Zusammenfassung
Die Aktivitäten der Jugendlichen wurden in unserer Studie vornehmlich über den Sinn thematisiert, den diese für sie haben. Sinn konstituiert sich als Feld von Bedeutungen, als symbolische Wirklichkeit, an der sich Handlungen orientieren oder die den Handlungen von den Akteuren unterlegt werden. Mit „Sinn“ wird generell die für menschliches Handeln konstitutive Kontingenz, die Überfülle von Möglichkeiten reduziert (vgl. Luhmann 1971). In der Alltagsroutine konstituiert er sich über „Notwendigkeiten“, „Bedürfnisse“ und „Wünsche“, die wir empfinden und die unser Handeln leiten. Da der Mensch durch sein Wissen von Zukunft und Vergangenheit seine jeweilige Zeitstelle transzendiert, da er sich als jemand erfährt, der mit anderen lebt und andere in diesen Sinn einbezieht, ist dieser für ihn immer auch in mehr oder minder generalisierter Form als „Lebenssinn“ bedeutsam. Konkrete Erfahrungen stehen daher auch in einem Wechselbezug zu diesen Generalisierungen, sei es, daß in ihnen genereller Sinn entdeckt oder modifiziert wird oder sie von diesem her beurteilt werden.1 Dies gilt auch für die Jugendlichen. In ihren selbtge-schaffenen, persönlichen Beziehungen überschreiten sie die Grenzen ihres Ichs und ziehen daraus (zumindest zeitweise) Lebenssinn. Diese Erweiterung des Ichs kann in ganz unterschiedlichem Ausmaß vorgenommen werden. Ein Kontinuum reicht von der (1) Freundschaft als selbstgewähltem Medium diffuser Reziprozität über die (2) kulturelle Spezialisierung in Szenen bis hin zur (3) Weltanschauung als imaginierter Gemeinschaft, von der die aktuelle Gruppe nur ein Teil ist.
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Literatur
Luckmann erkennt in diesem Prozeß die anthropologische Funktion von Religion, die durch die Säkularisierung nicht verlorengegangen, sondern eher invisibilisiert worden sei (Luckmann 1991).
Der Prozeß ist nicht ungefährlich. Die größten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit sind im Namen von Religionen und Ideologien begangen worden, die absoluten „Sinn“ bereithielten. Sicherlich gibt es auch generalisierten Sinn, der nicht Feindschaft und Ausgrenzung produziert, wie sich z.B. an der Bergpredigt oder den Lehren Buddhas zeigen läßt. Aber selbst diese universalistischen Religionen sind in der Geschichte immer wieder über Feuer und Schwert verbreitet worden und werden noch heute in Nordirland, dem Balkan oder auch in Sri Lanka zur Ausgrenzung eingesetzt (vgl. Hanf 1994).
Die meisten von uns dargestellten Gruppen bewegen sich auf mittleren Niveaus der Verallgemeinerung von Zugehörigkeit.
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© 2000 Leske + Budrich, Opladen
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Eckert, R., Reis, C., Wetzstein, T.A. (2000). Kompensation oder Kompetenz: Gründe für die Verallgemeinerung von Zugehörigkeit. In: „Ich will halt anders sein wie die anderen!“. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97434-1_7
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