Zusammenfassung
Als grundlegend für das historisch-politische Bewußtsein müssen vier der wichtigsten Ziele des Zusammenlebens — gemäß vier Hauptsektoren des menschlichen Lebens — angesehen werden:
-
Freiheit (Gesellschaft und Herrschaft) (4.1.),
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Frieden (Staatensystem und Außenpolitik) (4.2.),
-
Wohlstand (Arbeit und Konsum) (4.3.),
-
Naturschonung (Bevölkerung und Habitat) (4.4.).217
Natürlich sind das in alteuropäischer Tradition Werte des “guten Lebens”, die aber — erst recht in der Moderne — stets von ihrem Gegenteil (Unterdrückung, Krieg Elend und Umweltzerstörung) bedroht, also auch Sicherungsversuche des schieren “Überlebens” geworden sind. Überwölbend gehört zu den vier nur scheinbar trennbaren Sektoren die Idee der “Menschen- und Bürgerrechte” im Gegensatz zur Selbstzerstörung durch “Gewalt und Verwüstung” (4.5.).218 Eben diese fünf Schritte eignen sich daher als Gliederung des vierten Hauptteiles der Darstellung von YOUTH and HISTORY.
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Literatur
Streng genommen ist noch mit einem fünften Bereich zu rechnen: Dem Bewußtsein (Bildung und Kultur, Kunst und Wissenschaft, Religion und Kult) mit Fehl- und Unterdrückungsformen wie Zensur, Glaubenszwang und Indoktrination. Als besonderes Thema kann dieses Feld hier ausgeklammert werden, zumal Historie und Geschichtsbewußtsein selbst ein gutes Beispiel für ein kulturelles Phänomen sind.
Ein besonders eindringliches Beispiel für die Interdependenz der vier Ziele des “guten Lebens” und des “schieren Überlebens” ist natürlich der Zusammenhang von Wirtschaft und Herrschaft (auch Bewußtsein) im Sinne des klassischen Marxismus.
Sehr bezeichnend sind aber auch die leicht negativen Ladungen von “ Volksregierung (Lincoln)” (Ladung = -.38) und “Minderheitenschutz” (Ladung = -.26). Demokratie auf realistische (aber auch zynische) Weise distanziert zu betrachten, bedeutet eben auch, diese klassischen Legitimationen zu bezweifeln.
Schumpeters These diente bei ihrem ersten Erscheinen 1942 — in einer Krise der Legitimation von Demokratie gegenüber der Kritik der Kommunisten und Faschisten — vor allem der Rechtfertigung. Zwar ist “klassische” partizipatorische Demokratie (im Sinne Rousseaus oder Lincolns) nicht praktikabel (dazu fehlt der Masse der Bürger sowohl Interesse wie Zeit, schon gar der Sachverstand), aber “realistisch” ist eine Konkurrenz von Eliten, ein Werben mit bestimmten politischen Programmen um die Akklamation der Mehrheit in Wahlen — und damit auch die Chance von geregeltem Regierungswechsel und von bewußtem Elitenaustausch. In der politischen Bildung hat sich diese Theorie — trotz ihrer unverkennbaren analytischen Vorzüge — nicht durchgesetzt.
Mit anderen Worten: Die Jugendlichen vollführen praktisch in ihrer Priorisierung genau das, was sie theoretisch ausdrücklich ablehnen. Sie halten sich nämlich an die “realistische” Demokratietheorie Schumpeters, nicht an die “klassische” Lincolns und Rousseaus (vgl. 3.1.1.).
In diesem Falle liegt keine parallele Bezeichnung der Skalen zugrunde; man darf den Vergleich aber wohl ansatzweise benutzen, zumal der Mittelwert des Politikinteresses sich auf eine fünfstufige Skala bezieht, der Mittelwert des Bildungsanspruches nur auf eine vierstufige (vgl. Angvik/v. Borries 1997, B86, 91).
Gleichzeitig liegen aber die Erwartungen der “politischen Freiheit” und der “Teilnahme an politischer Arbeit” nur genau im europäischen Mittel. Das Interesse an “Geschichte bestimmter Gegenstände” und “Entstehung der Demokratie” fallt nur beinahe durchschnittlich aus. Das politische Interesse der deutschen Befragten ist deutlich überdurchschnittlich, der Bildungsanspruch krass unterdurchschnittlich (unzuverlässige Messung!). Man gewinnt den Eindruck, daß die “Demokratie” bei deutschen Jugendlichen in der Wertesphäre der Theorie ziemlich gut verankert ist, in der Faktensphäre der Praxis dagegen allenfalls “europäisch mittelmäßig”.
Es bestehen allerdings ernsthafte Zweifel, ob die Übersetzungen von “everybody” in alle beteiligten Sprachen ganz einfach und völlig bedeutungsgleich ausfallen. Möglicherweise gibt es in den verschiedenen Sprachen abweichende Konnotationen, die zwischen “jeder einzelne als Individuum” einerseits und “jeder einzelne im Kollektiv” andererseits schwanken.
Bei der Frage “Wieweit bestimmen Kriege den Verlauf der Geschichte?” geht es um Items von Fr. 24–25, 22 und43 (NOW_G, NEXT_G, KIND_D, PRSRV.E).
Genau betrachtet, sollen die Jugendlichen also überlegen, wieweit Krieg das Leben der Menschen nicht nur bestimmt, sondern sogar wandelt.
Das liegt innerhalb der erwartbaren Lebenszeit der Befragten und läßt weniger spekulative Antworten erhoffen als ein unbestimmter künftiger Zeithorizont. Eine anderes Problem ist, inwieweit die Neuntkläßler mit einer Einschätzung der Zukunft kognitiv überfordert sind. Doch ändert dieses Bedenken nichts an der elementaren theoretischen Einsicht, in der Historie (wie in der Biografie!) eine Relation von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehen zu müssen.
Der Zusatz “Frieden um jeden Preis” wurde bewußt gewählt, um einen statistischen “Deckeneffekt” (die Wahl des höchsten Wertes durch praktisch alle Befragten) zu verhindern, d.h. Varianz zu erhalten. Umgekehrt mußte diese Wahl damit bezahlt werden, daß nun ein genauer Vergleich z.B. mit “Umweltschutz” oder “Demokratie” (ohne “um jeden Preis”) erschwert ist.
Aus deutscher Sicht wäre es natürlich wünschenswert, zwischen einem “Krieger-Denkmal” (= Gefallenen-/Heldendenkmal), einem “Kriegsverluste-Denkmal” (= “Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft!”) und einem “NS-Verfolgten-Denkmal” (= KZ-Gedenkstätte) zu unterscheiden. Der englische Normalfragebogen (“A War memorial remembering World War II”) gibt das aber — bezeichnenderweise und den Vergleich behindernd — nicht her.
Typisch ist auch, daß die Länder mit Werten ganz nahe am europäischen Mittel, verschiedenen Gruppen angehören: die neutrale Türkei, das besetzte Slowenien, das zunächst verbündete, dann besetzte Italien.
In diesem Falle liegt keine Skala von 1 bis 5, sondern eine von 1 (‘Wem”) über 2 (“Enthaltung” oder “Nichtteilnahme”) bis 3 (“Ja”) zugrunde. Das erschien bei der Fragebogenerstellung als realistischere Entscheidungsalternative.
In einer nationsspezifischen Auswertung nur des deutschen Datensatzes (Faktorenanalyse) lädt das Item am höchsten auf “Abstimmung für autoritäre Maßnahmen” (Ladung = +.67), weit niedriger auf “Abstimmung für solidarische Leistungen” (Ladung = +.19) und (negativ) auf “Abstimmung gegen europäische Einigung” (Ladung = -.21) (vgl. Konstrukthandbuch 1995, 117ff.).
Historisch besonders wichtig ist natürlich auch die Querverbindung zwischen “Reichtum” und “Macht”, “Armut” und “Unterdrückung”.
Eine bessere Übersetzung von “innovations” wäre “Neuerungen”.
Das Resultat einer Faktorenanalyse zeigt: “Harte Arbeit” ist zwar vornehmlich ein Verdienst (Ladung = +.58), aber enthält auch ein Stück Gerechtigkeit (= verneinter Ungerechtigkeit, Nebenladung = -.38) und ein Stück (glücklichen) Zufall (Nebenladung = +.42). Das “Erbe” erscheint im wesentlichen als “Zufall” bzw. “Glück” (Ladung = +.72), hat aber auch sehr kleine Anteile von “Verdienst” (Nebenladung = +.19) und “Ungerechtigkeit” (Nebenladung = +.18). Für eine nähere Betrachtung auf Item-Ebene eignen sich daher “ungerechtes Wirtschaftssystem” (Ladung = +.86), “Glück” (Ladung = +.80) und “Innovation/Risiko” (Ladung = +.92). Diese drei Items sind mithin sehr gute Vertreter der drei Dimensionen.
Wesentlich leichter interpretieren läßt sich die Kausalattribuierung “harte Arbeit”, die allerdings — wie erwähnt — leider ein Stück “Glück” und ein Stück “keineswegs ungerechtes System” einschließt. Die Jugendlichen aller skandinavischen und westeuropäischen Länder (auch Deutschlands!) betonen dies überdurchschnittlich (dazu die Befragten aus Israel, Griechenland und Polen). Die Stichproben aus den 10 “post-sozialistischen” Ländern (außer Polen) äußern sich viel zurückhaltender; zu ihnen gesellen sich die Fünfzehnjährigen einiger nahöstlicher (Türkei, Palästina, arabisches Israel) und mittelmeerischer (Spanien, Italien) Länder. Das ist ziemlich genau die Umkehrung des Musters beim “ungerechten System”.
Wie so oft schließt sich Israel dieser Gruppe, nicht dem Nahen Osten an.
In Ostdeutschland werden außerdem die “Vererbung” und die “Selbstsucht”, in Westdeutschland die “harte Arbeit” als Gründe für Reichtum stärker betont.
In Angvik/v. Borries (1997, A194), wo ein Rückgang des Einflusses der Wirtschaft berichtet wird, hat sich durch einen Lesefehler ein Irrtum eingeschlichen.
Eine Ausnahme bildet eher das etwas höhere Niveau im Südosten (Griechenland, Türkei, Israel, nicht aber unter den Arabern!). Für die Zukunft ergeben sich besonders niedrige Werte in den skandinavischen Ländern; das entspricht einem allgemeinen Trend dieser Jugendlichen, ihre Gesellschaften als eine Art “Insel der Seligen” zu betrachtea
Leider wurde nur nach “der Quelle sich verbessernder Lebensbedingungen” und “dem Kampf zwischen Arbeitern und Fabrikbesitzern” sowie “überfüllten und häßlichen Städten” gefragt. Die deutlicheren Items der deutschen Befragung von 1992 (vgl. v. Borries u.a. 1995, 63–68) “Verelendung (Verarmung) der Arbeiter” und “Verbesserung des Lebensstandards” wurden gestrichen. Natürlich sind die Umschreibungen durch Klassenkampfkonzept und Verstädterung kein gut brauchbarer Ersatz für die Verelendungsdeutung.
Eine Faktorenanalyse (vgl. Angvik/v. Borries 1997, B235, 238f.) ergibt in allen Stichproben zwei absolut stabile Dimensionen; “Klassenkampf” ist-nach “überfüllte und häßliche Städte” und vor “der Beginn der Umweltverschmutzung” — der zweitbeste Vertreter des Faktors “Industrialisierung als Verschlechterung” (Ladung = +.68). “Erhöhter Lebensstandard” bildet -nach “Erfindung besserer Maschinen” und vor “Anhäufung großer Kapitalbestände” — den zweitbesten Vertreter des Faktors “Industrialisierung als Verbesserung” (Ladung=+.78). Nebenladungen fehlen (außer bei “Kapitalbildung”).
Das ist wahrscheinlich keine sehr gute Formulierung, weil die Frage der wirtschaftlichen Rentabilität und der technischen Fortschrittlichkeit sich auf diese Weise mit der industriearchäologischen Wertschätzung mischt.
Gelegentlich ist bereits betont worden, daß die “Dritte Welt” jetzt “östlich der Oder/Neiße” beginnt. Jedenfalls gibt es keine sehr großen Unterschiede mehr zu sogenannten “Entwicklungsländern”. Schon 1982 hatte H. M. Enzensberger (1985) den “Resozismus” (= “real existierenden Sozialismus”) als “höchstes Stadium der Unterentwicklung” diagnostiziert.
Insgesamt treten (wie bei anderen Items der Fragegruppe) zahlreiche Antworten “unentschieden” und “werde nicht abstimmen” (zusammen knapp 50%) auf. Das sieht ganz nach einer intellektuellen Überforderung vieler Jugendlicher durch die Fragen selbst aus.
Wie im Bereich der Ökologie regelhaft, tritt auch hier — in Deutschland wie in Europa — ein (mäßiger) geschlechtsspezifischer Effekt im Sinne größerer Sorgen der Mädchen auf.
Die damit verbundenen Sorgen sind in Westeuropa deutlich größer als in weiten Teilen des Nordens (Island, Finnland), Ostens (Estland, Ukraine, Slowenien, Kroatien) und Südens (Türkei, Palästina).
Auch Zeitreihen der Jugendforschung zeigen den Niedergang ökologischen Problembewußt-seins (z.B. IBM-Jugendstudie ‘92, IBM Jugendstudie 1995,127, 128, 132).
Die Skalen reichen in diesem Falle nur von 1 (“Nein”) über 2 (“Fernbleiben” und “Enthaltung”) bis 3 (“Ja”).
Diese Deutung wird durch die Ergebnisse einer Befragung verschiedener Altersgruppen 1992 besonders nahegelegt. Je näher danach der eigene Führerschein rückte, desto stärker schwand die Bereitschaft zu Geschwindigkeitsbegrenzungen (vgl. v. Borries u.a. 1995, 197, 200). Dazu kam die erwartete große Bedeutung der Parteipräferenz: “Grüne” gegen “Rep/DVU-Sympathisanten”, aber auch SPD gegen CDU/CSU (vgl. v. Borries u.a. 1995, 200).
Aus deutscher Sicht wäre die Untersuchung der Struktur “Nationalsozialismus” der der Person “Adolf Hitler” vorzuziehen gewesen; sie war aber — wegen Bedenken hinsichtlich die Vollständigkeit der Antworten — unter den nationalen Koordinatoren von YOUTH and HISTORY nicht konsensfahig. Nur im nationalen Anhang zum deutschen Fragebogen konnten einige der Fragen von 1992 wiederholt werden (vgl. 7.1.2.).
Eine Faktorenanalyse über alle acht Charakterisierungen Hitlers erbringt zwar genau diese drei unabhängigen Dimensionen, sie ist aber international völlig instabil, d.h. trifft für die einzelnen Länder nicht zu (vgl. Angvik/v. Borries 1997, B241). Statt dessen ergeben die
Das gilt auch für die beiden anderen “negativen” Hitler-Assoziationen “geisteskranker Krimineller” und “Vertreter totalitärer Herrschaft”.
In Weißrußland z.B. glauben nach einer Umfrage über 50% der Bevölkerung nicht an die volle Realität des Holocaust (vgl. Benz 1996, bes. 205, 207f).
Der amtierende weißrussische Präsident Lukaschenko hat — unbeschadet der entsetzlichen Blutopfer in seinem Lande von 1941 bis 1944 — Hitler ausdrücklich zu seinem politischen Vorbild erklärt. Tatsächlich gestehen Befragte aus Litauen, Rußland und der Ukraine Hitler sogar in etwas überdurchschnittlichem Maße zu, “ein Stifter von Ordnung, Sicherheit und nationaler Einigkeit” gewesen zu seia
Typisch dafür wären — in elaborierter historiografischer Darstellung — Konjunktivsubstitute wie “wie man damals dachte”, “angeblich”, “- in der Wahrnehmung der Zeitgenossen -”, “so mag er selbst es gesehen haben”.
In diesem Falle verhalten sich die skandinavischen und israelisch/palästinensischen Befragten mehr wie die “post-sozialistischen” und die griechisch/türkischen mehr wie die westeuropäichen.
Spezialfälle sind der fast neutrale Wert in Bulgarien, wo man — wie Bulgarienkenner bestätigen werden — weithin der deutschen Waffenbrüderschaft nachtrauert, und die positiven Werte beider arabischen Gruppen — mit einer tendenziell günstigen Hitlerwertung.
Vergleicht man schlicht die Items “begabter Redner, Organisator und Führer” mit “seelenkranker, asozialer Verbrecher” (so eine bessere Übersetzung!), so zeigen immerhin Rußland und die Ukraine, Litauen und Ungarn, Slowenien und Bulgarien, israelische Araber und Palästinenser die höheren Werte für den “begabten Redner”. Das sind zum einen geheime Sympathisanten, zum anderen besonders betroffene Opfer Nazi-Deutschlands. Die Araber betonen den “begabten Führer” sogar stärker als den “zynischen Diktator”; und die Russen, Slowenen und Bulgaren schätzen beide Interpretationen etwa gleich hoch.
Strukturell ähnliche Fragen sind die “Kolonialreparationen” (vgl. 3.4.2.) und der “Denkmalschutz” (vgl. 4.2., 4.3. und 4.4.).
In der Türkei war die Frage nicht zugelassen.
Wie erinnerlich (vgl. 4.2.1.), werten einige dieser Gruppen (Araber, Schotten, Niederländer) auch den Frieden um jeden Preis besonders niedrig; bei anderen (Bulgaren, Polen) ist das jedoch keineswegs der Fall.
Deutschland bleibt in allen drei Konstrukten etwas unter dem Durchschnitt; wahrscheinlich können sich seine Jugendlichen schon mit dem Gedanken der Rückforderung selbst, der ja in der Fragegruppe kommentarlos vorausgesetzt (nicht problematisiert) wird, nicht recht anfreunden. Bei Rußland liegt der Fall eher umgekehrt: seine Befragten betonen “Menschenrechte und Identität” sowie “Militärgewalt” überdurchschnittlich und “Herrschaftstradition” durchschnittlich, d.h. sie können sich eine Rückforderung durchaus vorstellen.
Bei den “Traditionsargumenten” fehlen geschlechtsspezifische Effekte fast ganz, bei den “Identitätsargumenten” weitgehend.
Ein zusätzliches Problem stellen die “Kindersoldaten” dar, die neuerdings vielfach eingesetzt werden. Hier dienen wohl mehr totale Entwurzelung, Gewaltdrohung und Isolation (“Gehirnwäsche”) der Kampfmotivation als typische nationalistische Indoktrination oder ideologische Verführung.
Die orthogonale Zweidimensionalität zeigt sich in einer für alle Teilstichproben nahezu perfekt stabilen Faktorenanalyse. Alle sechs Items laden hoch auf ihrem jeweiligen Faktor (Ladung ≥ .60); nur ein Item (“Asyl für Verfolgte”) hat (erwartungskonform) eine nennenswerte Nebenladung (= +.35) auf dem anderen Faktor.
Die Einordnung dieses Items in dieses Konstrukt ließ sich vielleicht nicht voraussehen, ist aber nachträglich gut erklärbar: Asylgewährung (und damit auch etwaiges Wahlrecht für Asylbewerber) ist vorwiegend eine moralische, keine pragmatische Frage.
Frankreich praktiziert — anders als Deutschland mit seinem “ius sanguinis” (Abstammungs-prinzip) — das “ius soli” (Territorialitätsprinzip), Litauen gibt — anders als Estland — seinen russischsprachigen Einwohnern volles Bürgerrecht.
Dagegen sind “Menschenrechte” und “Bürgerrechte” bis heute nicht wirklich verschmolzen — oder auch nur annähernd angeglichen. In Deutschland entstehen so massenhaft Einwohner zweiter Klasse in zweiter und dritter Generation.
Ausnahmen bilden die Befragten aus Island und Schottland, Spanien und Portugal, Kroatien und Israel (siehe Grafik 40, S. 189).
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von Borries, B. (1999). Historisch-politische Kategorien. In: Jugend und Geschichte. Reihe Schule und Gesellschaft, vol 21. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97451-8_4
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