Zusammenfassung
Bei dem Depotstimmrecht gibtes drei Beteiligte: die Banken als diejenigen, welche die Stimmrechte ausüben, die Unternehmen als die “Objekte” der Stimmrechtsausübung und die Aktionäre als die Inhaber der Stimmrechte. A lie drei Beteiligten sind in bezug auf das Stimmrecht Träger selbständiger Interessen, die in den Hauptversammlungsbeschlüssen, über die abgestimmt wird, ihren NiederschUg finden oder beider AuslibungdesStimmrechts wirksam werden oder werden sollten. Um das Spannungsfeld der verschiedenen Interessen deutlich zu machen, 1st es notwendig, die Interessen der einzelnen Beteiligten darzustellen. Diese Beschreibung kann jedoch nicht erschöpfend sein, da die möglichen Interessen, die auftreten können, zu mannigfaltig sind, als daß man sie sämtlich in einer allgemeinen Untersuchung erfassen könnte.
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Literatur
Zum folgenden audi Mestmäcker, S. 242 ff.
Daß sich hier eine Bank oft für das eine oder andere Unternehmen entscheiden muß und dieser Entscheidung dann durch Kreditkündigungen u. a. Nachdruck verleihen kann, lehrt das Beispiel der Firma Siemens und der Bergmann Elektrizitäts-Werke; siehe hierzu Hagemann, S. 170.
Vgl. z. B. die Notiz in der Süddeutschen Zeitung Nr. 246 vom 14.10.1958, S. 12, über den Erwerb der Hapag-Majorität durch die Deutsche Bank, wobei vermutet wird, „daß die Deutsche Bank ihren Hapag-Einfluß zu einer noch umfangreicheren Transaktion aufbieten will mit dem Ziel eine solide Grundlage für die bundesdeutsche Seeschifffahrt zu schaffen“.
Rathenau, S. 26, teilt alle Aktionäre, also nicht nur die Kleinaktionäre, in Dauer- und Spekulationsaktionäre ein, während Kaernbach, S. 20 ff., bei den Aktionären die Unternehmens- und Gelegenheitsaktionäre unterscheidet, wobei er als Unternehmensaktionäre jene bezeichnet, die einen Einfluß auf die Verwaltung ausüben wollen. Diese Einteilung erscheint nicht glücklich, weil der Spekulationsaktionär, der doch ganz besondere Interessen hat, die sich von denen der anderen Gruppen deutlich unterscheiden, nicht in die ses Schema paßt.
Linhardt, Depotstimmrecht, S. 175, will die Interessen der Anlageaktionäre noch weiter aufspalten, je nachdem, ob es sich um Mittelständler, Handwerker, Industrielle usw. handelt und um welche Entscheidung es bei dem Hauptverhandlungsbeschluß geht. Er muß aber dann selbst zugeben, daß bei einer solchen Betrachtung die Frage der Interessenkollisionen „gar nicht annähernd zu beschreiben’4 sei. Die Überlegungen von Linhardt sind m. E. auch nicht richtig, denn für einen Kleinaktionär, mag er selbst über Aktien einer Gesellschaft im Betrag von 20 000 oder 30 000 DM verfügen, werden immer die oben geschilderten Interessen für den Erwerb und den Besitz der Aktien maßgebend sein und nicht sein Beruf, seine soziale Stellung usw.
Dieses formale Interesse wird oft nicht besonders stark ausgeprägt sein und hinter die materiellen Interessen zurücktreten. Da es hier jedoch um die Kollisionen mit den Interessen derjenigen Aktionäre geht, die eine Depotstimmermächtigung erteilt und hiermit gezeigt haben, daß sie an der Verwaltung der Gesellschaft teilnehmen wollen, können sie nicht außer acht gelassen werden.
Dieses Spannungsverhältnis wird deutlich durch § 70 AktG, der dem Vorstand die Pflicht auferlegt, die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohl des Betriebes und seiner Gefolgschaft es fordern; die oberste Richtschnur für den Vorstand soll also nicht das Wohl des Aktionärs sein.
Vgl. hierzu auch Ludewig, Hauptprobleme, S. 12.
Die Aktionäre sind auch rechtlich keine „Eigentümer“ der Gesellschaft. Sie haben weder an dem Gesellschaftsvermögen noch an dem Gesellschaftskapital irgendwie geartete Eigentumsrechte, da die Beteiligungen der Aktionäre keiner der beiden Formen des BGB für gemeinschaftliches Eigentum — Gesamthand- oder Bruchteilseigentum — entsprechen; siehe hierzu Aufsatz des Verfassers in GmbH-Rundschau 1958/34 ff. (36).
Dieses Wort wird dem Berliner Bankier Fürstenberg zugeschrieben, der gesagt haben soll, daß der Reingewinn einer AG der Teil des tatsächlich erzielten Gewinnes sei, den man beim besten Willen nicht vor den Aktionären verstecken könne.
Siehe hierzu auch S. 37 ff.
Wenn hier von einem Kampfe gesprochen wird, so darf dies nicht vergessen machen, daß die Interessen der Industrie und der Banken im großen zu eng miteinander verknüpft und zu gleichlaufend sind, als daß dieses Wort den Beziehungen der Banken zur Industrie im allgemeinen gerecht würde.
Bei den Banken ist für mehr als 3/4 des Gesamtkapitals ein Schachtelbesitz oder Dauerbesitz nicht erkennbar. Hier kann also das Depotstimmrecht wie kaum anderswo seine volle Wirksamkeit entfalten. Vgl. Eigentumsstatistik, S. 9.
Bankendenkschrift, S. 19.
Frohner, S. 67, der die Banken geradezu als das Medium der großen Masse der Aktionäre hinsichtlich deren Interessenwahrung ansieht, und Hartmann, S. 489, der meint, daß die „Interessen der Klein- und Mittelaktionäre vollkommen mit denen der Großaktionäre, die fast stets Daueraktionäre sind, und auch mit denen der Unternehmung selbst parallel“ laufen. Siehe auch Mellinger, S. 571.
Ein Blick in die Gewinn- und Verlustrechnung, und zwar auf die Aufwandsposition „Steuern vom Einkommen, vom Ertrag und vom Vermögen“ lehrt, daß von den deutschen Aktiengesellschaften oft nur ein bescheidener Teil des tatsächlich erzielten Reingewinnes an die Aktionäre weitergegeben wird. Grob geschätzt läßt sich sagen, daß von den dort ausgewiesenen Steuern im allgemeinen zwei Drittel auf die Körperschaftsteuer entfallen; vgl. Bühler, Aktionär, S. 2. Über die Anwendung des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes läßt sich dann ungefähr der tatsächlich erzielte Reingewinn der Gesellschaft ermitteln. Besonders groß ist die Diskrepanz natürlich bei den stark unterkapitalisierten Gesellschaften, wie z. B. Daimler-Benz; diese Gesellschaft erzielte 1957 bei einem Aktienkapital von 72 Mill. DM einen Umsatz von bald 2 Mrd. DM, und zwar ohne Berücksichtigung der Konzernumsätze. An Dividenden wurden 14% (!!) ausgeschüttet. Die Gesellschaft hätte ohne Schwierigkeiten 50 % und mehr Dividende zahlen können. Vgl. zu diesen Problemen auch Rasch, Gutachten, S. 22 ff.
Die Hauptversammlung ist ja gemäß § 126 Abs. 3 AktG an den vom Vorstand im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat festgestellten Jahresabschluß gebunden, kann also keinen höheren Gewinn verteilen, als den in der Bilanz ausgewiesenen. Dieser entspricht aber — bis auf kleine Restbeträge — dem zur Ausschüttung kommenden Gewinn.
Der Abschluß eines Organvertrages setzt keine 100%ige Beteiligung voraus, sondern nur eine solche von mindestens 50 %. Siehe hierzu Bühler, Steuerrecht der Gesellschaften, S. 316, unter Hinweis auf RFH vom 29. 4. 1932 = StW 1933, Nr. 455.
Siehe hierzu S. 55/56.
Zu den steuerliehen Fragen der Organverträge vgl. BFH in BStBl. 1957 III, S. 139; 1956 III, S. 151; 1956 III, S. 91; 1955 III, S. 187.
Das bekannteste Beispiel dürfte das der Phoenix AG sein, die 1927 von dem Schaaf-hausener Bankverein gezwungen wurde, dem Deutschen Stahlverein beizutreten; vgl. Hagemann, S. 172.
Vgl. hierzu auch Jeidels, S. 253.
Fall des RGZ 107/72 ff.; siehe auch RG in JW 27/2982 ff.
Siehe S. 26 f., 50 f.
Jeidels, S. 158, meint ebenfalls, daß es die erste und wichtigste Aufgabe eines Bankenvertreters im Aufsichtsrat einer Industrie sei, die Interessen der Banken wahrzunehmen; vgl. ferner Mestmäcker, S. 243.
Zum Problem der einheitlichen und getrennten Entlastung vgl. RGZ 65/241 (243), wo die Möglichkeit zur getrennten Entlastung bejaht wird; ebenso Godin, AktG, § 104 Anm. 5, Schlegelberger-Quassowski, § 104 Anm. 7, Gadow, § 104 Anm. 10.
Siehe hierzu S. 123 f., wo diese Behauptung durch Zahlen belegt wird.
Siehe Seite 48 ff.
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Busse, A. (1962). Das Depotstimmrecht und die Interessenkollisionen. In: Depotstimmrecht der Banken. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98752-5_4
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