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Zur Kritik und Reform der Ausschußarbeit in den Landesparlamenten

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Landesparlamente in der Bundesrepublik

Part of the book series: Studienbücher zur Sozialwissenschaft ((STBS,volume 25))

Zusammenfassung

Von den drei grundlegenden Struktur- und Organisationsprinzipien des staatlich-politischen Systems der Bundesrepublik, dem parlamentarisch-demokratischen, dem rechtsstaatlichen und dem föderalen Prinzip, stützt sich das föderale am wenigsten auf einen allgemeinen Konsens. Die hierzulande verbreitete Neigung, den Ruf nach neuen staatlichen Aufgaben und neuen staatlichen Steuerungsinstrumenten mit einer Kritik an der föderalen Verfassung einzuleiten, konnte die Diskreditierung nur verschärfen, der es ohnehin in der Gegenwart als eine Erscheinung aus der liberalen und nationalstaatlichen Epoche ausgesetzt ist. Gegenüber dieser Diskreditierung hat der Gedanke keine Werbekraft entwickeln können, daß, wenn nach dem Ablauf der nationalstaatlichen Geschichte wiederum auf das föderale Organisationsprinzip zurückgegriffen worden ist, dieser Versuch nur noch den Sinn haben konnte, die Demokratisierung der deutschen Gesellschaft auch in ihrer staatlichen Organisation zur vollen Anerkennung zu bringen. Auch die wissenschaftliche Diskussion hat dieser defizitären Lage des förderalen Prinzips nicht abhelfen können. So sind jene Versuche aus den frühen 60er Jahren (1)*, die eine zeitgemäße materielle Neuinterpretation des bundesstaatlichen Prinzips zu verheißen schienen, im wissenschaftlichen Schrifttum nicht breiter durchgedrungen. Die dabei entwickelte Rechtfertigung des föderalen Systems als „funktionsorientierte Gewaltenbalance“ wird zwar im allgemeinen grundsätzlich gebilligt, sie hat aber keine nähere Begründung und Ausarbeitung erfahren. (2) Auch das neue Programm eines „kooperativen Föderalismus“, Produkt der politisch-ökonomischen Doppelkrise zur Mitte der 60er Jahre, hat der allgemeinen Unsicherheit über Sinn und Aufgaben der föderalen Gestaltung nicht entgegenwirken können. Seine bereitwillige Aufnahme ist eher umgekehrt ein Gradmesser für das Ausmaß der Unsicherheit: Die neue Formel beinhaltet zwar eine allgemeine Zielbestimmung der Entwicklung, läßt es aber offen, was die Vorzüge des föderalen Systems bilden und wieweit die kooperative Verflechtung seiner Entscheidungsebenen vorangetrieben werden soll.

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Anmerkungen

  1. Vgl. K. Hesse,Der unitarische Bundesstaat, Karlsruhe 1962; P. Lerche Föderalismus als nationales Ordnungsprinzip, Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 21 (1964), S. 66 ff.

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  2. Bezeichnend die Feststellung G. Kiskers,Kooperation im Bundesstaat, Tübingen 1971, S. 105 N. 398: „Die Frage nach dem Sinn bundesstaatlicher Ordnung ist so vielfältig diskutieR worden, daß wir uns hier relativ kurz fassen dürfen“ — auch so höflich-diplomatisch kann man seine Desinteresse an einer Fortsetzung der Diskussion zum Ausdruck bringen. Der wichtigste Ansatz zu einer Neubegründung der föderalen politischen Dezentralisation, derjenige R. Schnitts (Politische Entscheidung und räumliche Interessen, Die Verwaltung, 1970, S. 257 ff.), ignoriert die bisherigen Begründungsversuche völlig und orientiert sich an den allgemeinen Entwicklungszusammenhängen zwischen gesellschaftlicher Modernisierung und staatlichem Entscheidungssystem. Zur Kritik der Anknüpfung der Föderalismus-Rechtfertigung an das Gewaltenteilungsprinzip vgl. oben S. 68 f.

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  3. Bezeichnend für diese Einstellung ist das für die Entwicklung maßgeblich gewordene Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. Stuttgart 1966, das auch den neuen Terminus „kooperativer Föderalismus“ in die Diskussion einführte; Problem für das Gutachten ist nur, ob die Macht der Verhältnisse groß genug sein würde, „die Parlamente zur Bewilligung der finanziellen Mittel für die Ausführung der Gemeinschaftsaufgaben zu veranlassen” (S. 41).

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  4. Vgl. W. Leisner,Schwächung der Landesparlamente durch grundgesetzlichen Föderalismus, Die öffentliche Verwaltung, 1968, S. 389 ff.; H. Liesegang und R. Plöger,Schwächung der Parlamente durch den kooperativen Föderalismus, in: H. Laufer und F. Pilz (Hg.), Föderalismus, München 1973, S. 178 ff. (zuerst in: Die öffentliche Verwaltung, 1971, Heft 7)

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  5. A. Köttgen,Struktur und Funktion öffentlicher Verwaltung, in: Die moderne Demokratie und ihr Recht, Festschrift für Gerhard Leibholz, Tübingen 1966, 2. Bd., S. 788.

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  6. Näher zu ihnen oben S. 19 ff.

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  7. Zum Repräsentationsvorsprung der Landesregierung anschaulich K. Kleinrahm,Verfassung und Verfassungswirklichkeit in Nordrhein-Westfalen, Jahrbuch des öffentlichen Rechts, Neue Folge 11 (1962), S. 338 f.

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  8. Dazu auch Leisner (Anm. 4), S. 392.

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  9. So die Ansicht von W. Hennis: Parlamentarische Opposition und Industriegesellschaft, Gesellschaft Staat Erziehung, 1956, S. 213 ff.; Große Koalition ohne Ende? München 1958, S. 24.

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  10. Wesentlich ist, ob und in welchem Umfang den Ausschüssen das sog. Selbstbefassungsrecht eingeräumt ist. Näher dazu oben 5. 25.

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  11. Nach dem Tätigkeitsbericht (Drs. Nr. 903) setzten sich in Schleswig-Holstein die verabschiedeten Gesetze aus 22 Erst-bzw. Neukodifikationen und 37 Anderungs-bzw. Ausführungsgesetzen zusammen.

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  12. Drs. Nr. 528, 529, 530.

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  13. Sitzung v. 15. Juni 1965, S. 1553 ff.

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  14. Vgl. 47. Sitzung v. 30. August 1965, S. 1567 ff., 1593 ff., 1617 ff.; 50. Sitzung v. 29. November 1965, S. 1718 ff.

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  15. Worauf bezeichnenderweise die Berichtsanträge zunahmen und gelegentlich die Fraktionsführer durch Zurufe die Begründung eines Antrages zu verwehren suchten. Vgl. Hessischer Landtag, 13. Sitzung v. 26. Juni 1963, S. 451 f. — Der Verf. ist dem damaligen Präsidenten des hessischen Landtages, Herrn Oberbürgermeister a.D. GeorgBucb, für die Erlaubnis zur Einsichtnahme in die Sitzungsprotokolle der Ausschüsse des hessischen Landtages zu Dank verpflichtet.

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  16. Die übrigen Berichtsanträge kamen bezeichnenderweise häufiger von der kleineren Regierungsfraktion BHE als aus den Reihen der regierenden SPD-Fraktion.

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  17. Die Praxis, die Berichtsanträge global annehmen zu lassen, verstieß damals auch noch klar gegen den Wortlaut der Geschäftsordnung des Landtages: „Die Ausschüsse sollen in der Regel nur solche Angelegenheiten behandeln, die ihnen durch Beschluß des Landtags oder durch den Präsidenten überwiesen sind oder die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem überwiesenen Gegenstand stehen“ (§ 28 Abs. 1 S. 1). Erst neuerdings ist diese Vorschrift durch den Übergang zum sog. Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse geändert worden. Vgl. § 18 Abs. 4 neue GO-LT Hess.

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  18. F. Duppré,Politische Kontrolle, in: F. Morstein Marx (Hg.), Verwaltung, Berlin 1965, S. 401.

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  19. Vgl. oben S. 25.

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  20. Seit Beginn der VI. Wahlperiode beschließt über diesen Schlüssel der neu gebildete Innenausschuß.

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  21. Öffentlichkeit und Verwaltung, Göttingen 1966, S. 48.

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  22. Dies bestätigt die geringe Zahl von Landesbeiräten in einer Zusammenstellung der in Schleswig-Holstein bei der Regierung oder bei Regierungsstellen institutionalisierten Beiräte und Fachausschüsse (Antwort des Innenministers auf eine Kleine Anfrage, V. Wahlperiode, Drs. 409).

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  23. Vgl. dazu die allerdings wohl unrealistischen Vorschläge des Abg. Majonica in: E. Hübner/H. Oberreuter/H. Rausch (Hg.), Der Bundestag von innen gesehen, München 1969, S. 120.

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  24. So verteilten sich 1970 im schleswig-holsteinischen Landtag auf 73 Abgeordnete 198 Ausschußsitze, was bedeutet, daß mehr als die Hälfte der Abgeordneten Sitze in drei Ausschüssen innehat. In einem der größten Landtage, dem Landtag von Nordrhein-Westfalen, bestanden noch vor wenigen Jahren ohne Unterausschüsse 23 Ausschüsse (ohne Ältestenrat und sog. Hauptausschuß); bei 200 Abgeordneten und 393 Ausschußsitzen bedeutete dies, daß praktisch jeder Abgeordnete zwei Ausschüssen angehörte.

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© 1975 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

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Friedrich, M. (1975). Zur Kritik und Reform der Ausschußarbeit in den Landesparlamenten. In: Landesparlamente in der Bundesrepublik. Studienbücher zur Sozialwissenschaft, vol 25. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98448-7_4

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