Zusammenfassung
Eines der anspruchsvollsten und zugleich einflussreichsten Modelle der Bildinterpretation stammt von dem Kunsthistoriker Erwin Panofsky. Jene Sinndimension, die im Zentrum seiner Methode steht, nämlich die ikonologische, bezeichnete Panofsky (1932, S. 115.) auch als diejenige des „Dokumentsinns“. Er bezog sich damit explizit auf den Wissenssoziologen Karl Mannheim und dessen „dokumentarische Methode der Interpretation“. Während damals, d.h. Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre, Panofsky die sozialwissenschaftlichen Arbeiten seines Zeitgenossen und (was die Zwangsemigration beider anbetrifft) auch Schicksalsgenossen Mannheim daraufhin befragt hat, inwiefern sie für die Kunstgeschichte Relevanz gewinnen können, soll im folgenden die umgekehrte Fragerichtung im Zentrum stehen: Inwiefern vermag die kunstgeschichtliche Methodik — vor allem diejenige, die in der Tradition von Panofsky steht und somit bereits durch die dokumentarische Methode beeinflusst ist — mit ihrer umfangreichen Erfahrung zur Entfaltung von Grundprinzipien der vergleichsweise jungen sozial- und erziehungswissenschaftlichen Bild- und Fotointerpretation beizutragen.
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© 2003 Leske + Budrich, Opladen
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Bohnsack, R. (2003). Die dokumentarische Methode in der Bild- und Fotointerpretation. In: Ehrenspeck, Y., Schäffer, B. (eds) Film- und Fotoanalyse in der Erziehungswissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97489-1_6
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