Zusammenfassung
Seit dem Beginn der Moderne ist ein epochaler, alles umwälzender, kapitalistisch-industriegesellschaftlicher Rationalisierungsprozess in Gang. Seine zwei vorwärtstreibenden Hauptmomente können zum einen in der ökonomischen Logik der Kapitalverwertung und zum anderen in der instrumentellen Logik der Verstärkung oder gänzlichen technischen Nachbildung menschlicher Leistungsformen erblickt werden. Die technologische Rationalität ist dabei faktisch der ökonomischen Rationalität zu wesentlichen Teilen untergeordnet, dient also nichts anderem als der „Rationalisierung“ des (markt-) wirtschaftlichen Kapitalverwertungsprozesses. Zusammen ergibt sich seit gut 200 Jahren ein komplexes industrialistisches Rationalisierungsmuster. Dessen spezifisch moderne Dynamik beruht grundlegend auf seiner mehr oder weniger radikalen Herauslösung aus den normativen Handlungsorientierungen, die in vormodernen Gesellschaften dafür sorgten, daß Technik und Ökonomie nur begrenzt die gesellschaftliche Entwicklung bestimmen konnten. Demgegenüber ist die Moderne durch die buchstäblich entfesselte technisch-ökonomische Rationalisierung gekennzeichnet: Ökonomie und Technologie „emanzipierten“ sich weitestgehend aus den herkömmlichen lebensweltlichen Bindungen und konnten seither ihre eigensinnige, scheinbar „rein“ technische bzw. ökonomische Binnenrationalität entfalten. Symptomatisch spiegelte sich das in der akademischen Verselbständigung einer „autonomen Ökonomik“1 ebenso wie eigenständiger Technikwissenschaften, die sich nach szientistischem Muster als „ethikfreie“ (und intern werturteilsfreie) Disziplinen verstanden und weiterhin verstehen. Die charakteristische „Zwei-Welten-Konzeption“ zwischen sich wertfrei wähnender (instrumenteller) Rationalität und Normativität war das Ergebnis.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Ulrich, P. (1998). Integrative Wirtschaftsethik — eine Heuristik auch für die Technikethik?. In: Lenk, H., Maring, M. (eds) Technikethik und Wirtschaftsethik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97402-0_3
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