Zusammenfassung
Fünfzig Jahre nach dem Scheitern der ersten deutschen Rätebewegung* von 1918/19 erlebt die Diskussion des Rätegedankens in Deutschland eine neue, vielfach unerwartete Renaissance: zunehmend prinzipielle Kritik an der demokratischen Integrationskraft wie an mangelnder Effektivität des parlamentarischen Regierungssystems haben über den Gedanken partieller, vorwiegend instrumentaler Reformen der Führungs- und Leitungsgremien dieses Staates hinaus die Suche nach möglichen alternativen Verfassungsmodellen forciert und dabei jene Kritiker, denen der bürgerliche, parlamentarische Verfassungsstaat als historisch bezogen und deshalb unter den gegenwärtig gegebenen sozio-ökonomischen Bedingungen überholt erscheint, mehr und mehr auf das Modell einer Rätedemokratie verwiesen. Die alte Parole Lenins aus den Tagen der russischen Revolution: ‘Alle Macht den Räten’ wird von der außerparlamentarischen Opposition, vorwiegend den linken Studenten, als Kampfparole gegen spätbürgerlichen Parlamentarismus verstanden und wieder aktualisiert — zu einem Zeitpunkt übrigens, da die bürgerliche Historiographie sich im Zuge der genaueren Erforschung der deutschen Revolution von 1918/19 verstärkt auch dem Rätesystem in seiner damaligen Ausprägung und seinen systemimmanenten Konsequenzen zuwendet und hierbei alte Legenden — so die der Identität von Rätesystem und Bolschewismus — als Ideologisierungen reaktionarer oder doch antisozialistischer Interessen auf ihren jeweiligen historischen Wahrheitskern zurückführt1.
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© 1991 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Bermbach, U. (1991). Rätesysteme als Alternative. In: Demokratietheorie und politische Institutionen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99307-6_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99307-6_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-12304-2
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