Respektive umgekehrt, daß „das soziale Feld als mehrdimensionaler Raum von Positionen“ (Bourdieu 1985, 11) zu beschreiben ist. Zu den Bourdieuschen Begriffen „Raum“ und „Feld“ s. Krais 1989, 55ff.

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  9. Herkommer kritisiert (zuletzt 1996) immer wieder Bourdieus Ausweitung des Kapitalbegriffs, mit dem die Zurückführung von Kapital (im Marxschen Sinne) auf gesellschaftliche Arbeit verlustig gehe und Kapital nicht mehr als gesellschaftliches Verhältnis, das auf Ausbeutung beruht, gefaßt werden kann. Außerdem befördere der erweiterte Kapitalbegriff eine „Relativierung des Ökonomischen“, statt von der Totalität der ökonomischen Verhältnisse auszugehen (1996, 19f.). Diese Kritik übersieht, daß Bourdieu (1983, 183) jegliche Form von Kapital, ob ökonomisches, kulturelles, soziales oder symbolisches, ob in objektivierter materieller oder in inkorporierter Form, als geronnene Arbeit faßt („Kapital ist akkumulierte Arbeit“), deren Akkumulation im Unterschied zum Roulett „Zeit braucht“; und das Verfügen über Zeit für diese Arbeit geht auf eine Verteilungsstruktur der Gesellschaft zurück, die ungleich ist. Viel inkorporiertes Bildungskapital beispielsweise beruht letztendlich auf der indirekten Ausbeutung derer, die weniger Zeit für die Akkumulation von Bildung als Kapital und die dafür notwendige Freistellung von gesellschaftlicher Arbeit im Moratorium zur Verfügung hatten. So wie die griechische Polis auf der Ausbeutung der Sklaven beruhte, durchwelche die Bürger von materieller Reproduktionsarbeit befreit waren, so basieren soziale Ungleichheiten in modernen, kapitalistischen Gesellschaften auf einer gesamtgesellschaftlichen Arbeitsteilung und darüber vermittelten, indirekten Ausbeutung derjenigen, die über weniger oder kein „Kapital“ verfügen.

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  10. Klaus Eder (1989a, 26f.) veranschaulicht diese Verschiebung der Differenz auf die Bedeutungsebene sehr schön am Beispiel des Zusammenhangs von sozialer Schicht und Reisessen sowie der klassenspezifisch unterschiedlichen Bedeutung der Religion. — Für die neuere Schichtungstheorie hat Rainer Geißler (1996, 333) in diesem Sinne auf die gestiegene „Latenz“ von Schichtunterschieden hingewiesen.

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  11. Hier wird nur die Studie über Westdeutschland berücksichtigt (Vester u.a. 1993). Darüberhinaus haben Vester/Hoffmann/Zierke (1995) auch die Sozialstruktur und Wandlungstendenzen in Ostdeutschland untersucht.

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  12. Solche Öffnungstendenzen in Richtung „Kultur“ sind bei der neueren Schichtungsforschung nicht festzustellen. Obwohl der Kritik von Rainer Geißler (1996) an bestimmten Tendenzen der neueren Ungleichheitsforschung, insbesondere am Verlust von Sozialkritik aufgrund der Überbetonung von kultursoziologischen Aspekten, im großen und ganzen zuzustimmen ist, greift diese in einem Punkt doch zu kurz: Geißler muß sich den Vorwurf gefallen lassen, die Ebene des Kulturell-Symbolischen sträflich zu vernachlässigen. Obwohl er „Bildung“ zu Recht als nach wie vor zentral wichtiges Feld der Chancenzuweisung problematisiert (wie auch Bolder/Rodax (Hrsg.) 1987; Mayer/Blossfeld 1990; Rodax 1995), begibt er sich der Möglichkeit, die symbolische Dimension sozialer Auseinandersetzungen nicht nur als eine Erklärung für das Beharrungsvermögen strukturierter sozialer Ungleichheit und deren gesamtgesellschaftliche Reproduktion zu berücksichtigen, sondern „Kultur“ auch als konstitutiv für soziale Ungleichheit anzusehen.

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  13. Siehe Herkommer 1983, 1984,1991. Die Arbeit an der Weiterentwicklung der Klassentheorie und an ihrer Öffnung für Aspekte, die in der neueren Ungleichheitsforschung thematisiert werden, läßt sich an Herkommers Publikationen etwa zu den Themen „Individualisierung und Klassenverhältnis“ (1991a), „Klasse, Geschlecht, Individualität“ (Herkommer/Mühlhaus 1992), „Subjektivierung der Arbeit“ (1991b), „Klassen und Lebensstile“ (1992) ablesen.

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  14. Als „Schwächen“ der Bourdieuschen Klassentheorie kritisiert er insbesondere die Ausweitung des Kapitalbegriffs auf einen beliebigen Ressourcenbegriff und die gleichzeitige Verengung desselben auf die Sphären der Distribution und Zirkulation, wohingegen die Sphären der Produktion und Arbeit ausgeblendet seien. Außerdem kritisiert er eine „Relativierung des Ökonomischen“ und eine zu starke Gewichtung der sozialen Relationen auf Kosten der Inhalte (wie beispielsweise Verbesserung der Lebensqualität auch unter Arbeiterinnen und Arbeitern) (19f. ).

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  15. Zum Betrieb als sozialem Raum nach Bourdieu s. J. Frerichs 1996.

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  16. Dagegen plädieren aber auch Frauenforscherinnen wie z.B. Mary Maynard (1995, 24f.) entschieden für die Beibehaltung des Begriffs „Frau“ bzw. gegen sein Verschwinden, sei er doch radikaler und politischer angelegt gewesen als der moderatere, neutralere, „wissenschaftlichere“ Gender-Begriff mit dessen Einzug in die Diskussion auch eine Wegorientierung von materiellen Ungleichheiten hin zu „Kultur“ zu beobachten sei.

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  17. Reinhard Kreckel (1992, 267f., u. 1993, 57ff.) hat das Konzept der doppelten Vergesellschaftung aufgegriffen und ihm eine prinzipielle Gültigkeit für beide Geschlechter zugesprochen. „Beide sind von der Trennung zwischen privater Familiensphäre und öffentlicher Berufssphäre betroffen. Beide sind deswegen in ihrem Leben typischerweise mit zwei ,Logiken’ konfrontiert, die einander widersprechende Verhaltensanforderungen stellen (...) Grundsätzlich ist also davon auszugehen, daß alle Gesellschaftsmitglieder (...) in dieses grundlegende Spannungsverhältnis der kapitalistischen Gesellschaft einbezogen sind. Die empirisch interessante Frage ist deshalb, wie sie damit umgehen.“ (1993, 58f.) Die von Kreckel vorgenommene „Geschlechtsneutralisierung“ des Konzepts hat seine Berechtigung, soweit es die strukturelle Trennung von Produktion und Reproduktion und die gegensätzlichen Logiken des Handelns in den jeweiligen Bereichen erfaßt. Daß diese Segregation und Hierarchisierung der Sphären mit der Hierarchie des Geschlechterverhältnisses in einem Strukturzusammenhang steht und die Entwertung von Arbeitskraft und Arbeitsvermögen von Frauen auf dem Widerspruch ihrer doppelten Vergesellschaftung beruht bzw. darauf „wie“ sie in die Reproduktionssphäre strukturell und institutionell eingebunden sind, vermag Kreckel nicht zu erklären, wenn er die Geschlechterungleichheit quasi auf eine „empirisch interessante Frage“ des graduellen involvements in den getrennten Sphären reduziert. (S. auch Karin Gottschall 1995, 39, Fn. 7)

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  18. Damit hat Ursula Beer auch einen Beitrag zur Stärkung einer feministischen Perspektive in der bundesdeutschen Sozialgeschichte geliefert, ganz im Sinne von Ute Frevert, die die Geschlechtsblindheit in ihrem Fach beklagt: „Daß Frauen in ganz anderer Weise als Männer von Klassenbildungsprozessen erfaßt wurden, ist eine These, die bis heute von bundesdeutschen Sozialhistorikern nicht oder nur unzureichend berücksichtigt wird.“ (Frevert 1991, 264; s. auch Einleitung)

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  19. Sehr informative Aufarbeitungen und kritische Auseinandersetzungen mit der SexGender-Debatte und dem poststrukturalistischen Konstruktivismus, insbesondere mit den Arbeiten von Judith Butler, haben Gudrun-Axeli Knapp (1994) und Andrea Maihofer (1994) vorgenommen.

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  20. Weil bei der Verwendung des Differenz-Begriffs in feministischen Theorien immer wieder die verschiedenen Ebenen (von der gesellschaftlichen Organisation der Sexualität über die symbolische Ordnung bis zu sozialen Ungleichheitslagen) verwischt werden, spricht sich Regina Becker-Schmidt (1996, 10ff.) nachdrücklich für eine „Kontextualisierung“ dieses Begriffs aus.

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  21. Susanne Völker (1996) unternimmt den interessanten Versuch, klassenmilieuspezifische Varianten des „Geschlechtshabitus“ anhand von lebensgeschichtlichen Zwei-Generationen-Interviews mit Frauen aus verschiedenen Klassenmilieus empirisch nachzuweisen.

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  22. Einen ganz ähnlichen Sachverhalt wie den der symbolischen Gewalt faßt Birgit Rommelspacher (1995, 22ff.) mit dem Begriff der Dominanzkultur. Die Unsichtbarkeit und Vieldimensionalität ist für diese ebenso konstitutiv wie Zustimmung und Verleugnung von Ungleichheit. Die Dominanzkultur ist an die Stelle des alten Modells der Repression getreten, das sich abgenutzt hat.

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Frerichs, P. (1997). Theoriediskussion. In: Klasse und Geschlecht 1. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 10. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99350-2_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99350-2_2

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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