Zusammenfassung
Im allgemeinen versteht man unter Negation weniger eine syntaktische Kategorie, das heißt, eine Klasse von Formen, die durch ihre Stellung in der Ausdrucksstruktur von Sätzen ausgezeichnet ist, als vielmehr eine prinzipiell semantische Erscheinung, eine Kategorie des Mitzuteilenden, die sich in unterschiedlichen Ausdrucksformen manifestiert. Man sagt etwa, daß ein Sachverhalt ‘verneint’ oder ‘negiert’ wird (d.h. in Abrede gestellt wird), man spricht von ‘negativen Urteilen’, ‘negativen Beurteilungen’ oder ‘Definitionen ex negativo’, und man sagt, daß eine bestimmte Äußerung die ‘Negation’ oder ‘Verneinung’ einer bestimmten anderen Äußerung sei.
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Literatur
Die pragmatisch verschiedenen Rollen von positiven und negativen Sätzen wurden von K.E. Heidolph (1967) hervorgehoben. Er betrachtet die Negationspartikel als Ausdruck “eines Befehls, die mentale Operation zu stoppen, die der Bedeutung des entsprechenden positiven Satzes entspricht.”
Vgl. hierzu E. Benveniste (1966, 84): “La caractéristique de la négation linguistique est qu’elle ne peut annuler que ce qui énoncé, qu’elle doit poser explicitement pour supprimer, qu’un jugement de non-existence a nécessairement aussi le statut formel d’un jugement d’existence. Ainsi la négation est d’abord admission.”
Die Darstellung der Negation in den neueren Arbeiten zur Logik läuft im allgemeinen darauf hinaus, daß die Verwendung der Negation sich aus den axic-matischen Voraussetzungen der verschiedenen formalen Sprachen ergibt, sie damit also nicht allgemein, sondern nur für das jeweilige System definiert werden kann. Vgl. hierzu etwa das Kapitel ‘Negation’ bei H.B. Curry (1963, 255–310, bes. die Sektionen C bis S). Ein Vergleich zwischen der Negation im Niederländischen und der Negation im Klassenkalkül und in der Prädikatenlogik wurde von A. Kraak (1966, 175 ff.) ansatzweise durchgeführt.
Damit soll nicht der Wert von geschlossenen Darstellungen der deutschen Sprache angezweifelt werden. Arbeiten wie O. Behaghels Deutsche Syntax (1923–32), wie H. Brinkmanns Die deutsche Sprache (1962), wie H. Glinz’ Die innere Form des Deutschen (1965) oder wie die Duden-Grammatik (1966) bieten eine Fülle von Fakten und Beobachtungen, die in ihrem Umfang von den ‘formalen’ oder ‘strukturalen’ Untersuchungen nicht annähernd erreicht werden.
Unter Quantifikatoren verstehe ich Formen wie einige, mehrere, alle etc. und die Numeralia.
Auf einige Arbeiten dieser Gruppe in der Reihe Studia Grammatica wird später noch eingegangen.
Um eine ausführliche Diskussion der Begriffe ‘Wort’ und ‘Morphem’ zu vermeiden, werde ich im folgenden weitgehend die Bezeichnung ‘Form’ verwenden.
Eine vergleichende Untersuchung der Affixnegation (vor allem im Englischen, Deutschen und Russischen) wurde von K.E. Zimmer (1964) angestellt. Vgl. hierzu die Rezension von H. Marchand (1966).
Die Trennung zwischen linguistischer und psychologischer Sprachenanalyse läßt sich letztlich nicht halten. Sie ist hier nur methodisch begründet. Der Versuch einer psycholinguistischen Darstellung der Negation wurde von B.F. Skinner (1957, 322 ff.) unternommen.
Gemeint sind zwei Nasale mit vorausgehendem Kehlkopfverschluß.
Einen groß angelegten Versuch, sprachliche Ausdrucksformen in einen Zusammenhang mit nicht-sprachlichen Verhaltensformen zu bringen, stellt das Werk von K.L. Pike (1967) dar. Dort finden sich viele Beispiele wie das oben angeführte (u.a. 30 f., 121 ff.). Die Crux bei der Darstellung von Invarianten (‘emic units’) für sprachliehe und außersprachliche Ausdrucksformen liegt meines Erachtens darin, daß sich hierfür kaum ein deskriptives Vokabular finden läßt, das sich nicht an die natürliche Sprache anlehnt.
Die bisher einzige Arbeit über Kontextbeziehungen zwischen Sätzen in einer transformationalen Grammatik des Deutschen von K.E. Heidolph (1966) nennt zwar einige Bedingungen, liefert aber keinen Formalismus, der angibt, wie diese Bedingungen von einem Satz auf den anderen übertragen werden.
Die Sätze sind jeweils innerhalb eines Kapitels fortlaufend numeriert. Über die Kapitelgrenzen hinaus wird nicht auf Beispiele verwiesen.
Damit soll das Vorhandensein eines grammatischen Standards, an den sich verschiedene Sprecher in unterschiedlicher Weise halten, natürlich nicht geleugnet werden.
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Stickel, G. (1970). Einleitung. In: Untersuchungen zur Negation im heutigen Deutsch. Schriften zur Linguistik, vol 1. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99026-6_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99026-6_1
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
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