Zusammenfassung
Nach Gutenberg stellt eine Unternehmung ein System von Produktionsfaktoren dar, das durch die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, Autonomie, Alleinbestimmung, Erwerbswirtschaft und des finanziellen Gleichgewichts geprägt ist.1 Neben dem bereits seit Mitte der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu beobachtenden wachsenden Interesse an Fragen der Gründung der Unternehmung tritt seit jüngster Zeit auch die Thematik der Unternehmungsnachfolge zunehmend in das Bewußtsein von Wissenschaft und Praxis. Auslöser hierfür ist in erster Linie die große Zahl an Betriebene2, die derzeit oder in naher Zukunft eine Nachfolge durchführen müssen: Schätzungen gehen davon aus, daß sich in Deutschland jährlich circa 70.000 Familienunternehmungen — also Gesellschaften, die in der Hand natürlicher, durch Verwandtschaft oder Heirat miteinander verbundener Personen liegen3 — diesem Problem in den nächsten fünf bis zehn Jahren gegenübersehen werden.4 Die im Rahmen der Abschätzungen des Ausmaßes der anstehenden Nachfolgen zu konstatierende Konzentration auf den Bereich der Familienunternehmung schlägt sich auch in den wenigen bislang im Schrifttum anzutreffenden Definitionen dieses Begriffes nieder. Eine erste terminologische Einordnung erfährt die Nachfolge — fast beiläufig — bei Spielmann, der den Begriff des „Generationenwechsels“ als „Prozeß des Übergangs von führungs- und kapitalmäßiger Verantwortung auf die nachfolgende Unternehmergeneration“5 interpretiert. Ohne eine eindeutige Definition zu liefern, bringt er die Nachfolge damit begrifflich mit dem Übergang von (Eigen-)Kapital und Führung im Rahmen eines Familienkontextes zusammen.
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Literatur
Vgl. Gutenberg, Betriebswirtschaftslehre (1983), S. 510–512. Das Prinzip der Autonomie bedeutet in diesem Zusammenhang die Abwesenheit staatlicher oder anderer übergeordneter Mitbestimmungsrechte an der einzelbetrieblichen Leistungserstellung und -verwertung, vgl. ebenda, S. 460. Unter dem Prinzip der Alleinbestimmung wird verstanden, daß die Eigenkapitalgeber oder die von ihnen beauftragten Führungskräfte das Zentrum der betrieblichen Willensbildung darstellen, vgl. ebenda, S. 502 f.
Der Begriff „Betrieb“ wird im folgenden synonym zum Begriff „Unternehmung” verwandt.
Zum Begriff der Familienuntemehmung vgl. Davis, Succession (1968), S. 404–407, Barry, Family Firm (1975), S. 42, Handler, Studying Family Businesses (1989), S. 258–263, Handler, Succession Process (1989), S. 7 f., Freund, Untemehmensnachfolge (2000), S. 11–17, HABIG/ BERNINGHAUS, Nachfolge im Familienunternehmen (2004), S. 8 f.
Vgl. zum Ausmaß der in den nächsten Jahren anstehenden Nachfolgen Falk, Altersabsicherung (1993), S. 48, Hennerkes, Bewältigung des Generationswechsels (1996), S. 15, Noack, Einführung (1996), S. 10, Oetker, Unternehmensinteresse (1997), S. 140, Dehmer, Untemehmemachfolge in der Steuerberatung (1999), S. 209, Klein/Vossius, Unternehmensnachfolge (1999), S. 11, Siefer, Viele sind gerufen (1999), S. 167, Späth, Erfolgreiche Nachfolgelösungen (1999), S. 131 f., Koch/Wegmann, Börseneinführung (2000), S. 7, Riedel, Untemehmensnachfolge (2000), S. 1, Wimmer/Kolbeck, Untemehmensnachfolge in mittelständischen Unternehmen (2000), S. 2, Hennerkes, Stabwechsel (2001), S. B4, Habigberninghaus, Nachfolge im Familienunternehmen (2004), S. 5 f.
Spielmann, Generationenwechsel (1994), S. 22. Vgl. hierzu auch bereits Portmann, Perpetu- ierung der Aktiengesellschaft (1983), S. 15, Handler, Succession Process (1989), S. 7 und 9.
Freund, Unternehmensnachfolge (2000), S. 17.
Vgl. Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 134.
Vgl. hierzu auch Sieben/Sielaff, Untemehmensakquisition (1989), S. 1. Albach/Freund, Unternehmenskontinuität (1989), S. 27 sprechen von der „Verfügungsgewalt“ des Eigentümers.
Die sich auf die Alternativen Vererbung, Schenkung, Stiftung und Verkauf beziehenden Termini „Formen“ und „Wege” der Unternehmungsnachfolge werden im folgenden synonym verwandt.
Vgl. Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 135 f.
Vgl. Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 136.
Vgl. hierzu auch die — aus der spiegelbildlichen Sicht der das Eigentum übernehmenden Partei —geführte Argumentation von Sieben/Sielaff, Unternehmensakquisition (1989), S. I.
Vgl. im folgenden Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 136 f.
Zu Ausgestaltungen und Wirkungsweisen von Mehrstimmrechtsaktien sowie ihren Erscheinungsformen in der Praxis vgl. Hering/Olbrich, Mehrstimmrechte (2001), Hering/Olbrich, Bemessung der Abfindung (2001), Hering/Olbrich, Fall „Siemens“ (2003), Hering/Olbrich, Preis und Entschädigung (2003).
Vgl., auch im folgenden, Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 137 f.
Zu beachten ist, daß sich Koalitionen, deren sich ein Gesellschafter bedient, durchaus im Zeitablauf verändern können, sei es nun, daß sie sich herausbilden (und damit Leitungsmacht des Gesellschafters begründen) oder sich auflösen (und damit Leitungsmacht des Gesellschafters beseitigen). Ein Beispiel für letzteres ist der Fall eines Familienverbundes, der zunächst entsprechend den Wünschen des Familienoberhaupts einheitlich abstimmt, aufgrund einer wachsenden Anteilszersplitterung oder persönlicher Konflikte untereinander aber ein zunehmend heterogenes Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung zeigt und den Einfluß des Familienoberhaupts damit sukzessive reduziert.
Vgl. unter anderem Riedel, Unternehmensnachfolge (2000), S. 111, Freund, Faktoren im Nachfolgefall (1998), S. 66, Weinlader, Unternehmensnachfolge (1998), S. 66.
Vgl. Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 138.
Vgl. hierzu auch SPIELMANN, Generationenwechsel (1994), S. 27.
Vgl. im folgenden Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 138 f.
Vgl. insbesondere Steinhauer, Steuerpolitik bei der Nachfolgeplanung (1983), Herzig, Steuerorientierte Grundmodelle (1990), Schneeloch, Steuerbelastungsvergleich (1993), Sp. 4025 f., Hake, Organisationsformen bei der Unternehmensnachfolge (1994), Schneeloch, Mittelständische Unternehmen (1997), S. 52–65, 162 f., 309–337, 362–364, 368–370, Horstmann, Gestaltung der Erbschaftsteuerbelastung (1998), LUCKEY, Unternehmensnachfolge (1998), Schild-Plininger, Übertragung von Betriebsvermögen (1998), Herzig, Umwandlungsmodell (2000), Schneeloch, Rechtsformwahl (2000), S. 924–929, Trockels-Brand, Problem der Steuerplanung (2000), Olbrich, Besteuerung und Rechnungslegung (2001), Schneeloch, Betriebliche Steuerpolitik (2002), S. 166–168, 313–315, 351–359, 388 f., 435 f., 445–448, Schneeloch, Besteuerung (2003), S. 74–79, 333–341, 386–395.
Vgl. zum Beispiel Albach/Freund, Unternehmenskontinuität (1989), Spielmann, Generationenwechsel (1994), Trefelik, Generationenwechsel (1998), Freund, Unternehmensnachfolge (2000).
Vgl. unter anderem Brandner, Testamentsvollstreckung (1985), Basty, Unternehmensnachfolge aus rechtlicher Sicht (1991), Hübner, Übertragung von Betriebsvermögen (1995), Gebel, Betriebsvermögen (1997), Schindhelm, Rechtliche Gestaltung (2000), Binz/Mayer, Unternehmensnachfolge im Weg vorweggenommener Erbfolge (2001), Daragan, Unentgeltliche Nachfolge (2001), Jülicher, Vorweggenommene Erbfolge (2001).
Vgl. beispielsweise Teves, Betriebsnachfolge (1995) sowie Flick/Kappe, Zukunftssicherung (1997).
Gleicher Ansicht Freund, Unternehmensnachfolge (2000), S. 20.
Vgl. zur Unternehmungsgründung durch Aufbau eines betrieblichen Faktorsystems Olbrich, Universitäre Unternehmungsgründungen (2002), S. 374 sowie Olbrich, Nachfolge und Gründung (2003), S. 139 f. und die dort jeweils angeführte Literatur.
Zum Unternehmungslebenszyklus vgl. Mueller, Life Cycle Theory (1972), Grabowski/Mueller, Life-Cycle Effects (1975), Churchill/Lewis, Small Business Growth (1983), Quinn/Cameron, Organizational Life Cycles (1983), Szyperski/Nathusius, Unternehmungsgründung (1999), S. 30–34, Steinmann/Schreyögg, Management (2000), S. 441–443, ferner auch Greiner, Evolution and Revolution (1972), Ballarini/Keese, Lebenszyklus kleiner Familienunternehmen (1992). Vom Unternehmungslebenszyklus zu unterscheiden ist der Produktlebenszyklus; vgl. hierzu eingehend Olbrich, Marketing (2001), S. 61–66 und die dort angeführte Literatur.
Anderer Ansicht Mcgivern, Management Succession (1978), S. 37 f., der — ohne hierfür eine theoretisch schlüssige Begründung zu liefern — die Meinung vertritt, eine Nachfolge fände lediglich am Ende des Untemehmungslebenszyklus statt.
Die betriebswirtschaftlich ebenfalls dem Verkauf zu subsumierende Hingabe der Unternehmung gegen ein nichtmonetäres Entgelt wird juristisch nicht als Verkauf, sondern als Tausch gedeutet. Auf den Tausch finden gemäß § 480 BGB die für den Verkauf geltenden Vorschriften der §§ 433 ff. BGB Anwendung.
Dem Verkauf wird hier auch der Fall der Fusion subsumiert, da es sich bei ihr um eine Konstruktion handelt, deren Ergebnis sich derivativ durch einen Verkauf herbeiführen läßt: So kann der Eigner sein im Zuge der Veräußerung erzieltes Entgelt entweder unmittelbar in Form von Anteilen der übernehmenden Gesellschaft erhalten oder — im Falle eines andersartigen Entgelts — deren Anteile erwerben. Beide Alternativen führen zu einem der Fusion identischen Ergebnis. Vgl. hierzu auch Weigl, Unternehmenskauf aus steuerlicher Sicht (2001), S. 2189. Zu beachten ist in diesem Kontext freilich das Kriterium der Abgabe der Leitungsmacht an der Untemehmung: Erhält der sich von seiner Unternehmung trennende Eigentümer im Zuge der Fusion ein derart umfangreiches Anteilspaket an der Gesellschaft, in die er seinen Betrieb eingebracht hat, daß er im Anschluß an die Verschmelzung auch auf den Unternehmungsverbund — und damit auch auf seine bisherige Unternehmung — Leitungsmacht ausübt, ist die Leitungsmachtabgabe zu verneinen. Um eine Nachfolge handelt es sich bei einer Verschmelzung folglich stets dann nicht, wenn der Eigentümer sich in ihrem Zuge nicht von seiner Leitungsmacht trennt. Nicht zuletzt ist zu beachten, daß in Ausnahmesituationen auch das Spiegelbild der Fusion, die umwandlungsrechtliche Spaltung,einen Nachfolgevorgang darstellen kann. Dies ist dann der Fall, wenn der betrachtete Eigentümer zusammen mit mindestens einem weiteren Eigentümer eine Unternehmung in Händen hält, er aufgrund seiner Position im Gesellschafterkreis Leitungsmacht ausübt und es durch eine Auf-oder Abspaltung zu einer Trennung von Gesellschaftern oder Gesellschafterstämmen kommt. Der betrachtete Eigentümer gibt hierdurch Eigentum und Leitungsmacht an dem/den durch die Spaltung abgetrennten Unternehmungsteil(en) ab, in bezug auf diese(n) Teil(e) ist daher eine Nachfolge zu bejahen. Als Entgelt hierfür erhält der Eigentümer von dem/den anderen Gesellschafter(n) dessen/deren Anteile an dem ihm verbleibenden Unternehmungsteil.
Vgl. zum Anteil des Verkaufs bei Nachfolgen in Familienunternehmungen BIRLEY, Family Firm (1986), S. 40 f., Albach/Freund, Unternehmenskontinuität (1989), S. 264, Ballarini/Keese, Lebenszyklus kleiner Familienunternehmen (1992), S. 7 f., Bös/Kayser, Generationenwechsel (1996), Gruhler, Nachfolge (1998), S. 174, SEIBEL, Familie und Betriebswirtschaft (1999), S. 160, Albach, Nachfolgeregelung im Mittelstand (2000), Freund, Unternehmensnachfolge (2000), S. 154, Habig/Berninghaus, Nachfolge im Familienunternehmen (2004), S. 84.
Vgl. Albach/Freund, Unternehmenskontinuität (1989), S. 264 f.
Voraussetzung ist freilich, daß der Unternehmungsanteil — wie bereits oben dargestellt — groß genug ist, um seinem Eigner die Ausübung von Leitungsmacht zu ermöglichen. Ist dies nicht der Fall, kann aufgrund des fehlenden Merkmals des Leitungsmachtwechsels nicht von einer Nachfolge gesprochen werden.
Gleicher Ansicht Schildbach, Verkäufer und Unternehmen (1995), S. 631, nach dem der Unternehmungsverkauf „in Zukunft einer gründlichen Aufarbeitung“ bedarf.
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Olbrich, M. (2005). Die Unternehmungsnachfolge in Form des Unternehmungsverkaufs. In: Unternehmungsnachfolge durch Unternehmungsverkauf. Moderne Finanzwirtschaft & Unternehmensbewertung. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99282-6_1
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