Zusammenfassung
Es sind erst einige Jahre her, daß ich — nach Krakau zu einer Tagung über Universalismus und Partikularismus gereist — die Chance, Auschwitz und Birkenau aufzusuchen, nicht wahrzunehmen vermochte.
Eine erste Fassung des Textes konnte ich auf dem Internationalen Kolloqium ›Portrayals of Auschwitz‹ (Universität Bonn 1996) erstmals vorstellen und diskutieren.
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Literatur
Hannah Arendt, The Origins of Totalitarianism. New York 1973, S. 411.
Vgl. insbesondere die Arbeiten von Herrman Lübbe, z. B. Der Fortschritt und das Museum. Über den Grund unseres Vergnügens an historischen Gegenständen, London 1982.
So ausdrücklich die Formulierung von Arno Mayer, Memory and History. On the Poverty and Remembering and Forgetting the Judeocide, in: Rolf Steiniger (ed.), Der Umgang mit dem Holocaust. Europa, USA, Israel, Wien/Köln/Weimar 1994, S. 444456, S. 446. Hier ist selbstverständlich ein weiter Modebegriff impliziert.
Eine ausgezeichnete Materialbasis liegt vor in der von Ulrike Puvogel u.a. herausgegebenen Dokumentation, Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, 2. Aufl., Bonn 1995.
Arno Mayer, Memory and History. On the Poverty and Remembering and Forgetting the Judeocide, a.a.O., S. 445.
Siegfried Kohlhammer, Anathema. Der Holocaust und das Bilderverbot, in: Merkur 48, 1994, S. 501–509, S. 505.
Jack Kugelmass, Weshalb wir nach Polen reisen. Holocaust-Tourismus als säkulares Ritual, in: James E. Young (Hrsg.), Mahnmale des Holocaust. Motive, Rituale und Stätten des Gedenkens, München 1995, S. 153–161.
Vgl. Adi Ophir, On Sanctifying the Holocaust: An Anti-Theological Treatise, in: Tikkun 2, 1987.
Martin Walser, Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede. Friedenspreis des deutschen Buchhandels 1998, Frankfurt am Main 1998.
Als eine ausführlichere Rekonstruktion vgl. Werner Gephart, Memory and the Sacred. The Cult of Anniversaries and Commemorative Rituals in the Light of The Elementary Forms, in: N.J. Allen, W.S.F. Pickering und W.Watts Miller (Hrsg.), On Durkheim’s Elementary Forms of Religious Life, London und New York 1998, S. 127–135.
Der Ritus dient also dazu, und kann nur dazu dienen, die Lebendigkeit dieser Überzeugungen zu erhalten; zu verhindern, daß sie aus dem Gedächtnis schwinden, d.h. im ganzen genommen, die wesentlichsten Elemente des kollektiven Bewußtseins wiederzubeleben. Durch ihn erneuert die Gruppe periodisch das Gefühl, das sie von sich und ihrer Einheit hat. Zur gleichen Zeit werden die Individuen in ihrer Natur als soziale Wesen bestätigt.«
Emile Durkheim, De la division du travail social, Paris 1973 (1893), S. 46.
Maurice Halbwachs, Les cadres sociaux de la mémoire, Paris 1925, mit einem Vorwort von Gérard Namer, Paris 1994.
Auch der im übrigen äußerst instruktive Band ›Identitäten. Erinnerung, Geschichte, Identität 3‹, hrsg. von Aleida Assmann und Heidrun Friese, Frankfurt am Main 1998, greift diesen Theoriebezug nicht auf.
Zu Max Webers Kategorie des Gemeinsamkeitsglaubens vgl. die Deutung bei Werner Gephart, Zwischen »Gemeinsamkeitsglaube« und »solidarité sociale«. Partikulare Identitäten und die Grenzen der Gemeinschaftsbildung, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 14, Heft 2, 1993, S. 190–203.
Diese Dimensionierung des »sozialen Lebens« bei Emile Durkheim hat sich in verchiedenen Studien als fruchtbar erwiesen. Vgl. Werner Gephart, Strafe und Verbrechen. Die Theorie Emile Durkheims, Opladen 1990, S. 54–59.
Vgl Emile Durkheim, Les règles de la méthode sociologique, Paris 1895.
Vgl. Pierre Nora (Hrsg.), Les lieux de mémoire, Paris 1984–1986.
Vgl. Baldwin Spencer und F.J. Gillen, The Native Tribes of Central Australia. London 1899; the Northern Tribes of Central Australia, London 1904.
Emile Durkheim, De la définition des phénomènes religieux, in: L’Année sociologique 2, 1899, S. 1–28.
Vgl. Emile Durkheim, Les formes élémentaires de la vie religieuse, a.a.O., S. 50.
Daß auch Tönnies in seiner Theorie der Gemeinschaft von »Gedächtnis« redet, ist nicht verwunderlich. Eine Ausarbeitung der Lehren Tönnies würde an dieser Stelle zu weit abführen.
Das Zeichen nimmt dann seinen Platz ein. Man überträgt auf es die Gefühle, die das ursprüngliche Objekt erregt hat.«
Vgl. auch Wolfgang Benz, Braucht Deutschland ein Holocaust Museum? in: Dachauer Hefte 11, 1995, S. 3–10.
Die »Zeit« vom 10. 12. 1998.
James E. Young (Hrsg.), Mahnmale des Holocaust. Motive, Rituale und Stätten des Gedenkens, München 1995, S. 47.
Diese Idee wurde in dem plakativen Entwurf für das Berliner Mahnmal leider nicht mehr aufgegriffen! Im Juli 1998 zieht Jochen Gerz seinen Mahnmal-Entwurf zurück. Es gebe — nach der »traumatischen« Diskussion für die Realisierung keinen öffentlichen Auftrag mehr. (Vgl. die Jüdische Allgemeine Wochenzeitung vom 6. August 1998) 30 Vgl. hierzu Stephan Schmidt-Wulffen, Ein Mahnmal versinkt. Ein Gespräch mit Esther und Jochen Gerz, in: James E. Young ( Hrsg. ), Mahnmale des Holocaust, a.a.O., S. 43–49.
James E. Young (Hrsg.), Mahnmale des Holocaust. Motive, Rituale und Stätten des Gedenkens, München 1995, S. 45.
Vgl. u. a. die Beiträge in: Gedächtnisbilder. Vergessen und Erinnern in der Gegenwartskunst, hrsg. von Kai-Uwe Hemken, Leipzig 1996.
Da hilft es wenig, das ästhetisch »gültige« Mahnmal einzufordern — wie es Werner Schmalenbach postuliert (der nun wirklich etwas davon versteht) — denn die Zeiten, in denen Moral, Ästhetik und Pädagogik zusammenfallen, sind unwiederbringlich verloren.
Dies ist am Beispiel von Bildern zum Ersten Weltkrieg dargelegt bei Werner Gephart, Bilder der Moderne. Studien zu einer Soziologie der Kunst-und Kulturinhalte, Sphären der Moderne Bd. 1, Opladen 1998, S. 91–145.
Als eine luzide Darstellung vgl. Günther Jakobs, in: StV 10, 1994, S. 541 und Urteilsanmerkung zu BGHSt v. 15. 3. 1994.
Vgl. Arno Mayer, Memory and History. On the Poverty of Remembering and Forgetting the Judeocide, a.a.O., S. 450.
Vgl. zum Diskussionsstand den Bericht in der FAZ vom 28. Nov. 1998.
Der Einwand Helmut Schmidts, daß »Beschmierungen, Verstecke für Penner und neonazistische Frechheiten« drohten (Die Welt vom 7. Dez. 1998), gilt für jedes Denkmal und sollte keinen grundsätzlichen, systematisch triftigen Einwand darstellen.
So heißt es in der umstrittenen Rede: »… wenn mir aber jeden Tag in den Medien (dies trifft freilich gar nicht zu! W.G.) diese Vergangenheit vorgehalten wird, merke ich, daß sich in mir etwas gegen diese Dauerrepräsentation unserer Schande wehrt. Anstatt dankbar zu sein für die unaufhörliche Repräsentation unserer Schande, fange ich an, wegzuschauen.« (Martin Walser, Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede, a.a.O., S. 18.)
So in bezug auf die Denkmale zum ersten Weltkrieg Reinhard Kosellek, Kriegerdenkmale als Identitätsstiftungen der Überlebenden, in: O. Marquard und K. Stierle (Hrsg.), Identität, München 1979.
Der Altmeister der Denkmaltheorie in Deutschland, Reinhart Koselleck, hat dies in seinem wichtigen Spiegelinterview (Der Spiegel 6/ 1997) klar formuliert: »Daß sie (die Denkmale, W.G.) wirken, setzt im Grunde einen Kult voraus.«
Zitiert nach der Wiedergabe in: Der Tagesspiegel, Berlin vom 7. Juli 1998.
Das Identitätsproblem ist in meiner Besprechung zum Historikerstreit (Soziologische Revue 12, 1989, S. 314–318) in den Vordergrund gestellt. Vgl. auch Werner Gephart, Mythen, Klischees und differenzierte Wirklichkeiten der Gesellschaft im Nationalsozialismus, in: Soziologische Revue 1990, S. 279–287.
Auch Moshe Zuckermann plädiert in diesem Sinne für eine »Universalisierung«: »Jeder könnte in ähnlichen Situationen sowohl auf der Täter-oder Opferseite stehen.« (Jüdische Allgemeine Wochenzeitung vom 6. August 1998)
Insofern ist die Kritik einer »schwer erträglichen Pose politisch-moralischer Selbstgerechtigkeit und Selbsterhebung« des Politikwissenschaftlers Peter Reichel (FAZ vom 19. November 1998) zuzustimmen. In ihrer Auseinandersetzung mit den Thesen Golghagens, weisen Rolf Vogt und Barbara Vogt auf die Dynamik der »Entlehnten Schuldgefühle der deutschen Nachkriegsgeneration« hin; vgl. ihren Beitrag: Goldhagen und die Deutschen. Psychoanalytische Reflexionen über die Resonanz auf ein Buch und seinen Autor in der deutschen Öffentlichkeit, in: Psyche. Zeitschrift für Psychoanalyse und ihre Anwendungen 51, 1997, S. 494–569.
So ist in der Wiedergabe der Aussprache Martin Walsers mit Ignatz Bubis zu lesen: »Und Herr Bubis, da muß ich Ihnen sagen, ich war in diesem Feld beschäftigt, da waren Sie noch mit ganz anderen Dingen beschäftigt (sic!). Sie haben sich diesen Problemen später zugewendet; Sie haben sich diesem Problem später zugewendet als ich.« (FAZ vom 14. Dezember 1998)
Vgl. insbesondere die Arbeiten von Saul Friedlander, z.B. Saul Friedländer und Adam Seligman, Das Gedenken an die Schoa in Israel. Symbole, Rituale und ideologische Polarisierung, in: James E. Young (Hrsg.), Mahnmale des Holocaust. Motive, Rituale und Stätten des Gedenkens, a.a.O., S. 125–135. Nunmehr die glänzenden Studien von Moshe Zuckermann, Zweierlei Holocaust. Der Holocaust in den politischen Kulturen Israels und Deutschlands, Göttingen 1998, sowie den Beitrag Zukkermanns in diesem Band!
Zur sachlichen Problematik der geteilten Erinnerungen vgl. Norbert Haase und Bert Pampel (Hrsg.), Doppelte Last — doppelte Herausforderung. Gedenkstättenarbeit und Diktaturenvergleich an Orten mit doppelter Vergangenheit, Frankfurt a.M. u.a. 1998.
Hier gibt es die Auseinandersetzung zwischen den Generationen, den Überlebenden des Konzentrationslagers und der kritschen Generation der Söhne und Töchter. Kann man sich einen »Comic« zwischen Tätergeneration und Kindergeneration zum Thema der Verdrängung und der erinnernden Auseinandersetzung vorstellen?
Abbildung aus FAZ vom 26. B. 1998.
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© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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Gephart, W. (1999). Das Gedächtnis und das Heilige. In: Gephart, W., Saurwein, KH. (eds) Gebrochene Identitäten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97415-0_3
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