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Bündische Gemeinschaft und “Responsible Bureaucracy”

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Politikwissenschaft im „Zeitalter der Diktaturen“
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Zusammenfassung

Wenn die Arbeiten und das Wirken Carl Joachim Friedrichs in jüngeren deutschen Arbeiten Erwähnung finden73, so wird dabei im Allgemeinen auf seine Arbeiten aus der Zeit der Heidelberger Professur für Politische Wissenschaften Bezug genommen, also auf seine Tätigkeit in den sechziger Jahren, die für einen Teil der damaligen Politikwissenschaft durchaus schulbildend werden konnte. Oder aber es wird, wie in der Literatur zur Geschichte der politikwissenschaftlichen Profession74, seine Einflußnahme nicht nur auf die Entwicklung einer Politologie, sondern darüber hinaus auch auf die Politik im Deutschland der fünfziger Jahre hervorgehoben. Schließlich war er einflußreich als einer der sechs sogenannten „Advisors“ von General Clay, dem Chef der amerikanischen Besatzungstruppen in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg.75

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Literatur

  • So z.B. Adam 1975, Stoll 1980, Backes/Jesse 1992, Jäger 1992, Fritze 1995, Siegel 1996. Lediglich bei Jäger findet sich überhaupt ein Hinweis, daß die von ihm besprochene Literatur (C.J.F. 1953) aus einer ganz anderen Epoche herüberreicht (C.J.F. 1937); für seine Interpretation spielt dies merkwürdigerweise ausdrücklich keine Rolle.

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  • Von Kastendiek (1977) über Arndt (1978) und vor allem Mohr (1988) bis zu Bellers (1990); vgl. jetzt Lietzmann 1996a. Durchaus in einer doppelten Rolle, nämlich als Politikwissenschaftler und als Regierungsberater der Besatzungsmacht, wirkte er bei seinem Vortrag zur Gründung der „Deutschen Vereinigung von der Wissenschaft von der Politik“, der Vorläuferin der DVPW, 1951 in Königstein (vgl. Lietzmann 1995, 1997).

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  • C.J.F. war im Stab der amerikanischen Militärregierung von 1946 bis 1949 (nicht immer in fester organisatorischer Rolle) zuständig für „Governmental Affairs“ (Nachlaß C.J.F. HUG-B- F 745.50; vgl. a. Jean E. Smith, Lucius D. Clay. An American Life, New York/1990). In mancher sich auf den Aufbau der Disziplin beziehenden Arbeit findet freilich C.J.F.s Einfluß auf die Entwicklung der deutschen Politikwissenschaft überhaupt keine Erwähnung. Vgl. Plé, 1990.

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  • C.J.F. unterbrach sein Heidelberger Studium für acht Monate zugunsten dieser Reise (UAH HIV-757/18). Er gab später an, von Alexander Rüstow in diese Rolle als Botschafter der Jugendbewegung empfohlen worden zu sein (Laitenberger 1976, 9ff). Siehe zu weiteren Einzelheiten die biographische Übersicht im 1. Kapitel.

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  • A. Webers positive und aktiv unterstützende Haltung gegenüber der Jugendbewegung erörtert Hübinger mit weiteren Nachweisen (1995). Zu Bergsträssers Funktionen im Zusammenhang der Jugendbewegung vgl. Schmitt (1995, 41ff).

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  • Wie sich aus Zeitpunkt und Verlauf der Auswanderung ergibt, ist es ganz falsch, C.J.F. für einen Flüchtling vor den Verfolgungen und Grausamkeiten des Nationalsozialismus zu halten. So aber die Darstellung (um nur zwei der zahlreichen Beispiele zu nennen) bei Hans Mommsen (1991, 64f) und Schorske (1991, 141). Diese Stilisierung wird auch C.J.F.s Selbstverständnis nicht gerecht; objektiv wie subjektiv, d.h. aufgrund der Lebensumstände wie bezüglich des politischen Empfindens, fühlte er sich den späteren Emigranten in keinster Weise zugehörig. Dies ergibt sich auch aus seinem Verhalten im Laufe der politischen Auseinandersetzungen zwischen Arnold Bergsträsser und den Emigrantenverbänden (Vgl. Beyme 1971a, VII sowie Krohn 1986, passim).

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  • So in einem nicht datierten Brief aus jenen Jahren an Arnold Bergsträsser, der aber der Zeit um 1930 zugerechnet werden kann. (HUG-FP 17.8) Er schreibt dort weiter: „Ich fühle mich hier sehr einsam und wie ein Verbannter. Wenn man wie ich, an der deutschen Ideenbewegung mit Leidenschaft Anteil nimmt, so ist es hart, daß es hier doch so gut wie niemanden gibt, mit dem man sprechen kann. So lese ich dann, rastlos, es ist eine gute Schule, ersetzt die Wüste, ohne ihre physischen Unbequemlichkeiten. Doch brennt es mir oft unter den Sohlen.“

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  • Brief an Professor Geiler von der Heidelberger Juristischen Fakultät vom 6.7.1932 (HUG-FP 17.8).

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  • C.J.F. 1957, 7. C.J.F. spricht hier von den „dreißiger Jahren“. Das Manuskript, das im übrigen sicherlich noch nicht die spätere Begrifflichkeit und ihre Differenzierungen verwandte, wurde damals allerdings nicht veröffentlicht. Es hätte auch einen wesentlich anderen — aufbauend auf seinen Diktaturstudien der frühen dreißiger Jahre —, weit weniger fundamental-kritischen Charakter gehabt.

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  • Es handelt sich vorzugsweise um Aufsätze zur Entwicklung der Diktatur des Reichspräsidenten und der Machtübernahme Hitlers. Vgl. hierzu die Einleitung zum Literaturverzeichnis/B. und die dortigen Nachweise. Bei meinen Recherchen in dem umfangreichen (allerdings auch sehr lückenhaften) Nachlaß C.J.F.s in den Harvard-University-Archives in Cambridge/Massachusetts ergab sich, daß insbesondere aus der frühen Schaffensperiode zwischen 1929 und 1939 ein Großteil der Aufsätze nicht den Weg in die Bibliographie der Festschrift von 1971 gefunden haben (v.Beyme 1971, 646ff). Dieses Schriftenverzeichnis sollte dadurch als „autorisiert“ gelten, daß C.J.F. selbst bezüglich des Nachweises besonders seiner „älteren Schriften” darauf verweist (C.J.F. 1970b, 534). Über die Gründe dieser wissenschafts-biographischen Säuberung läßt sich zunächst nur spekulieren. Gleichwohl liegt es nahe, einen Zusammenhang mit der erst spät einsetzenden deutlichen Distanzierung C.J.F.s von autoritär-konservativen Konzepten der Weimarer Republik anzunehmen. Politisch und biographisch liegt natürlich eine besonders starkes Motiv auch in der (erst) ca.1936 deutlich ausprägenden Gegnerschaft gegenüber dem deutschen Nationalsozialismus, dem Friedrich vorher noch eine historische Berechtigung zugute gehalten hatte. Dazu unten 6.Kapitel, Abschn. C.

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  • C.J.F. umschreibt hier mehr als nur einen „Begriff`. Er stilisiert eine Haltung des Kämpferischen, die ihre Anknüpfungen an die Duellriten der Aristokratie kaum zu verbergen vermag (vgl. zu diesem Aspekt die sehr plastische und äußerst treffende Untersuchung von Norbert Elias 1989). C.J.F. liegt damit im Trend seiner Zeit. Von Sorel über Pareto bis — vor allem — zu Carl Schmitt reicht die Reihe der ähnlich argumentierenden Theoretiker. Anklänge finden sich in besonders starkem Maße bei einem anderen „Heidelberger“: Karl Mannheim. Zu dessen Politikverständnis s. Lietzmann 1996.

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  • Dagegen lehnt er an anderer Stelle den Schmittschen Terminus zumindest in seiner „Verabsolutierung“, nämlich in seiner Erstreckung auf die Wissenschaft, ab. So sei z.B. „der für die Politik grundlegende Begriff der Macht… kein polemischer Begriff”. „Das Bemühen um das Verständnis der bei dem Ringen um Macht zu beobachtenden Regelmäßigkeiten (sei) nicht schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil jedes gewonnene Ergebnis seinerseits wieder in jenem Ringen von einsichtigen Menschen zur Gewinnung von Macht verwandt werden kann.“ (C.J.F. 1931a, 1). In der Druckfassung dieses Beitrages fallen diese Ausführungen allerdings fort (C.J.F. 1932/33). Stattdessen findet sich dort eine Referenz an Carl Schmitt, dem er zubilligt, seine Kennzeichnung aller politischen als „polemische” Begriffe sei — im Vergleich mit den Auffassungen Max Webers und Hans Kelsens — „immer noch am saubersten“ (C.J.F. 1933, 153). Vgl. a. unten 6. Kapitel, A.

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  • In dem bereits zitierten Breslauer Vortrag (C.J.F.1932/33, 2) lautet es: „Ob Sie dann Ihrerseits den Schluß ziehen, daß die mit dieser Problematik belastete Demokratie zu beseitigen sei, oder aber, daß an ihrer Ausgestaltung und Fortentwicklung mit aller Kraft gearbeitet werden müsse, ist eine Frage, deren Beantwortung ich Ihrer Entscheidung überlassen möchte… Derartige Erwägungen und Entscheidungen entziehen sich wissenschaftlicher Erörterung; sie sind nur im Kampf der Meinungen zwischen lebendigen und wirkenden Menschen durch Entscheidung zu lösen.“ (Hervorh. im Original).

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  • So auch in einem Brief an „Arnold“ (Bergsträsser oder Brecht) vom 13.6.1939 (HUG-FP 17.10); ebenso C.J.F. 1931, 4, 1932/33, 646 und passim; 1957a.

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  • Mit der hier zitierten Rede vor dem „Wirtschaftsverein Harburg-Wilhelmsburg v. 11.6.1957 (Nachlaß C.J.F. HUG-FP F 745.72) begibt sich C.J.F. in den Einflußbereich seines Bruders, der zu jener Zeit bereits wieder zur industriellen Elite der Bundesrepublik gehörte (Berghahn/Friedrich 1993).

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  • Dies ist der Tenor sämtlicher Äußerungen C.J.F.s jener Zeit. Die Plausibilität dieser Einschätzung, in der sich neben seinen obrigkeitsstaatlichen Reserviertheiten natürlich auch die dramatischen Verschärfungen der politischen Situation jener Zeit niederschlagen, bezieht er hauptsächlich aus der Außenpolitik (C.J.F. 1928, 1931, 1931a, 1932, 1932/33). Schließlich folgt, als ein Resümee seiner Überlegungen dieser Epoche, sein Buch über „Foreign Policy in the Making“, das sich weniger mit Außenpolitik als vielmehr mit den innenpolitischen Vorraussetzungen einer sachgerechten Außenpolitik befaßt: C.J.F. 1938.

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  • Hinzuzufügen wäre, daß in C.J.F.s Verständnis eine „eigentliche (..) Außenpolitik im traditionellen Sinne“, d.h. eine Außenpolitik, die die notwendigen und in aller Regel nicht revidierbaren Entscheidungen trifft, in einer Demokratie nicht vollziehbar ist.

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  • Auf deren politische Debatte einer Verfassungsreform bezieht sich C.J.F. in den frühen dreißiger Jahren beständig und beteiligt sich aktiv an deren verfassungspolitischen Foren z.B. in der Hochschule für Politik gemeinsam mit Carl Schmitt, Johannes Popitz, Koellreutter, Sigmund Neumann und manchem anderen (C.J.F. 1933). VGI. Hierzu unten 6. Kapitel, A.

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  • Er erhält hierfür finanzielle Unterstützung vom Milton Fond der Harvard-University und vom Social Science Research Council. Das Buch erscheint 1932 als Band 2 der „Harvard Political Classics“: „Politica Methodice Digesta of Johannes Althuisius (Althaus). Reprinted from the Third Edition of 1614. Augmented by the Preface to the First Edition of 1603 and by Hitherto Unpublished Letters of the Author. With an Introduction of Carl Joachim Friedrich” Harvard University Press/Cambridge 1932 (C.J.F. 1932a). Es ist in bundesdeutschen Bibliotheken trotz seiner wissenschaftsgeschichtlich hohen Bedeutung freilich kaum vorhanden. Die deutsche Althusius-Rezeption orientiert rich auch heute noch vorwiegend an der rechtstheoretischen und gegenüber gesellschaftlichen Fragen abstrahierenden Sichtweise Otto von Gierkes (Gierke 1880), wie sich etwa anhand des Bandes von Dahm/Krawietz/Wydukel 1988, einem Beiheft der Zeitschrift für „Rechtstheorie“, plastisch zeigt: Schon im Vorwort dieser Veröffentlichung eines Symposions zur politischen Theorie des Althusius wird die Fragestellung auf den Leisten eines zuallererst rechtstheoretischen und rechtsphilosophischen Interesses gespannt. Vgl. aber auch Hueglin 1990, 1994, Nitschke 1995.

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  • Selbst in seinem Althusius-Buch von 1975 repliziert C.J.F. noch einmal die Gemeinsamkeit der mittelalterlichen mit der gegenwärtigen Welt: beide seien von „ähnlichen Verfallserscheinungen“ geprägt (C.J.F. 1975, 7).

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  • Es ist bezüglich der Heidelberger Verknüpfung bemerkenswert, daß auch im Umkreis Alfred Webers die Theorien der frühen calvinistischen Theorie und (!) deren Umsetzung in politische Struktur und Praxis der USA als mögliches Vorbild für ein der Erneuerung harrendes Deutschland angesehen wurden. Besonders Weber selbst hebt schon 1925 in seinem Buch über „Die Krise des modernen Staatsgedankens in Europa“ „die große staatliche Tat des Puritanismus” „drüben in Amerika“ hervor (A.Weber 1925, 33; ähnl. 149), der mit seiner Fähigkeit, neue universalistische Systeme zu schaffen, Leitbildcharakter für Europa gewinne. An anderer Stelle wiederum nähert sich Alfred Weber — wenn auch in Form einer rhetorischen Frage — den Friedrichschen Versuchen an, Althusius als Klassiker und Ratgeber moderner politischer Systeme zu reinstallieren: „Vielleicht wird man sich hier (gemeint ist die „politisch-staatliche Ausbalancierung” des krisengeschüttelten Europa) Technik, Theorie und Ideen suchend, zurück an das Mittelalter und seine korporativen Formen wenden müssen.“ (A. Weber 1925 166).

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  • Dies bleibt für C.J.F. das hauptsächliche Verdienst des Althusius; vgl. C.J.F. 1975, 70 und 66f.

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  • Zu Recht hebt Beyme diesen Rezeptionsversuch in seinen Würdigungen an zentraler Stelle hervor (Beyme 197la, 1984).

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  • Zwar hat sich diese theoretische Orientierung und auch die Übereinstimmung mit den grundlegenden calvinistischen Theoremen von Althusius bei C.J.F. mit den Jahren zeitgemäß geglättet und gemildert. Z.T. legt er Wert auf die Abweichung von früheren Interpretationen. Die Konstanz seiner Althusius-Rezeption zeigt sich aber wieder darin, daß die letzte große Veröffentlichung C.J.F.s, sein Buch über Althusius von 1975, in der erweiterten und revidierten Neufassung seiner ersten großen Veröffentlichung, der Althusius-Herausgabe in Cambridge/MA. besteht (C.J.F. 1932a). Und auch in seiner über lange Jahre mit Herzblut geschriebenen Geschichte des „Zeitalters des Barock“, die allerdings in der Fachwelt nur sehr marginale Beachtung gefunden hat, beschreibt er jene Epoche des Aufbruchs, für die symptomatisch Namen wie Bodin, Hobbes, Locke und Althusius stehen (C.J.F. 1952).

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  • So in einem Vortrag, den C.J.F. unter dem bemerkenswerten Titel „Die Gefährdung des Friedens durch die Parlamentarisierung und Demokratisierung des Staates“ auf Einladung von Eugen Rosenstock-Huessy im Sommer 1931 in Breslau hielt (C.J.F. 1931; Nachlaß HUG-FP-17.08); der Vortrag wurde unter einem anderen Titel („Zur Problematik der Willensbildung in der äußeren Politik”) in der „Zeitschrift für Politik“ nachgedruckt (C.J.F. 1932/33).

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  • Die Kapitel über „Rationale und irraritonale Elemente in unserer Gesellschaft” (1934), „Die gesellschaftlichen Ursachen der gegenwärtigen Kulturkrise“ (1934), „Krisis, Diktatur und Krieg” (1937) und „Das Denken auf der Stufe der Planung“ (1935) von Mannheims „Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus” (Mannheim 1934) thematisieren ähnliche Konfliktlagen und kommen zu vergleichbaren Schlußfolgerungen. Vgl. Lietzmann 1998.

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  • C.J.F. rekurriert in seinen Überleguungen aber auch auf die bereits von A.L. Lowell (Public Opinion in War and Peace/1923) und Walter Lippmann (1922/1925) angeregte amerikanische Debatte über „The Phantom Public“, auf Tönnies’ „Kritik der öffentlichen Meinung” von 1921 sowie auf die Ausführungen Walter Grabowskis in dessen Buch über die „Politik“ von 1932. Vgl. C.J.F. 1932/33, 645 FN. 1 und passim.

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  • Bei der Veröffentlichung 1942 sah C.J.F. die Situation äußerst ambivalent, in den dreißiger Jahren dagegen noch äußerst demokratiekritisch, — wie z.B. in dem diese Epoche zusammenfassenden Bericht „Foreign Policy in the Making“.

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  • Daß dieses Ressentiment und eine aus ihr folgende z.T. hämische Demontage der Massendemokratie nicht an Parteigrenzen haltmachte, sondern ein verbreiteter Ausdruck des politischen Bewußtseins in fast allen politischen Lagern jener Zeit war, läßt sich leicht an Beispielen aus den Schriften sowohl Carl Schmitts wie auch Karl Mannheims und anderer Weimarer Theoretiker sehen. Es darf inzwischen als Gemeinplatz gelten, daß auch die liberalen und sozialdemokratischen Vertreter der Theoriediskussion in der Weimarer Republik ihr autoritäres und Eliten-orientiertes Traditionserbe noch nicht abgeworfen hatten (vgl. Sontheimer 1963; Döring 1975; Eisfeld 1991). Für die Politik-und Staatswissenschaft im engeren Sinne formuliert dies auch A.Söllner, 1990.

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  • Zur Diskussion der „responsibility“, wenn auch ausgehend von dem anglo-amerikanischen Konzept einer „responsible government”, vgl. den klugen Überblick bei H.Mandt 1974, m.w.N. Darüber, daß C.J.F. mit seiner bewußten Schwerpunktsetzung auf einer „responsible bureaucracy“ durchaus noch Differenzen zu dem anglo-amerikanischen „government”-Konzept verfolgt, wird noch zu sprechen sein. Vgl. C.J.F. 1932, 1960a.

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  • Vergleiche etwa die Abschnitte über „Sovereignty“ oder „The Place of Consent in Politics” in „A Grammar of Politics“ (Laski 1925, 44ff, 241ff).

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  • Manchem mag auch erst auf dem Umweg über C.J.F. der vollständige Gehalt und Stellenwert deutlich werden, den die Zuspitzung einer vollständigen „Identität“ von Homogenität und Demokratie bei Carl Schmitt besitzt. Indem dieser Demokratie nur bei zugleich gegebener Homogenität als theoretisch möglich definiert, und damit auch die Möglichkeit demokratischer Entscheidungsstrukturen implizit nur auf der Basis von Maßnahmen zur sozial realen Gewährleistung von Homogenität politisch akzeptiert, wird das Sicherungsdenken, das auch C.J.F. beherrscht, zu einer seiner möglichen Konsequenzen (und auf eine propagandistische Formulierung) gebracht. Wie C.J.F. hält auch Schmitt eine Abschwächung des autoritären Dezisionismus als Strukturprinzip dort für möglich und praktikabel, wo sich ein weitgehender gesellschaftlicher Konsens stabilisierend auf den Entscheidungsprozeß der staatlichen Instanzen auswirkt. Die USA waren für Schmitt, wie ich an anderer Stelle gezeigt habe (Lietzmann 1988a, 107ff, 116), insofern ein denkbarer Modellfall. Deshalb gehen Benderskys (in der Erwiderung auf meinen Text, 1988, 191ff, 201) abwiegelnde Einwände gegen eine zentrale Bewertung von Schmitts Wahrnehmung des US-Supreme-Court in die falsche Richtung.

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  • Ähnlich, für sein Verständnis grundlegend und dieses theoretisch absichernd, argumentiert C.J.F. in seiner Althusius-Rezeption (C.J.F. 1932, LXXXIVff; abgemildert: 1975, 113ff sowie C.J.F. 1936, 3).

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  • Ein anderes Mal nimmt C.J.F. für den gleichen Gedanken Bezug auf Rudolf Smends Kritik an der Verhältniswahl (C.J.F. 1937, 285). Rudolf Smend war schon 1919 in seinem Aufsatz „Die Verschiebung der konstitutionellen Ordnung durch die Verhältniswahl“ mit starken Worten gegen die herrschende Parteiendemokratie zu Felde gezogen: „Zwar kämpfen die Parteien auch bei der Verhältniswahl um die Wählerstimmen, aber nur um die einzelnen Stimmen, nicht auch um ein Gesamtergebnis der Mehrheitswillensbildung der Wählerschaft… Das Wählen hat seine dialektische Bedeutung verloren: ebenso wie im Parlament die Parteien aneinander vorbei zur Öffentlichkeit draußen sprechen und auf die gegenseitige Einwirkung… verzichten, so gehen nun schon bei der Wahl die Wählerstimmen geschieden voneinander je ihre besonderen Wege in die großen Sammelbecken der Parteien, statt sich wie bisher gegenseitig zu bekämpfen und aufzuheben und so zu einer Willensbildung zu führen, die in einem ganz anderen Sinne schon ein politisches Ergebnis ist, als es die Wahl eines Proporzkandidaten ihrer Natur nach sein kann. (Deutlich sichtbar werden hier die Parallelen zum kampfbetonten Freund-Feind-Verhältnis als Ursprung und Basis des Politischen bei C. Schmitt, H.J.L.) Mit der zweifellosen, von den Proportionalisten bis zum Überdruß gerühmten Entspannung des Wahlkampfes geht also eine viel weniger beachtete, aber ebenso zweifellose politische Entleerung Hand in Hand, und wenn jene Entspannung von einer bald mehr moralisch, bald mehr ästhetisch gefärbten politischen Nervenschwäche allzusehr gerühmt wird, so sollte darüber die Einbuße an gesundem politischen Leben… nicht vergessen werden…” (Smend 1919, 64f). An diesem Smendschen Text, auf den sich C.J.F. in seiner Kritik der geltenden Praxis der Weimarer Verfassung bezieht, zeigt sich ein gemeinsamer Kern sowohl etatistischer, wie autoritärer (weil homogenitätsbesessener), wie auch in einem entscheidenden Punkt (nämlich dem Bereich prozeduraler Regelungen) antidemokratischer Vorstellungen der so unterschiedlichen staatswissenschaftlichen Entwürfe von R.Smend, C.Schmitt und C.J.F.

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  • So würde Smend argumentieren (Smend 1919, 62), dem C.J.F. in der Kritik des Mehrheitswahlrechts nahesteht. Von diesen Argumentationen und Einschätzungen führt eine direkte Traditionslinie zu den von Heidelberg aus gestarteten Kampagnen zur Einführung des Mehrheitswahlrechts. Sowohl Alfred Weber als auch Dolf Sternberger knüpfen an die alten Überlegungen an (Demm 1995, 62ff; Lange 1975, 307).

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  • Komplementär dazu verhält sich die Argumentation Alfred Webers, der aus dem Zeitgeschehen die entgegengesetzten Konsequenzen zieht: „Das Problem ist so, zunächst in seinem innersten Kern genommen: Wie ein modernes mit individualistischem Freiheitsbewußtsein durchtränktes Gemeinschaftswollen in solche Massenformationen eingießen?… So ist, da jede rationalisierte Massenformation zentralisierte und erfahrene Leitung fordert,… auch jede Entoligarchisierung moderner Demokratie ein Unding… Es kann, mit anderen Worten, in modernen Massenverhältnissen… nur noch eine unegalitäre, eine ganz moderne Führerdemokratie in Frage kommen.“ (A. Weber 1925, 137f; Hervorh. im Original) Weber setzt in dem scheinbaren Dilemma zwischen Demokratie und effektiver Führung auf einen neuen „unegalitären” Führer, den er als die Emanation des Demokratiegedankens apostrophiert. Für ihn ist „Demokratie“ zuallererst ein qualitatives Politikziel, weniger eine an bestimmte formale Prinzipien gebundene Politikform. C.J.F. verfügt zwar auch über ein qualitatives Demokratieverständnis, er läßt sich die Gleichheit von diesem aber in diesem Punkt nicht tilgen. Man mag das seinem religiösen Grundverständnis zuschreiben.

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  • Rationalität und Natur stehen in dem Althusianischen und dem Friedrichschen Konzept in keiner widersprüchlichen, sondern in einer kongenialen Beziehung zueinander (C.J.F. 1932a, LXXVff).

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  • Daß es sich bei dieser Charakterisierung der Unumgänglichkeit des Verwaltungshandelns in seiner konkreten Form und der mit ihr verbundenen militanten argumentativen Abschottung des status quo nicht nur um eine beiläufige Sentenz handelt, sei angemerkt. An anderer Stelle (1988, 193ff) habe ich versucht, konkret nachzuweisen, daß es sich bei diesem Begründungsmuster um eines der zentralen Argumente bundesrepublikanischer Politik, namentlich des Bundesverfassungsgerichtes handelt. Gerade in Fällen „staatspolitischer“ Notwendigkeit gelingt es dem Verfassungsgericht mittels dieser Argumentation regelmäßig, die der Exekutive im Weg stehenden verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Hemmnisse zu beseitigen und zugleich seinen eigenen „diskursiven” Schein zu wahren.

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  • Der von mir verwendete Begriff der „Volksgemeinschaft“ wird nicht in polemischer Absicht gebraucht, sondern ist der von C.J.F. in seinen Übersetzungen wiederholt verwandte Terminus, den er nur in allzu brenzligen Verwendungen gegen den Nationalsozialismus abgrenzt. Vgl. C.J.F. 1975, 124.

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  • Zum Begriff des „permanenten“ oder „latenten” Ausnahmezustandes vgl. Lietzmann 1988 (294ff m.w.N.); zu einer damit verbundenen Politikkonzeption Lietzmann 1989 (68ff).

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  • C.J.F.s Beratertätigkeit für die amerikanische Regierung zum Beispiel in Fragen der Demokratisierung Puerto Ricos scheint die Stellungnahmen zur Herrschaftskrise der Weimarer Republik zu wiederholen (C.J.F. 1970, 339f).

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  • Im Folgenden wird aus pragmatischen Gründen der Lesbarkeit und der Flüssigkeit wiederholt aus der überarbeiteten deutschen Fassung von C.J.F.s Buch über den „Common Man“ (C.J.F. 1942) aus dem Jahr 1959 („Demokratie als Herrschafts-und Lebensform”) zitiert werden. In dieser Ausgabe wird — auch dort, wo sich dies nicht in wörtlichen Übersetzungen niederschlägt — der (kommunitäre) Tenor der Ausgabe von 1942 zum Zwecke der (demokratischen) Nachkriegspropaganda gewahrt.

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  • Vgl. Smends Kapitel über die „Integration als grundlegende(n) Lebensvorgang des Staates“ (Smend 1928, 136f0. Dort geht es um die Konstituierung einer „Sinneinheit des reellen geistigen Lebens” (Smend 1928, 136) und das „überempirisch aufgegebene Wesen des Staates” und seine dauernde Integration zur Wirklichkeit als solcher“ (Smend 1928, 139). Das Übergewicht der geistigen gegenüber der praktischen Integration wurde schon zeitgenössisch von Hanns Mayer scharf kritisiert, der von einer „romantisch unpolitischen Weltflucht” sprach, die sich in Smends Integrationslehre manifestiere (Mayer 1931, 92). Anders als Smend will C.J.F. allerdings nicht den „Staat“ gemeinschaftlich integrieren, sondern gerade aus der Gesellschaft heraus diese Vergemeinschaftung vorantreiben. Er will sie — wie ich zeigen werde — auch nicht kunstvoll herstellen, sondern geht von ihrem Bestand aus, der lediglich zur Wirkung gebracht werden muß. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Ansätzen jener Zeit, daß sie vorzugsweise — wie Stier- Somlo sagt — „in einer Epoche, die stark auf Rationalisierung hinarbeitet… doch wieder gerne das rationale Element gegenüber dem Irrationalen ausschalte(n)” (in seinem Artikel „Verfassung, Verfassungsrecht“ im Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd. VI., 389; zit. b.Mayer 1931, 92). Gemeinsam ist ihnen auch ein auf die sachliche Richtigkeit, nicht auf demokratisch-formalisierte Verfahren hin, orientiertes Politikverständnis. Diese zweite Sichtweise wird zeitgenössisch vor allem von Hans Kelsen vorgetragen (Kelsen 1925, 352ff; besonders 1930: „Der Staat als Integration. Eine prinzipielle Auseinandersetzung”. Vgl. a. Seibel 1989.

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  • Auf die genaue Ausgestaltung des „sense of workmanship“ und die spezifischen kommunitären Eigenschaften des „common man” wird im Rahmen des nächsten Kapitels und der Propagandatheorie noch einzugehen sein.

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  • C.J.F. lebt zur Zeit seiner ersten Schriften zum „common man“ bereits fast zwanzig Jahre in den USA und ist seit 1937 „naturalisierter” amerikanischer Staatsbürger. Die von ihm selbst verspürte Distanz gegenüber einem sich immer fester an den Nationalsozialismus bindenden Deutschland forciert den hier angesprochenen Akkulturationsprozeß erheblich.

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  • C.J.F. benutzt die Vokabel von der „Volksgemeinschaft“ erstaunlich undistanziert und unkritisch selbst in seinen späteren deutschsprachigen Schriften; kaum jemand anderem hätte man diesen in Deutschland mit schrillen Beitönen verbundenen Terminus durchgehen lassen. Auch in C.J.F.s Sprachgebrauch werden die auf dumpfe Homogenität, Rassismus und die Ausgrenzung des Andersartigen gerichteten Assoziationen, die das Wort bewirkt, nicht unmittelbar dementiert (C.J.F. 1975, 8, u.d.).

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  • Daneben wäre auch Carl Brinkmann zu nennen (vgl. die kurze Skizze von Körner 1997) oder Giselher Wirsing (Popping 1997). Zu Walter Eschmann siehe auch die Darstellung bei Lepenies (1985, 409ff); Eisfeld (1991, 111f, 147ff) weist daraufhin, daß Eschmann nach anfänglichem Enthusiasmus auf Distanz zum Nationalsozialismus ging. Karl Korn schrieb 1964 einfühlsam eine kurze Eloge zu Eschmanns 60. Geburtstag: „Wir wissen, daß Eschmann nach seinen politisch interessanten Anfängen sich klug rasch literarisierte.“ (FAZ v. 15.8.1964) Vgl. a. Fritzsche 1976 passim, 237ff. Einen ähnlichen Weg geht C.J.F.s Freund und Kollege Arnold Bergsträsser (vgl. Schmitt 1989, 1997).

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  • Neben Alfred Weber werden Hans Freyer, Rudolf Smend, Carl Schmitt, Werner Sombart und Ernst Krieck zu den Stammvätern der neuen Soziologie erklärt; mit ihnen verbindet Eschmann die neue Ausrichtung auf die wirklichkeitswissenschaftliche Perspektive. Das soziologische Element der neuen Sozial-, nicht Staats-Wissenschaft macht ihren politischen Wert aus: „Der Gemeinschaftsbegriff der Soziologie kann nur realistisch sein.“ (Eschmann 1934, 960).

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  • In der staats-und verfassungsrechtlichen Diskussion der Bundesrepublik ist die Rede von „Teilhaberechten“ und ihrer Abgrenzung gegenüber „bloßen Abwehrrechten”. Ein ähnliche Diskussion mit zeitbedingt ganz anderen politischen Fronten. Vorreiter ist hier Peter Häberle mit seiner Monographie (Häberle 1962, 8ff, 18f, 48f) und seinem Plädoyer vor der Staatsrechtslehrertagung von 1972 gegen ein „monadenhaftes“ Grundrechtsverständnis und für die „soziale Seite und Funktion” der Grundrechte. Es entwickelt sich in dieser Debatte eine gemeinsame staatsrechtliche Perspektive auf den „gemeinschaftsbegründenden Charakter“ der Grundrechte durch so unterschiedliche Autoren wie Rudolf Smend, Carl Schmitt, Peter Häberle und Erhard Denninger. (Vgl.Häberle 1976, 320).

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Lietzmann, H.J. (1999). Bündische Gemeinschaft und “Responsible Bureaucracy”. In: Politikwissenschaft im „Zeitalter der Diktaturen“. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97424-2_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97424-2_4

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-322-97425-9

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