Zusammenfassung
Als eigener Forschungszweig kaum profiliert, geschweige denn fest etabliert und institutionalisiert,1 ist Rechtsextremismusforschung in der Bundesrepublik eher ein konjunkturelles Phänomen als eine kontinuierliche Einrichtung. Sie verfügt weder über ausreichendes empirisches Datenmaterial noch über eine Theorie, sondern schwankt zwischen verschiedenen Erklärungsansätzen hin und her. Statt die Rechtsentwicklung als bewußte Weichenstellung nationaler Eliten zu begreifen, interpretiert man die Gründe für den Rechtsextremismus in seine zur Unterschicht zählenden Anhänger bzw. in deren Psyche, Familienverhältnisse und Persönlichkeitsstruktur (autoritärer Charakter, Vaterlosigkeit, übermäßiger Alkoholgenuß) hinein oder externalisiert das Problem, drängt es aus dem Machtzentrum der Gesellschaft an den Rand und die Verantwortung dafür an sog. Randgruppen (z.B. Skinheads) delegiert.2 In jedem Fall findet eine Personalisierung, Psychologisierung und Entpolitisierung, aber keine Durchdringung der bestehenden Kausalzusammenhänge statt.
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Anmerkungen
Vgl. Richard Stöss, Forschungs-und Erklärungsansätze — ein Überblick, in: Wolfgang Kowalsky/ Wolfgang Schroeder (Hrsg.), Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994, S. 23 ff.
Vgl. dazu: Albert Scherr, Wen interessiert schon diese Jugend?, in: VORGÄNGE 122 (1993), S. 120; Michael Th. Greven, „Der Schoß, aus dem das kroch…“, ist „diese unsere Gesellschaft”. Zur Immanenz des „Rechtsextremismus“, in: VORGÄNGE 125 (1994), S. 83 ff.
Vgl. hierzu vom Verfasser: Christoph Butterwegge, Zur modischen Fehldeutung des Rechtsextremismus/Rassismus als Jugendrevolte und soziale Protestbewegung, in: DEUTSCHE JUGEND 11/1993, S. 483 ff.; ders., Die ideologische „Entsorgung“ der rassistischen Gewalt, in: NEUE PRAXIS 1/1994, S. 74 ff.; ders., Jugendgewalt: Ein Pogrom ist kein Protest und Provokation noch keine Rebellion. Zur politischen Psychologie des Rechtsextremismus/Rassismus, in: PSYCHOSOZIAL 56 (1994), S. 87 ff.
Siehe Michael Rutschky, Antiautoritäre Revolte von rechts? — Nachrichten aus dem Beitrittsgebiet, in: taz v. 8.7.1991; vgl. zur Kritik: Stefan Pannen, Die Revolte kommt nicht von rechts. Eine Antwort auf Michael Rutschky, in: taz v. 16. 7. 1991
Bodo Morshäuser, Rechtsradikale Jugendliche: „Eine antiautoritäre Rebellion“, in: PSYCHOLOGIE HEUTE 12/1993, S. 41
Vgl. hierzu: Christoph Butterwegge, (Sozial-)Pädagogen als Prügelknaben. Wie man linke Pädagoglnnen für die rechte Gewalt verantwortlich macht und sich selbst entlastet, in: Sozialmagazin 1/1994, S. 30 ff.
Konrad Schacht, Der Rechtsextremismus hat eine Zukunft, in: DIE NEUE GESELLSCHAFT/ FRANKFURTER HEFTE 2/1991, S. 155
Karl Heinz Roth, Rassismus von oben — Rassismus von unten, in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 2/1993, S. 7
Klaus Hurrelmann, Der politische Protest des „unteren Drittels“? — Gedanken über die Ursachen der Gewalt gegen Ausländer, in: PÄDAGOGIK 2/1993, S. 42
Siehe Hans-Gerd Jaschke, Rechtsradikalismus als soziale Bewegung. Was heißt das?, in: VORGÄNGE 122 (1993), S. 107 f.
Siehe Hans-Gerd Jaschke, Formiert sich eine neue soziale Bewegung von rechts? — Folgen der Ethnisierung sozialer Konflikte, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 12/1992, S. 1443
Siehe ders., Streitbare Demokratie und Innere Sicherheit. Grundlagen, Praxis und Kritik, Opladen 1991, S. 56
Joachim Raschke, Zum Begriff der sozialen Bewegung, in: Roland Roth/Dieter Rucht (Hrsg.), Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. Bonn 1991, S. 32 f.
Vgl. dazu: Thomas Leif, Den Rechten auf die Finger gucken. Anti-Gruppen bekommen Zulauf, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 3–4/1993, S. 183 f.
Otthein Rammstedt, Soziale Bewegung, Frankfurt am Main 1978, S. 130
Vgl. z.B. Gerd Langguth, Protestbewegung. Ent- wicklung — Niedergang — Renaissance: Die Neue Linke seit 1968, Köln 1983; Fritz Sack/Heinz Steinert, Protest und Reaktion. Analysen zum Terrorismus 4/2, Opladen 1984; Georg Haasken/Michael Wigbers, Protest in der Klemme. Soziale Bewegungen in der Bundesrepublik, Frankfurt am Main 1986; Wilfried von Bredow, Krise und Protest. Ursprünge und Elemente der Friedensbewegung in Westeuropa, Opladen 1987
Harry Pross, Protestgesellschaft. Von der Wirksamkeit des Widerspruchs, München 1992, S. 18
Vgl. die Gliederung bei Hans Eckert (Hrsg.), Protest! — Der Kampf um Humanität in Dokumenten aus fünf Jahrhunderten, München 1969
Claus Leggewie, Rechtsextremismus — eine soziale Bewegung?, in: Wolfgang Kowalsky/Wolfgang Schroeder ( Hrsg. ), Rechtsextremismus, a.a.O., S. 335
Siehe Uwe Backes, Organisierter Rechtsextremismus im westlichen Europa. Eine vergleichende Betrachtung, in: Werner Billing u.a. (Hrsg.), Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 1993, S. 61
Norbert F. Schneider, Was kann unter einer „sozialen Bewegung“ verstanden werden? — Entwurf eines analytischen Konzepts, in: Ulrike C. Wasmuht (Hrsg.), Alternativen zur alten Politik? — Neue soziale Bewegungen in der Diskussion, Darmstadt 1989, S. 198
Ute Osterkamp, Antirassismus: weitere Fallstrikke und Problematisierungen, in: DAS ARGUMENT 195 (1992), S. 737
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Butterwegge, C. (1994). Mordanschläge als Jugendprotest — Neonazis als Protestbewegung?. In: Klein, A., Legrand, HJ., Leif, T. (eds) Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98428-9_5
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