Zusammenfassung
Wenn man über die heute viel beklagte Erosion des Privaten nachdenkt, fällt einem bald auch die Habermas’sche Gegenüberstellung von systemischen Kräften einerseits und Lebenswelt andererseits in der heutigen Gesellschaft ein. In diesem zweigliedrigen Modell bilden zwar — kurz gesagt — die überwiegend zweckrational handelnden Funktionssysteme wie Staat, Ökonomie, Verwaltung, Medien usw. und andererseits die alltäglichen Lebenswelten, in denen sich die Menschen kommunikativ verständigen und entsprechend kooperieren, einen funktionalen gesellschaftlichen Zusammenhang, stehen sich aber oft wenig versöhnlich gegenüber. Denn die Rationalisierungsstrategien der Funktionssysteme machen keineswegs Halt vor bewährten Alltagsräumen der Lebenswelt, wozu gerade auch die privaten Einrichtungen wie Wohnung und Garten gehören. Im Gegenteil, gerade hier liegen oft bedeutende Aktionsfelder fir staatliches und administratives Handeln sowie ausgedehnte Märkte für Ökonomie und Medien. Natürlich ist dieses Zwei-Kräfte-Modell nicht identisch mit der Dichotomie Privatheit-Öffentlichkeit. Aber sind es nicht gerade der starke Zugriff der Medien auf die Privatheit, die überbordende Kommerzialisierung etwa auch der heutigen Gärten und die gewaltmonopolistischen Eingriffe des Staates in die Privatsphäre, die genau diesen lebensweltlichen Teil unseres Daseins bedrohen?
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Literatur
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© 2003 Leske + Budrich, Opladen
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Nohl, W. (2003). Die Kleingärten im Nachkriegsdeutschland. In: Lamnek, S., Tinnefeld, MT. (eds) Privatheit, Garten und politische Kultur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97600-0_12
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