Skip to main content

Literaturdidaktik: Lektüre und Bildungstradition

  • Chapter
Übergänge

Zusammenfassung

“Literarische Bildung” ist wieder ein viel diskutiertes Thema.80 Sie ergibt sich — im Gegensatz zur Literarischen Sozialisation, für die ich das in der Einleitung konstatiert habe — nicht von selbst. ‘Literarische Bildung’ ist also kein deskriptiver Begriff, der das sich jedenfalls Ereignende (wenn auch vielleicht Defizitäre) meint, sondern ein normativer Begriff, genauer: ein Begriff, der einen alten Dissens und vielleicht ansatzweise einen neuen Konsens in Bezug auf die Wünschbarkeit einer bestimmten Art von literarästhetischer Erziehung beschreibt. Es geht — mit Michael Kämper van den Boogaarts Buchtitel (1997) gesagt — um die Legitimität des schönen schweren Lesens.81 Der Dissens um literarische Bildung entwickelte sich vor allem um den Kanon-Begriff; darauf komme ich zurück. Zunächst habe ich meinen Bildungsbegriff zu klären und eine Vorstellung zu entwickeln von der Rolle der Literatur und des Lesens (auch älterer Texte) innerhalb der gemeinten Bildung.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Referenzen

  1. Vgl. z.B. Ladenthin 1991, Eggert 1992, Wegmann 1993, sowie div. Artikel von Fingerhut und Müller-Michaels.

    Google Scholar 

  2. Kämper-van den Boogaart (1997, 1–28) hat auch einen Forschungsbericht zur Rolle des Bildungsbegriffs in allgemeiner Didaktik und Fachdidaktik vorgelegt.

    Google Scholar 

  3. Schlimm finde ich deshalb, wenn die Autorin eines Ratgebers für Teens — stets darauf aus, ihren Adressaten nach dem Mund zu schreiben — solche Bildungsvorstellungen auch noch positiv verstärkt (vgl. Jane Goldman: Thirteen Something. Der Uberlebensratgeber für Teens. Freiburgar.; Wien: Herder 1997, 10).

    Google Scholar 

  4. Zu Zielen und Verfahren szenischen Interpretierens vgl. etwa das Handbuch von Schau 1996.

    Google Scholar 

  5. Vgl. DIE ZEIT Nr. 21 (16.5.1997, S. 50 f.), Nr. 22 (23.5., S. 42 f.), Nr. 23 (30.5., S. 46) und Nr. 24. (6.6., S. 62).

    Google Scholar 

  6. Hier liegt natürlich ein weiter Klassikbegriff zugrunde, der auch die Romantik, auch Hölderlin, auch Büchner usw. meint.

    Google Scholar 

  7. Vgl. etwa die Leseliste in Segebrecht (Hrsg.) 1992; gegen Listen dieser Art allerdings wiederum Eicher 1997.

    Google Scholar 

  8. Vgl. philologisch z.B. Galle 1988 und didaktisch Hein 1986, 25.

    Google Scholar 

  9. Eine Ausnahme bildet hier freilich die Bekanntmachung des Bayerischen Kultusministeriums (Mai 1985) über die in Kl. 5–10 verbindlich zu “lernenden” Gedichte.

    Google Scholar 

  10. Sabine Gross (1987, 105), die wohl der ‘68er Generation’ angehört, sagt mit Recht, ein Kanon habe die Funktion, die in ihm versammelten Objekte verfügbar zu halten, praktisch gerade nicht; er entziehe sie eher dem aktuellen Dialog über ästhetische Qualität und lebensweltliche Relevanz (vgl. ebd., 106).

    Google Scholar 

  11. Auch der in Kapitel 7.1 herangezogene Pennac (1994) hat seine elementaren “Rechte des Lesers” polemisch gegen einen im französischen Bildungswesen wohl doch noch fragloser und selbstverständlicher durchgesetzten Kanon entwickelt und holt wohl lediglich einen gewissen Reflexionsrückstand auf.

    Google Scholar 

  12. Was ist schon dabei? Schüler schreiben eine Geschichte über die ganz alltägliche Gewalt. Weinheim; Basel: Beltz 1994.

    Google Scholar 

  13. 8,9 % der in einer Nürnberger Studie zur Gewalt an Schulen befragten Jungen (Mädchen: 6,6 %) geben an, schon einmal erpresst worden zu sein, 7,0 % sagen aus, schon von mehreren systematisch verprügelt worden zu sein (Mädchen: 1,6 %). Vgl. Walter Funk: Gewalt an Schulen: Ergebnisse aus dem Nürnberger Schüler Survey. In: S. Lamnek (Hrsg.): Jugend und Gewalt. Devianz und Kriminalität in Ost und West. Opladen 1995, 119–138; hier 130.

    Google Scholar 

  14. Das ist der bundesweite Durchschnitt; in Bayern sind es derzeit ca. 18 %.

    Google Scholar 

  15. Johann Gottfried Herder: Von der Ausbildung der Rede und Sprache in Kindern und Jugendlichen (1796). Zit. nach: Herders Sämmtl fiche Werke, hrsg. v. B. Suphan, Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, Bd. 30 (1889), 217–226 (= 28. Stück der “Schulreden”); Zitat 222.

    Google Scholar 

  16. “Kein klassischer Dichter und Prosaist sollte sein, an dessen besten Stellen sich nicht das Ohr, die Zunge, das Gedächtniß, die Einbildungskraft, der Verstand und Witz lehrbegieriger Schüler geübt hätte” (ebd., 220)

    Google Scholar 

  17. In einem Entwurf aus der späten Weimarer Zeit (Welche neue und beßere Bildung ist bei unsern Sinnen möglich? Zit. nach: Herders Sämmtliche Werke, hrsg. v. B. Suphan. Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, Bd. 32/ 1889, 518 f.) nennt Herder “körperliche Sinne” (Gefühl, Geruch, Geschmack, Gehör, Gesicht) und den “moralischen Sinn” als “die wahre Cultur des Menschengeschlechts”.

    Google Scholar 

  18. Vgl. aus feministischer Sicht die Diskussion des Kanonbegriffs durch v. Heydebrand/Winko 1995. Zum “Denk-Bild”-Begriff nun auch kritisch Kämper-Van Den Boogaart 1997, 25–27.

    Google Scholar 

  19. Dies hat Kämper-Van Den Boogaart (1997, 28 f.) Müller-Michaels vorgehalten.

    Google Scholar 

  20. Zur ausführlicheren Illustration am Beispiel Kleists vgl. meinen Aufsatz “Kohlhaas und der Kanon” in: Kleist-Jahrbuch 1998 (i. Dr.).

    Google Scholar 

  21. Reinhardt 1991 vergleicht u.a. unter diesem Aspekt die frühe Prometheus-Figur mit der von Goethe knapp vierzig Jahre später in Pandora sehr viel kritischer gezeichneten.

    Google Scholar 

  22. Die Lehrerin (Birgit Abraham) stellte das Folgende zur Verfügung. Die Texte entstanden an einer Mädchenschule (Realschule der Englischen Fräulein, Bamberg).

    Google Scholar 

  23. Vgl. Ingendahl 1991; Haas/Menzel/Spinner 1994; Haas 1997.

    Google Scholar 

  24. Vgl. Helmut Schafhausen (Hrsg.): Handbuch Szenisches Lernen. Theater als Unterrichtsform. Weinheim: Beltz 1995.

    Google Scholar 

  25. Eichendorffs Mondnacht und Goethes Wahlverwandtschaften stehen verloren zwischen Dutzenden moderner Werke und Textauszüge (Brecht, Kafka, Johnson, Heiner Müller, usw.), und allenfalls Lessings Hamburgische Dramaturgie könnte eine im weitesten Sinn ‘kanonisierte Texte’ auszählende Statistik noch aufbessern.

    Google Scholar 

  26. Ähnlich auch Conrady (1978, 34) sowie ihm zustimmend Krejci (1993, 217).

    Google Scholar 

  27. Das Folgende in Anlehnung an Nutz 1995; 1997 sowie Fuhrmann 1993, 229 ff.

    Google Scholar 

  28. Dieses Thema wird praktisch behandelbar mit Hilfe des schönen Buches von Hanns Zischler: Kafka geht ins Kino. Reinbek: Rowohlt 1996.

    Google Scholar 

  29. Das inkriminierte Wort stammt von mir; ich habe es in öffentlicher Auseinandersetzung mit Helmut Fuhrmann auf dem Weimarer Symposion “Ist die Klassik noch lebendig?” am 23–25. Juni 1995 erstmals benutzt.

    Google Scholar 

  30. Friedrich Schiller: 18. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen. Zit. nach B. V. Wiese (Hrsg.): Schillers Werke. Nationalausgabe. Weimar 1962, Bd. 20, 365–368.

    Google Scholar 

  31. Wie Anm. 94, 518.

    Google Scholar 

  32. J.W. Goethe: Über die bildende Nachahmung des Schönen (von Carl Philipp Moritz). In: Sämtliche Werke, hrsg. v. E. Beutler. 2. Aufl. Zürich: Artemis 1961 ff., Bd. 13, 71–75. Zitat 73.

    Google Scholar 

  33. Vgl. auch die listige Antwort, die Köpf (1980) auf die Frage gibt, ob die Klassiker leben: Er nennt Gegenwartsautoren, die sich mit ‘klassischen’ Autoren und Werken auseinandergesetzt haben — nicht nur Plenzdorfs Neue Leiden, sondern Elisabeth Plessens Kohlhaas, Christa Wolfs Kein Ort. Nirgends, Peter Schneiders Lenz und andere. Er setzt darauf, dass junge Leserinnen und Leser solcher einstweilen unkanonischen Literatur vermittelten Auseinandersetzung mit Goethe, mit Kleist, mit J.M.R. Lenz weder vorbeikommen können noch wollen.

    Google Scholar 

  34. Aus: Tagträume in Berlin und andernorts. Frankfurt/M.: Fischer 1974, 29.

    Google Scholar 

  35. Für einen Überblick vgl. den Artikel “Nacherzählen” im Lexikonteil von Abraham/ Beisbart/Koss/Marenbach 1998.

    Google Scholar 

  36. Vgl. etwa Ingendahl 1991, 33 und Abraham 1994, 124 ff.

    Google Scholar 

  37. Günter Kunert, geb. 1929 in Berlin, wurde von den Nazis “aus rassischen Gründen” von der Oberschule verwiesen, lebte nach Kriegsende zunächst in der DDR und studierte Kunst an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, bevor er sich dem Schreiben zuwandte. In die (alte) Brd kam er 1979 mit einem Dauervisum.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1998 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Golding, W., Goethe, J.W., Piontek, H., Kunert, G. (1998). Literaturdidaktik: Lektüre und Bildungstradition. In: Übergänge. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99303-8_9

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99303-8_9

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-13294-5

  • Online ISBN: 978-3-322-99303-8

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics