Zusammenfassung
Mit diesem Satz von Blaise Pascal (1623–1662) beginnt nicht eine Abhandlung über das Träumen, sondern Lippels Traum (1984) von Paul Maar (*1937). Lippel heißt eigentlich Philipp Mattenheim — aber so nennen ihn nur Lehrer (Maar 1984, 9 f.) — und ist zehn Jahre alt. Seine Eltern fahren zum ersten Mal ohne ihn weg (auf einen Kongreß) und stürzen das Kind in eine Krise; sie lösen eine Übergangsgeschichte aus. Der Begriff hat hier eine doppelte Bedeutung: Jede literarische Fiktion kann als Übergangsgeschichte gelesen werden (vgl. hierzu Kapitel 3.2); und diese Geschichte erzählt auch selbst von einem Übergang, nämlich dem des Helden in eine neue Lebens- und Entwicklungsphase.
“Wenn wir jede Nacht das gleiche träumten, würde es uns genau so beschäftigen wie alles, was wir täglich sehen. ”
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Referenzen
Vgl. hierzu schon Iser 1984, 226 ff.
Die US-amerikanische Leseforschung spricht von “Engagement” als Verbindung von Interesse, Vergnügen, Identifikation und gedanklicher Übertragung des Literatur-Erlebnisses auf die eigene Alltagswelt (vgl. Klemenz-Belgardt 1982, 58 f.).
Begriff und Einteilung übernahm Holle (1989, 83 f.) von Nündel/Schlotthaus 1978, 67 ff. Vgl. auch oben, Anm. 24 sowie unten, Kapitel 6.3.
So hat Christel Schachtner (1993, bes. 32–42) unter Rückgriff auf Winnicott den Computer überzeugend als Übergangsobjekt vieler Erwachsener interpretiert.
Vgl. Appleyard 1990, 51 ff., Magunna 1995, 85 f. und Köppert 1996, 348 ff.
Literarische Sozialisation endet ja nicht mit der Adoleszenz; auch erwachsene Leser entwickeln sich weiter und lassen die — wenn auch viel undeutlicheren — Übergangsobjekte hinter sich, zu denen sie zeitweise (nur) bestimmte Autoren oder Werke gemacht haben: Nicht jeder Text kann jedem zum Übergangsobjekt werden (vgl. Magunna 1995, 86).
Neubaur 1987, 84. — Damit ist der Unterschied bezeichnet zwischen einer Illusion im Alltag (ich halte mich für einen erfolgreichen und beliebten Lehrer, bin aber genau das nicht) und einer literarischen Fiktion, auf die ich mich einlasse (ich identifiziere mich mit einem solcher Lehrer als Romanhelden).
Ich kann dies hier weder kommentieren noch problematisieren und verweise statt dessen auf mein Buch StilGestalten (Tübingen: Niemeyer 1996).
Vgl. Berlyne 1974 sowie hierzu Groeben/Vorderer 1988, 182 f. und zuletzt Maiwald 1997, 129 ff.
Die ‘Märchenromane’ von Michael Ende lassen sich weder der Kinder- noch der Erwachsenenliteratur zuordnen, und das ist vom Autor beabsichtigt (vgl. hierzu Ende 1981a).
Dass das geschieht, legen die bis 1984 bereits über eine Million betragende Gesamtauflage (vgl. Manfred Brauneck: Autorenlexikon deutschsprachiger Literatur des 20. Jahrhunderts. Reinbek: erw. Neuaufl. 1995, 186) und die umstrittene Verfilmung durch Wolfgang Petersen — BRD 1984 — nahe genug.
Darauf kann ich hier nicht näher eingehen; vgl. etwa Gallmeister 1981.
Vgl. ebd., 589 unter Berufung auf Ende (1979, 147).
Nämlich beim Buchstaben “O” und gleichzeitig in der Tagesmitte, um zwölf Uhr (vgl. Ende 1979, 190).
“Manchmal kommt mir das Haus der Kindheit vor wie ein Bergwerk, in dem ich immer tiefer hinabsteige, dem Herzen der Erde zu. Im Schoß der Erde gibt es schaurige Höhlen und ausweglose Stollen, in denen schlagende Wetter drohen, aber es gibt auch Gold- und Silberadern, Edelsteine und Halbedelsteine”. (Kaschnitz 1956, 78)
“Es fing damit an, daß ein Unbekannter auf der Straße vor mir stehenblieb und das Wort an mich richtete. Er fragte, ob ich mich in der Stadt auskenne und ob ich ihm sagen könne, wo das Haus der Kindheit sei. Was soll das sein, fragte ich überrascht, ein Museum? Wahrscheinlich nicht, sagte der Mann. Vielleicht eine Schule, fragte ich weiter, oder ein Kindergarten? Der Mann zuckte die Achseln.” (Kaschnits 1956, 7)
Vgl. dazu ausführlicher unten, S. 92.
Deutsch (ebd., 16), Naturkunde (26), Geschichte (38), nach der Pause (45) dann Erdkunde (49) und schließlich Turnen (54 f.).
Ersetzt man “olivgrün” durch “bronzebraun”, so ist das Winnetou, wie er leibt und lebt. Vgl. im Wortlaut dessen erste Beschreibung in Winnetou I: unten, S. 124.
In diesem Sinn hat auch Gerhard Rademacher (1995, 56) mit seiner Kritik an Binder Recht, Anspielungen und “Leerstellen” in Texten der Kinder- und Jugendliteratur missverstehe dieser gerne als “Klischees von Werten, Werturteilen bzw. gar Vorurteilen”.
Vgl. neben Eggert/Garbe 1995 (36–43 u. 67–70) vor allem Rosebrock 1995 und Langenmayr 1993.
“Bei der Illusion tritt jene Entgrenzung des Subjekts und seine Verschränkung mit der Welt wieder auf, die so charakteristisch für den [] Zustand vor der Erfahrung der Grundstörung ist.” (Schneider 1982, 330) — Unter “Grundstörung” (basic fault) versteht man in der Psychoanalyse nach Michael Balint die Beendigung der “Ungeschiedenheit” von Mutter und Kind, d.h. die schmerzliche Erfahrung des Getrenntseins von der Umwelt.
Vgl. Steinlein 1987, 34 und dazu Eggert/Garbe 1995, 98.
Wenn Willenberg (1978, 21) die Rede vom “Aufnehmen” (Rezipieren) eines Textes literaturpsychologisch so interpretiert, dass Lesende sich dem Text “annähern” und “langsam in ihn hineingehen”, so ist die Metaphorik zwar suggestiv, doch irreführend: Der Text ist gerade keine schon fertige Landschaft, in die ich mich nur ‘einbringen’ könnte, indem ich hineinwandere; die Textlandschaft entsteht vielmehr erst dadurch, dass ich — um in der Metapher zu bleiben — meine Füße hierhin setze oder dorthin, dabei verweile oder schnell weitereile.
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Maar, P., Grass, G., Ende, M. (1998). Übergangsgeschichten I: “Literarisches Verstehen” als Besetzung von Übergangsräumen. In: Übergänge. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99303-8_4
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