Zusammenfassung
Nachdem oben dargestellt worden ist, daß die Banken auf Grund des Innenverhältnisses zu ihren ermächtigenden Kunden nicht gehindert sind, sich bei der Stimmrechtsausübung durch Unterermächtigte und durch Unterbevollmächtigte “vertreten” zu lassen, fragt sich, ob § 114 AktG dem entgegensteht und damit die Lösung der besonderen Interessenkonflikte, die bei der Stimmrechtsleihe auftreten, ermöglicht. Diese Frage hat heute hinsichtlich der Zulässigkeit von Unterermächtigungen wohl nur noch theoretische Bedeutung, da der Bundesverband des privaten Bankgewerbes selbst der Ansicht ist, daß Unterermächtigungen an dritte Banken nicht erteilt werden dürfen und dies auch in seinen Grundsätzen ausgesprochen hat 1). Es kann davon ausgegangen werden, daß die Praxis sich an diese Grundsätze hält, und zwar auch insoweit, als die Banken nicht dem Bundesverband angeschlossen sind. Wenigstens läßt sich nicht feststellen, daß einzelne Banken eine andere Praxis in dieser Frage üben 2).
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Literatur
Vgl. Anhang III, Ziff. I Abs. 2 der Ergänzung von 1955.
„Verdächtig“ ist freilich die Tatsache, daß die großen Banken in ihren eigenen Hauptversammlungln stets über einen so erheblichen Fremdbesitz verfügen daß es ihnen möglich ist, selbst die Mehrheit zu repräsentieren. Siehe hierzu S. 124 f. Hier liegt die Vermutung nahe, daß in diesen Fällen die großen Banken sich die Mehrheit auch mit Unterermächtigungen verschaffen. Behauptet werden kann dies jedoch nicht. Eine andere Erklärung hierfür gibt Möhring, S. 103.
Gadow, § 114 Anm. 24, Schlegelberger-Quassowski, § 114 Anm. 14, Teichmann-Köhler, § 114 Anm. 5, Berger in JW 1938/1444 f., Quassowski, in Soziale Praxis 1938/157, Ritter, § 114 Anm. 6 b, Hueck, AktG, § 114 Anm. 6 B.
Godin, AktG, § 114 Anm. 15, derselbe, Depotstimmrecht, Breska in Bankarchiv, 37. Jahrgang, S. 1 ff. (6). Siehe jedoch auch Breska, Legitimationszession, S. 290, 291, wo er seine frühere Ansicht offenbar nicht mehr aufrechterhält.
Straffrei würde dagegen die Bank ausgehen, welche eine Unterermächtigung erteilt, da diese ja das Stimmrecht gem. § 114 Abs. 4 AktG ausüben dürfte, mithin nicht unter § 300 Ziff. 3 AktG fiele. Da auch Ziff. 1 und 2 des § 300 AktG keine entsprechenden Strafnormen enthalten und auch sonst keine Bestimmungen bestehen, aus welchen sich eine Strafbarkeit der ermächtigenden Bank ergäbe, liegt hier eine Lücke des Gesetzes vor, denn die unzulässigerweise unterermächtigende Bank ist doch ebenso strafwürdig wie die unterermächtigte Bank. Diese Lücke kann aber im Hinblick auf das Verbot von Rechtsanalogien im Strafrecht (vgl. Schönke, a. a. O., § 2 Anm. VII) nicht geschlossen werden. Der Umstand der Straflosigkeit besagt jedoch nichts für die Frage der zivilrechtlichen Zulässigkeit, wie offenbar Godin, Depotstimmrecht, S. 123, meint, denn solche Auslegungsgrundsätze sind unserer Rechtsordnung fremd.
Godin, Depotstimmrecht, S. 117 ff.
Vgl. etwa Hueck, AktG, § 114 Anm. 6 C.
Breska, a. a. O., S. 6.
Gadow, § 114 Anm. 23, Hueck, AktG, § 114 Anm. 6 B.
Siehe hierzu S. 96 f.
Zur Nichtigkeit von Umgehungsgeschäften vgl. BGH in LM § 134 BGB Nr. 19, wo sich das Gericht der in Literatur und Rechtsprechung herrschenden Ansicht anschließt und Umgehungsgeschäfte dann für nichtig erklärt, wenn sie gegen ein Verbotsgesetz verstoßen, welches einen bestimmten praktischen Erfolg verhindern wolle, nicht aber dann, wenn das umgangene Verbotsgesetz lediglich bezwecke, eine bestimmte Geschäftsform vom Rechtsverkehr auszuschließen.
Siehe hierzu S. 48 f.
Vgl. Gadow, § 114 Anm. 25, Schlegelberger-Quassowski, 3. Aufl. § 114 Anm. 17, Godin, § 114 Anm. 15, Ritter, AktG, § 114 Anm. 6 b.
Zit. nach Klausing, AktG, S. 100.
Gadow, § 114 Anm. 32, Ritter, AktG, § 114 Anm. 6 a, Godin, AktG, § 114 Anm. 14.
Der Effekt von Unterermächtigungen deckt sich nur teilweise mit dem von Untervollmachten. Denn die bevollmächtigte Bank handelt immer im Namen der vollmachtgebenden Bank, welche auch im Teilnehmerverzeichnis (§ 110 AktG) eingetragen wird. Das Vollmachtsverhältnis ist also offenbar, und es kann bei den Beteiligten kein Irrtum auftauchen über die tatsächliche Depotmacht einer Bank, so daß zumindest von der Zahl der Depotstimmen keine falschen Rückschlüsse auf die Größe der Aktiendepots einer Bank und damit auf die Bedeutung dieser Bank für die Gesellschaft gezogen werden können. Hierin liegt aber gerade ein wesentlicher Nachteil der Stimmenleihe mittels Unterermächtigung. Da die unterermächtigte Bank im eigenen Namen abstimmen kann, ist es möglich, durch das Ausleihen der Stimmen zu verschleiern, wie verstreut die Aktien liegen, ob in der Hand von Großaktionären oder einer Vielzahl kleinerer Aktionäre. Die Gesellschaften können also hierüber wie auch darüber, ob die Depotstimmen einer Bank im Einzelfall sich aus effektiven Depotaktien oder aus ausgeborgten Stimmen zusammensetzen, ob also mit einem normalen Interesse der abstimmenden Bank oder mit einem besonderen, das Ausleihen der Stimmen erklärenden Interesse zu rechnen ist, getäuscht und damit in eine Unsicherheit versetzt werden, die der Gesellschaft wenig förderlich ist. Da diese Gefahren bei der Erteilung von Untervollmachten durch die ermächtigten Banken nicht bestehen, widerspricht deren Zulässigkeit auch nicht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, den Gefahren der Stimmrechtsleihe vorzubeugen.
Siehe oben S. 137.
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Busse, A. (1962). Die Regelung der aus der Interesselosigkeit folgenden Konflikte. In: Depotstimmrecht der Banken. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98752-5_7
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