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Die Rhetorik öffentlicher moralischer Auseinandersetzungen

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Part of the book series: DUV Sozialwissenschaft ((DUVSW))

Zusammenfassung

Der Austausch von Legitimationen in Wertkonflikten ist ein wesentlicher Bestandteil öffentlicher Kommunikation. In öffentlichen moralischen Auseinandersetzungen besteht einerseits der Anspruch, zu einer, meist gesetzesförmigen, Lösung zu kommen, jedenfalls zu einer Konfliktbefriedung, welche die zur Diskussion stehenden Ansprüche auf vernünftige Weise integriert. Wie in Kapitel 2.1 ausgeführt, ist das Problem in öffentlichen Streitfragen das Fehlen eines formalen Verfahrens zur Konfliktlösung — ein Mangel, der freilich aufgrund der Heterogenität des nicht verfassten Publikums nicht behoben werden kann und, vor dem Hintergrund der Funktion öffentlicher Meinungsbildung betrachtet, auch nicht behoben werden muss. Hinzu kommt in moralischen Streitfragen der Mangel an rationalen (wissenschaftlichen) Kriterien, die verbindlich an das diskutierte Issue und die vorgeschlagenen Lösungen angelegt werden könnten. Wertkonflikte entziehen sich letztlich den einzelnen Arenen und ihren an enge Zielperspektiven gebundenen rationalen Handlungsmustern und entsprechenden Entscheidungskriterien. Wenn öffentliche moralische Streitfragen gelöst und in kollektiv verbindliche Entscheidungen transformiert werden sollen, sind Begründungen gefragt, die interessenübergreifend tragfähig sind, Argumentationen, deren Gültigkeit sich auf Plausibilität innerhalb einer Sprechgemeinschaft stützt. Diskurse, die in einer breiten Öffentlichkeit mit dem Ziel der Entscheidungsfindung geführt werden, werden von der Rhetorik beschrieben.

Wenn die Literatur Ausdruck ist, dann ist, weil sie aus Wörtern besteht, die Sprache ebenfalls ein ästhetisches Phänomen. Es kostet uns einiges, dies hinzunehmen: der Begriff der Sprache als ästhetischer Vorgang.

(Jorge Luis Borges: Die Dichtung, 1980)

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Literatur

  1. In den USA gehört Rhetorik seit den 60er Jahren zu einer wichtigen Disziplin der Speech Departments. Von dieser „New Rhetoric“ (vgl. 3.2) weitgehend unabhängig ist auch in Deutschland eine Rhetorikforschung entstanden (für einen Überblick vgl. Kopperschmidt [19971); hier waren vor allem die normativ orientierten Arbeiten von Apel und Habermas richtungsweisend, in deren Licht die Frage nach gesellschaftlicher Kommunikation zur Frage nach den allgemeinen analytischen Bedingungen gelingender Kommunikation wurde.

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  2. I.A. Richards bezeichnet die Literatur über Rhetorik seit Gorgias bündig als „sales-talk selling sales-talk” (1955:159).

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  3. Farrell (1995) stellt die Konflikte dar, die sich aus den Aristoteles-Interpretationen teilweise divergierender Ansätze der neuen Rhetorik ergeben.

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  4. Sowohl von den antiken Griechen als auch den Römern wurde Rhetorik als ein Instrument der praktischen Politik betrachtet. John Nelson (1987:209) weist darauf hin, dass es eben diese beiden Kulturen sind, von denen westliche Demokratien ihr Verständnis von Politik als der für die Koordination anderer gesellschaftlicher Bereiche verantwortlichen Instanz übernommen haben. Rhetorik wäre demnach die erste Politikwissenschaft (vgl. auch Fn.11).

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  5. Der Begriff entstammt einem viel beachteteten Aufsatz von Robert L. Scott: „On viewing rhetoric as epistemic“ (1967).

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  6. Vgl. Brockriede (1966/1971:43/), der allerdings nicht auf die Entscheidungsfähigkeit der Versammlung eingeht. Als weiteres Kriterium nennt er, dass die Interaktion zwischen Redner und Publikum heute stärker im Vordergrund stünde — die aber gerade in der aristotelischen Rhetorik eine entscheidende Rolle spielt und, wie unten (3.1.3) ausgeführt, als Gemeinsamkeit und Eigenart rhetorischer Gespräche betrachtet wird.

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  7. Als weitere zentrale Institutionen gab es den Rat der Stadt, die boulé, bestehend aus Adligen oder Beamten als Vertreter der Bürgerversammlung, die wiederum Vertreter in das prytaneion entsandte, den Sitz der obersten Würdenträger der Stadt, der eine primär symbolische Funktion hatte: In ihm wurde das Feuer der Stadt gehütet, das nie verlöschen durfte und an dessen Glut das Feuer neugegründeter Städte entzündet wurde. Beide lagen stets in der Nähe der Agora (vgl. Benevolo 1984: 92 ).

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  8. Vgl. auch Aristoteles: „10 Menschen ergeben noch keine Polisgemeinschaft, 10 x 10 000 aber sind keine Polis mehr.“ (NE] IX 10 11705b lAnm.: Hier wie im Folgenden wird auf antike Literatur nicht anhand des Erscheinungsjahres, sondern anhand von Titelkürzeln verwiesen; vgl. Literaturverzeichnis]). Wenn die Zahl der Bürger eine bestimmte Höhe überschritt, wurden Expeditionskorps gebildet, die aus der Stadt auszogen, um Kolonien zu gründen. Im 4. Jahrhundert galt eine ungefähre Polisgröße von 10 000 Bürgern als ideal; Sparta hatte zur Zeit der Persischen Kriege etwa 8000, das „berühmte und reiche” Aigina nur 2000 Bürger (vgl. Benevolo 1984:93).

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  9. Die Rhetorik eigne sich also besonders, um die so genannte Massenkultur zu beschreiben, die sich nach dem „Wahrscheinlichen“ im aristotelischen Sinne bestimme, danach, was das Publikum für möglich hält. Vgl. auch ebda: 223: „MTlout indique qu’une sorte de vulgate aristotélicienne définit encore un type d’Occident trans-historique, une civilisation (la nôtre) qui est celle de l’endoxa: comment éviter cette évidence qu’Aristote (…) fournit à tout le langage, narratif, discursif, argumentatif, qui est véhiculé par les `communications de masse’, une grille analytique complète (à partir de la notion de `vraisemblable’) et qu’il représente cette homogénéité optimale d’un méta-langage et d’un langage-objet qui peut définir une science appliquée? en régime démocratique, l’aristotélisme serait alors la meilleure des sociologies culturelles.” Die aristotelische Analyse von Kommunikation, die um den Begriff des „Wahrscheinlichen“ konstruiert ist, stelle cin ideales Instrument dar, um die narrative, diskursive und argumentative Sprache der „Massenkommunikation” kultursoziologisch zu erfassen.

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  10. Aristoteles (384–322 v. Chr.) stellte sein „Buch der Rhetorik“ etwa 330 v. Chr. in Athen fertig.

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  11. Vgl. Aristoteles, Rhet. I 1 1354a; 14, 1355b; 7 1356a: „Folglich ergibt sich also, dass die Theorie der Beredsamkeit gleichsam ein Nebentrieb der Dialektik und der wissenschaftlichen Disziplin der Ethik ist, die mit Recht als Staatslehre bezeichnet wird.“

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  12. Das bedeutet freilich nicht, dass Aristoteles die von Platon eigentlich angegriffenen Sophisten verteidigt. „Denn das sophistische Schlussverfahren gründet nicht in der Begabung sondern der Absicht. Indessen wird hier der eine gemäß seines Wissens, der andere gemäß seiner Absicht ein Redner, dort aber jemand Sophist gemäß seiner Absicht, Dialektiker aber nicht gemäß seiner Absicht, sondern nach seiner Begabung.“ (I 1355b, 14 )

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  13. Gleichwohl ist die aristotelische Dialektik im Gegensatz zur Dialektik Platons keine universale Erkenntnis- methode, sondern wie die Rhetorik eine Methode zur Bildung von Schlüssen aus wahrscheinlichen Annahmen (vgl. Top. 100a 18), die der Apodeixis als einem Schluss aus „wahren und ersten Sätzen“ gegenübergestellt ist. — Dass eine Verbindung der Dialektik im Sinne der Logica probabilium mit der Hegel’schen Dialektik unzulässig ist, ist offenkundig. Vgl. dazu z.B. Pöggeler ( 1981: 111 ).

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  14. Sowohl dialektisches Schließen als auch theoretisches Argumentieren sind „immer an einen Anderen, an einen Mitmenschen, gerichtet, und daher von dessen Bestimmungen zu den Prämissen abhängig“ (Prantl 1927:98), die Rhetorik ist jedoch stärker auf Publikumswirksamkeit ausgelegt.

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  15. Vgl. auch Sokrates, der im „Gorgias“ (455a) dasselbe Argument als Einwand gegen die Rhetorik anfuhrt: „Also belehrt auch der Redner nicht in den Gerichts-und andern Versammlungen über Recht und Unrecht, sondern macht nur glauben. Auch könnte er wohl nicht einen so großen Haufen in kurzer Zeit belehren über so wichtige Dinge.”

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  16. Vgl. Rhet. 1I 10 1356b: „… so wird auch die Theorie der Beredsamkeit nicht das sich zum Gegenstand wissenschaftlicher Reflexion wählen, was für den Einzelnen wie Sokrates oder Hippias, sondern das, was einer bestimmten Gruppe von Menschen einleuchtend ist, genau so wie die Dialektik. Denn auch diese bildet ihre logischen Schlüsse nicht aus allem Zufälligen — auch Schwachsinnige haben ja ihre eigenen Vorstellungen —, sondern sie bildet dieselben von solchen Gegenständen, die einer Erörterung bedürfen; ebenso macht es die Rhetorik mit den Dingen, die bereits Gegenstände der Beratung sind.“

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  17. Insofern weist die rhetorische Methode des Diskurses Ahnlichkeiten zur empirischen Methode der Inhaltsanalyse auf, in der jede neue Untersuchungseinheit in ein bestehendes Kategoriensystem eingeordnet und weiterhin von dort aus interpretiert wird.

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  18. Entsprechend stellt das Autoritätsargument einen wichtigen Topos der Rede dar (vgl. Kopperschmidt, 1995e: 217; Kienpointner 1992; vgl. auch Arist. Top 100b, Rhet. XXIII 12 I398b).

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  19. Zu diesem Begriff der techne vgl. Heidegger (1962:121).

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  20. Dagegen wendet sich Kopperschmidt (1995a:83).

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  21. So techne in der Übersetzung von Dirlmeier; andere Übersetzungen sind „Theorie“ (so in der „Rhetorik”- Übersetzung von Sieveke, der kommentiert, „Idlies ist gerechtfertigt, zumal Theorie immer auf die Praxis bezogen ist, sie ist Anleitung zu praktischem Sein. Ebenso bezieht sich der griechische Terminus rexvr/ auf das Tun und Hervorbringen eines Werkes, ezrlaygN/ dagegen auf das Sein (vgl. Anal. post. II 19.100°6–9: Aus der Erfahrung aber oder aus jedem Allgemeinen, das in der Seele zur Ruhe gekommen ist 1…1 stammt das, was das Prinzip der Kunst und der Wissenschaft ist, der Kunst, wo es sich um das Werden, der Wissenschaft, wo es sich um das Seiende handelt).“ (Rhetorik, Anm.1)) — Zumeist wird techne als „Kunst” übersetzt, und Aristoteles fährt im selben Abschnitt der „Nikomachischen Ethik“ — wieder in der Übersetzung von Sieveke — fort: „in gewissem Sinne bewegen sich praktisches Können und Zufall um dieselben Gegenstände, wie Agathon sagt: `Kunst liebt den Zufall; dieser wiederum liebt die Kunst.’” Techne ist demnach eine Weise der Herstellung von Realität, die künstlerisch insofern ist, als sie, kreativ, nicht das Notwendige hervorbringt.

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  22. In diesem Sinne fordert z.B. Feyerabend (1979:16511) die Kontrolle von Wissenschaften durch gewählte Laienkommissionen.

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  23. Peter Ramus (eigentlich Pierre de la Ramée, 1515–1572) lehrte als Universitätsprofessor in Paris. Sein grundlegendes Werk war die „Dialecticae partitiones“ (1543), im selben Jahr erschien die heftige Kontroversen auslösende „Aristotelicae animadversiones”, vier Jahre später gefolgt von der „Rhetoricae distinctiones in Quintilianum“. Ramus wurde in der St. Bartholomaus-Nacht 1572 getötet; vermutlich trug auch sein Status als protestantischer Märtyrer dazu bei, dass er insbesondere in England, Deutschland, Skandinavien, den Niederlande und später in Neu-England rezipiert wurde (vgl. Bizzell/Herzog 1990: 720.

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  24. Etwa: „Von den Erkenntnismethoden unserer Zeit“. Giambattista IGian Battistal Vico (1668–1774) war von 1699–1741 Professor fir Rhetorik an der Universität Neapel.

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  25. Diesen Gedanken führt Vico in seiner „Scienza nuova“ (1725) weiter aus, wo er argumentiert, dass human-wissenschaftliche Erkenntnis die einzig sichere Erkenntnis sei, da wir nur erkennen könnten, was Menschen geschaffen haben, nicht aber die Natur, die Gott geschaffen hat.

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  26. Rhetorik als praktische Komposition geschriebener Texte ist nach wie vor Gegenstand der Curricula US-amerikanischer (Hoch-)Schulen, deren „Speech Departments“ im 20.1hdt. begannen, sich wieder mit den theoretischen Aspekten von Rhetorik zu befassen (vgl. Fn. t; vgl. 3.2.3).

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  27. Philosophische Untersuchungen. — Ich zitiere daraus grundsätzlich nach Paragraphen. Die Datierung des endgültigen Typoskripts ist unsicher; die Notizen zur hier benutzten Ausgabe (1995:620) gehen davon aus, dass Wittgenstein bis 1949 oder 1950 am Text gearbeitet hat.

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  28. So sagst du also, dass die Übereinstimmung der Menschen entscheide, was richtig und was falsch ist?’ — Richtig und falsch ist, was Menschen sagen; und in der Sprache stimmen die Menschen überein. Dies ist keine Übereinstimmung der Meinungen, sondern der Lebensform.“ (I 241)

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  29. Dieser auch als „meaning-feindlich“ (vgl. Pelz 1975) bezeichnete Ansatz bleibt hier unberücksichtigt.

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  30. Ogden/Richards (1923/1994:402) übersetzen Freges „Bedeutung“ als „indication” und Freges „Sinn“ als „meaning”. In Freges Sprachgebrauch nach Einführung dieser Unterscheidung wäre es konsistenter, davon zu sprechen, dass für Frege Wörter erst im Satzzusammenhang einen Sinn haben (vgl. auch Dummett 1973:193, 495).

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  31. In dem im „Monist“ erschienenen Artikel The logic of relatives”; zit. nach Ogden/Richards (1923/1994:413).

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  32. Der Interpretant eines Zeichens ist die Wirkung des Zeichens auf den Interpreten. Wie Peirce 1904 an Lady Welby schreibt, hat ein Zeichen zwei Objekte (sich selbst und das, was es darstellt) und drei Interpretanten: „its interpretant as represented or meant to be understood, its interpretant as it is produced, and its interpretant in itself’ (zit. nach Ogden/Richards 1923/1994:414). Der Peirce’sche Interpretant umfasst so Freges Sinn, Vorstellung und Bedeutung.

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  33. Das Ordnen von Gedankenverbindungen, die Untersuchung von Bedeutung als dem, „was der Zweck bezwecken soll und zu welchem Nutzen, theoretischer oder praktischer Art, er zu dienen entworfen ist“, lautet Peirce’ Definition von Pragmatismus in der Formulierung von Charles Peirce, auf die sich später William James bezieht (vgl. Peirce 1903/1985:170).

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  34. So unterscheidet Peirce beispielsweise zehn Hauptklassen von Zeichen (1908/1985:153–155), die in zehn Beziehungen zwischen unmittelbarem und dynamischem Objekt, dem unmittelbaren, dem dynamischen und dem normalen Interpretanten eingeteilt werden können. „Ich sage nicht, dass diese Einteilungen ausreichen. Aber da jede von ihnen wieder eine Trichotomie sein wird, folgt daraus, dass ich, wenn man entscheiden will, welche Zeichenklassen aus ihnen resultieren, 310 oder 59 049 schwierige Fragen aufmerksam zu betrachten habe; und deshalb will ich nicht beginnen, meine systematische Einteilung der Zeichen noch weiter zu treiben, sondern will das künftigen Forschern überlassen“, wie er im Dezember 1908 an Lady Welby schreibt. — Vor einem ähnlichen Problem stand, wie Wittgenstein (1 107) schildert, offenbar auch der Verfasser des Tractatus: „Je genauer wir die tatsächliche Sprache betrachten, desto stärker wird der Widerstreit zwischen ihr und unserer Forderung. (Die Kristallreinheit der Logik hatte sich mir ja nicht ergeben; sondern sie war eine Forderung.) Der Widerstreit wird unerträglich; die Forderung droht nun, zu etwas Leerem zu werden. — Wir sind aufs Glatteis geraten, wo die Reibung fehlt, also die Bedingungen in einem gewissen Sinne ideal sind, aber wir eben deshalb auch nicht gehen können.”

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  35. Habermas (1991c:9–14) argumentiert, Peirce wolle „den Kommunikationsvorgang so abstrakt fassen, dass die intersubjektive Beziehung zwischen Zeichen und Interpret spurlos im so genannten Interpretantenbezug aufgehen kann“, scheitere aber daran, dass die Grundbegriffe von Wahrheit und Realität, mit deren Hilfe er den Grundbegriff der zeichenvermittelten Repräsentation erklären muss, wiederum „auf die regulative Idee einer Forschergemeinschaft lverweistl, die unter idealen Bedingungen operiert.” — Zur Anwendung in der Massenkommunikationsforschung vgl. Jensen (1991).

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  36. Dieses Verständnis von Bedeutung wird in der Folge von Richards zunächst auf die Literaturanalyse übertragen, später sieht er gerade darin den Kern der Rhetorik (vgl. 3.2.2). Vgl. auch Bizzell/Herzberg ( 1990: 909). — Arthur Cooper (1973) führt die Ausrichtung der westlichen Kultur an einem Verständnis von Kommunikation als „Kommunikation innerhalb der Sprache“ darauf zurück, dass sich die Grammatiker auf bestimmte Aspekte eines bestehenden Textapparates konzentriert haben, der zumeist in einer unserer klassischen Sprachen, Griechisch oder Latein, verfasst war. Zugang zu diesen, in historischer, geografischer und kultureller Distanz entstandenen Sprach-und Gedankengebäuden kann aber zwangsläufig nur durch ein strikt textinhärentes Verständnis erlangt werden. Die Tradition chinesischer Poesie verdanke es unter anderem dem Fehlen einer solchen „fremden” Klassik, dass Sprache weniger als transportierter Inhalt eines Behältnisses, denn als Behältnis selbst verstanden wurde, das dazu dient, Bedeutung in einem Kontext zu empfangen.

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  37. Le signe linguistique unit non une chose et un nom, mais un concept et une image acoustique.“ (1916/1969:98)

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  38. Volosinov wird hier als Verfasser von „Marxismus und Sprachphilosophie“ behandelt, obwohl Bizzell/Herzberg die Autorenschaft Michail Bachtin zuschreiben. Bachtins Biografen (Katerina Clark/Michael Holquist, 1984: Mikhail Bakhtin, Cambridge: Harvard University Press) betrachten die Veröffentlichung dieses wichtigen Werkes unter dem Namen seines Freundes Valentin Volosinov als „typical for his lack of personal ambition, his generosity, and his love of practical jokes.” (Bizzell/ Herzberg 1990:924).

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  39. Vgl. auch Clifford Geertz, der (in seinem Aufsatz über „Ideology as a cultural system“) die „somewhat untraditional and apparently paradoxical theory of the nature of human thought as a public and not, or at least not fundamentally, a private activity” umreißt (1964:60).

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  40. Auch auf inhaltliche Regeln der Sprachverwendung ist übertragbar, was Dittmann (vgl. 1976: 175) über grammatische Regeln feststellt: Je standardisierter die kommunikationsstrukturierenden Deutungsmuster, desto weniger ist rational zugänglich, welche `Common-Sense-Elemente’ ihnen zugrundeliegen. Kommunikative Konstitution von Bedeutung ist zwangsläufig intersubjektiv, deshalb besteht der Handlungsaspekt einer Äußerung in der Schaffung eines Ko-und Kontextes, gleich bedeutend mit der Aufstellung der Gebrauchsregel.

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  41. Burke (1897–1993) war Autodidakt. Er lebte, nach gescheiterten Studienanfängen, in Greenwich mit einer Gruppe von Schriftstellern und war als Lektor und Musikritiker tätig, später zog er sich auf eine Farm zurück. Ab 1937 dozierte er an der New School for Social Research; 1943 erhielt er eine Professur als „literary critic“ am Bennington College, Vermont, später Lehraufträge u.a. in Princeton, Harvard, Stanford. Eine Bibliographie sowie eine umfangreiche Sekundärbibliographie finden sich in der Monographie von Robert Wess (1996). Für eine soziologische Einordnung vgl. Duncan (1969), der die Besonderheit von Burkes Ansatz wie folgt umreißt: „Theorists of symbolic meaning, such as Dilthey, Cassirer, Mannheim, Collingwood, and Whorf, discuss the form of symbolic experience not so much as a form of action in society but as a cognition or perception in the mind. Burke taught us how to think about acting in, not thinking about, the world.” (ebd.:260).

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  42. In den einleitenden Sätzen zu „Rhetoric — old and new“ (1951:202) geht Burke davon aus, dass „writing and the criticism of writing” sich mit dem selben Gegenstand, der Kommunikation, befassen. Die „Degradierung“ der Rhetorik, so fährt er fort, sei mit Aufkommen der „ästhetischen Literaturkritik” einhergegangen, ihre Wiederentdeckung als „neue Rhetorik“ hingegen mit dein Aufkommen anderer „neuer Wissenschaften” wie Anthropologie, Sozialpsychologie, Soziologie, Psychoanalyse, Semantik und psychosomatische Medizin, die beobachteten, wie Menschen sich durch einen Baudelaire’schen „Wald aus Symbolen“ bewegten (vgl. ebd.:203). Rhetorik sei, was ein Publikum zu einer praktischen Entscheidung bewege, Poetik hingegen sei das Gefühl der Bewegtheit, wie es etwa beim Beobachten eines Sonnenuntergangs empfunden werden könne (vgl. Burke 1951:204).

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  43. Holocher widmet in seinen „Anfängelnl der `New Rhetoric— den Rhetorikern Ivor A. Richards, der Gruppe („Allgemeine Semantik“) um den konservativen „Südstaatenrhetoriker” und bewussten Platoniker Richard Weaver („Language is Sermonic” 1963; vgl. Johannesen et al. 1970) und schließlich Kenneth Burke jeweils ein Drittel seiner Darstellung. Einflussreich war auch Daniel Fogartys Buch „Roots for a New Rhetoric” (1959/1968).

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  44. Ebenso Austin (1962) in der ersten (ursprünglich 1955 gehaltenen) Vorlesung; vgl. auch Wess (1996, Kap.6).

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  45. The Philosophy of Rhetoric“ geht auf eine Vortragsreihe zurück, die Richards 1936 am Bryn Mawr College gehalten hatte, die aber erst 1965 veröffentlicht wurde.

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  46. Richards weist darauf hin, dass sein Verständnis von Bedeutung dem entspricht, was Whitehead unter „Dinge“ versteht. But indeed no one to whom Berkeley has mattered will be very confident as to which is which.” (ebd.)

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  47. Ähnlich unterscheidet etwa Thomas B. Farrell zwischen allgemeinem und technischem Wissen; vgl. 3.2.3.

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  48. Vgl. auch den Titel eines Aufsatzes Burkes, der 1978 im „Critical Inquiry“ erschien: „(Nonsymbolic) Motion/(Symbolic) Action”. In dem Essay „Definition of Man“ (1966:3–24) definiert Burke den Menschen als „the symbol-using (symbol-making, symbol-misusing) animal”. Parsons (1973:33f) verwendet diesen Ausdruck, um den Menschen als „cultural bearer“ einzuführen. Die symbolischen Produkte menschlicher Kommunikation ergeben nach Parsons ein „system of meaning”: „This system of meaning is the focus of what I mean by a cultural system, but within the framework of orientation to and by meanings and of man as a behaving biological species of organism, I conceive of the social system as the system generated by the fact of the interaction of a plurality of human beings with each other.“

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  49. So die Überschrift, unter der Wess (1996, Kap.3) über „Permanence and Change“ schreibt.

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  50. We over-simplify a given event when we characterize it from the standpoint of a given interest — and we attempt to invent a similar characterization for other events by analogy.“ (ebd.)

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  51. Vgl. auch Berger/Luckmann: „Das Auftauchen einer alternativen symbolischen Sinnwelt ist eine Gefahr, weil ihr bloßes Vorhandensein empirisch demonstriert, dass die eigene Sinnwelt nicht wirklich zwingend ist.“ (1966/1991:116)

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  52. Verstanden als existenzieller Protest „against the universe“ (vgl. Burke 1937/1984:3).

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  53. Acceptance’ and `rejection’ Scho enhauer’s Bejahung und Verneinung km Orip ‘rejection’ (p ~ g g[g.1) then, start from the problem of evil. In the face of anguish, injustice, disease, and death one adopts policies. One constructs his notion of the universe or history, and shapes attitudes in keeping. Be he poet or scientist, one defines the ’human situation’ as amply as his imagination permits; then, with this ample definition in his mind, he singles out certain functions or relationships as either friendly or unfriendly. If they are deemed friendly, he prepares himself to welcome them; if they are deemed unfriendly, he weighs objective resistances against his own resources, to decide how far he can effectively go in combating them. Action’ by all means. (…) Action requires programs — programs require vocabulary. To act wisely, in concert, we must use many words. If we use the wrong words, words that divide up the field inadequately, we obey false cues. We must name the friendly or unfriendly relationships in such a way that we are able to do something about them.“ (1937/1984:3f; meine Herv.)

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  54. Vgl. dazu auch Wess (1996:911), der insbesondere die marxistisch-aristotelischen Bezüge dieses Ansatzes aufzeigt.

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  55. Vgl. auch (339): „To name various manifestations by the same name, is to organize a strategy with reference to these manifestations“, ein Vorgang, den Burke auch als „secular prayer” bezeichnet (vgl. 321–328). — Seine Beispiele bezieht Burke zu einem großen Teil aus der Kirchengeschichte (vgl. auch seine spätere „Rhetoric of Religion“ 11961/19701); so interpretiert er die „Summa” Thomas von Aquins als Versuch, feudalistische Prinzipien im Rahmen der „Familien“-Metapher aufrechtzuerhalten.

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  56. Even if an given terminology is a reflection of reality, its very nature as a terminology it must be a seY g gY n ty. by rY gY lection of reality; and to this extent it must function also as a deflection of reality.“ (1966:45); vgl. aus wissenssoziologischer Perspektive auch Schütz (1970) über das „Problem der Relevanz”. — Aus diesem Grund sind auch Nachrichten zwangsläufig inadäquate Berichte („even in the case of the best reporting”, wie Burke [1951:202] ausdrücklich feststellt), nicht nur aufgrund der Beschränktheit des Mediums und bürokratischer Verfahren der Nachrichtenbeschaffung, sondern aufgrund des notwendig dramatischen Aspekts von Nachrichten. In der Regel werden komplexe Situationen im Hinblick auf Handlungen gedeutet und in „aufrichtiger Selektivität“ (vgl. ebd.) so beschrieben, dass eine bestimmte Einstellung gegenüber dem Gegenstand bereits impliziert ist (vgl. 2.3.1).

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  57. Explizit mit Rhetorik befasst sich Burke zuerst in der Analyse von Propaganda in Hitlers „Mein Kampf` (1939), die in in dem Band The Philosophy of Literary Forms“ (1941/1973:191–220) veröffentlicht wurde.

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  58. Vgl. dazu ausführlich Wess ( 1996; Kap.6), der insbesondere Bezüge zu Austin und Althusser herstellt.

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  59. Vgl. auch das dritte Kapitel in „Language as Symbolic Action“ (1966:44–62): „Terministic Screens”; vgl. Schütz (1970/1982: 185): „Wenn das System der Motivationsrelevanzen erst einmal fraglos gegeben ist, bestimmt es auch das System der thematischen Relevanzen (…).“

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  60. Burke (1951:204) beschreibt das Verhältnis von Rhetorik und Dialektik als eine Bewegung zu „higher levels of generalization“ mit der Rhetorik als Bewegung und der Dialektik als — angestrebter — begrifflicher oder kategorischer Verallgemeinerung: der Definition einer gemeinsamen Identität (vgl. unten).

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  61. Wittgenstein nennt im II. Teil der Philosophischen Untersuchungen (1995:518) die Erfahrung, etwas zu sehen, das sich nicht verändert hat, und es doch anders zu sehen, „das Bemerken eines Aspekts“. Im Laufe einer Debatte „sehen” Sprecher den Gegenstand der Diskussion teilweise anders als zu Beginn, und das Bemerken eines Aspektes kann sie zu einer Modifizierung ihres Sprachspiels veranlassen. — Nach Kienpointner (1992:135–137) kann diese Modifikation sowohl konnotative inhaltliche Aspekte betreffen (Bsp.: Verschiebung der evaluativen Konnotation von „Mann“ und „Frau” durch die Emanzipationsdiskussion; Konnotation der „Bedrohlichkeit“ der Kernenergie im Anschluss an die Reaktorunfälle in Harrisburg und Tschernobyl) als auch denotative, referenzielle Aspekte (vgl. auch 3. 3. 3 ).

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  62. Den Unterschied zwischen „alter“ und „neuer” Rhetorik beschreibt Burke ebenfalls in den Begriffen von Persuasion und Identifikation: „The key term for the old rhetoric was `persuasion’ and its stress was upon deliberate design. The key term for the `new’ rhetoric would be `identification’, which can include a partially ‘unconscious’ factor in appeal.“ (1951:203). Diese „neue Rhetorik” hat, wie Burke betont, „at its simplest“ (ebd.) viele Entsprechungen in der aristotelischen Rhetorik, die Deliberation als Identifikation des Politikers mit seinem Publikum versteht.

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  63. Burke bezieht sich auf Baldassare Castiglionis „II Cortegiano“ („Der Höfling”, 1528) (vgl. 1951:204).

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  64. Vgl. zur Polarisierung von Themen im massenmedialen Diskurses auch oben, 2.3.1.

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  65. Parsons macht das zentrale theoriearchitektonische Problem der soziologischen Annäherung an die Beziehung zwischen sozialen und kulturellen Systemen in der Polarisierung der Diskussion über die Frage zwischen „Realfaktoren“ und „Idealfaktoren” (1973:45; deutsch im Original) aus, die innerhalb soziologischer Erklärungsansätze in der Verwendung der — auch aus naturwissenschaftlicher Sicht überholten — „old biological formulae of heredity and environment“ nachwirkten. Diese Polarisierung habe, und zwar über den marxistischen Einfluss hinausgehend, wie Parsons betont, tendenziell dazu geführt „… to relegate anyone who, like Max Weber, became concerned with the importance and specific role of cultural factors (…) in the process of historic social process to the `idealistic’ school of philosophy of history…” (ebd.). Eine Überwindung des Dilemmas erwartet er aus Ansätzen, die sich in der Informatik und insbesondere der Linguistik entwickelten.

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  66. Vgl. etwa Bitzer (1968); Brinton (1982); Cherwitz (1977); Farrell (1976); McGuire (1980).

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  67. Entsprechend der phronesis als praktischem Wissen.

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  68. Dies setzt, wie Bitzer in einem ebenfalls grundlegenden Aufsatz über die „rhetorical situation“ (1968) darlegt, voraus, dass die historischen Umstände Veränderungen der Situation zulassen und dass das Publikum, wie er später (1978) hinzufügt, aus handlungsfähigen und — trotz gemeinsamer Interessen — voneinander unabhängigen Personen besteht.

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  69. Natürlich ist ein Konflikt erst gelöst, wenn auch Einigkeit über konkrete Handlungen besteht, also nicht nur Übereinstimmung über die Ziele, sondern auch über die Mittel, mit denen sie erreicht werden sollen. Öffentlichkeitstheoretisch kann angenommen werden, dass eine übereinstimmende Bewertung der Einschlägigkeit von zur Debatte stehenden Argumenten Ko-Operationsstrategien nahe legt (vgl. 2.1.1.2).

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  70. When one encounters discourse, one is led by the structured complex forms to formulate in one’s mind a system of ideas or images that, for the moment, constitute one’s awareness of the matter being expressed.“ (Chr. L. Johnstone 1983: 195 ).

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  71. Vgl. Van Eemeren/Grootendorst/Kruiger (1984:37).

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  72. By ‘narration’ I refer to a theory of symbolic actions — words and/or deeds — that have sequence and meaning for those who live, create, or interpret them.“ (1984:2).

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  73. Einen ähnlichen Ansatz formulierte einflussreich auch Wayne Booth (1974).

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  74. Vgl. auch Wittgenstein (Phil. Unt., § 109): „Die Probleme werden gelöst, nicht durch Beibringen neuer Erfahrungen, sondern durch Zusammenstellung des längst Bekannten.“ Kienpointner beschreibt sein Verständnis von „Sprechgemeinschaft” in Anlehnung an Dell Hymes (vgl. Gumperz/Hymes 1972:54) als „ein mehr oder weniger großes Kollektiv von Sprechern, die eine Varietät einer Einzelsprache sowie Interaktionsnormen und Weltwissen bezüglich deskriptiver und normativer Propositionen sowie Verbindungen solcher Propositionen zu Begriffssystemen, Ideologien und Religionen teilen. Schlussregeln sind ein Teil des gemeinsamen Weltwissens in einer Sprechgemeinschaft und werden deshalb in der Argumentation oft als implizite Prämissen vorausgesetzt. (…) Insbesondere weltanschauliche, aber auch generationsspezifische und geschlechtsspezifische Differenzen sind für Subgruppen einer Sprechgemeinschaft charakteristisch.“ ( Kienpointner ebd. ). Vgl. für den Begriff der „interpretive community” auch das Kapitel „Change“ in Fish ( 1989: 141–160 ).

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  75. Gültigkeit ist nicht hinreichend für Plausibilität (vgl. Kienpointner 1992:106): „Auch wenn… angenommen wird, dass Gültigkeit zumindest eine notwendige Bedingung für Plausibilität darstellt, ist jedenfalls mit weiteren Faktoren zu rechnen, die erst in ihrer Gesamtheit hinreichende Bedingungen für die Plausibilität von Argumentationsschemata liefern. Der Beschreibungsbereich der formalen Logik im engeren Sinn ist also unbedingt um Phänomene (z.B. Stereotype von mehr oder weniger großen Sprechergruppen) zu erweitern, die angemessen nur von einer `informalen’, rhetorisch inspirierten Logik (informal’ logic bzw. ‘probative’ logic, vgl. Scriven 1987a, S.15; Johnson 1987; Wenzel 1987) erfasst werden können.“.

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  76. Vgl. auch die „ongoing conversation“ bei Burke (1941/1973:110f).

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  77. So fuhrt etwa der Satz vom ausgeschlossenen Dritten alltagslogisch zu unsinnigen Ergebnissen, wenn zwischen Subjekt und Prädikat keine inhaltliche Relation besteht: Von der Falschheit der Aussage „Vier ist dumm“ kann nicht auf die Wahrheit der Aussage „Vier ist nicht dumm” geschlossen werden (vgl. Kienpointner 1992:58). — Rudi Keller (1975) schlägt daher vor, bei der linguistischen Analyse praktischer Argumentation anstelle der „Wahrheit“ der Proposition ihre Kompatibilität mit kollektivem Wissen zu setzen.

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  78. Vgl. das „semantische Dreieck“ von Ogden/Richards; oben 3.2.1.

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  79. Cicero bewundert diese Methode, die er als „Aristotelius mos“ bezeichnet, in „De oratore” 111 80; De fin V 10 (vgl. Daring 1966:134).

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  80. Habermas übersetzt den Begriff mit „ideales Auditorium“ (1991a:159; 1992:281) und kritisiert das Konzept als zu konkretistisch.

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  81. Ainsi chaque culture, chaque individu a sa propre conception de l’auditoire universel, et l’étude de ces variations serait fort instructive, car elle nous ferait connaître ce que les hommes ont considéré, au cours de l’histoire, comme réel, vrai, et objectivement valable.” (ebd.:42)

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  82. Toulmin/Rieke/Janik (1973) legen in ihrer Lehrbuch-Fassung des Toulmin-Schemas eine in der grafischen Darstellung leicht veränderte Version vor, bei der die Ausgangsargumente, in der ersten Version als „data“ bezeichnet, „grounds” genannt werden.

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  83. Daher seien für Subgruppen einer Gesellschaft „weltanschauliche, aber auch generationsspezifische und geschlechtsspezifische Differenzen” in der Verbindlichkeit bestimmter Schlussregeln charakteristisch (ebd.; vgl. auch 5.4).

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  84. Das Argumentationsschema lässt sich grundsätzlich auch auf normative Propositionen anlegen, deren Richtigkeit (nicht aber Wahrheit, vgl. Habermas 1973b:226f) argumentativ gezeigt werden kann.

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  85. Übertragen auf das oben genannten Beispiel könnte in diesem Sinne argumentiert werden, dass Hannah Smith „presumably” wahlberechtigt ist, „unless she is a noncitizen, a minor, a lunatic, or other disqualified person“ (ebd.).

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  86. Entsprechend den Annahmen über Kommunikation in massenmedialen Öffentlichkeiten (vgl. 2.3; 3.1.3) gehe ich davon aus, dass vernehmbare Äußerungen in der Regel einfach strukturiert und pauschal sind, die Bedingungen, unter denen die vorgebrachten Gründe nicht gelten, also nur selten mitgeliefert werden.

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  87. Als Beispiel führt Degenkolbe die Verbalisierung des Begriffes „Demokratie“ mit der Formel „Herrschaft des Volkes, Souveränität des Wählers” an (vgl. ebd.:335).

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  88. Ähnlich hatte Eugène Dupréel, der Lehrer Chaïm Perelmans, geschrieben, dass die „valeurs universels“ aus soziologischer Sicht nur als „valeurs de persuasion” begriffen werden könnten, als eine „sorte d’outils spirituels totalements séparables de la matière qu’ils permettent de façonner“ (1948:181).

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  89. Die Abhandlung wurde nie verfasst. Gert Degenkolbe verstarb im Alter von 27 Jahren bei einem Autounfall; das Manuskript des hier zitierten Aufsatzes wurde postum durch Ernst Topitsch veröffentlicht.

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  90. Ähnlich definieren Neidhardt und Rucht „Frames“ als „kollektive Deutungsmuster, in denen bestimmte Problemdefinitionen, Kausalzusammenhänge, Ansprüche, Begründungen und Wertorientierungen in einen mehr oder weniger konsistenten Zusammenhang gebracht werden, um Sachverhalte zu erklären, Kritik zu fundieren und Forderungen zu legitimieren.” (1993:308).

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  91. If men define situations as real, they are real in their consequences“, Thomas/Thomas (1928:572); vgl. dazu auch Merton (1995).

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  92. In der Fülle der von Goffman verarbeiteten Literatur findet sich kein Hinweis auf Kenneth Burke, obwohl ein Vergleich mit Burkes „comic“ oder „corrective frame” (vgl. Burke 1937/1984:166–175) nahe gelegen hätte. Burke versteht unter dem „comic frame“ die motivierende Komik des Kollidierens nicht-kongruenter Perspektiven. Sich über die Gebundenheit an Perspektiven bewusst zu sein, erlaube es Menschen „to be observers of themselves, while acting” (ebd.:171). — Zur Beziehung zwischen Burke und Bateson vgl. Simons (1978).

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  93. Charakteristisch ist auch seine Akzentuierung der Prädominanz von Bedeutung, wenn er betont, that the meaning of an object (or act) is a product of social definition and that this definition emerges from the object’s role in the society at large, which then becomes for smaller circles a given, something that can be modified but not totally re-created.“ (ebd:39, Fn.25).

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  94. Snow/Rochford/Worden/Benford verstehen die von Goffman beschriebenen Prozesse der Verständigung darüber „what it is that is going on and why“ (Snow et al. 1986:466; vgl. Goffman 1974:8) als Ergänzung zu objektivistischeren Theorien der Ressourcenmobilisierung sozialer Bewegungen (vgl. auch McAdam 1994:3931), insbesondere hinsichtlich der Teilnehmermobiliserung, die sie als „frame alignment” beschreiben: „Accordingly, a thoroughgoing understanding of the participation process requires that closer attention be given to the interpretation of grievances and other ideational elements, such as values and supportive beliefs.“ (Snow et al. ebd.:466).

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  95. In diesem Sinne bezeichnen David Snow und Robert Benford soziale Bewegungen als „signifying agents actively involved in the framing of events and conditions, and thus in the production of meaning and ideas“ (1988:213).121Gamson beschreibt das Framing des in den 70er Jahren einsetzenden US-amerikanischen Diskurses über Kernenergie und zeigt beispielsweise, dass die bis dahin dominante Deutung „Faith in Progress” durch konkurrierende Deutungen herausgefordert wurde, die ihre Ablehnung von Kernkraft ebenfalls an der Fortschrittsidee festmachten und argumentierten, dass der propagierte Fortschritt nicht gewünscht würde („Soft Path“) oder dass er durch Kernenergie nicht zu erreichen sei („Not Cost-Effective”) (vgl. 1988:234f; Garnson/Modigliani 1989:15f).

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  96. Bekannt ist die Untersuchung von Kahneman/Tversky (1984), bei der Versuchspersonen vor ein Dilemma gestellt wurden: Eine Seuche, so das vorgelegte Szenario, bedrohe die USA und gefährde 600 Menschenleben. Zu entscheiden war zwischen zwei Programmen, die in unterschiedlichen Formulierungen vorgelegt wurden. In der ersten Version bestand die Alternative aus Programm A, bei dem 200 Menschen gerettet werden könnten und Programm B, bei dem mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel 600 Menschen gerettet werden könnten, mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln aber niemand gerettet werden kann. Knapp drei Viertel der Versuchspersonen entschieden sich für Programm A, und nur eine Minderheit für Programm B. In der zweiten Version wurden die Wirkungen der Programme nicht als potenzielle Gewinne, sondern als potentielle Verluste dargestellt. Dabei entschied sich weniger als ein Drittel der Versuchspersonen für Programm A, bei dem 400 Menschen sterben würden, mehr als drei Viertel der Befragten aber für Programm B, bei dem mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln 600 Menschen sterben würden (vgl. ebd.:343). — Iyengar (1991) nennt in diesem Zusammenhang unter anderem eine Studie von McNeil/Parker/Sox/Tversky (1982), nach der die Entscheidung von Ärzten und Patienten hinsichtlich Operation als Mittel der Krebstherapie in Abhängigkeit davon, ob ihnen Sterblichkeits-oder Überlebensraten vorlagen, in gleicher Weise beeinflusst wurden.

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  97. Unter Priming verstehen die Autoren die Gewichtung bestimmter Aspekte bei einer Entscheidungsfindung. Empirisch belegen sie, dass die Beurteilung von US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten und Kon und Wahlentscheidungen betrachten (z.B. Iyengar/Kinder 1987; lyengar 1991; Iyengar/Simon 1993 ). Motivationsunterschiede in Abhängigkeit vom Framing einer Handlung als kostenverursachend oder nutzbringend stellt beispielsweise Joel Davis (1995) anhand eines Vergleichs von Befragungsdaten aus dem Themenbereich des Umweltschutzes fest: Problemdefinitionen, die in Begriffen des Verlustes (der für die gegenwärtige oder zukünftige Generation eintreten würde, falls Maßnahmen unterblieben) gefasst waren, führten tendenziell zur Messung einer höheren Bereitschaft, umweltverantwortlich zu handeln.

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  98. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht kann Framing als „a strategy of constructing and processing news discourse or as a characteristic of the discourse itself` betrachtet werden (Pan/Kosicki 1993:57). In die Konstruktion von Diskursen sind neben interessierten Akteuren wesentlich auch Journalisten involviert, denen die Auswahl von Medienbotschaften obliegt. Sie verwenden Frames, ähnlich wie Nachrichtenwerte (vgl. Gitlin 1980:6; Hall 1982; Fishman 1982) als,journalistische Bewältigungsstrategien“ (Kliment 1994:93), die eine routinisierte Verarbeitung anfallender Informationen und Ereignisse ermöglichen und ihnen als „Fenster” dienen, durch das sie den thematischen Ausschnitt der Welt, den sie bearbeiten, sehen (vgl. Tuchman 1978:1). Dabei orientieren sie sich, ähnlich antiken Rhetoren, an den Erwartungen ihres potenziellen Publikums (vgl. Gamson/Modigliani 1989:9; Gans 1979; vgl. 2.3.1) und ihre Auswahl eines Realitätsausschnitts geht mit einer Einengung der vom Publikum wahrnehmbaren Alternativen einher (Tuchman ebd.; Hall 1980; 1982). Die journalistische Perspektive findet sich in Nachrichtentexten als deren „central organizing idea or story line that provides meaning“ (Gamson/Modigliani 1989:143) wieder und kommt in ihrer grammatikalischen und semantischen Fassung — Gamson und Modigliani fuhren Metaphern, Beispiele, Schlagwörter, Etikettierungen und Bilder als „framing devices” an (ebd.:3) — umso stärker zum Ausdruck, als diese auf Pointiertheit (Iyengar 1991), innere Konsistenz und Faktizität angelegt ist (van Dijk 1988; vgl. Pan/Kosicki 1993:59–62).

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  99. Den Rezipienten der Massenkommunikation werden also keine bloßen Tatsachenbeschreibungen von Ereignissen angeboten, sondern Berichte, die Ereignisse in Kontexte stellen (vgl. 2.2; 2.3). Ihre Aufmerksamkeit wird nicht nur auf bestimmte Sachverhalte (und nicht auf andere) gelenkt, sondern sie folgen dabei zwangsläufig auch der von den Berichterstattern eingenommenen Perspektive (vgl. Tuchman 1978; Hall 1982).105 Rezipientenorientierte „Framing“-Studien untersuchen, inwieweit diese „Decodierungen” (Hall) auch die Bedeutung der thematisierten Gegenstände für die Rezipienten bestimmen (Livingstone 1990). Die kognitionspsychologischen „Framing“-Ansätze konvergieren hier mit Ansätzen der auf Frederick Bartlett (1932) zurückgehenden Schematheorie, die sich mit der Strukturierung von Wahrnehmung gressabgeordneten durch Wähler von Kriterien, insbesondere der Haltung gegenüber spezifischen Problemen, abhängt und diese Kriterien wiederum durch Medienberichterstattung beeinflusst werden (vgl. lyengar 1991: 133 ).

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  100. Freges Fernrohrmetapher (vgl. 3.2.1) folgend wäre ein Journalist der Astronom, der das Teleskop für den neugierigen Besucher positioniert und fokussiert.

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  101. Graber erfasst Schemata zu den Issues Inflation, Steuern, Arbeit, Wohlfahrt, Mittlerer Osten, Ethik, Schulen, Umweltverschmutzung und Energie; innerhalb der Issues unterscheidet sie nach „Themes“ entlang der fünf „Schemadimensionen` Ursache/Wirkung, Personen, Institutionen, Kultur und „Human Interest”. Für das Beispiel der Wohlfahrt etwa wurde „Rezession“ als Ursache-Wirkungs-Schema codiert, Betrug von Unterstützungsempfängern als „personenbezogenes” Schema, mangelnde Kontrolle des Betrugs oder schlechtes Management als „institutionenbezogenes“ Schema, die Förderung von Betrügereien durch die amerikanische Kultur als „kulturbezogenes” Schema und schließlich Mitgefühl mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Wohlfahrtsempfängern als „Human Interest“-Schema (vgl. Graber 1988:188f). Diese inhaltsanalytische, auf Texte der interpersonalen Kommunikation und der Massenkommunikation angewandte Methode bezeichnet sie auch als „gestalt coding ” (dies. 1989: 145 ).

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  102. Dieser Befund ist kompatibel mit der Annahme der Agenda-Setting-Forschung, dass der Medieneinfluss bei obtrusiven Themen, die der direkten Erfahrung der Rezipienten zugänglich sind, stärker ist als bei unaufdringlichen Themen (Zucker 1978; vgl. Eichhorn 1996:30).

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  103. Für das Spektrum der Forschungsansätze unter dem Etikett der kulturellen Indikatoren vgl. Mclischek/Rosengren/Stappers (1984).

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  104. Gerbner 1969. — Rosengren zitiert aus einem Aufsatz, den Gerbncr 1970 verfasst hatte und in dem er als Anwendungsgebiet kultureller Indikatoren die Messung des „prevailing climate of the changing symbolic environment“ mittels einer „analysis of trends in the composition and structure of message systems cultivating conceptions of life relevant to socialization and public policy” beschreibt (Gerbner 1970:69; vgl. Rosengren 1981:257). Neben Kultivierungseffekten („Mainstreaming“) sollten ursprünglich auch die mediensystemischen institutionellen Einflüsse auf die Produktion massenmedialer Aussagen untersucht werden. Den Schwerpunkt der „Cultural-Indicators”-Forschung an der Annenberg-School bildeten in den folgenden Jahren aber die — methodisch umstrittenen — „Violence“-Profile zur Messung der Gewalthaltigkeit von Fernsehangeboten.

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  105. and what is related to what else“, wie er hinzufügt, wenn er den Gegenstand der Massenkommunikationsforschung als die Analyse der Dynamik dieser Repräsentationen fasst (ebd.:54).

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  106. Hervorzuheben ist dabei die Teilstudie des „Cultural Indicators: The Swedish Symbol System (CISSS)“Projektes, die Eva Block anhand der Leitartikel und Aufmacher von fünf Tageszeitungen der Jahre 1945–75 durchgeführt hat. Block zählt anhand einer Stichwortliste die Frequenzen aus, mit der sich die Artikel auf die semantischen Felder „Freiheit”, „Gleichheit“, „Demokratie”, „Sozialismus“, „Sicherheit”, „Arbeitnehmer“, „wirtschaftliches Wachstum”, „Umwelt“ und „staatliche Steuerung” beziehen und zeigt, dass der Begriff der Gleichheit als Maßstab schwedischer Innenpolitik seit 1945 (insbesondere im Vergleich mit dem Begriff der „Freiheit“) zunehmend häufiger herangezogen wurde (vgl. Block 1981; 1984). Pikanterweise ergab die Inhaltsanalyse die höchste Frequenz von Indikatoren für den, vorab entsprechend dem Wertemuster von Milton Rokeach (vgl. Fn. 112) als „sozialistisch” eingestuften, Wert der „Gleichheit“ im Jahr 1975, also gerade zu dem Zeitpunkt, an dem die sozialdemokratische Partei nach 30 Jahren Regierungszeit zugunsten der konservativen Partei abtreten musste. Die Thesen, die am Ende dieses Kapitels formuliert werden (vgl. 3.4), tragen diesem Befund Rechnung und schlagen — ohne sich direkt auf diese Untersuchung zu beziehen — eine Erklärung vor. Die Hypothesen (vgl. 5.2) der Datenanalyse gehen mithin von einer vergleichbaren Entwicklung in der massenmedialen Debatte um den § 218 aus. Als Projekt zur expliziten Wertemessung ist im Kontext der vorliegenden Untersuchung besonders der Ansatz von Sandra Ball-Rokeach und Mitarbeitern (1990) interessant, die Verschiebungen im „value-framing” der Massenmedien, dem „Nervensystem sozialer Konflikte“ (ebd: 256), in der US-amerikanischen Auseinandersetzung um Schwangerschaftsabbruch zwischen Mitte der 60er Jahre und Ende der 80er Jahre theoretisieren und auf eine Veränderung der Organisation von Abtreibungsgegnern und -befürwortern — und nicht auf eine veränderte Bevölkerungsmeinung über das Issue — zurückführen (vgl. 3.4). Unter „value-frame” versteht Ball-Rokeach (in Anlehnung an Goffman, Hall und Snow et al. [1986]) das Kriterium, nach dem Menschen, Ereignisse und Issues bewertet werden (Ball-Rokeach/Rokeach 1987:S184; Ball-Rokeach et al. 1990). Aus einem „shared universe of discourse“ kommend konstituierten Werte die dominierenden Deutungen oder „issue frames” und stellten andererseits der komparativen Analyse zugängliche „frame units“ dar (1990:255). Besondere Erklärungskraft besäßen diese für „matters of contested legitimacy” (ebd.), bei der Austragung von Streitfragen also, innerhalb derer die Konfliktgegner versuchten, ihre Definition der Bedeutung eines Issues in Diskurs und politischem Entscheidungsprozess durchzusetzen und dabei sich selbst, vor allem aber ihre Ansprüche bei der Allokation von Ressourcen, wie hier die Gesetze über die Regelung von Schwangerschaftsabbruch, zu legitimieren. Von der hier vorgeschlagenen Erweiterung um das Element der Kommunikationssituation, in der Wertbezüge keine ästhetischen Beurteilungen bleiben, wie dies bei dem herkömmlichen Verständnis von Werten als Desiderata der Fall ist,112 sondern als praktische Legitimationsinstrumente eingesetzt werden, kann die sozialwissenschaftliche Wertemessung profitieren. Die Erfassung der kommunikationsstrukturierenden Bezugsgrößen des Diskurses wie im Konzept der „value-frames“ erfüllt seiner Anlage nach die Forderung nach einer messtechnischen Berücksichtigung der Benutzung von Werten als Kategorien, entlang derer die Welt kommunikativ strukturiert wird.’ 13

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  107. Milton Rokeach hatte einen Wert einflussreich als,,… an enduring belief that a specific mode of conduct or endstate of existence is personally or socially preferable to an opposite or controverse mode of conduct or end-state of existence“ bezeichnet (1973:5). Der „Rokeach Value Survey” (1973; 1979) ist ein gebräuchliches Instrument der Wertemessung (vgl. Schuppe 1988:19), das auch innerhalb Rosengrens CISSS-Projekt benutzt wurde (vgl. Block 1984; Rosengren 1981:256; Ball-Rokeach et al. 1990:259).

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  108. Ralph K. White, Sozialpsychologe an der Columbia University, Ncw York und ein Pionier der inhaltsanalytischen Wertemessung (White 1947; 1949; vgl. Merten 1995:190–193), hatte bei seiner Konzeption eines Instruments zur inhaltsanalytischen Wertemessung „Wert“ als any goal or standard of judgment which in a given culture is ordinarily referred to as if it were self-evidently desirable (or undesirable)” definiert (1951:13). Sicherheit, so das Beispiel, das White anführt, könne ebenso ein abstraktes Ziel darstellen — etwa beim Überqueren einer belebten Straße — wie als Bewertungsmaßstab für konkrete Objekte fungieren, wenn eine Person oder Gruppe in öffentlicher Kommunikation als gefährlich (und damit die Sicherheit anderer gefährdend) eingeschätzt wird. Attributiv verwendete Werte lösen meist auch starke moralische Konnotationen aus; eine Person oder Nation, die „die Sicherheit anderer gefährdet`, wird moralisch verurteilt: „It would be very artificial, then, to assume that a value must be either a goal or a standard; it is often both.“ (ebd: 14). Vgl. auch 5.3.3.3; Fn. 33.

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  109. Beispielhaft für philosophische Konzepte, die Argumente in der Debatte um den Schwangerschaftsabbruch begründen, nennt Maclntyre (1981:6f; 10) die Argumentation mit Persönlichkeitsrechten und dem Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper als ursprünglich Locke’schem Ansatz, der im Diskurs dem kantivon denen, die von ihnen ausgingen, nicht immer in ihren ursprünglichen Zusammenhängen gesehen würden (ebd.:10).115 So stehen sich in moralischen Kontroversen in der Regel nicht sehen universalistischen Anspruch (die „Goldene Regel“) und dem thomistischen Argument von Schwangerschaftsabbruch als Mord unschuldigen Lebens gegenüber stünde. — Zu den in der bundesdeutschen Debatte kulturhistorisch wirksamen Begründungen der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbruch allgemein vgl. Kapitel 4.

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  110. Die Begriffe und Konzepte, die verwendet werden, veränderten im Laufe der Geschichte ihres Gebrauchs ihre Bedeutung, mit der Folge, „that we simultaneously and inconsistently treat moral argument as an exercise of our rational powers and as mere expressive assertion“ (Maclntyre ebd.).

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  111. Wer gegen „Chancengleichheit“ spricht, wird nicht „Chancenungleichheit” fordern, sondern für „Chancengerechtigkeit“ plädieren (vgl. Liedtke 1994:177). — Offensichtlich wird dies auch anhand der US-amerikanischen Selbstbezeichnungen der Lager im Konflikt um den Schwangerschaftsabbruch als „Pro-Choice”- und „Pro-Life“-Anhänger (vgl. Ball-Rokeach et al. 1990:265).

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  112. Zum Konzept öffentlicher Meinung als Frage kultureller Hegemonie vgl. Gramsci 1967; Gitlin 1980. — Auch aus ethnomethodologischer Sicht erweise sich, so Werner Patzelt, die „Auseinandersetzung um sprachlich fixierte Perspektiven (…) als Kampf um die Durchsetzung politischer Positionen, und was immer unternommen werden kann, um die politische Kommunikation perspektivisch zu prägen (meine Herv.1 oder taktisch zu stören, hat deshalb als Mittel eines Machtkampfes (seine Herv.] zu gelten.“ (1991:159; vgl. ebd.:157).

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  113. Manfred Kienpointner (vgl. ebd.) erwartet einen „semantischen Austausch“ zwischen „antagonistischen Gebrauchsunterschieden” in der Bezeichnung öffentlicher Streitfragen, der im Idealfall mit einer Modifikation und Synthese der involvierten Stereotype einhergehe. In diesem Sinne argumentiert beispielsweise eine Studie des Soziologen Beat Fux (1991), dass politische Verständigung mittels strategischen Handelns gerade durch die Orientierung der in Entscheidungssituationen konkurrierenden rationalen Akteure am Dissens bestünde, die durch das „politische Redehandeln“ ein „dynamisches Gleichgewicht” erzeugten. Fux untermauert diese Annahme durch eine Inhaltsanalyse von Schweizer Parlamentsdebatten über Zivilschutzmaßnahmen 1971/72 und 1983. Danach haben die beiden wichtigsten Fraktionen, die bürgerlich-rechtsliberalen Parteien und die parlamentarische Linke den (lebensweltlichen oder systemintegrativen) Bezug ihrer Argumentationen zwischen der ersten und der zweiten Debatte gewissermaßen ausgetauscht, die Wahl der Argumente der Akteure ließe sich also aus der „dissensualen Relation“ der Akteure zueinander erklären (vgl. ebd.: 212; 236f0.

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  114. Vgl. aus umgekehrt sprachorientierter historischer Perspektive Brunner/Conze/Koselleck (1972ff), Koselleck (1979), die im Sprachgebrauch sowohl Indikator als auch Faktor gesellschaftlicher Strukturen sehen.

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  115. Der Diskurs-Begriff wird dabei allerdings nicht „ausdrücklich reklamiert“ (Jung 1994:12). Matthias Jung definiert Diskurs als die „Gesamtheit der Beziehungen zwischen thematisch verknüpften Aussagekomplexen” (1996:463). Zu Konvergenzen dieses operationalen Diskursbegriffs (vgl. auch Klein 1995:16) mit diskurstheoretischen Ansätzen wie dem von Siegfried Jäger, der unter Diskurs den sozial tradierten Fluss von Wissen durch die Zeit versteht (und unter Wissen „das gesamte Repertoire von Bedeutungen, das verwendet wird, um Wirklichkeit zu kennzeichnen [oder zu forment)“ (Jäger 1996:392) vgl. Hermanns 1994; Böke 1996.

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  116. Mit diesem Wort Fritz Mauthners betitelte Hans Jürgen Heringer 1982 seine empfehlenswerte Sammlung sprachkritischer Aufsätze, in deren Einleitung Heringer die historische Dimension unterschiedlicher Lösungen des Paradoxons, dass Sprachkritik Kritik am Sprechen und an den Sprechern mit den Mitteln der Sprache ist, aufzeigt (1982a:32).

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  117. Vgl. dort insbesondere Kapitel 10 („Kritisches Sprachbewusstsein auf dein Prüfstand“) und Kapitel 8 über Konstruktionen von Zusammenhängen zwischen „Macht, Moral und Manipulation”.

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  118. Zu germanistischen Sprachbeschreibungen als Topoi politischer und journalistischer Sprache vgl. den Vorschlag einer Typologie bei Martin Wengeler (1996).

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  119. Als das „interessanteste Einzelbeispiel für die klischeehafte Verfestigung der Sprachkritik in den 80er Jahren“ rekonstruiert Jung den diskursgeschichtlichen Bedeutungswandel des Begriffs „Entsorgungspark”. Diese Vokabel habe Mitte der 70er Jahre in der Fachkommunikation zeitlich begrenzt eine marginale Rolle gespielt und sei im öffentlichen Sprachgebrauch seit Ende der 70er Jahre nachzuweisen. Für die 80er Jahre, in denen es zu einem „Sturm der Entrüstung“ über den vermeintlich aktuellen Euphemismus gekommen war, gibt es aber praktisch keine Belege einer unkritischen Verwendung dieses Begriffs in der Öffentlichkeit (ebd.: 112–115; 152f).

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  120. In seinem Bericht auf dem 22. Parteitag der CDU sprach ihr damaliger Generalsekretär Kurt Biedenkopf engagiert über die „Revolution“ der Gesellschaft durch die Sprache: „Statt der Gebäude der Regierung werden die Begriffe besetzt, mit denen sie regiert.” (1982:191). Seine Rede führte zur Gründung der „Projektgruppe Semantik” der CDU, aus der eine Reihe sprachkritischer Arbeiten hervorgingen oder angeregt wurde (z.B. Kaltenbrunner 1975; Bergsdorf 1978); entscheidende Impulse erhielt die Diskussion um die Sprachherrschaft linker Intellektueller auch durch Schelsky (vgl. 1975). Vgl. Behrens/Dieckmann/Kehl (1982); vgl. auch die Beiträge über „strategischen politischen Sprachgebrauch“ in Liedtke/Wengeler/Böke (1991), darin speziell zur Biedenkopf-Metapher und dem „semantischen Kampf` der CDU die Beiträge von Josef Klein und von Fritz Kuhn. — Josef Kopperschmidt (1995b) findet Techniken der Bedeutungsmodellierung von „Hochwertwörtern”, die dann in „der eigenen ideologischen oder politischen Programmatik gleichsam nur noch ihre authentischen Übersetzungen zu finden scheinen“ und „zugleich für den ideologischen oder politischen Gegner als Mittel seiner Selbstbeschreibung systematisch unbrauchbar gemacht” werden, bereits bei Augustinus als „Usurpation“ und „Okkupation” öffentlicher Sprache beschrieben (ebd.:189).

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  121. Topitsch beruft sich auf die Klage des athenischen Historikers Thukydides (471–400 v. Chr.) über die den Sophisten angelastete Verwilderung der politischen Sitten (vgl. auch Boyd White 1984 [59–92D; die bewusste Verwendung von Begriffen in abweichender Bedeutung sei kennzeichnend für gesellschaftliche Umbrüche (vgl. Topitsch 1984: 29 ).

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  122. Auch hier schreibt Boyd White ganz ähnlich, dass Wörter wie „Ehre“, „Würde”, „Privatheit“, „Ehe”, „Kind“, „Universität” und ähnliche keineswegs Teile eines geschlossenen Systems seien, aus dem ihre Definitionen dann abgeleitet werden könnten. Als instrumenteller Effekt ihrer mündlichen und schriftlichen Benutzung wandle sich ihre Bedeutung mit ihren Kontexten: They operate indeed in part as gestures, with a meaning that cannot be restated“ (1984:11). — An anderer Stelle vergleicht Topitsch „Leerformeln” mit den „Derivationen“, wie Vilfredo Pareto die Schein-Rechtfertigungen und Pseudo-Argumente nannte, die der Durchsetzung von vorausgesetzten moralisch-politischen Wertungen dienen (vgl. Topitsch 1961:38f; vgl. Topitsch 1960). Topitschs Beschreibung ihrer Verwendung im Diskurs drängt den Vergleich mit den Topoi der antiken Rhetorik geradezu auf: „Da zwischen den Derivationen und den jeweiligen Willenszielen nur ein scheinbarer Zusammenhang besteht, kann ein und dasselbe Pseudo-Argument in den Dienst der verschiedensten, einander oft schroff widersprechenden Wertungen gestellt werden…” (vgl. 3.3.1).

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  123. Als bewusstes Vorgehen zur Verschleierung von Absichten und Täuschung von Adressaten in der politischen Sprache nennt Wolfgang Teubert (1989) den Gebrauch von „Vexierwörtern“, also die Verwendung eines Wortes auf der Grundlage einer bestimmten Normierung, aber slit einer anderen als der etablierten Bedeutung. Zum Vexierwort werde etwa das Wort „Arbeitslose”, wenn es nur auf diejenigen Menschen referiere, die sich innerhalb der „letzten drei Monate“ als Arbeitssuchende hatten registrieren lassen, diese Normierung den Adressaten einer Aussage über Arbeitslosenquoten aber unbewusst bliebe (Teubert 1989:521).

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  124. Louis Wirth beschreibt 1948 in seiner Präsidentschaftsansprache vor der American Sociological Society in Anlehnung an Burke diese Tendenz als „Säkularismus“ öffentlicher Meinungsbildung unter den Bedingungen moderner Demokratie: „The symbols and slogans that formerly were characteristic of one party become mingled with those of others in order to woo more effectively the greatest number of adherents. Ideas and ideals that formerly stood for one set of objectives come to be perverted and diluted until they can comprise objectives which formerly seemed incongruous labels under which men formerly united not only no longer differentiate parties but actually can come to have the most contradictory content in order to appeal to all parties,” (1948:7 (meine Herv.)l; vgl. Fn.65).

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  125. Zur Diffusion von Vokabeln wie „Umwelt“ oder „Ökologie” vgl. Jung (1995; hier: 672).

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  126. Eine Behauptung, die, wie Eugenio Coseriu schreibt, oft zitiert wird, „in den meisten Fällen jedoch, um sie rasch wieder zu vergessen und sich in die Sprache als cpyov zu flüchten.“ (1958/1974:371). — Zu den aristotelischen Wurzeln dieser Unterscheidung vgl. Coseriu (ebd.:391).

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  127. Eugenio Coseriu, dessen Argumentation, dass Sprachwandel nicht angemessen kausal erklärt werden könne, da er Ergebnis laufender Übernahme und Auswahl sprachlicher Varianten sei (1958/1974), Keller adaptiert, hatte sich freilich explizit gegen die Gleichsetzung von Markt und Sprache gewandt (vgl. Keller 1990/1994:70). Coserius Ausgangspunkt ist die in der Nachfolge de Saussures linguistisch gepflegte Antinomie zwischen Diachronie und Synchronie. Diese sei, wie Coseriu schreibt, einerseits auf die Unterscheidung zwischen Sprache und (aktueller) Rede zurückzuführen, die de Saussure nicht konsequent als situationsgebunden und damit historisch herausgearbeitet habe, andererseits aber auf die enge Anlehnung an die Soziologie Durk-heims, den de Saussure zwar nicht namentlich erwähne, dessen Lehre des „fait social“ (vgl. Durkheim 1924; zu sozialen Repräsentationen als Deutungsmuster gesellschaftlicher Kommunikation vgl. im Anschluss Moscovici 1961/1976; 1995; vgl. Flick 1995) er jedoch bis ins Detail auf die Sprache übertrage, einschließlich der Annahme, dass diese in einem Kollektivbewusstsein bestünde und damit, wie das Zahlungsmittel Geld, sowohl außerhalb der Individuen liege als auch von ihnen unabhängig sei (vgl. Coseriu 1958/1974:25–34). Sprache, so Coseriu, sei zwar ein „fait social”, aber eine prinzipiell andere soziale Institution als etwa das Währungssystem und in einem ursprünglicheren Sinn die Grundlage alles Sozialen: Sie werde von Individuen „als `auch anderen zugehörig’ erkannt oder mit diesem Vorsatz geschaffen“ und gehe damit über das Individuum hinaus, sei ihnen aber nicht äußerlich, sondern vielmehr dialogisch oder „inter-individuell`; sie sei übertragbares Wissen und damit Kultur, wie Coseriu mit Verweis auf Dewey schreibt (ebd.:36; 52). Da Sprache nur im Sprechen, eben als schöpferische Tätigkeit, existiert, könne sie zwar nicht von, aber sehr wohl durch Einzelne verändert werden, wenn deren individuelle Neuerungen von anderen Sprechern übernommen würden: „Der Sprachwandel ist nichts anderes als die ständige historische Objektivicrung des schöpferischen Charakters der Sprache.” (ebd.:5).

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  128. Damit wird gleichzeitig unterstellt, dass die Bedeutung nicht zugewiesen wird: Der massenmediale Diskurs über die Reform des § 218 StGB bezog sich nicht explizit auf die Frage, was denn nun „Selbstbestimmung“ überhaupt bedeute.

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  129. Dies entsprechend dem Rokeach Value Survey, nach dem „Obedience“ zur Verwirklichung der „Zielwerte” „Familial Security: taking care of loved ones“ oder zu „Salvation: saved, eternal life” instrumentell bewertet sein kann (vgl. Rokeach 1973; 1979).

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  130. Dcr damit angesprochene Aspekt der „MSD (’Media System Dependency’)-Theory“ wird hier nicht weiter ausgeführt (vgl. Ball-Rokeach/De Fleur 1976; Ball-Rokeach 1989).

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  131. So Ball-Rokeach et al. (1990:262) in Anlehnung an Snow et al (1986).

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  132. Lise Togeby (1995) kommt bei einem Vergleich feministischer Einstellungen in Dänemark vom Ende der 70er bis zum Ende der 80er Jahre zu dem Befund, dass diese zwar zunehmende Verbreitung gefunden hätten, ihr Einfluss auf das politische Verhalten aber gleichzeitig abgenommen habe. Mit der Diffusion des Feminismus und seiner teilweisen Inkrementierung sei gleichzeitig seine Entpolitisierung einhergegangen, die Frauenbewegung habe sich gewissermaßen „zu Tode gesiegt“.

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  133. Doris Graber (1981:201) spricht in diesem Zusammenhang von einem „Halo Effect” der involvierten Werte. Snow et al. (1986:469) beschreiben den Prozess der Dcutungsdchnung als „value amplification“. — Vgl. auch die entsprechende Literatur der Agenda-Building-Forschung, z.B. Cobb/Elder (1983) sowie die von Burke skizzierten Konzepte des „secular prayer” und des „casuistic stretching“ (vgl. 3.2.2).

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  134. Zu Leerformeln und Sprache im Wahlkampf vgl. Gruner (1991:34).141 Die nur negativ komplementäre (hier im Übrigen nicht weiter zu untersuchende) Argumentation, die zur Stützung der Forderung nach einer Beibehaltung oder Verschärfung des § 218 (C) anführt, dass Schwangerschaftsabbruch Tötung ist (W), da der Fötus lebendig sei, die wissentliche Tötung von Leben aber (verbrecherischer) Mord (B) sei, kann dazu offenkundig nicht geeignet sein, solange sie nicht, wie von Ball-Rokeach für die späteren Phasen der US-amerikanischen,,Abortion“-Debatte vermutet, mit positiven Deutungen unterfüttert wird.

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Franz, B. (2000). Die Rhetorik öffentlicher moralischer Auseinandersetzungen. In: Öffentlichkeitsrhetorik. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99244-4_3

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