Zusammenfassung
Auch die Wörter „Wissenschaft“, „scientia“, „science“ sind irgendwann einmal erstmals verwendet worden. Da wir aber annehmen dürfen, daß sie nicht die ersten Ausdrücke innerhalb ihrer Sprachen waren, können wir behaupten, sie seien irgendwann einmal von irgend jemand in eine bereits bestehende Sprache eingeführt worden. Sie wurden jedoch nicht als sinnleere Zeichen oder als bloße Buchstabenfolgen eingeführt, sondern als mit Bedeutung versehene Zeichen. Mit anderen Worten, es wurde mehr oder weniger klar angegeben, in welcher Weise dieser Ausdruck verwendet werden sollte. So wie wir uns aber die Sprachentwicklung vorstellen dürfen, ist anzunehmen, daß in vielen Fällen die Verwendungsregeln nicht ausdrücklich angegeben wurden oder daß die mit dem Ausdruck jeweils verbundene Bedeutung nicht immer völlig klar und deutlich gemacht wurde. Diese Bedingung wird weit eher von Ausdrücken sogenannter wissenschaftlicher Sprachen erfüllt, die mit expliziten Bedeutungsregeln für ihre Ausdrücke arbeiten und die Eigenheiten der nicht eigens für den wissenschaftlichen Gebrauch geschaffenen Sprachen, z. B. Vagheit und Mehrdeutigkeit, zu vermeiden suchen 1).
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Literatur
Vgl. dazu W. Stegmüller: Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie. 3. Aufl. Stuttgart 1965. 361, 365 f., ferner: F. v. Kutschera: Elementare Logik. Wien 1967. 7.
Das gilt auch für die Nachsilbe „… schaft“, denn sie erfüllt ebenfalls eine bestimmte Funktion in der deutschen Sprache, und zwar auf Grund getroffener Festsetzungen. Vgl. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 17. Aufl. Berlin 1957. 866 f.
Ziehen wir zum Vergleich das Wort „Philosophie” heran. Auch hier kann jede Bedeutung oder Verwendungsweise, also jeder einzelne Philosophiebegriff, als eine komprimierte Formel für Methoden und Untersuchungsgegenständelaufgefaßt werden, mit denen sich die Philosophie gemäß der Überzeugung der einzelnen Benützer des Wortes Philosophie befassen muß. Dazu R. Wohlgenannt: Untersuchungen zum Begriff der Philosophie. Innsbrucker Diss. 1960.
A. Feigl: Operationism and Scientific Method. In: Readings in Philosophical Analysis. (H. Feigl/W. Sellars,Eds.) New York 1949. 499.
Dagegen Fr. G. Jünger: Sprache und Kalkül. In: Die Künste im technischen Zeitalter. Darmstadt 1956. 86 ff. Vgl. J. Grimms Vorrede zu seiner Deutschen Grammatik. Zum Problem der Vagheit vgl. das Kap. „Genauigkeit — Intersubjektive Verständlichkeit“.
Zwei Auffassungen stehen einander gegenüber oder ergänzen einander: 1. „Moderne Wissenschaft begründet ihren Wissenschaftscharakter nicht durch ihre Resultate, sondern einzig und allein durch die wissenschaftliche Arbeit“ (A. Diemer: Was heißt Wissenschaft? Meisenheim/ Glan 1964. 31) und 2. „Wissenschaft ist ein Gesamt von Sätzen über einen thematischen Bereich, die mit diesem in einem Begründungszusammenhang stehen” (a. a. 0. 67). “First we shall consider science as a process of inquiry; that is, as a procedure for (a) answering questions, (b) solving problems, and (c) developing more effective procedures for answering questions and solving problems… Science is also frequently taken to be a body of knowledge.” (R. Ackoff,S. K. Gupta, J. S. Minas: Scientific Method optimizing applied research decisions. New York 1960. 1.) Vgl. dazu auch R. S. Rudner: Philosophy of Social Science. Englewood Cliffs, N. J. 1966. 7 ff. Rudner gebraucht den Ausdruck „process-product ambiguity“ zur Bezeichnung der Probleme, die sich daraus ergeben, daß unter „Wissenschaft” sowohl eine Tätigkeit, eine bestimmte Art des Vorgehens, als auch das Ergebnis der Anwendung bestimmter Methoden und Techniken verstanden werden kann. “… it is important to distinguish between science-as-product and science-as-process. In particular, it must be noted
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Wohlgenannt, R. (1969). „Was ist Wissenschaft?“. In: Was ist Wissenschaft?. Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie, vol 2. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99161-4_4
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