Zusammenfassung
Noch kurz vor dem Fall der Mauer war Rechtsextremismus als System von Ideologien, Wertorientierungen und Verhalten im Zusammenhang mit der Jugend in der Bundesrepublik Deutschland kaum im Blick der Öffentlichkeit und der Behörden. Zwar gab es immer wieder skandalhafte Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund, bei denen junge Straftäter hervortraten. Es machten auch Neonazigruppierungen, wie die im Umfeld von Michael Kühnen, und Skinheads, wie die »Taunusfront«, von sich reden. Zwar erschienen sie als Sicherheitsrisiko, insgesamt aber als unbedeutend und sozial randständig. Sofern der Rechtsextremismus als bedeutungsvoll erschien, wurde dies an die entsprechenden Parteien und Organisationen geknüpft, die überwiegend als Sammlungen »ewig Gestriger« verstanden wurden. Bis zum Aufwind der Republikaner (REP) Ende der 80er-Jahre galt der Rechtsextremismus eher als historisches Auslaufmodell — eine Ansicht, die sich bis in die späten 90er-Jahre hineinzieht.
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Anmerkungen
Siehe die diversen Verfassungsschutzberichte von Bund und Ländern.
Vgl. Hajo Funke, Deutschland zwischen Demokratie und völkischem Nationalismus, Göttingen 1993.
Vgl. Hans-Gerd Jaschke, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Berlin 1994.
Vgl. Bernd Wagner, Rechtsextremismus und kulturelle Subversion in den neuen Ländern, Berlin 1998.
Vgl. Bernd Wagner, Jugend-Gewalt-Szenen, Berlin 1995.
Eine Vorstellung, die sich noch heute großer Beliebtheit erfreut.
Der Begriff des »Völkischen« wird als biologistische und kulturalistische Konstruktion beschrieben, wobei es unterschiedliche Akzentuierungen gibt: die alte, an den deutsch-nationalistischen bis national-sozialistischen Ideen angelehnte Ableitung der »Lebensart« aus dem »Blut«, aber auch die Hypostase einer essenzialistischen, spezifisch deutschen Kultur, die sich eher historisch legitimiert und sich eng an das Nationen-Konzept einer authochto-nen, »organisch« gewachsenen kulturellen Gemeinschaft anschließt. Im letzten Fall wird das Biologische einfach durch eine analog zum Biologischen konzipierte homogene Kultur ersetzt, die den Einzelnen genauso schicksalhaft determiniert wie ehedem das »Blut«, und die vor allem keinerlei interne Differenzen zu kennen scheint.
»Rechtsextreme Orientierung« als Begriff beschreibt das Vorhandensein rechtsextremer Ideologie. Er bezeichnet häufig die Einstellungswelten besonders jener Menschen, die rechtsextreme Versatzstücke in diffuser und widersprüchlicher Weise formulieren und findet auch Verwendung bei Kindern und Jugendlichen, bei denen davon auszugehen ist, dass eine weltbildliche Fixierung noch nicht abschließend ausgeprägt ist. Der Begriff wird häufig benutzt, um Personen und Gruppen, die aus demokratischen Kontexten angesprochen werden können, nicht als Rechtsextremisten, Nazis o. ä. zu stigmatisieren und damit Kommunikationsblockaden zu errichten. Eingeschlossen in den Begriff ist der des »Rassismus«: Auf Grund von biologischen, nationalen und/oder kulturellen äußeren Merkmalen wird eine Einteilung in höher- bzw. minderwertige Gruppen vorgenommen. Dies wird auch als Rassismus gekennzeichnet. Es würde den Rahmen der Arbeit sprengen, die verschiedenen Definitionen des Begriffes »Rassismus« darstellen zu wollen.
Vgl. Richard Stöss/Oskar Niedermayer, Rechtsextremismus, politische Unzufriedenheit und das Wählerpotenzial rechtsextremer Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Arbeitspapiere des Otto-Stammer-Zentrums, Freie Universität Berlin, Nr. 1, Berlin 1998.
Vgl. Benno Hafeneger/Torsten Niebling, Die Kandidaten der extremen Rechten bei der Bundestagswahl 1998, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Braune Gefahr, Berlin 1999, S. 166–176.
Hier ist die Landtagswahlkampagne 2000 der CDU in Nordrhein-Westfalen »Kinder statt Inder« zu nennen.
Vgl. die Beobachtungen der Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule (RAA) in Jugendprojekten 1999. Siehe: www.raa.de.
Vgl. u. a. Sächsisches Staatsministerium für Kultur, Jugend ‘99 in Sachsen, Dresden 1999.
Vgl. die Homepage des »Nationalen Widerstandes«, Jena (2.11.2000).
Dafür stehen Äußerungen des Brandenburger Innenministers Jörg Schönbohm für das Magazin »Focus«; Mitteilung der Agentur AFP vom 4. November 2000.
Vgl. Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1999, in: www.verfassungsschutz.de.
Nach Ansicht des ehemaligen obersten Verfassungsschützers des Freistaates Thüringen, Helmut Roewer, gibt es daneben »selbst ernannte Experten«, die wohl von einem analy-tisch-interpretatorischen Fettnapf in den anderen trampeln. Dazu gehören Wissenschaftler ebenso wie Publizisten oder bürgerbewegte Menschen. Botschaft dieser Ansicht scheint es zu sein, die Leute in Wort und Tat zum Schweigen zu bewegen. Vgl. Zentrum Demokratische Kultur, Dossier zu Rechtsextremismus in Thüringen — ein Quellenmaterial, Berlin 2000; Helmut Roewer, Rechtsextremismus in Thüringen, Vortag am 13. März 2000 im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz.
Eckart Werthebach, Einführung des Senators zur Vorstellung des 10. Heftes der Publikation »Durchblicke« des Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz, Manuskript, Berlin, Februar 2000.
Aus diesem Grund ist das Projekt EXIT gegründet worden. Siehe: www.exit-deutschland.de.
Vgl. Bernd Wagner (Hrsg.), Handbuch Rechtsextremismus, Reinbek 1994.
Vgl. Zentrum Demokratische Kultur (Hrsg.), »National befreite Zonen« — vom Strategiebegriff zur Alltagserscheinung, Berlin 1998.
Diesem Ansatz hat sich der aus NS-Kadern und Kommunisten zusammengesetzte Kampfbund Deutscher Sozialisten, der am 1. Mai 1999 gegründet wurde, zugewandt.
Vgl. Zentrum Demokratische Kultur (Hrsg.), Rechtsextreme Militanz — kulturelle Hegemonie — Rechtsextremismus in den Neuen Medien, Berlin 1997.
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Wagner, B. (2001). Rechtsextremismus und Jugend. In: Schubarth, W., Stöss, R. (eds) Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97526-3_6
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