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Epistemologische und methodologische Diskussionen

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Book cover Geschlechterforschung und qualitative Methoden

Part of the book series: Qualitative Sozialforschung ((QUALSOZFO,volume 1))

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Zusammenfassung

In kaum einem anderen sozialwissenschaftlichen Forschungsfeld werden qualitative Methoden derart häufig eingesetzt wie in der Geschlechterforschung. Die Frauenforschung hat sich, so Ursula Müller (1984: 33) „schnell für die Verwendung ‚offener‘ Forschungsmethoden entschieden“. Unter Feministinnen ist Margrit Eichler (1997: 11) zufolge die Annahme, qualitative Verfahren seien für feministische Forschung geeigneter als quantitative, weit verbreitet. Auch wenn es fraglich ist, ob in der sozialwissenschaftlichen Frauenforschung, wie häufig angenommen, qualitative Verfahren dominieren1 , so läßt sich doch konstatieren, daß es eine höhere Affinität zu qualitativer Forschung gibt als generell in den Sozialwissenschaften und daß eine intensive Diskussion darüber geführt wird, in welcher Hinsicht qualitative Verfahren für die Zwecke und Erkenntnisinteressen von Frauenforschung in besonderem Maße geeignet sind. Diese Diskussion ist Teil der feministischen Kritik am (sozial-)wissenschaftlichen mainstream, dem eine androzentrische Vernachlässigung der Lebenslagen und Perspektiven von Frauen vorgehalten wird.

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Literatur

  1. Grant, Ward und Rong (1987) haben zehn Jahrgänge zehn führender amerikanischer soziologischer Zeitschriften daraufhin untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Geschlecht und Forschungsmethode gibt. Sie kommen zu dem Ergebnis, daß zwar Frauen in geringerem Maße als Männer quantitative Methoden verwenden, daß aber insgesamt bei den Artikeln, die sich mit Fragen des Geschlechterverhältnisses befassen, quantitative Verfahren überwiegen. Damit ist die Annahme einer Dominanz qualitativer Verfahren in der Frauenforschung nicht widerlegt — nicht jede von einer Frau betriebene Forschung ist automatisch Frauenforschung, und, wie die Autorinnen selber betonen, haben Arbeiten, die sich quantitativer Verfahren bedienen, möglicherweise eine höhere Chance, in den führenden Zeitschriften publiziert zu werden, als qualitative — , dennoch lassen die Resultate zumindest eine gewisse Skepsis gegenüber der These der Dominanz qualitativer Verfahren angezeigt erscheinen.

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  2. Eine solche Kontrastierung tendiert dazu, Epistemologie mit Ontologie zu vermischen (Evans 1995: 20). Auf die Frage, welche Funktion Distanz auch in der qualitativen Forschung hat, werden wir noch eingehen (s. Kap. 5.2).

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  3. Die Forschungen der Chicagoer Soziologie zu Beginn dieses Jahrhunderts, die wegweisend für die Entwicklung qualitativer Verfahren gewesen sind, sind (nahezu) ausschließlich von Soziologen männlichen Geschlechts betrieben worden (Bulmer 1984), und auch die Renaissance der qualitativen Sozialforschung in den sechziger und siebziger Jahren ist überwiegend von Männern in Gang gebracht worden. Allerdings fällt hier eine gewisse Koinzidenz mit der Entstehung der Frauenforschung auf, die sich nicht nur auf zeitliche Gemeinsamkeiten bezieht (Müller 1994: 33; s. auch Kap. 4).

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  4. Mies scheint hinsichtlich der qualitativen Methoden zwischen Genesis und Geltung zu differenzieren. In der feministischen Kritik der quantitativen Verfahren wird diese Unterscheidung vielfach nicht vorgenommen (Risman 1993).

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  5. Die damalige methodologische Diskussion ist dokumentiert in dem Reader der Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (1973). Zur ethnomethodologischen Kritik der quantitativen Methodologie vgl. Cicourel 1970.

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  6. Der Vorwurf, lediglich verkürzte und verzerrte Darstellungen der sozialen Wirklichkeit zu erzeugen, ist ein zentraler Vorbehalt gegenüber der quantitativen Methodologie auch außerhalb der Frauenforschung.

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  7. Die Vergleichsgröße ist der Stellenwert qualitativer Verfahren in der empirischen Sozialforschung insgesamt.

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  8. Es ist sogar zu erwägen, ob Verfahren wie das narrative Interview, bedingt durch die Zugzwänge des Erzählens, nicht erheblich stärker die Autonomie der Erforschten bedrohen, als dies standardisierte Fragebogen-Erhebungen mit ihren Antwortvorgaben vermögen.

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  9. Eine Informationskontrolle durch die untersuchten Personen ist wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen als in der hochgradig anonymisierten Situation, wie sie etwa beim Ausfüllen eines Fragebogens gegeben ist. Die Offenheit qualitativer Verfahren bedingt, daß die untersuchten Personen mehr von sich offenbaren, als sie möglicherweise beabsichtigen. Dies erlaubt es einerseits gerade, die Perspektiven der Erforschten zu rekonstruieren, es macht diese aber andererseits auch offener für Verletzungen und eröffnet Möglichkeiten der Kontrolle. In ähnlicher Weise reflektiert Judith Stacey (1988) ihre eigene ethnographische Forschung. Geläufige Annahmen relativierend, ethnographische Verfahren — sie meint insbesondere die teilnehmende Beobachtung — seien für eine feministische Forschung besonders geeignet, konstatiert sie: „Indeed the irony I now perceive is that ethnographic method exposes subjects to far greater danger and exploitation than do more positivist, abstract, and ,masculinist’ research methods.“ (Ebd.: 24)

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  10. Es gibt freilich auch gegenläufige Positionen. Kelly (1978) sieht nur in der ersten und der dritten Phase Ansatzpunkte für feministische Strategien.

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  11. Harding (1986, 1994) unterscheidet drei epistemologische Richtungen: den feministischen Empirismus, der versucht, den androzentrischen bias mit den herkömmlichen wissenschaftlichen Mitteln aufzubrechen; die feministische Standpunkttheorie, die bezweifelt, daß dies möglich ist, und davon ausgeht, daß die herrschende Position der Männer sich in einer einseitig begrenzten Perspektivität des herrschenden Wissenschaftsverständnisses niederschlägt; und einen feministischen Postmodernismus, der die Annahme eines einheitlichen Subjekts Frau als essentialistisches Mißverständnis kritisiert und von fraktionierten weiblichen Identitäten ausgeht.

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  12. Für eine kritische Auseinandersetzung mit der Standpunkttheorie innerhalb der Frauenforschung vgl. Seifert 1992. — Wir wollen an dieser Stelle die z.T. problematischen Annahmen Hardings nicht kommentieren, etwa ihr Konzept von Alltag oder die Auffassung, aus Unterdrückung, von der ja nicht einmal klar ist, daß sie als solche erfahren wird, resultiere eine erhöhte Sensibilität und Kritik. Siehe hierzu aber Kap. 3.

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© 1999 Leske + Budrich, Opladen

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Behnke, C., Meuser, M. (1999). Epistemologische und methodologische Diskussionen. In: Geschlechterforschung und qualitative Methoden. Qualitative Sozialforschung, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97403-7_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97403-7_2

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-8100-2001-7

  • Online ISBN: 978-3-322-97403-7

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