Zusammenfassung
Die politisch-administrativen Strukturen in Hamburg bilden den Hintergrund, in den die Arbeit der Beamten der öffentlichen Verwaltung eingebettet ist. Zu den in den vorangegangenen Kapiteln festgestellten Verbindungen zwischen Politik, Parteien und Verwaltung existieren im politischen und administrativen System Hamburgs besondere Merkmale, welche Überschneidungen der Einflusssphären der unterschiedlichen Akteure und Institutionen begünstigen.250 Um die Einstellungen der Beamten in der Hamburger Verwaltung in einem sozialen und politischen Rahmen einzuordnen, müssen diese besonderen Merkmale berücksichtigt werden. Dies sind die Politischen Beamten der Hansestadt (3.1.1), die politiknahen Senatsämter (3.1.1), die Ortsamtsleiter (3.1.2) und die Deputationen (3.1.3).251 Vor diesem Hintergrund kann auf die lang anhaltende Diskussion zur Trennung von Verwaltungshandeln und Interessen der Parteien eingegangen werden (3.2).
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Literatur
Die Erforschung dieser lokalen Strukturen ist ungenügend, die Politikwissenschaft hat sich dieses Feldes noch nicht angenommen.
Nicht eingegangen werden kann auf die ausgegliederten Verwaltungseinheiten der Hamburger Verwaltung, obwohl die Politisierung ihres Spitzenpersonals der wissenschaftlichen Erforschung bedarf. So obliegt den Beamten vieler Fachbehörden einerseits die Kontrolle der ausgegliederten Verwaltungseinheiten, Stiftungen und Unternehmen, andererseits sind sie aber auch Mitglied im Aufsichtsrat der betreffenden Gesellschaft und vertreten deren Interessen. Diese Interessenkollision war Gegenstand des Parlamentarischen Untersuchungsauschusses zur „Vergabe und Kontrolle von Aufträgen und Zuwendungen der Freien und Hansestadt Hamburg“, Bürgerschaftsdrucksache 5000 der 16. Wahlperiode.
Zum Verwaltungsaufbau der Hansestadt Hamburg vgl. das Schaubild im Anhang und Haas 1989. Zur Entstehung des Beamtentums in Hamburg siehe Rosenfeld 1984.
Vgl. dazu Haas 1988:99 und Wewer 1991. Den grundsätzlichen Aufbau der Hamburger Verwaltung gibt das Schaubild in der Anlage I wieder.
Vgl. den Bericht der Haas-Kommission 1982 und zuletzt den Bericht der Stadtstaaten-kommission 1989:52, die in ihren Empfehlungen übereinstimmen. Dieter Läpple bezeichnet dies als „unausdifferenzierte Politikstruktur“, vgl. DIE ZEIT v. 2. Juli 1998. Eine Fallstudie über Defizite in der Hamburger Verwaltung durch den Kompetenzstreit bietet Damkowski 1981.
Dazu Schwabe 1988:56.
Haas 1988:126
Literatur zu den Staatsräten existiert kaum, vgl. noch immer Ipsen 1979, Ewald 1954. Zu den Staatsräten in der Weimarer Republik vgl. Büttner 1985:84.
Eschenburg 1961:73.
Vgl. Bull 1998:105.
Die Staatsräte werden aufgrund ihrer normierten Parteimitgliedschaft im empirischen Teil dieser Arbeit nicht berücksichtigt.
Vgl. Bull 1998:90f. Gegenwärtig bestehen fünf Senatsämter: Die Senatskanzlei, die als Koordinierungzentrale den Senat unterstützt, das Personalamt, welches den Stellenplan für die Bediensteten des öffentlichen Dienstes in Hamburg aufstellt (durch dieses Senatsamt ernennt und befördert der Senat die Beamten (Art.45 Abs.l HV)), das Staatsarchiv, das Senatsamt für die Gleichstellung, welches auf die Erfüllung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots hinwirkt und das Senatsamt für Bezirksangelegenheiten, welches seit 1985 die Aufsicht über die Bezirksämter ausübt.
Voscherau 1992.
Voscherau 1992.
Ehlers 1991:5; vgl. auch Sohnke 1982. Die Presse nimmt den Wechsel von SPD-Mitgliedern in Amter in der Verwaltung oder ihr zugeordneten öffentlichen Unternehmen immer wieder wahr: Im Januar 1991 schied Ralph Bornhöft aus der sozialdemokratischen Bürgerschaftsfraktion aus und wurde Leiter des Einwohner-Zentralamtes. Monika Piwon (SPD) wirkt seit 1993 als Gleichstellungsbeauftragte beim Norddeutschen Rundfunk, während Ursula Caberta y Diaz (SPD) die Leitung einer Arbeitsgruppe der Innenbehörde ü-bernahm (vgl. Hamburger Abendblatt vom 20./21.2.1993).
Ehlers 1992.
Ehlers 1992.
Die letzten vier Leiter (Pawelczyk, Zumkley, Binzek, Bonorden) des frühere Senatsamt für den Verwaltungsdienst, heute Personalamt, waren Mitglied der SPD.
Hamburg-Mitte, Wandsbek, Hamburg-Nord, Altona, Eimsbüttel, Bergedorf, Harburg. Zur Entstehungsgeschichte vgl. Teichmann 1968:20ff.
So auch Wewer 1991:413.
Haas 1988:120.
So auch Hartwich 1990:18.
Sehr ausführlich, doch nur formaljuristisch dazu Teichmann 1968:49ff. Dies sind zur Zeit 15 (Bezirk Mitte: Billstedt, Veddel/Rothenburgsort, Finkenwerder; Bezirk Altona: Blan-kenese; Bezirk Eimsbüttel: Lokstedt, Stellingen; Bezirk Nord: Barmbek-Uhlenhorst, Fuhlsbüttel; Bezirk Wandsbek: Bramfeld, Alstertal, Walddörfer, Rahlstedt; Bezirk Bergedorf: Vier- und Marschlande; Bezirk Harburg: Wilhelmsburg, Süderelbe).
Westphal 1993.
Teichmann 1968:160.
Westphal 1992.
Siehe Hamburger Abendblatt v. 4.7.1998
Voscherau 1992.
Der Versuch wird von den nicht ernannten Beamten auch selten unternommen. Bekannt ist nur ein Fall, in dem Widerspruch gegen die Entscheidung des Senatsamts für Bezirksangelegenheiten eingelegt wurde, vgl. Hamburger Abendblatt v. 4.7.1998. Der “Fall“, den Henning Voscherau anspricht, ist die damalige Benennung des Ortsamtsleiters Barmbek-Uhlenhorst. Dieser wurde 1980 gegen den Willen des Bezirksamtschefs Wildemann, des Personalrates und der ÖTV durchgesetzt (Morgenpost v. 9.7.1980). Der damalige Bewerber hatte keine Verwaltungserfahrung und war zudem kein Beamter (vgl. Hamburger A-bendblatt v. 21.5.1980). Ebenfalls 1980 wurde ein Amtsrat und Tarifreferent für Verkehr elf anderen, „mindestens gleichwertigen Bewerbern“ vorgezogen, um den Posten des Ortsamtsleiters in Blankenese einzunehmen (vgl. Hamburger Abendblatt v. 30.7.1980).
Westphal 1993.
So der Fraktionsvorsitzende der CDU in der Bürgerschaft, Ole von Beust im Hamburger Abendblatt v. 3.7.1998.
Zunehmend sind einzelne Fachbehörden dazu übergegangen Stiftungen, Vereine und Gesellschaften zu gründen, die entweder soziale Dienste anbieten oder die Bevölkerung mit ihren Grundbedürmissen versorgen. Diese öffentlichen Unternehmen unterliegen nicht den Regelungen des öffentlichen Dienstes und gelten deshalb als Objekte der Versor-gungspatronage. Besonders die Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat eine Vielzahl von privatrechtlichen Einrichtungen geschaffen, die hauptsächlich auf dem sog. ”zweiten Arbeitsmarkt” tätig sind (z.B. die Arbeit und Lernen GmbH, das Berufsbildungswerk Hamburg GmbH, das Hamburger Ausbildungszentrum e.V. (HAZ), das Zentrum zur beruflichen Qualifizierung e.V. (ZEBRA) und die Hamburger Arbeit-Beschäftigung Gesellschaft (HAB)). An einem Großteil der Gründungen dieser Gesellschaften war die SPD sozialpolitisch stark interessiert, so dass Marten zu der Einschätzung kommt: ”Durch Motivation der SPD neugegründete Gesellschaften sind äußerst anfallig fur Patronage”, Marten 1993. Zum Umgang der Hamburger Verwaltung mit ihren Unternehmen vgl. Dieckmann 1985.
Bull 1998: 92, Die Literatur zu den Deputationen ist zumeist auf ihre formalrechtliche Aufgaben beschränkt, vgl. dazu Bernzen 1983, weitergehend nur Haas 1989:112–115 und von Hein 1985.
Abgeordnete der Bürgerschaft dürfen der Deputation nicht angehören. Der „Parteiproporz“ ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, vgl. Stadtstaaten-Kommission 1989:50.
Stadtstaaten-Kommission 1989:128f, welche die Auflösung der Deputationen in dieser Form fordert, vgl. auch die historischen Analysen von Wiegand 1986:71.
So von Hein 1985:322.
Siehe von Hein 1985:137f. Zwischen 25 Prozent und 40 Prozent der Abgeordneten von vier Bürgerschaften waren früher in einer Deputation tätig.
Vgl. Hamburger Abendblatt v. 7.11.2000, Hamburger Morgenpost v. 16.11.2000 und 12.12.2000. Zur SPD in Hamburg in der Weimarer Republik vgl. Witt 1977 zur gescheiterten Demokratisierung der Verwaltung siehe Büttner 1985:77–84. Zum „großstädtischen Machtverfall der SPD“ im Bundesgebiet vgl. Feist/Liepelt 1991:196–203.
Hamburger Morgenpost v. 12.12.2000. Schon in vorangegangenen Wahlkämpfen war das Schlagwort „Verfilzung“ Wahlkampfthema, vgl. Puram 1977:302, mit weiteren Artikeln aus den Medien.
Zum „roten Filz“ vgl. DIE ZEIT v. 2.07.2001 und DER SPIEGEL v. 13.11.2000. „Filz“ konnte sich als Begriff in der Wissenschaft nicht durchsetzen, um die Interdependenzen zwischen den Akteuren in Verwaltung, Regierung und Parteien adäquat zu beschreiben.
Zu den Beteiligungen der Hansestadt Hamburg vgl. das Schaubild bei Schuppert 1982. Eine Auflistung der öffentlichen Unternehmen, deren Vorstände und Geschäftsführer Mitglied der SPD sind, existiert nicht. Ansätze dazu in der Hamburger Morgenpost v. 11.11.91, die folgende Stellen nennt: Nordwest-Lotto und Toto Gesellschaft, Hamburger Gaswerke GmbH, Hamburg Port Consulting, Hamburger Wohnungsbau Kreditanstalt. Hingewiesen wurde auch auf die Geschäftsführung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften WVN und GWG und die Unternehmen des zweiten Arbeitsmarktes.
So der Vorsitzende des Parlamentarisches Untersuchungsauschusses zur „Vergabe und Kontrolle von Aufträgen und Zuwendungen der Freien und Hansestadt Hamburg“, im Hamburger Abendblatt v. 17.11.2000. „PUA-Filz“: Bürgerschaftsdrucksache 5000 der 16. Wahlperiode. Beachtenswert darin das Minderheitsvotum der Abgeordneten der CDU-Fraktion. Der Untersuchungsausschuss sollte die Vergabe von Aufträgen der Behörde von Arbeit, Gesundheit und Soziales untersuchen. Zu einer kritischen Einschätzung der Ergebnisse vgl. die TAZ v. 28.11.2000.
So Lösche 1993:43–44, der die Hamburger SPD mit den historischen us-amerikanischen Parteimaschinen vergleicht.
Dies zeigen zahlreiche Anmerkungen in den offenen Fragen und vor allem in der letzten Frage, die Raum für freie Bemerkungen und Kritik ließ. Vgl. Kapitel 4.3.1.
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Auf dem Hövel, J. (2003). Politisch-administrative Strukturen im Stadtstaat Hamburg. In: Politisierung der öffentlichen Verwaltung. Forschung Politikwissenschaft , vol 183. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97588-1_3
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