Zusammenfassung
Das neoliberale Konzept der „Standortsicherung“ dominiert Politik und Publizistik, wenn es um Fragen der Wirtschaftsentwicklung, der Beschäftigungsförderung und des Wohlfahrtsstaates in der Bundesrepublik geht. Aus diesem Grund soll es auf seine Stimmigkeit und mögliche Konsequenzen für den Sozialstaat untersucht, aber gleichzeitig gefragt werden, wie sich die politische Kultur des Landes verändert, wenn — als mittelbares Resultat der Konzentration aller verfügbaren Kräfte auf die Stärkung des „eigenen“ Wirtschaftsstandortes — Standortnationalismus, Wohlstandschauvinismus und Sozialdarwinismus um sich greifen. Die neoliberale Standortrhetorik folgt der kapitalistischen „Logik des Gaspedals“, kurzfristiger Geschäftemacherei und ständig weiter steigender Gewinnmargen für die Großaktionäre nach angloamerikanischem Muster (bekannt geworden als „shareholder value“). Damit verbunden war die Notwendigkeit einschneidender Veränderungen der Volkswirtschaft, der Regierungspolitik, der Kultur und vieler anderer Gesellschaftsbereiche. Man kann den Sozialstaat nicht nach neoliberalen Rezepten umgestalten, ohne das geistige Klima zu verändern, weil er in der politischen Kultur unseres Landes tief verwurzelt ist. Wie sich verschiedene Lager der Gesellschaft im Hinblick auf die Zukunft des Sozialstaates positionieren und welche Leitbilder den öffentlichen Diskurs beherrschen, entscheidet mit darüber, ob die Rechtsentwicklung im vereinten Deutschland trotz des Regierungswechsels Kohl/Schröder anhält, was bedeuten würde, daß wohlfahrtsstaatliche Gesellschaftsentwürfe beispielsweise im Zuge einer neuerlichen Weltwirtschaftskrise noch mehr in die Defensive geraten könnten.
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Literatur
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Butterwegge, C. (2001). Neoliberalismus, Standortnationalismus und Rechtsextremismus: Wettbewerb als Leitbild der Gesellschaftsentwicklung. In: Wohlfahrtsstaat im Wandel. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97530-0_5
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