Zusammenfassung
Den Ausgangspunkt für die vorliegende Untersuchung bildet eine gegenwärtig weitverbreitete Skepsis in pädagogischen Theorien bezüglich der Ziele und Wirkungsannahmen von Erziehung. Es ist in diesem Zusammenhang häufig davon die Rede, dass ein praktisches und theoretisches Verständnis von Unterrichten als Belehren oder Unterweisen abzulehnen sei. So gut sich dies an reformpädagogische Topoi der Selbsttätigkeit und Lernerautonomie anschließen lässt, ist doch nicht hinreichend klar und deutlich, ob damit einfach ein Sachverhalt konstatiert werden soll oder ob die Begriffe strategisch, d.h. zur Veränderung einer bestehenden Wirklichkeit, eingesetzt werden. Kann man oder soll man nicht belehren? Trifft eher letzteres zu, wenn man Pädagogik mit Jürgen Oelkers als moralische Kommunikation versteht, dann sollen Pädagogen zu einer veränderten Sichtweise auf ihr Handeln aufgefordert werden, die — so stellen sich die meisten Reformer das Verhältnis von Theorie und Praxis immer wieder vor — schließlich auch irgendwie das Handeln selbst verändern kann oder muss.
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Literatur
Unter Didaktik verstehe ich ganz allgemein die Theorie des Lehrens und Lernens. Vgl. Zur schwankenden Begriffsverwendung N. Luhmann./K.-E. Schorr, Reflexionsprobleme im Erziehungssystem, Frankfurt a. M. 1988, 199–212, sowie W. Klafki, Studien zur Bildungstheorie und Didaktik, Weinheim 1975, 72–81.
V. Ladenthin, Sprachkritische Pädagogik: Beispiele in systematischer Absicht. Bd. 1: Rousseau — mit Ausblick auf Thomasius, Sailer und Humboldt, Weinheim 1996, 11.
H.-I. Maaou, Augustinus, Hamburg 1958; P. Brown, Augustine of Hippo, London/Boston 1967 und A. Schindler, Augustin, in: Theologische Realenzyklopädie, IV, Berlin 1979, 646–698. Vgl. jetzt auch U. Neumann, Augustinus, Hamburg 1998.
K. Bringmann, Römische Geschichte, München 31997, 102.
Vgl. dazu auch M. Trautmann, Die Confessiones des Aurelius Augustinus als Bildungsgangbeschreibung, in: M. Meyer/A. Reinartz (Hrsg.), Bildungsgangdidaktik Denkanstöße für pädagogische Forschung und schulische Praxis, Opladen 1998, 93–107.
Nach M. Fuhrmann, Rom in der Spätantike. Porträt einer Epoche, München 21995, 200. Das Augustinuslexikon verzeichnet 129 Schriften ohne Predigten und Briefe. Zu Einzelheiten siehe dort, XXVI-XL. Augustin selbst hat 426/427 am Schluss der Retractationes 93 Werke in 232 Büchern gezählt.
Zur Abgrenzung von psychologischen Fragestellungen vgl. D. Benner/J. Oelkers/J. Ruhloff, Lernen: Nicht nur ein psychologisches Thema, in: Zeitschrift für Pädagogik 34, 1988, Nr. 3, S. 295–297.
Vgl. D. Benner, Allgemeine Pädagogik, Eine systematisch-problemgeschichtliche Einführung in die Grundstruktur pädagogischen Denkens und Handelns, München 1987, 63–73.
A. Schäfer, Rousseau. Pädagogik und Kritik, Weinheim 1992, 79, zeigt diese grundsätzliche Problematik bei Rousseau: die Möglichkeit der Determination aufrechtzuerhalten, ohne die Unvermitteltheit des Selbstbildungsprozesses in Frage zu stellen.
Zur Kritik der Instruktionsdidaktiken vgl. St. Hellekamps, Erziehender Unterricht und Didaktik — neuere Didaktiktheorien im Horizont klassischer Begriffsbestimmungen, Weinheim 1991. Eine etwas andere Perspektive nimmt J. Oelkers, Die große Aspiration. Zur Herausbildung der Erziehungswissenschaften im 19. Jahrhundert, Darmstadt 1989, ein, der vermutet, dass theoretischer Diskurs und praktisches Handeln nicht vermittelbar sind, insofern der Praktiker immer Steuerungsmöglichkeiten unterstellen muss, selbst wenn er davon überzeugt ist, dass es diese nicht geben kann. Eine vermittelnde Position findet sich bei N. Luhmann/K.-E. Schorr, Das Technologiedefizit der Erziehung und die Pädagogik, in: Zeitschrift für Pädagogik 25, 1979, 351, die von „subjektiven Technologien“ reden.
A. Baackes-Haase, Irritierende Theorie — systematische Beobachtungen des TheoriePraxis-Problems der Pädagogik, in: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik 69, 1993, 193.
K. Müller, Erkenntnistheorie und Lerntheorie. Geschichte ihrer Wechselwirkung vom Repräsentationalismus über den Pragmatismus zum Konstruktivismus, in: ders. (Hrsg.), Konstruktivismus — Lehren — Lernen — ästhetische Prozesse, Berlin 1996, 24–70, hier 43ff.
M. Wendt, Konstruktivistische Fremdsprachendidaktik. Lerner-und handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht aus neuerer Sicht, Tübingen 1996, 66. Zu diesem Argument vgl. S. 103ff.
A. Schäfer, Bildung and Erziehung — Regarding the German Discussion within the Philosophy of Education, unveröff. Ms. Halle 1997, 2, spricht diese Pole unter den Begriffen Erziehung (pädagogische Handlung) und Bildung (Selbstentwicklung) an. Selbstverständlich handelt es sich hier nur um eine erste Annäherung an Augustin; die Termini bedürfen einer Präzisierung im Sinne eines Bewusstseins, das den historischen Abstand nicht außer acht lässt.
Vgl. dazu D. B. Saddington, The function of education according to Christian writers of the latter part of the fourth century a.d., in: Acta classica, 8, 1965, 86–101.
Zu den artes liberales vgl. mit weiterführenden bibliographischen Angaben H.-I. Marrou, Augustinus und das Ende der antiken Bildung, Paderborn 1995 (frz. Original 1938), 163263; F. Kühnen, Allgemeinbildung und Fachbildung in der Antike, Berlin 1961; U. Lindgren, Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hrsg. G. Ueding, Bd. 1, Tübingen 1992, Sp. 1080–1109.
K. Flasch, Augustin. Einführung in sein Denken, Stuttgart 21994, 403.
Ausführlicher dazu J. Oelkers, Erziehung in der Gegenwart: Vorlesung im Wintersemester 1996/97, Ms. Bern 1996, 25.
O. Schäffter, Das Selbst als Joker — Neuere Literatur zum Thema Selbstorganisiertes Lernen in der Weiterbildung, in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 1, 1998, 137.
Vgl. zum Beispiel M. Heidegger, Die Frage nach der Technik, in: ders., Die Technik und die Kehre, Stuttgart91996, B. Dort findet sich auch die Darstellung der drei anderen Begriffe von Kausalität, die die Tradition bietet.
M. Meyer, Über Gewißheit im Lehr-Lem-Prozess. Didaktische Reflexionen im Anschluß an Ludwig Wittgenstein, in: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie, Heft 2, 1987, 63–77, hier 64.
A. Tremi, Über die beiden Grundverständnisse von Erziehung, in: J. Oelkers/H.-E. Tenorth (Hrsg.), Pädagogisches Wissen, Weinheim 1993, 357 Anm. 11.
Zuerst und noch immer wichtig: K. Kuypers, Der Zeichen-und Wortbegriff im Denken Augustins, Amsterdam 1934.
W. Fischer/ D.-J. Löwisch, Pädagogisches Denken von den Anfängen bis zur Gegenwart, Darmstadt 1989, 56.
H.-J. Tenorth, Geschichte der Erziehung. Einführung in die Grundzüge ihrer neuzeitlichen Entwicklung, München 21992, 48.
Zu nennen wären aber: G. Howie, Educational Theory and Practice in St. Augustine, London 1969; L. Patane, II pensiero pedagogico di Sant Agostino, Bologna 1969; E. Silvestrini, L’Educazione come processo interiore, Roma 1992. Kurz angesprochen wird Augustin in dem Versuch eines historischen Überblicks bei K. Gaik, Die christliche Pädagogik der Kirchenväter und ihre erziehungsphilosophischen Grundlagen, Wuppertal 1978, 162–173.
M. Steppat, Die Schola von Cassiciacum. Augustins,De ordine’, Bad Honnef 1980; G. Scholz, Conversio mentis als Bildungsprinzip. Aufgewiesen an den Soliloquia und den Confessiones des Aurelius Augustinus, Wien 1972; E. Reil, Aurelius Augustinus: De catechizandis rudibus — ein religionsdidaktisches Konzept, St. Ottilien 1989. Zum De magistro vgl. Kapitel 1 des Hauptteils.
F. X. Eggersdorfer, Der hl. Augustinus als Pädagoge und seine Bedeutung für die Geschichte der Bildung, Freiburg 1907. Eggersdorfer (1879–1958), ein katholischer Theologe und Pädagoge, war von 1928–1934 Mitherausgeber des Handbuchs für Erziehungswissenschaft.
K. Flasch (Hrsg.), Logik des Schreckens. Augustinus von Hippo. Die Gnadenlehre von 397, Mainz 21995, 133–138.
J. Ritter, Mundus intelligibilis. Eine Untersuchung zur Aufnahme und Umwandlung der neuplatonischen Ontologie bei Augustinus, Frankfurt a. M. 1937.
E. König, Augustinus philosophus. Christlicher Glaube und philosophisches Denken in den Frühschriften Augustins, München 1970, 55 und 138.
H. Koop, Über die Lehrbarkeit der Tugend. Untersuchungen zum platonischen und nachplatonischen Problem des Lehrens und Lernens, Würzburg 1940.
Die Stoiker erwähnt Augustin nicht ausdrücklich; sie haben jedoch nicht unerheblichen Einfluss auf ihn gehabt, wie Flasch, Augustin, 23ff. und passim zeigt. Die Skeptiker werden in den Confessiones nur nebenbei angeführt; es lässt sich jedoch zeigen, dass Augustin sie aus taktischen Gründen wenig beachtet, was ihrer tatsächlichen Rolle für sein Denken nicht gerecht wird. Vgl. dazu H. Blumenberg, Die Legitimität der Neuzeit, Frankfurt a. M. 1996 (zuerst 1966), 310. Die Rolle Ciceros und des Neuplatonismus werden in den Bekenntnissen, Bücher III und VII, ausführlich beschrieben.
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Trautmann, M. (2000). Einleitung: Didaktik als Instruktion oder Irritation. In: Zeichensprache. Forschung Erziehungswissenschaft, vol 106. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97502-7_1
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