Skip to main content

Kontrolle und Konsens in der Unternehmung

  • Chapter
Autorität des Managements

Part of the book series: DUV Sozialwissenschaft ((DUVSW))

  • 82 Accesses

Zusammenfassung

Der Arbeitsvertrag ist kein gewöhnlicher Tauschvertrag1. Obwohl das Management Autorität über die Beschäftigten ausübt, bleibt der Arbeitsvertrag grundsätzlich unspezifiziert und vage (Brown 1981; Bowles & Gintis 1990). Durch den Tauschakt wird das Verfügungsrecht des Arbeitnehmers über seine Person nicht vollständig dem Arbeitgeber übertragen: zwar verfügt dieser rechtlich über den Einsatz der Arbeitskraft, faktisch bleibt diese jedoch beim Arbeitnehmer: „... When the capitalist buys labor power, he buys what is on the one hand a potentially malleable commodity, but what is on the other hand a commodity ultimately controlled by an independent and often hostile will“ (Friedman 1977: 78). Der Herrschaftscharakter des Beschäftigungsverhältnisses resultiert aus dieser Unbestimmtheit des Arbeitsvertrages, sprich: nicht alle während der Vertragsdauer von den Beschäftigten zu erbringenden Leistungen sind im voraus detailliert spezifiziert, wobei die vom Unternehmen an die Beschäftigten zu erbringenden Leistungen tendenziell wesentlich genauer geregelt sind, als die Gegenleistungen der Beschäftigten2.

„In welchem Umfang das Management Herrschaft ausüben kann und die Beschäftigten bereit sind, zu gehorchen, ist nicht auf Dauer festgelegt und jeweils für ein erneutes Aushandeln offen. Legitimation ... ist ... niemals vollständig und dauerhaft gesichert“ (Schienstock 1993: 243–244).

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literature

  1. Die gegensätzliche These vertreten Alchian & Demsetz (1972).

    Google Scholar 

  2. Da die Vertragsparteien im Hinblick auf die Verausgabung von Arbeitskraft unterschiedliche Interessen verfolgen, bleibt der Tausch Lohn gegen Leistung umstritten (Behrend 1957 ). Die Notwendigkeit von Kontrolle wird aus dieser Unbestimmtheit des Arbeitsvertrages abgeleitet, der zwei Elemente enthält: eine Übereinkunft über die Entlohnung und eine über die zu leistende Arbeit (ebd.: 505). Nach Duda (1987: 110) ist der Arbeitsvertrag durch die Merkmale (erwartete) Langfristigkeit, Unbestimmtheit der zu erbringenden Leistungen und die unvollständige Übertragung von Verfügungsrechten charakterisiert. Die Teilnahmeentscheidung des Individuums stellt daher die notwendige Kooperationsbereitschaft der Organisationsmitglieder somit noch nicht sicher. Organisationen tragen auf zweierlei Weise dafür Sorge, daß die Individuen die von der Organisation erwünschten Beiträge erbringen: Zum einen bieten die Organisationen objektive “Vergütungen” (Geld, Status, Güter etc.), zum anderen versuchen sie, die Bedürfnisse der Individuen derart zu beeinflussen, daß diese die angebotenen “Vergütungen” als ausreichende Anreize wahrnehmen (vgl. zum zweiten Aspekt Barnard 1938: 149ff.). Die verwendeten Instrumente reichen vorn Ausschluß derjenigen Teilnehmer, die nicht die erwünschten Beiträge leisten über die Rekrutierung von Individuen mit der “passenden” Motivationsstruktur bis zur Indoktrination oder “Einimpfung von Motiven” durch Propaganda (vgl. Berger & Bernhard-Mehrlich 1993: 132f.).

    Google Scholar 

  3. Der von Barnard an Anlehnung an Robert Michels formulierte Herrschaftsbegriff weist Parallelen zum Herrschaftsbegriff von Weber auf: Herrschaft wird nicht als Nutzung von Sanktionspotentialen verstanden, sondem mit Aussagen über das Verhalten der Herrschaftsunterworfenen beschrieben. Demnach “besitzt” eine Person nur solange Autorität, wie die Autoritätsunterworfenen die Vorgaben des Autoritätsinhabers unter Zurückstellung der eigenen kritischen Fähigkeiten befolgen und sie im diesem Sinn “akzeptieren”. Zur Begründung dieses Herrschaftskonzeptes und zur Rolle von Sanktionen vgl. Simon (1976: 129ff.).

    Google Scholar 

  4. Simon (1957b) entwickelt mit der Unterscheidung zwischen “sales contract” und “employment contract” die Notwendigkeit eines in Grenzen autonomen Handels der Organisationsmitglieder und damit die Erfordernisse von Akzeptanz und Motivation. Im Unterschied zum “sales contract” ist der Arbeitnehmer sehr an der Art und Weise interessiert ist, wie der Unternehmer sein Arbeitsvermögen nutzen wird. Die Anreiz-Beitrags-Theorie erklärt die Grundzüge der sozioökonomischen Beziehung zwischen Organisation und Individuum auf Basis eines Gleichgewichts. Ursprünglich von Barnard (1938) entwickelt, wurde sie von March & Simon (1958) erweitert: Demnach besteht eine Organisation aus einer Anzahl wechselseitig abhängiger Personen, die von der Organisation Anreize erhalten und dafür bestimmte Beiträge leisten. Die Organisationsteilnehmer erhalten ihre Mitgliedschaft nur so lange aufrecht, wie die gewährten Anreize gemessen an ihren eigenen Wertmaßstäben und den offenstehenden Alternativen gleich groß oder größer sind als die von ihnen geforderten Beiträge. Vor dem Hintergrund der These von Anreiz und Beitrag können Annahmen hinsichtlich der Autoritätsbeziehungen getroffen werden (vgl. Simon 1952/53): “An employee will be willing to enter into an employment contract only if it does not matter to him ”very much“ what activities (within the area of acceptance agreed on in the contract) the organization will instruct him to perform, or if he is compensated in some way for the possibility that the organization will impose unpleasant activities on him. It will be advantageous for the organization to establish an authority relation when the employee activities that are optimal for the organization (…) cannot be predicted accurately in advance” (March & Simon 1962: 69).

    Google Scholar 

  5. Die Herrschaft des ‘Nutzers’ ist jedoch nicht unbeschränkt, sondern bezieht sich auf einen ex-oder implizit abgesteckten Bereich, den Barnard (1938) “zone of indifference” und Simon (1945) “zone of acceptance” nennt. Nur innerhalb dieses Bereichs akzeptieren die Untergebenen die Autorität des Vorgesetzten.

    Google Scholar 

  6. Für eine Zusammenfassung der Debatte um Lean Production vgl. Warschat & Ganz (1992); kritisch u.a. Altmann (1992) sowie Schumann (1992).

    Google Scholar 

  7. Hier sieht sich das Management verschiedenen Formen der “Gegenwehr” durch die Beschäftigten ausgesetzt: Auch wenn die Untergebenen nicht über formale Autorität verfügen, stehen ihnen doch zahlreiche Machtressourcen zur Verfügung: “The distribution of such resources is not simply an artifact of the distribution of authority, for there are significant differences in the power of groups poessessing the same degree of authority, or even in reversal of the distribution of authority…. Moreover the allocation of authority between management and workers is not paralleled by a similar distribution of power: in contemporary capitalism work groups have more power than authority” (Martin 1977: 125).

    Google Scholar 

  8. Vielfach erfolgt ein Rückgriff auf gesellschaftlich vorherrschende Werte, zugleich besteht das Bedürfnis, sich auf einen moralischen und normativen Bezugsrahmen zu stützen, um auch unter Bedingungen abhängiger Lohnarbeit eine eigene Identität entwickeln zu können (Mahnkopf 1987: 263); diese Orientierungen finden ihren Ausdruck in eher allgemeinen Praktiken und Gebräuchen (Armstrong u.a. 1981: 128). Die Integration beider Orientierungsrahmen führt zu einer “ausgehandelten Version” der herrschenden Wertmuster im Betrieb (Parkin 1973: 79ff.).

    Google Scholar 

  9. Die Macht des Arbeitnehmers ist von seiner Ausstattung an betriebsspezifischem Humankapital und idiosynkratischen Fertigkeiten, von der Möglichkeit, diese Ressourcen zu aktualisieren, und von seinen Opportunitätskosten - etwa Lohnhöhe, Transaktionskosten, marktbestimmte Kosten - abhängig -(vgl. Jürgens 1984: 63f.).

    Google Scholar 

  10. Der Kontrollbegriff wurde von der deutschen Industriesoziologie erst relativ spät aufgegriffen (Dörr u.a. 1983; Seltz & Hildebrandt 1985; Seltz 1986; Manske 1987; Schienstock u.a. 1987 ). Insbesondere die Arbeiten von Burawoy (1979) und Fox (1974), die mit Begriffen wie “Konsens” und “Vertrauen” Themen ansprechen, die in der deutschen industriesoziologischen Debatte lange Zeit tabuisiert wurden, trugen maßgeblich zur Etablierung der Begriffs bei (vgl. Schienstock 1993: 229). Ungeachtet dessen fehlt es noch immer an einer theoretischen Auseinandersetzung (vgl. Minssen 1990). Eine Diskussion unterschiedlicher Kontrollmetaphern findet sich bei Schienstock (1993: 229ff.)

    Google Scholar 

  11. Herkömmlicherweise ging man davon aus, daß sich Strategien im nachhinein herausbilden, d.h. nur ein abgeleitetes Phänomen betrieblicher Organisationsstrukturen darstellen. Eine konträre Strategiedefinition (Ramsay 1991) betont die Intentionalität von Strategie (Littler & Salaman 1982; Thurley & Wood 1983; Rose & Jones 1985).

    Google Scholar 

  12. Die Kontrollthese kann als Angelpunkt der Labour-Process Theorie betrachtet werden: Die Produktion des Mehrwerts verlangt spezifische kapitalistische Formen der Beherrschung und Kontrolle des Arbeitshandelns. Grundlegend ist Braverman (1974), demzufolge die vorherrschenden Managementstrategien und eine entsprechende Technik und Organisation Klassencharakter besitzen (vgl. Giddens 1982). Das Management wird als Personifikation des Kapitals betrachtet und Macht in Organisationen als Klassenmacht gesehen. Trotz massiver Kritik an Braverman und der These, wonach von einer relativen Autonomie betrieblicher Kontrollstrukturen innerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik ausgegangen werden kann (Edwards 1986), bleiben neben Kritikern wie Edwards (1979, 1986) auch A. Friedman (1977) und Burawoy (1985) einer funktionalistischen Perspektive verhaftet. Gegenüber derartigen Erklärungsansätzen bleibt einzuwenden, daß sich ständig neue Kontrollanforderungen herausbilden, wobei die Urnweltanforderungen keineswegs eindeutige Handlungsimperative fir das Management vorgeben, sondern die Wahl der jeweiligen Kontrollstrategien von den Entscheidungsträgem im Management und deren Wahrnehmung der sich verändernden Umweltanforderungen abhängt (Minett 1992 ).

    Google Scholar 

  13. Burawoy (1985: 123ff.) betont die Unabhängigkeit der unterschiedlichen Dimensionen von Strukturen des Arbeitsprozesses. Unterschiedliche Kulturen und Führungsstile von Managern und unterschiedliche Organisationstechniken implizieren, daß Managementlogik und -handeln als eine kulturelle Angelegenheit betrachtet werden muß. Damit werden Verbreitung und Wirkung der tayloristischen Technik erklärungsbedürftig. Es finden sich unterschiedliche Managementstrategien auch in ähnlich gelagerten Situationen, fir die sich eigentlich nur tayloristische Strategien eignen (vgl. z.B. Littler 1982; Storey 1985; Wood 1985). Zudem wird in der Literatur auf die interne Differenzierung des Managements (vgl. Staehle u.a. 1990) sowie auf kulturelle Unterschiede zwischen Managementgruppen verwiesen (Salaman 1982, 1986). Auch die Unterworfenen stellen eine heterogene Gruppe dar (Edwards 1979; Montgomery 1979).

    Google Scholar 

  14. Für die kapitalistische Unternehmung besitzt nicht Kontrolle und Mehrwertproduktion, sondern Kapitalakkumulation Priorität. Coombs (1985: 144) kritisiert eine vorrangig auf Kontrolle bezogene Analyse betrieblicher Arbeitsorganisation und Kelley (1985) bringt anhand des Begriffs “full circuit of capital” zum Ausdruck, daß nicht nur Fragen des effizienten Arbeitskräfteinsatzes, sondern auch der Verwertung der produzierten Güter und des Kaufs von Arbeitskraft, fir die Analyse des Arbeitsprozesses von Bedeutung sind.

    Google Scholar 

  15. Auch unter tayloristischen Rationalisierungs- und Kontrollformen waren die Beschäftigten durchaus nicht nahtlos in den Produktionsprozeß eingepaßt, wie dies die These der “reellen Subsumtion der Arbeit unter das Kapital” suggeriert(e) (vgl. Beckenbach 1991: 96ff.).

    Google Scholar 

  16. Managementhandeln vollzieht sich vor dem Hintergrund einer wechselseitigen Konstitution und Verschränkung von Kontrolle und Konsens (Ortmann 1992: 246f.). Auf diesen Prozeß verweist explizit Giddens (1982, 1988): Demnach sind Kontrolle und Konsens als Gegenbegriffe im Sinne einer “dialectic of control” (1982: 39) zu begreifen. Giddens zufolge bedingen sich Abhängigkeit und Autonomie: “Macht innerhalb sozialer Systeme die sich einer gewissen Kontinuität über Raum und Zeit hinweg erfreuen, setzt geregelt Beziehungen von Autonomie und Abhängigkeit zwischen Akteuren oder Kollektiven in soziale Interaktionskontexten voraus. Aber alle Formen von Abhängigkeit stellen gewisse Ressourcen zur Verfdgung, mit denen die Unterworfenen die Aktivitäten der ihnen Überlegenen beeinflussen können. Dies nenne ich die in soziale Systeme eingelassene Dialektik der Herrschaft” (1988: 67). Zur Theoriekonvergenz im Hinblick auf die Nahtstelle von Kontrolle und Konsens vgl. u.a. die Mechanismen des “Manufacturing Consent” (Burawoy 1979), “Einverständnishandeln” (G. Schmidt 1986), “High Trust Organization” (Fox 1984; Sabel 1982), “Responsible Autonomy” (A. Friedman 1977), “Produktivitäts”- und “Sozialpakt” (Seltz 1986), “Aushandlungsprozesse zwischen Management und Belegschaft” (Littek & Heisig 1986) und das Modell der “Kollusion” (Friedberg 1988).

    Google Scholar 

  17. In Anlehnung an Carter (1982) können interne Arbeitsmärkte dahingehend interpretiert werden, daß das Management sofern nicht auf eine externe “Reservearmee” zurückgegriffen werden kann, eine firmeninterne “Reservearmee” aufbaut, um Such-und Trainingskosten zu sparen und um den potentiellen Widerstand der Arbeiter zu verringern. Die Macht des Managements tritt als Möglichkeit der Beeinflussung des “feasible set” des Arbeitnehmers zutage, d.h. es kann die Opportunitätskosten der Nichtbefolgung einer Anordnung erhöhen und dadurch den Akzeptanzbereich der Beschäftigten erweitern, so daß sich diese der Befehlsgewalt unterwerfen.

    Google Scholar 

  18. Weber (1972: 700f.) verweist explizit auf diesen Zusammenhang: “Die durch Vergesellschaftung hergestellten Vorkehrungen der Herrschaft… bestehen,…, darin, daß ein an Gehorsam gegenüber den Befehlen von Führern gewöhnter, durch Beteiligung an der Herrschaft und deren Vorteilen an ihrem Bestehen persönlich mit interessierter Kreis von Personen sich dauernd zur Verfügung hält und sich in die Ausübung derjenigen Befehls-und Zwangsgewalten teilt, welche der Erhaltung der Herrschaft dienen….”.Für das 19. Jahrhundert zeigen eine Reihe von Autoren auf, wie die Ideologie zweckmäßiger betrieblicher Ordnung und darauf gründende organisatorische Ordnungsmodelle (z.B. Hierarchie, Arbeitszerlegung, die Entwicklung differenzierter Lohngruppenkataloge etc.) weniger technologischer Effizienz bzw. technischer Rationalität entspringen, sondern darauf abzielen, unternehmerische Herrschaft zu sichern (s. Marglin 1974; Stone 1974).

    Google Scholar 

  19. Das bürokratische Modell und formal-legale Rationalität als seine Legitimationsgrundlage kann als wesentliches Element der kapitalistischen Entwicklung im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert gelten (Clawson 1980).

    Google Scholar 

  20. Das moderne Industrieunternehmen kann als Typus rationaler Herrschaft gelten, wenngleich in ihm noch Elemente traditionaler Herrschaft fortbestehen (Ullrich 1988: 17f.) Während im Hinblick auf die historische Entwicklung von Herrschaft Konsens besteht, wird diese dennoch unterschiedlich erklärt, so u.a. als Reaktion auf neue technische Möglichkeiten zur Steigerung der Produktivität der Güterproduktion; als Mittel des Unternehmers für die Ausweitung betrieblicher Herrschaft zwecks Vergrößerung des den Arbeitern abgepreßten Mehrwerts (Marglin 1974) oder als Wechsel von der Organisationsform des Marktes zur Organisationsform der Bürokratie, weil damit eine Reduzierung der Transaktionskosten erzielt werden könnte (Cosse 1970; Williamson 1975, 1985; s.a. Picot 1982). Zur Geschichte der Hierarchie vgl. Daems (1980).

    Google Scholar 

  21. Die Erosion des bürokratischen Modells ist jedoch kein Spezifikum des gegenwärtigen Strukturwandels moderner Industriegesellschaften. Ihren wissenschaftlichen Niederschlag fanden diese ubiquitären Erosionsprozesse bereits in den früh einsetzenden Kritiken an Webers Bürokratiemodell, bis hin zu den Debatten über sogenannte statische und dynamische Organisationen und die Diskussionen über die Komplementarität bzw. Konkurrenz unterschiedlicher Autoritätsformen.

    Google Scholar 

  22. Typisierungen der Organisationskultur entsprechend ihren innerbetrieblichen Arbeitsbeziehungen sind die von Fox (1974) geprägten Termini high trust und low trust Organisationen. Das betriebliche Sozialgefüge als ausgehandelte Struktur zu begreifen, entspricht eher der angelsächsischen Forschungstradition, zumal informelle Prozesse dort immer eine wichtige Rolle spielten (vgl. Edwards 1991 ). Im Gegensatz hierzu lassen die starker verrechtlichten Arbeitsbeziehungen in Deutschland weniger Raum für derartige Phänomene. Jüngere Untersuchungen über die Sozialverfassung deutscher Kleinbetrieben konnten jedoch die Existenz informeller Regelungen unterhalb der institutionalierten Struktur aufzeigen (vgl. Hilbert & Spelling 1990; s.a. Dombois 1982 ).

    Google Scholar 

  23. Kernthese dieser Modelle ist, daß die Situation die Struktur bestimme und diese wiederum die Effizienz einer Organisation bedinge. Kontingenztheoretische Ansätze verfolgen ein rationalistisches Organisationsverständnis. Sie beruhen auf rationalistischen Modellen organisatorischen Handelns und gehen von einem Interessenkonsens in der Organisation aus (vgl. im Überblick Türk 1989a: 6ff.; eine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse geben Kieser & Kubicek 1983/1992).

    Google Scholar 

  24. Mit Ausnahme weniger Untersuchungen (z.B. Pfeffer 1978) fuhren diese Ansätze zu einer allzu harmonistischen Sichtweise von Organisationen. Zur Kritik s.a. Bennis (1975), Nord (1975), Beer (1976) sowie Burke (1976). Zahlreiche vergleichende Organisationsstudien (z.B. Pugh u.a. 1968; Hage & Aiken 1970; Blau & Schoenherr 1971) gründen auf einer einseitigen Interpretation von Webers Bürokratiemodell. Collins (1975) verweist darauf, daß Webers Ansatz über die Thematisierung formaler Koordinationsmechanismen hinausgeht und durchaus Aspekte wie Interessengruppen, Taktiken etc. beleuchte.

    Google Scholar 

  25. Vgl. Starbuck (1981: 167f), Zey-Ferrell (1981: 181ff), s.a. Burrell & Morgan (1979), Astley & van de Veen (1983) und Astley (1985)

    Google Scholar 

  26. Dem Modell zweckrationalen Entscheidungshandelns wurde ein Modell “organisierter Anarchie” (March & Olsen 1976) entgegengehalten; das Modell der Herrschaftsrationalität wurde durch Modelle von Macht-und Kontrollspielen ersetzt (Crozier & Friedberg 1979) und dem gesellschaftstheoretischen Modell der Systemrationalität wurde die Lebenswelt kollektiver Akteure entgegengesetzt. Die Parallelisierung von Macht und Rationalität wurde aufgegeben und die analoge Vorstellung von einfachen hierarchisch-transitiven Herrschaftsstrukturen fallengelassen. Macht wird als diffus verteilt, sich multiplen Ordnungsformen fügend gedacht. In einer Reihe von Ansätzen ersetzt Macht als Erklärungskategorie die Rationalitätsannahme (vgl. Perrow 1978; Crozier & Friedberg 1979); die Organisation wird als ein Kollektiv interagierender Individuen betrachtet. Das Ressourcen-Abhängigkeitsmodell (Aldrich & Pfeffer 1976; Pfeffer & Salancik 1978,) stellt die externen Beziehungen der Organisation ins Zentrum der Analyse; dabei stehen die Versuche der Organisation, Macht über diese Prozesse zu gewinnen, im Vordergrund.

    Google Scholar 

  27. Technisierung und Organisierung der Arbeitsabläufe steigern zwar die Erwartungssicherheit, zugleich können diese Prozesse selbst zu Quellen der Unsicherheit werden,…“deren sich die Organisationsmitglieder bedienen können” (Windolf 1981: 91). Berger & Offe (1981: 49) verweisen darauf, daß der EDV-Einsatz im Büro-und Verwaltungsbereich Handlungschancen für den Betroffenen eröffnen kann, die dann “im Sinne seiner eigenen Statuspolitik, durch ‘Bedarfsoktroyierung’ und dergl. weiter aufgebaut werden können”.

    Google Scholar 

  28. Zum ersten Mal wurde der Begriff Micropolitics von Burns (1961/1962) verwandt, der sich durch die Betonung politischer Mechanismen bei der Analyse organisierten Handelns von der Denkweise der “strukturellen Kontingenz” abgewandt hat. Burns versteht Mikropolitik als politische Aktivität in Organisation im Hinblick auf organisatorischen Wandel. Der innerorganisatorische Konflikt steht im Mittelpunkt der Analyse. Demgegenüber entwirft Bosetzky (1972, 1977, 1980), durch den der Begriff der Mikropolitik in der bundesdeutschen Debatte Verbreitung fand, das “Modell einer von Mikropolitik bestimmten Organisation”: Hierunter werden Aktivitäten subsumiert, die eine Instrumentalisierung der Strukturen, Prozesse, Funktionen und Ergebnisse der Organisation bewirken. Bosetzky (1972: 382) definiert Mikropolitik als “Bemühungen, die systemeigenen materiellen und menschlichen Ressourcen zur Erreichung persönlicher Ziele, insbesondere des Aufstiegs im System selbst und in anderen Systemen, zu verwenden sowie zur Sicherung und Verbesserung der eigenen Existenzbedingungen”. Nicht nur die Untergebenen, auch Führungskräfte betreiben Mikropolitik. Zu dieser Form der Organisierung von Arbeit und Entscheidung paßt der Typus des Mikropolitikers, der an Machtvermehrung und Absicherung interessiert ist und eine Instrumentalisierung von Menschen und Arbeitsprozessen für die eigenen Zwecke betreibt. Er verfügt über ein hohes Maß an “geliehener Autorität”, die ihm Fremdsysteme zur Verfügung stellen und entwickelt eine besondere Art von Autorität, die sogenannte “konspirative Autorität”, d.h. er verfügt über sogenanntes Hintergrunds-und Geheimwissen und neigt zu machiavellistischen Verhaltensweisen. Während Bosetzky Mikropolitik auf eine spezifische Verhaltensdisposition zurückführt und zum Persönlichkeitstyp des Mikropolitikers kommt, geht es Burns um eine organisationstheoretische Problematisierung. Köpper & Ortmann (1986) haben vorgeschlagen, das Konzept der Mikropolitik im Sinne von Crozier & Friedbergs (1979) “strategischer Organisationsanalyse” zu verstehen und zu erweitern. Auf die Bedeutung einer mikropolitischen Analyse im Hinblick auf organisatorische Strukturvariablen verweist auch Pfeffer (1978: 29) demzufolge one of the most important issues determining organizational structures and activities - the conflict of preferences among organizational participants and the resulting contest for control over the organization“. [Vgl. zur Mikropolitik neben den zentralen Aufsätzen von Burns und Bosetzky auch March 1962; Mechanic 1962; Crozier 1963; Pettigrew 1973; Tushman 1977; Pfeffer 1978; Crozier & Friedberg 1979; Gandz & Murray 1980; Madison & Allen u.a. 1980; Porter u.a. 1981; Farrell & Petersen 1982; Bachrach & Lawler 1982, 1984; Kakabadse & Parker 1984; Weick 1985a; Küpper & Ortmann 1986, 1988)].

    Google Scholar 

  29. Vgl. die Arbeiten von Hickson u.a. 1971; Hinings u.a. 1974; Pfeffer & Salancik 1974; Salancik & Pfeffer 1974; Abell 1975; Clegg 1975, 1979a, 1979b; Pondy 1977; Crozier & Friedberg 1979; Pfeffer 1981a; Hickson & Astley u.a. 1981; Comstock 1982; Mintzberg 1983 sowie Löffler & Sofsky 1986. Crozier (1964: 235ff.) diskutiert die Behandlung von Macht in der Organisationstheorie und Pugh (1966: 235ff.) verweist auf die Bedeutung des Begriffs für die Organisationspsychologie. Zur ‘Politologie von Organisationen’ vgl. Crozier & Friedberg (1979) und Pfeffer (1981).

    Google Scholar 

  30. Dies zeigt sich anhand verändernder Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern (vgl. Bosetzky & Heinrich 1989 ). Hartmann (1968b) diskutiert die unterschiedlichen Abhängigkeitsformen: im komplementären Abhängigkeitsverhältnis ist der Vorgesetzte auf das kooperative Handeln der Mitarbeiter angewiesen. Das konditionale Abhängigkeitsverhältnis betrifft….“die Abhängigkeit, die sich aus der Verfügungsgewalt anderer Ober die Mittel ergibt, die wir zur Ausübung unserer eigenen Rolle brauchen. Es handelt sich hier also… um die Konditionen, unter denen sich die Interaktion abspielt” (ebd.: 305). Im auxiliaren Abhängigkeitsverhältnis, teilen sich Untergebener und Vorgesetzter die Arbeitsaufgaben was…“die Arbeitslast des Vorgesetzten verringert, die des Untergebenen durch zusätzliche Aufgaben vergrößert” (ebd.: 306). Im funktionalen Abhängigkeitsverhältnis “… beruht die Abhängigkeit des Vorgesetzten wesentlich darauf, daß der Untergebene über besonderes Wissen und Können verfügt, die im Gesamtfunktionszusammenhang unentbehrlich sind ” (ebd.: 306 ).

    Google Scholar 

  31. Politik in Organisationen vollzieht sich vor allem in organisatorischen Umbruchphasen (Culbert & McDonough 1985). Begriffe wie Principled Dissent oder Aushandlungstaktiken (Bacharach & Lawler 1980) beschreiben gleichermaßen politische Aktivitäten der Organisationsmitglieder gegen Widerstand der anderen eigene Ziele zu verwirklichen. Eine Reihe von Untersuchungen verweisen auch auf das “versteckte Gesicht” organisatorischen Handelns (Kanter 1977, 1983; Kotter 1979; s.a. Maccoby 1976). Koch (1984: 182 beschreibt, wie im Rahmen eines Reorganisationsprozesses eine Einheit einer Organisation die Teilnahme verweigerte und zu passivem Widerstand neigte, weil die neuen Strukturen ihre bisherige Autonomie erheblich beeinträchtigten). Organisatorisches Verhalten zielt nicht immer auf Konsens, da die jeweiligen Aktivitäten oftmals die Interessen anderer Akteure bzw. Akteursgruppen bedrohen (Frost & Hayes 1979; Porter u.a. 1981). Trotz des konfliktären Charakters von Politik in Organisationen, sind diese Aktivitäten nicht notwendigerweise Nullsummenspiele (vgl. Frost 1987: 518). Beispielhaft für vom Eigeninteresse der Akteure getragene Handlungen ist das Verhalten von Entrepreneurs: Ein wichtiges Verhaltensmerkmal scheint deren Bereitschaft zu sein, auch den organisatorischen Regeln zuwiderlaufen, um eigene neue Ideen und Vorstellungen umzusetzen (Pinchot 1985). Politische Strategien werden im Rahmen von Analysen interpersoneller Kommunikation und in der Organisationsliteratur diskutiert (z.B. Kipins u.a. 1980; Porter u.a. 1981; Kipnis & Schmidt 1983). Diese beinhalten sowohl Strategien “nach unten” (Management von Untergebenen), laterale Beziehungen sowie Aktivitäten “von unten nach oben”. Die Entscheidung far eine bestimmte Strategie hängt von der Richtung der geplanten Einflußnahme und von den Intentionen des Handelnden und dem institutionellen Kontext ab (Porter u.a. 1981). Kipnis & Schmidt (1980, 1983) unterscheiden ein Core-Set von sieben Einflußstrategien: Vernunft, Koalition, Einschmeicheln, Aushandlungsprozesse, Assertiveness, höhere Autorität und Sanktionen. Die Nutzung charismatischer Fähigkeiten stellt eine besondere Strategie der Einflußnahme dar, insbesondereaufgrund ihrer transformatorischen Natur in Interaktionen (Bass 1985; Howell u.a. 1986). Obwohl Vorgesetzte zumeist eine relativ große Auswahl unterschiedlicher Strategien zur Verfügung haben, scheinen sie eher zu Sanktionen und assertiveness zu greifen denn zu Verhandlungen und “appeals to upward authority” (Kipnis & Schmidt 1980). Akteure, die im Rahmen lateraler Beziehungen agieren, versuchen vielfach Netzwerke und Koalitionen (Kanter 1983 ) zu bilden. Zumeist kommt ein Mix unterschiedlicher Strategien zum Einsatz (vgl. Kipnis & Schmidt 1980 ).

    Google Scholar 

  32. Die Analyse von Machtprozessen ist nicht auf offene Entscheidungs-und Konfliktsituationen beschränkt (Zündorf 1982: 166). Komplexe soziale Systeme, bilden vielfach latente Formen der Machtausübung heraus und bewältigen um so wirksamer extern oder intern generierte Kontingenzprobleme und unsichere Entscheidungs-und Konfliktsituationen. Durch Technisierung und Organisierung kommt es zur Vorstrukturierung von Handlungs-und Entscheidungssituationen, so daß das Management seinen bestimmenden Einfluß auf die Dispositionsspielräume der Beschäftigten zumindest soweit erhält, wie dies zur Aufrechterhaltung eines effektiven Produktionsablaufs und der eigenen Machtposition notwendig erscheint. Angesichts der Dualität von Macht und Struktur in Organisationen (Giddens 1979) können Oberflächen und Tiefenstrukturspiele beide Organisationsebenen miteinander verbinden. Die Tiefenstruktur organisatorischer Macht “is coded in cultural values, beliefs, and practices in and around organizations and in the collective unconscious of organizational actors” (Frost 1987: 525). Arbeiten über Empowerment (Louis 1985) werfen Licht auf den konstruktiven Gebrauch von Macht in Organisationen. Derartige Analysen können auch für Arbeiten über die Bildung von Vertrauen in Organisationen (Kanter 1983) interessant werden. Mit dem Konzept der Organisationskultur kann die Transformation von Macht in Handlung und die Beziehungen zwischen Macht und Sinnstiftung operationalisiert werden. Neuere Untersuchungen zu Ideologie (Mumby 1984), zu Charisma (House 1977; Howell 1986), zu Führung und Gefolgschaft (Smircich 1983; Martin u.a. 1985) und zu politischen Kulturen in Organisationen (Riley 1983) sind wichtig für das Verständnis dieses Prozesses.

    Google Scholar 

  33. Exemplarisch hierfür kann auch die Kritik Ortmanns (1988: 219) an der Argumentation von Crozier & Friedberg (1979) gelten, die dazu neigen, “Macht zu einen allzu luftigen, liquiden Phänomen zu machen”. Auch nach Bosetzky (1988: 37) ist Mikropolitik keine “Schlüssel-oder Hebelgröße”, “denn ein derart großes Maß an voluntaristischem Handeln, wie dazu notwendig wäre, so viele Freiräume gibt es m.E. in großen Organisationen bei weitem nicht…” (ebd.: 17).

    Google Scholar 

  34. Eine Prämisse für das Funktionieren organisatorischer Zusammenhänge stellt strukturiertes und vorhersagbares Verhalten dar (vgl. March & Simon 1958; Thompson 1967; s.a. Weick 1969; Mintzberg 1978 ).

    Google Scholar 

  35. Zum Verhältnis von Individuum und Organisation vgl. Staehle ( 1990: 536ff.), v. Rosenstiel (1992a: 132fí), Rosenstiel & Bögel (1986: 500ff.), grundlegend noch immer Presthus (1962a). Um die Anpassung des einzelnen an die Organisation sicherzustellen, setzt die Organisation verschiedene Kontrollformen ein, deren Charakter von der Art der Organisation abhängt. Wirtschaftsuntemehmen können - in Anlehnung an Etzionis (1964) Typologie - als Organisationen mit kalulativem Engagement betrachtet werden, wenngleich die relevante Kontrollform dem Zwang nachkommen kann, z.B. bei existentiellem Angewiesensein auf den Arbeitsplatz, oder auch in den Wertsetzungen der Mitglieder bestehen, z.B. wenn die Identifikation mit der Aufgabe durch Partizipation oder Anpassung der Anforderung an die Eignung oder Neigung des Mitglieds erfolgt (Rosenstiel & Stengel 1987). Dies impliziert, daß sich auch ohne gezielte Maßnahmen eine Anpassung der Mitglieder an spezifische Gegebenheiten der Organisation vollzieht. Beim Eintritt in eine Organisation wird neben dem Arbeitsvertrag implizit ein ‘psychologischer Vertrag’ zwischen Individuum und Organisation geschlossen (Schein 1985). Dieser regelt die gegenseitigen Erwartungen und Ansprüche der Mitglieder und der Organisation. Eine besondere Problematik ergibt sich an den Vertragsgrenzen zwischen dem Bereich akzeptabler Verhaltensanforderungen und den subjektiv als unzumutbar empfundenen Erwartungen der Organisation: Caroll & Tosi (1976) unterscheiden im Hinblick auf diesen psychologischen Vertrag zwischen zwei Grenzen, der offiziellen und der realen: Der Bereich zwischen beiden Grenzen wird als jener freiwilliger, zusätzlicher Leistungen angesehen, die, wenn sie offiziell gefordert werden, die Forderung nach zusätzlichen Gegenleistungen nach sich ziehen. Der Widerspruch zwischen den Zielen der Organisation und denjenigen der Individuen ist Ausgangspunkt dreier bekannter organisationspsychologischer Modelle: Argyris (1957a; b; 1964), McGregor (1967) und Likert (1967) gehen davon aus, daß für das Individuum in einer Organisation nur unzureichende Möglichkeiten der Selbstentfaltung bestehen und verweisen auf die Vorteile partizipativer Entscheidungsfmdung. Mit Burns (1978: 19) teilen sie die zentrale Annahme, daß “(l)leadership… is inseparable from followers’ needs and goals”. Die Autoren kommen jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen, was die Art und Weise anbelangt, diese Divergenzen ‘aufzufangen’: Während McGregor dies auf ein falsches Menschenbild der Führungskräfte zurückführt (Theorie “X”) und diesem eine humanistische Führungsphilosophie gegenüberstellt (Theorie “Y”), die zu einen verbesserten Integration der Mitarbeiter und in der Folge zu höherer Effizienz für die Organisation führe (vgl. v. Rosenstiel u.a. 1989: 14f.), erfordert nach Argyris die Verminderung der Inkongruenz zwischen Individuum und (traditioneller) Organisationsformen einen Wandel der “Soft”- und der “Hardware” der Organisation: notwendig ist demnach nicht nur ein die Einführung nicht-direktiver Kooperationsformen, sondern ein grundsätzlicher Strukturwandel. Zentrale Prämisse von Argyris (1957a: 49–51) ist, daß Individuen eine Arbeitsumgebung wünschen, die ihnen Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Vielfalt und Selbstkontrolle ermöglicht. Die traditionellenStrukturen zahlreicher Industrieorganisationen ermöglichen eine derartige Eigensteuerung zumeist nur in sehr geringem Maß. Entsprechend beinhaltet effektive Führung einen Trend in Richtung Dezentralisierung von Autorität, um zumindest eine Teillösung des Problems individueller Prädispositionen und organisatorischer Anforderungen zu bieten.

    Google Scholar 

  36. Da Macht im Gegensatz zu Autorität nicht aus der formalen Organisationsstruktur resultiert stellt sich die Frage nach den Ursprüngen derartiger Einflußpotentiale. French & Raven (1959) liefern die klassische Analyse unterschiedlicher Formen bzw. Grundlagen von Machtausübung, d.h. Sanktionsmacht (Belohnungs-, Bestrafungs-oder Zwangsmacht), Macht durch Identifikation (Referenzmacht) und Expertenmacht, wobei allerdings Überschneidungen zwischen den einzelnen Kategorien vorkommen: Zwangsmacht (coercive power) gründet auf der Wahrnehmung der Untergebenen, wonach der Vorgesetzte bei nicht-konformen Verhalten Möglichkeiten der Bestrafung besitzt (Versetzung, Entlassung etc.). Die Machtgrundlage ähnelt der Macht durch Belohnung, zumal in beiden der Machtbereich auf Verhaltensweisen eingeschränkt ist, für die die Inaussichtstellung von Belohnungen bzw. Bestrafungen als solche empfunden wird. Belohnungsmacht (reward power) ist zu unterscheiden von der bloßen Existenz eines Belohnungsinstrumentariums, d.h. verhaltensbeeinflussend wirkt nur die positiv bewertete Inaussichtstellung von Belohnungen bzw. Anreizen. Für die Erhaltung dieser Machtgrundlage ist die tatsächliche Gewährung der in Aussicht gestellten Belohnung entscheidend. Legitime Macht (legitimate power) beschreibt das kraft einer Position zustehende Maß an Kontrolle, die Kompetenz einer Position (formale Autorität). Legitime Macht gründet auf der Akzeptanz spezifischer Normen und Werte; Positionsinhaber besitzen das Recht, Einfluß auszuüben und die Untergebenen sind bereit, den Weisungen des Vorgesetzten Folge zu leisten, weil sie dieses Recht des Vorgesetzten anerkennen. Referenzmacht (referent power) verweist auf persönliche Autorität in engerem Sinn und gründet auf der Identifikation mit dem Vorgesetzten. Belohnungsmacht kann in Macht durch Persönlichkeitswirkung transformiert werden: die Autorität, Belohnungen gewähren zu können, macht u.U. eine Person attraktiv und diese Attraktivität kann zur Identifikation anregen. Diese Machtgrundlage ist jedoch schwer generierbar und zumeist spontanen Ursprungs. Expertenmacht (expert power) beschreibt diejenige Quelle von Einflußnahme, die in der fachlichen Qualifikation bzw. Kompetenz eines Mitarbeiters begründet ist (funktionale Autorität). Sie gründet auf der Perzeption der Untergebenen, daß der Vorgesetzte Wissensvorteile auf einen speziellen Gebiet besitzt. Außerhalb dieser Grenzen entfällt die Möglichkeit der Beeinflussung. Erweiterungen nennen als sechste Machtgrundlage “Informationsmacht”, als dem Informationsvorsprung, den sich ein Vorgesetzter erwerben kann (vgl. Raven & Krugalski 1970). Duncan (1978: 313) fügte eine weitere Machtgrundlage hinzu: Charisma als Quelle von sozialem Einfluß wurde bereits von Weber thematisiert und gewinnt insbesondere in der Diskussion um die Genese von Bindung und Integration der Mitarbeiter an ein Unternehmen an Bedeutung (vgl. Oberg 1972: 31). Legitime Macht und Referenzmacht sind im Hinblick auf Autorität von besonderem Interesse: Legitimität ist unerläßlich im Hinblick auf Autoritätsbeziehungen, die auf formalen Kontrollrechten und entsprechenden Verpflichtungen zu deren Befolgung gründen. Referenzmacht ist eher interpersönlicher Natur und beruht auf wechselseitigen Identifikationsprozessen, wie sich anhand der Macht charismatischer Führungspersönlichkeiten zeigt (Duncan 1978). [Die Typologisierung von French & Raven entbehrt nicht einer gewissen Inkonsistenz: die Analyse erfolgt sowohl aus der Perspektive des Machthabers als auch unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz durch die Machtunterworfenen; Sanktionsmacht coercive power und reward power) kann auf formalen Machtgrundlagen beruhen (legitimate power).]

    Google Scholar 

  37. Obwohl Macht als wichtige Dimension von Managementhandeln unumstritten ist, stellt es weiterhin ein kontroverses Konzept dar. Als ein komplexes Phänomen, das sowohl sichtbare als auch unsichtbare Aspekte besitzt, gestaltet sich nahezu jeder Versuch, Bedeutungsbreite und Implikationen organisatorischer Macht zu erfassen, als äußerst schwierig (vgl. Lukes 1974; s.a. Holm 1969 ): Zum einen stellen sich Machtbeziehungen in Organisationen als klar zu beschreibende und definierende Phänomene dar (vgl. Allen u.a. 1979; Gandz & Murray 1980; Madison u.a. 1980; Pfeffer 1981), zum anderen erweist sich Macht als ein eher subtiles Phänomen (vgl. Astley & Sachdeva 1984), das in den Symbolen und Systemen der Organisation verankert ist, die aus den Auseinandersetzungen zwischen den Akteuren resultieren. Frost (1987: 505) verweist auf die duale Natur von Macht, “which exists both an the surface of an organization and beneath it”: Entsprechend kann unterschieden werden zwischen (a) organisatorischer Macht als einem Beziehungsgeflecht zwischen Akteuren und (b) einem strukturellen Aspekt einer Organisation. Oberflächenmacht zeigt sich in den direkten, beobachtbaren Interaktionen zwischen Akteuren (vgl. Dahl 1957). Dieser Aspekt von Macht zielt auf Prozesse der Entscheidungsfindung. Eine subtilere Variante von Oberflächenmacht besteht in der Fähigkeit bestimmter Akteure die Thematisierung eines bestimmten Aspektes zu verhindern, der nicht als nichtkontrovers betrachtet werden kann (vgl. Bacharach & Barau 1962). (b) Macht ist auch in den Tiefenstrukturen der Organisation vorhanden (vgl. Clegg 1975, 1979a, 1979b; Lukes 1974), in dem “socially structured and culturally patterned behavior of groups and practices of institution” (Lukes 1974: 22 ). Unter diesen Bedingungen sind die Inhaber von Machtpositionen kaum Anfechtungen ihrer Position ausgesetzt und müssen kaum auf Machtmittel bei der Durchsetzung ihrer Entscheidungen zurückgreifen. Da dieser Aspekt von Macht eine zumeist nicht wahrgenommene Rahmenbedingung organisatorischen Handelns darstellt, ist es vielfach unmöglich für einen Großteil der mit weniger Macht ausgestatteten Organisationsmitglieder bewußt nachzuvollziehen, daß die spezifischen Interessen der Inhaber von Machtpositionen als universale, allen zugute kommenden Interessen dargestellt werden.

    Google Scholar 

  38. Im Gegensatz zu reinen Machtbeziehungen stellt Autorität einen Prozeß der Übertragung von Kontrollrechten dar, als diese als Ergebnis eines konsensorientierten Beziehungsmusters zu fassen ist: “Authority affects the substitution of judgment as the result of consensual decision by a social unit approving and accepting the substitution on the basis of its usefulness to the unit” (Gilman 1962: 107). Eine Machtbeziehung “may be labeled as ”authority“ by consensus of the society encompassing the enterprise, and as ”coercion“ when we narrow the unit of consensus to the enterprise itself” (ebd.: 115). Eine Machtbeziehung wird zu einer Autoritätsbeziehung “anywhere within the boundaries of a social unit that gives it consensual support, even though particular groups or subunits within the society may think of it as coercive, manipulative, or persuasive” (ebd.: 116).

    Google Scholar 

  39. In Anlehnung an Cartwright (1965) kann Kontrolle qua Autorität oder Macht wie folgt zusammengefaßt werden: “Authority is an influence process that P views as being legitimate and compatible with his goals because of the formal organizational position that O occupies. Basically, authority can be viewed as an act of leadership by someone who is in a headship position vis-à-vis P. Power is an influence process of O on P that P does not perceive to be compatible with his goals but changes his behavior to be consistent with O’s intentions or preferences because of his dependence on some valued resource with O controls. The formal organizational position occupied by O is not a distinguishing characteristic for the concept of power, i.e. O can be a superior, subordinate, or peer of P” (Kochan u.a. 1986: 8). [Während sich vereinzelt noch immer eine synonyme Verwendung der Begriffe Kontrolle, Einfluß und Macht findet, besteht Cartwright (1965) auf unterschiedlichen Definitionen dieser Begriffe: Nach seiner Definition organisatorischer Einflußnahme übt O Einfluß auf P aus, wenn O etwas tut, was zu einer Verhaltensänderung bei P führt. Nach dieser Definition ist das Ergebnis einer Einflußnahme von O eine Verhaltensänderung bei P. Darüber hinaus muß die Richtung der Verhaltensänderung bei P in Einklang mit den von O beabsichtigten Intentionen liegen. Übereinstimmung besteht darüber, daß eine Machtbeziehung besteht nur in der Interaktion zwischen zwei oder mehreren Parteien (Emerson 1962; Thompson 1967; Hickson u.a. 1971). Nach (Kochan u.a. 1986: 6) sind die genannten Merkmale jedoch unzureichend, um Macht von anderen Formen organisatorischer Einflußnahme und Kontrolle abzugrenzen. Entscheidende Bedeutung komme vielmehr dem Aspekt der Kompatibilität zu: “A major distinguishing characteristic of a power relationship is that the object of influence, P., does not accept the legitimacy of the influence attempt by 0, i.e. P does not view the attempt as being compatible with his goals. Therefore, P is unwilling to modify his behavior in the direction sought by O unless the costs of not conforming to O’s desires exceed the benefits controlled by P…” (ebd.). Auf Grundlage der Unterscheidung von Chamberlain (1955) von ‘Kosten von Übereinstimmung’ und ‘Kosten von Nicht-Übereinstimmung’ stellt ihrer Ansicht nach die Vereinbarkeit von Zielen ein wichtiges Merkmal von Machtbeziehungen dar: “When O attempts to influence P in a direction that is inconsistent with P’s goals on an issue, O’s attempt will be successful to the extent that O controls resources valued by P and can make attainment of these resources contingent upon P’s behavior” (ebd.: 6).

    Google Scholar 

  40. So stellt Parsons (1964: 39) fest: “Macht ist das Medium, mit dessen Hilfe allgemeine Autorität in wirksames kollektives Handeln umgesetzt wird. Machtausübung zwingt die betreffenden Gruppenmitglieder dazu, den für die Erfüllung der Gruppenziele notwendigen Rollenverpflichtungen nachzukommen”.

    Google Scholar 

  41. Autoren in der Tradition von Barnard hatten bereits früh darauf verwiesen, daß Untersuchungen zur Genese und Durchsetzung von Autorität mit den Autoritätsunterworfenen und nicht mit dem Autoritätsträger beginnen sollte: “The reason is that the behavior authority seeks to control is the behavior of the subordinate, not the behavior of the superior.… it implies that whereever the authority relation exists there must be a mechanism to maintain it, and this mechanism must be efficient” (Simon 1957c: 109).

    Google Scholar 

  42. Vor dem Hintergrund der Differenzierung in formale und persönliche Autorität kann auch die Zweiteilung von Mayntz (1958) in formelle (objektive) Autorität und Autorität der Persönlichkeit (subjektive Autorität) angesiedelt werden; ebenso die Unterscheidung von Gilman (1962) zwischen persönlicher und institutioneller Autorität. Die Übertragung von Macht in informellen Gruppen auf bestimmte Gruppenmitglieder kann als übertragene Macht, als Autorität auf der Basis von Billigung bezeichnet werden (Dombusch & Scott (1975). Autoren in der Tradition von Bamard (1938) sehen in der Billigung von Normen durch die Untergebenen den entscheidenden Eckpfeiler von Autorität auch in formalen Organisationen. Dieses Konstrukt ist Dornbusch & Scott (1975) zufolge jedoch zweitrangig gegenüber einer anderen Autoritätsquelle: ein wichtiges Merkmal formaler Organisationen ist das Prinzip der Amtshierarchie, d.h. Personen, die einem bestimmten Machtbefugten sowohl über als auch untergeordnet sind. Macht, die von oben reguliert wird, kann als autorisierte Macht bzw. als Autorität auf der Basis von Ermächtigung bezeichnet werden. Autorität, die sowohl autorisiert als auch übertragen ist, d.h. jemand der Vorgesetzter und natürlicher Führer zugleich ist - kann als stärker legitimiert und effektiver gelten als Autorität, die sich nur aus einer Quelle speist (vgl. ebd.: 56–64). Trotz der notwendigen analytischen Un-terscheidung zwischen und autorisierter und übertragener Macht, sind diese in der betrieblichen Praxis zumeist eng miteinander verknüpft (Scott 1986a: 376 ).

    Google Scholar 

  43. Zu den machtpolitischen Aspekten von Vollbeschäftigungs-und Sozialpolitik, speziell am Beispiel des “Schwedischen Modells” vgl. Glyn (1995a,b), s.a. Kap. III.4.1.der vorliegenden Arbeit.

    Google Scholar 

  44. Der Einfluß der Wirtschaft auf die Medien ist konkret schwierig nachzuweisen. Es fällt immerhin auf, daß auch in gegenüber (konservativen) Politikern respektlos kritischen Presseorganen die Wirtschaft als ganzes im Regelfall sehr positiv dargestellt wird - eine klassische Studie zu “DER SPIEGEL” stammt von Enzensberger (1962).

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1998 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Brünnecke, K.C. (1998). Kontrolle und Konsens in der Unternehmung. In: Autorität des Managements. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97662-8_2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97662-8_2

  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8244-4280-5

  • Online ISBN: 978-3-322-97662-8

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics