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Schriftlichkeit im Fremdsprachenunterricht der Grundschule — erweiterte Perspektiven durch die Grundschulpädagogik

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Individuelles und soziales Lernen in der Grundschule

Part of the book series: Jahrbuch Grundschulforschung ((JBG,volume 5))

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Zusammenfassung

Fremdsprachenlernen in der Grundschule ist in aller Munde und wird national und international zunehmend institutionalisiert. Trotz einer Flut an Publikationen zu diesem Bereich ist ein Mangel an qualitativen Untersuchungen zu verzeichnen; vor allem Unterrichtsforschung ist kaum vorhanden, die Perspektive der Lernenden wird selten einbezogen (vgl. zum Forschungsstand u.a. Blondin et al 1998). Diese Defizite erstaunen umso mehr, als dass man bislang von einem ‚Königsweg‘ frühen Fremdsprachenlernens weit entfernt ist, ein übergreifendes didaktisches Modell noch aussteht. Zu den unzureichend geklärten Fragen für den Bereich Schriftlichkeit zählen z.B.: Welche Rolle kann Schrift im grundschulischen Fremdsprachenunterricht spielen? Welche Lernprozesse finden beim Lesen und Schreiben in der Fremdsprache bei Grundschulkindern statt? In der fachdidaktischen Diskussion um den Einbezug von Schrift wird oft von unhinterfragten und unbewiesenen Annahmen — ich spreche von ‚fachdidaktischen Gewissheiten‘ — ausgegangen. Diese werden als Gründe für die sekundäre Rolle angeführt, die Schrift im Fremdsprachenunterricht spielen soll. So wird der vorsichtige Einbezug von Schrift u.a. mit Interferenzgefahren, dem Argument der Überforderung und mangelnden Voraussetzungen der Lernenden begründet (vgl. u.a. Kierepka 1999). Aus einer kritischen Perspektive heraus lässt sich der empfohlene Schrifteinbezug folgendermaßen charakterisieren:1

  • die schriftbezogenen Vorerfahrungen der Lernenden werden nicht einbezogen bzw. zur Kenntnis genommen

  • Schrift wird bloße Stütz- und Übungsfunktion und keine kommunikative Funktion zuerkannt

  • Schrift wird auch keine Funktion im Sinne eines Erkenntnisinstrumentes zugewiesen

  • der Einbezug von Schrift erfolgt nach strengen Prinzipien: ‚Nichts darf gelesen werden, was nicht vorher gesprochen wurde, nichts darf geschrieben werden, was nicht vorher gelesen wurde‘

  • Schrift wird in ihrer Komplexität reduziert, d. h es werden mündlich bekannte, einfach strukturierte, meist einzelne Wörter im Schriftbild angeboten

  • der Zugriff auf Schrift verbleibt in der Hand des Lehrenden und wird von diesem gesteuert

Deutlich wird, dass der in der Fachdidaktik empfohlene Umgang mit Schrift sich durch ein Bemühen auszeichnet, den Lernenden vor Überforderung zu schützen sowie Fehler möglichst von vornherein zu vermeiden. Des Weiteren kann eine starke Außensteuerung des Lernens konstatiert werden, die vor allem über eine Reduzierung, Vereinfachung und Stufung des Lernangebotes erfolgt. Der Lernende wird reduziert auf seine Rolle als Anfänger in der Fremdsprache. Schriftsprachbezogenes Lernen wird nicht im Sinne eines aktiven, problemlösenden Konstruktionsprozesses des Lernenden verstanden. Der Blick auf die Grundschulpädagogik kann hier zu einer erweiterten Perspektive beitragen — Erkenntnisse grundschul-pädagogischer Forschung werden in der Fachdidaktik aber bislang leider kaum zur Kenntnis genommen.

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Hanns Petillon

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© 2002 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Reichart-Wallrabenstein, M. (2002). Schriftlichkeit im Fremdsprachenunterricht der Grundschule — erweiterte Perspektiven durch die Grundschulpädagogik. In: Petillon, H. (eds) Individuelles und soziales Lernen in der Grundschule. Jahrbuch Grundschulforschung, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99278-9_25

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99278-9_25

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-3070-2

  • Online ISBN: 978-3-322-99278-9

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