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„Freiheit in Grenzen“?

Zum Zusammenhang von Gärten, Privatheit und Politik in der Zeit des Nationalsozialismus

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Privatheit, Garten und politische Kultur
  • 207 Accesses

Zusammenfassung

Die einleitende Frage im Titel „Freiheit in Grenzen“? nimmt Bezug auf eine kleine Broschüre, die 1938 von dem Landschaftsarchitekten Hermann Mattem veröffentlicht wurde und in der er unter dem Titel Freiheit in Grenzen. Haus- und Villengärten vorstellte.1 Ein solcher Titel2 könnte die Vermutung nahelegen, dass Mattem ihn als eine subtile Kritik am Nationalsozialismus benutzt haben könnte. Sah Mattem Freiheit in der Zeit des staatlich geforderten und geforderten Rassismus und Antisemitismus, in einer Zeit der Verfolgung politisch Andersdenkender und anderer Gruppen vielleicht nur noch gegeben in seinem eigenen Garten, abgeschirmt durch Hecken, Zaun, Mauern gegen die tendenziell feindliche öffentliche Sphäre? War hier ein Wiederaufleben der mittelalterlichen Vorstellung des Gartens als hortus conclusus zu verzeichnen,3 einem Ort, der gegen die Außenwelt Schutz bieten konnte, dessen feste und hohe Umzäunung die Einsichtnahme von Gestapo, Blockwart, Fremden und Nachbarn in die eigene Privatsphäre verhindern sollte? Eine sorgfältige Lektüre von Matterns Broschüre allerdings bietet keinerlei Indizien für eine solche Interpretation des Titels als subtile Kritik am Nationalsozialismus.

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Literatur

  1. Zur Biografie Hermann Mattem’s und anderer in diesem Beitrag genannter Landschaftsarchitektlnnen siehe Gert Gröning und Joachim Wolschke-Bulmahn, Grüne Biografien. Biographisches Handbuch der Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Patzer Verlag, Berlin und Hannover, 1997.

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  2. Auf eine andere Publikation mit demselben Titel - Freiheit in Grenzen - soll hier nur verwiesen werden. Sie wurde 1993 von Edith Dietz veröffentlicht, einer Jüdin, die 1942 vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Schweiz flüchten konnte und in dem Band Freiheit in Grenzen (dipa-Verlag, Frankfurt, 1993) über die Zeit von 1942 bis 1946, dem Jahr ihrer Rückkehr nach Deutschland, berichtet.

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  3. Siehe zur Idee des hortus conclusus z.B. Dieter Hennebo, Gärten des Mittelalters, neu herausgegeben mit Nachwort und erweitertem Anhang versehen von Norbert Ott unter Mitarbeit von Dorothee Nehring, Artemis Verlag, München und Zürich, 1987.

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  4. An dieser Stelle kann nur auf einige wenige Publikationen verwiesen werden, so Joachim Wolschke-Bulmahn und Gert Gröning, “Der kommende Garten”. Zur Diskussion über die Gartenarchitektur in Deutschland seit 1900, Garten und Landschaft, (1988), 3, 47–56; Joachim Wolschke-Bulmahn und Gert Gröning, The ideology of the nature garden. Nationalistic trends in garden design in Germany during the early twentieth century, Journal of Garden History, 12 (1992), 1, 73–80; Joachim Wolschke-Bulmahn, Avantgarde und Gartenarchitektur in Deutschland. Über ein vergessenes Phänomen der Weimarer Zeit, Zolltexte, (1997), 26, 11–17.

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  5. Bei den Recherchen zu diesem Beitrag erhielt ich wichtige Hilfen von zahlreichen Wissenschaftlerinnen. Danken möchte ich unter anderem Dr. Beate Kosmala und Dr. Schopp-mann vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, Dr. Marlis Buchholz und Dr. Hans-Dieter Schmid vom Historischen Seminar der Universität Hannover, Dr. Peter Fibich, Institut für Grünplanung und Gartenarchitektur der Universität Hannover, Wolfgang Immenhausen, Liebermann-Gesellschaft in Berlin, Dr. Peter Schulze, Stadtarchiv Hannover, Wilfried Wiedemann, Landeszentrale für politische Bildung Niedersachsen, Prof. Dr. Gert Gröning, Fachbereich Architektur, Universität der Künste Berlin, sowie Ulrike Plappert, Bremen. Sie halfen mit Informationen und stellten Materialien zur Verfügung, die mir so nicht zugänglich gewesen wären. Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin stellte mir die von ihr herausgegebene Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin 1933 bis 1945 zur Verfügung. In diesem Zusammenhang sei besonders Hans-Rainer Sandvoß gedankt.

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  10. plante Hübotter für den Reichsführer SS Heinrich Himmler den Sachsenhain bei Verden an der Aller und wendete dabei eine durchaus ‘Blut-und-Boden“-orientierte Ästhetik an (siehe dazu Joachim Wolschke-Bulmahn, Findlinge, Landschaftsgestaltung und die völkische Suche nach nationaler Identität im frühen 20. Jahrhundert, Schaumburger Landschaft (Hg.), Steine und Nationalsozialismus. Dokumentation des 4. Werkstattgespräches von steinzeichen steinbergen,Kleine Reihe, 2000, 1, 14–26). Zehn Jahre später erarbeitete Hübotter Pläne für die landschaftsarchitektonische Gestaltung der Gedenkstätte Bergen-Belsen, die an eben die Opfer von Himmlers SS erinnern sollte. Auch dort waren die angewandten landschaftsästhetischen Ausdrucksformen ähnlich (siehe dazu Joachim WolschkeBulmahn, Zur landschaftsarchitektonischen Gestaltung der Gedenkstätte Bergen-Belsen, Die Gartenkunst, 7 (I 995), 2, 325–340).

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  15. Meinen Studenten gegenüber sprach ich einmal über die Gartenarchitektur jener Zeit als etwa eines Geschehens der `inneren Emigration“` (Herta Hammerbacher, Brief vom 3. Januar 1980 an Joachim Wolschke; siehe zu Hammerbacher Gert Gröning und Joachim Wolschke-Bulmahn, Der 100. Geburtstag von Herta Hammerbacher. Ein Anlass zum Nachdenken, Stadt und Grün,2001, 1, 35–39).

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Wolschke-Bulmahn, J. (2003). „Freiheit in Grenzen“?. In: Lamnek, S., Tinnefeld, MT. (eds) Privatheit, Garten und politische Kultur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97600-0_10

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