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Einleitung: Max Horkheimers Weg zur Kritischen Theorie

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Zusammenfassung

Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule um Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Herbert Marcuse war in den sechziger Jahren erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte ins Bewußtsein einer breiteren sozialwissenschaftlichen Öffentlichkeit getreten, gefördert nicht zuletzt dadurch, daß sie mit der Studentenbewegung für einen kurzen Zeitraum auch im Zentrum aktueller gesellschaftspolitischer Diskussionen über die Möglichkeiten einer neuen Verbindung zwischen radikaler Gesellschaftstheorie bzw. -kritik und emanzipatorischer oder gar revolutionärer Praxis gestanden hatte.1 Dies bildete die Voraussetzung dafür, daß sie in den siebziger Jahren im Gefolge der einsetzenden Akademisierung von Marxismus und linker Gesellschaftskritik zunehmend zum Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung werden konnte. Es entstand neben Gesamtdarstellungen, die die wechselvolle Geschichte des am Frankfurter Institut für Sozialforschung in den letzten Jahren der Weimarer Republik aus dem Kreis um Max Horkheimer entstandenen Kritischen Theorie rekonstruierten,2 eine Vielzahl von Studien und Monographien zur Entwicklung einzelner ihrer Vertreter.3 Darüber hinaus begann man, unter eher systematischen Gesichtspunkten Grundannahmen oder bestimmte Konzepte der Kritischen Theorie auf ihre Tragfähigkeit und Nützlichkeit für aktuelle wissenschaftliche Bedürfnisse und Fragestellungen hin zu befragen. So wurde beispielsweise versucht, aus ihrer frühen Theoriephase ein Paradigma einer interdisziplinären Sozialforschung zu destillieren4 oder sie als Vorstufe zu einer kommunikationstheoretisch fundierten Gesellschaftstheorie darzustellen.5 Andere Autoren zielten darauf ab, die Bedeutung der Kritischen Theorie für die Analyse von Kapitalismus und Faschismus6 oder — besonders im Hinblick auf ihre eher an der,Peripherie’ des Instituts angesiedelten Vertreter wie Franz Neumann oder Otto Kirchheimer — für die Politik- und Rechtswissenschaf ten einzuschätzen.7

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Literatur

  1. Vgl. ausführlicher hierzu den Überblick in der Einleitung zu Olaf Asbach, Kritische Gesellschaftstheorie und historische Praxis. Entwicklungen der Kritischen Theorie bei Max Horkheimer 1930–1942/43, Frankfurt/M. u.a. 1997.

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  2. Vgl. die Pionierarbeit von Martin Jay, Dialektische Phantasie. Die Geschichte der Frank-furter Schule und des Instituts für Sozialforschung 1923–1950, Frankfurt/M. 1976 sowie Rolf Wiggershaus, Die Frankfurter Schule. Geschichte — Theoretische Entwicklung — Politische Bedeutung, München 1988.

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  3. Man vgl. nur zu Horkheimer Anselm Skuhra, Max Horkheimer. Eine Einführung in sein Denken, Stuttgart 1974, oder Gerd-Walter Küsters, Der Kritikbegriff der Kritischen Theorie Max Horkheimers. Historisch-systematische Untersuchung zur Theoriegeschichte, Frankfurt/M., New York 1980; zu Adorno vgL Friedemann Grenz, Adornos Philosophie in Grundbegriffen. Auflösung einiger Deutungsprobleme, Frankfurt/M. 1974; Martin Jay, Adorno, London 1984; zu Marcuse vgl. Stefan Breuer, Die Krise der Revolutionstheorie. Negative Vergesellschaftung und Arbeitsmetaphysik bei Herbert Marcuse, Frankfurt/M. 1977, oder Roland Roth, Rebellische Subjektivität. Herbert Marcuse und die neuen Protestbewegungen, Frankfurt/M., New York 1985.

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  4. Vgl. u.a. Helmut Dubiel, Wissenschaftsorganisation und politische Erfahrung. Studien zur frühen Kritischen Theorie, Frankfurt/M. 1978; Wolfgang Bonß, Axel Honneth (Hrsg.), Sozialforschung als Kritik. Zum sozialwissenschaftlichen Potential der Kritischen Theorie, Frankfurt/M. 1982.

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  5. Vgl. Albrecht Wellmer, Kommunikation und Emanzipation. Überlegungen zur,sprach-analytischen Wende’ der kritischen Theorie, in: Theorien des Historischen Materialismus, hrsg. von Urs Jaeggi und Axel Honneth, Frankfurt/M. 1977, S. 465–500; Axel Honneth, Von Adorno zu Habermas. Zum Gestaltwandel kritischer Gesellschaftstheorie, in: Bonß/Honneth, Sozialforschung als Kritik, S. 87–126.

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  6. Vgl. Helmut Dubiel, Alfons Söllner, Die Nationalsozialismusforschung des Instituts für Sozialforschung — ihre wissenschaftsgeschichtliche Stellung und ihre gegenwärtige Bedeutung, in: Wirtschaft, Recht und Staat im Nationalsozialismus. Analysen des Instituts für Sozialforschung 1939–1942,von Max Horkheimer, Friedrich Pollock, Franz L. Neumann u.a., hrsg. v. H. Dubiel u. A. Söllner, Frankfurt/M. 1984, S. 7–31; Michael Wilson, Das Institut für Sozialforschung und seine Faschismusanalysen, Frankfurt/M., New York 1982; Manfred Gangl, Kritik der politischen Ökonomie und Kritische Theorie. Ein Beitrag zur theoretischen Entwicklung der Frankfurter Schule, Frankfurt/M., New York 1987.

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  7. Vgl. Alfons Söllner, Geschichte und Herrschaft. Studien zur materialistischen Sozialwis-senschaft 1929–1942, Frankfurt/M. 1979; Axel Honneth, Kritische Theorie. Vom Zentrum zur Peripherie einer Denktradition, in: ders., Die zerrissene Welt des Sozialen. Sozialphilosophische Aufsätze, Frankfurt/M. 1990, S. 25–72; einen ausführlichen Überblick über zentrale Problemgebiete in der Sekundärliteratur liefert Frank Hartmann, Max Horkheimers materialistischer Skeptizismus. Frühe Motive der Kritischen Theorie, Frankfurt a. M./New York 1990, S. 11–112.

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  8. Die auch personelle Verflechtung wichtiger Akteure illustriert unter anderem die Vor- und Gründungsgeschichte des Frankfurter Instituts für Sozialforschung und der ihr vorausgehenden, 1923 stattfindenden Marxistischen Arbeitswoche; dies veranschaulicht der Band Grand Hotel Abgrund. Eine Photobiographie der Frankfurter Schule, hrsg. von Willem van Reijen und Gunzelin Schmid Noerr, Hamburg 1988. Vgl. zur Einschätzung der Bedeutung dieses Seminars Michael Buckmiller, Die,Marxistische Arbeitswoche’ 1923 und die Gründung des,Instituts für Sozialforschung’, in: v. Reijen, Schmid Noerr, Grand Hotel Abgrund,S. 141–179, v.a. 157 f. und passim. —Zu Begriff und Geschichte des,westlichen Marxismus’ vgl. die unterschiedlichen Darstellungen etwa bei Perry Anderson, Über den westlichen Marxismus, Frankfurt/M. 1978, sowie Martin Jay, Marxism and Totality. The Adventures of a Concept from Lukúcs to Habermas, Cambridge, Oxford 1984.

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  9. Vgl. zu diesem Entstehungs- und Problemzusammenhang der Kritischen Theorie Horkheimers Asbach, Kritische Gesellschaftstheorie, Teil I.

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  10. Eine gewisse Ausnahme bilden einige Studien, die bestimmte Aspekte der Entwicklung einzelner Autoren zum Gegenstand haben: für Adorno versucht Susan Buck-Morss (The Origin of Negative Dialectics. Theodor W. Adorno,Walter Benjamin, and the Frankfurt Institute, Hassocks, Sussex 1977) vor allem dem frühen Einfluß von Walter Benjamin, Heinz Steinert (Adorno in Wien. Ober die (Un-)Möglichkeit von Kunst, Kultur und Befreiung, Frankfurt/M. 1993) demjenigen der Wiener musikalischen Avantgarde nachzugehen; im Falle von Herbert Marcuse hat natürlich besonders die Tatsache interessiert, daß er zunächst ein glühender Anhänger des sonst von den anderen kritischen Theoretikern früh schon als metaphysischer Erzrivale ausgemachten Heidegger war: Alfred Schmidt, Existential-Ontologie und historischer Materialismus bei Herbert Marcuse, in: Antworten auf Herbert Marcuse, hrsg. u. eingel. von Jürgen Habermas, Frankfurt/M. 1968, S. 17–49.

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  11. Vgl. Alfred Schmidt, Die geistige Physiognomie Max Horkheimers, in: Max Horkheimer, Notizen 1950–1969 und Dämmerung. Notizen in Deutschland, hrsg. v. Werner Brede, Frankfurt/M. 1974, S. XIX-LXX, hier: S. XX sowie XXII-XXIX.

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  12. D.h. derjenigen Aufsätze, wie sie v.a. in der 1968 von Alfred Schmidt herausgegebenen zweibändigen,Dokumentation’ Kritische Theorie oder jetzt, erstmals vollständig, in den Bänden 3 und 4 von Horkheimers Gesammelten Schriften vorliegen, die freilich zu ergänzen sind durch die in Band 2 erschienen, bis 1932 entstandenen Schriften.

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  13. Michiel Korthals, Die kritische Gesellschaftstheorie des frühen Horkheimer. Mißverständnisse über das Verhältnis von Horkheimer,Lukics und dem Positivismus, in: Zeitschrift für Soziologie, 14. Jg., Heft 4, August 1985, S. 315–329, hier: S. 316.

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  14. Helmut Gumnior, Rudolf Ringguth, Max Horkheimer in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbeck b. Hamburg 1973, S. 27.

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  15. Heidrun Hesse, Vernunft und Selbsterhaltung. Kritische Theorie als Kritik der neuzeitlichen Rationalität, Frankfurt/M. 1984, S. 16; Hesse bemerkt aber zu Recht (ebd.), daß in der auf den,hegelmarxistischen’ Strang des Denkens der Kritischen Theorie ausgerichteten Literatur zuweilen unterschätzt wird, daß „Horkheimers Werk zunächst wohl vor allem durch das Denken Kants“ geprägt worden ist.

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  16. Hartmann, Materialistischer Skeptizismus, S. 133. — Diese vorsichtige Eröffnung, daß die frühen Arbeiten eine „vielleicht nicht unwichtige Rolle“ für Horkheimers kritische Theorie spielen, entpuppt sich bei Hartmann dann sogar als Behauptung, daß in ihnen Geburtsfehler und Gründe des Scheiterns bereits angelegt sind. Hierzu mehr im weiteren Verlauf der Einleitung und in Teil A.

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  17. Hans-Joachim Dahms, Hans Reichenbachs Beziehungen zur Frankfurter Schule — nebst Bemerkungen zum Wahren, Schönen und Guten, in: Lutz Danneberg, Andreas Kamlah, Lothar Schäfer (Hrsg.), Hans Reichenbach und die Berliner Gruppe, Braunschweig, Wiesbaden 1994, S. 333–349, hier: S. 333.

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  18. Vgl. Hans-Joachim Dahms, Positivismusstreit. Die Auseinandersetzungen der Frankfurter Schule mit dem logischen Positivismus, dem amerikanischen Pragmatismus und dem kritischen Rationalismus, Frankfurt/M. 1994.

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  19. Dahms, Positivismusstreit, S. 17; vgl. Dahms’ Hinweise zur akademischen Tradition, der Horkheimer entstammt, ebd., S. 22 ff.

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  20. Max Horkheimer, Die gegenwärtige Lage der Sozialphilosophie und die Aufgaben eines Instituts für Sozialforschung [1931], in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 3, Frankfurt/ M. 1988, S. 20–35, hier: S. 31.

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  21. Vgl. Max Horkheimer, Dokumente — Stationen [Gespräch mit Otmar Hersche] (1969/ 1974), in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 7, Frankfurt/M. 1985, S. 317–344, hier: S. 322–324, sowie ders., Das Schlimme erwarten und doch das Gute versuchen [Gespräch mit Gerhard Rein] (1972/1976), in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 7, Frankfurt/M. 1985, S. 442–479, hier: S. 448–451.

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  22. Horkheimer, Das Schlimme erwarten, S. 448; auch nach Ansicht von Friedrich Pollock, Horkheimers lebenslangem Freund, ist Cornelius’ „Einfluß auf Horkheimer… kaum zu überschätzen“ (Brief von Pollock an M. Jay, 24. März 1970, zit. in Jay, Dialektische Phantasie, S. 67).

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  23. Jay, Dialektische Phantasie, S. 67.

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  24. Und dies ist, wie noch näher gezeigt werden wird, wörtlich zu nehmen; denn „Cornelius’s encouragement of individualistic thinking among his students“ kannte nur eine Grenze: they could criticize every philosophy except Cornelius’s.” (Buck-Morss, Origin of negative dialectics,p. 196 note 65). — Daß freilich auch eine allzu enge Anlehnung an dessen Philosophie nicht unbedingt förderlich war, hat Adorno bitter erfahren müssen, als Cornelius die Annahme seiner Habilitationsschrift mit der Begründung ablehnte, diese wiederhole lediglich in leicht abgewandelter Form sein eigenes Gedankengut.

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  25. Vgl. zum biographischen Hintergrund Gumnior/Ringguth, Max Horkheimer, S. 22: Cornelius „entstammte der bekannten Münchener Maler- und Komponisten-Familie, war ursprünglich Chemiker gewesen und erst später als Schüler von Mach und Avenarius zur kantischen Philosophie gekommen. Mehr ein homme de lettres als ein Universitätsprofessor, ein begabter Maler und Musiker — er gab Horkheimer Privatunterricht in Kompositionslehre — und ein kundiger Liebhaber der italienischen Kultur, entsprach Cornelius ganz und gar nicht dem Bild eines deutschen Universitätsphilosophen.“ — Obwohl Cornelius, wie Horkheimer später in seinen Biographischen Interviews ohne falsche Bescheidenheit erklärt, „gegen mich genommen natürlich noch ein, sogar enger Szientivist” gewesen sei, war er für ihn doch aufgrund seiner vielfältigen künstlerischen Aktivitäten und seines insgesamt völlig antiakademischen Habitus „in jeder Hinsicht ein Renaissance-Mensch“. So sei es nicht verwunderlich gewesen, daß der bei der Emiritierung übliche Eintrag von Cornelius ins Fakultätsbuch sinngemäß dahingehend gelautet habe, „daß er Gott dafür dankt, daß er endlich aus dieser Fakultät wegkommt” (MHA X.132b, S. 16).

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  26. Neben den erwähnten Arbeiten von Hartmann und Korthals sind dies vor allem Peter M. R. Stink, Max Horkheimer: A New Interpretation, Harvester Wheatsheaf 1992; Alfred Schmidt, Horkheimer als Historiker des deutschen Idealismus und der philosophischen Renaissance der zwanziger Jahre. Nachwort des Herausgebers zu: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften, Bd. 10, Frankfurt/M. 1990, S. 423–428; Gunzelin Schmid Noerr, Die philosophischen Frühschriften. Grundzüge der Entwicklung des Horkheimer-schen Denkens von der Dissertation bis zur,Dämmerung’. Nachwort des Herausgebers zu: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften, Bd. 2, Frankfurt/M. 1987, S. 455–468; ders., Nachgelassene Zeugnisse zur Frühgeschichte der Kritischen Theorie. Nachwort des Herausgebers zu: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften, Bd. 11, Frankfurt/M. 1987, S. 409–417.

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  27. Vgl. Korthals, Die kritische Gesellschaftstheorie des frühen Horkheimer, S. 317 ff.

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  28. In die richtige Richtung weist der freilich noch relativ unspezifisch bleibende Hinweis von Schmid Noerr (Die philosophischen Frühschriften, S. 458), daß Horkheimers wie Lukács’ je verschieden begründete Konzepte eines Primats des Ganzen Teil „einer allgemeineren philosophischen Strömung der zwanziger Jahre“ sind, an der noch ganz andere „heterogene philosophische Richtungen auf verschiedene Weise teilhaben.” - Die vorliegende Arbeit soll nicht zuletzt dazu dienen, diese unübersichtlichen Zusammenhänge ein wenig zu erhellen.

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  29. Dies geht hin bis zu zeitlich und systematisch äußerst problematischen Urteilen, wie etwa der Behauptung, daß Horkheimer „um 1930 [versuchte], die Erkenntnistheorie mit wahrnehmungspsychologischen Mitteln aus ihrem neukantianischen Ambiente zu lösen.“ (Hartmann, Metaphysischer Skeptizismus, S. 116). Die Tendenz von Hartmanns Beurteilung von Horkheimers Kant-Kritik findet sich schon in derjenigen von Adornos Kant-Kritik bei Carl Braun, Kritische Theorie und Kritizismus. Zur Kant-Kritik Theodor W. Adornos (Kantstudien, Ergänzungshefte 115), Berlin/New York 1983.

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  30. Im Hintergrund steht hier offensichtlich Habermas’ Kritik der Kritischen Theorie Horkheimers (und Adornos) v.a. seit der Dialektik der Aufklärung, insofern diese aufgrund ihrer Vernunftskepsis und ihres Historismus nicht mehr die Bedingungen und Maßstäbe ihrer Kritik begründen könne (vgl. Jürgen Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen, Frankfurt/M. 1985, S. 156 f.). Hartmann versucht den Ursprung dieses Scheiterns schon in den frühesten Entwicklungsphasen Horkheimers zu finden: für ihn gründen die selbst-destruktiven Mechanismen von Kritischer Theorie als Kritik der instrumentellen Vernunft schon in einem philosophi-schen Konzept, das zeitlich, methodisch und inhaltlich um Welten von jenem getrennt ist. — Eine vergleichbare Strategie der Kritik an Horkheimers materialistischer Gesellschaftstheorie führt Ulrich Thiele in seinem nach Abschluß der vorliegenden Arbeit erschienenen Buch Verwaltete Freiheit. Die normativen Prämissen in Horkheimers Kantkritik, Frankfurt/M., New York 1996, ins Extrem. Da er freilich an keiner Stelle auf Horkheimers intensive Kantstudien der zwanziger Jahre eingeht, erübrigt sich an dieser Stelle die Auseinandersetzung mit ihm.

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  31. So auch in der ebenfalls erst nach Fertigstellung dieser Arbeit erschienenen Studie von Dieter Sattler über Horkheimer als Moralphilosoph (Frankfurt/M. u.a. 1996). Im Anschluß an die prägnante Darstellung von Horkheimers erkenntniskritischer Position und Auseinandersetzung mit Kant (vgl. ebd., S. 44–56) wird im Interesse der Suche nach der übergreifenden (moralphilosophischen) Einheit in Horkheimers Denken im Gegensatz zum eigenen sachlichen Befund (vgl. ebd., S. 52, 54 f.) Hartmanns Erklärung als,treffend’ übernommen, hier schon beginne „die Transformation von erkenntnistheoretischer Reflexion,in die Frage nach der Erkenntnis von Gesellschaft“’ (ebd., S. 46; Sattler zitiert Hartmann, Materialistischer Skeptizismus,S. 124).

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  32. Schmid Noerr, Die philosophischen Frühschriften, S. 456.

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  33. Vgl. Schmid Noerr, Nachgelassene Zeugnisse, S. 410 ff.; freilich hat Dahms richtig bemerkt, daß Schmid Noerr wiederum die Berechtigung des von Korthals behaupteten,Positivismus’ des frühen Horkheimer unterschätze, ohne daß Dahms dann seinerseits seinem Anspruch gerecht würde, „die von Schmid Noerr geforderte Erklärung zu liefern“ (Dahms, Positivismusstreit, S. 212, Fn 12).

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  34. Schmidt, Die geistige Physiognomie, S. XXI.

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  35. Schmidt, Horkheimer als Historiker, S. 423.

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  36. Manfred Sommer, Husserl und der frühe Positivismus, Frankfurt/M. 1985, S. 37, Fn. 47.

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  37. Ins Blickfeld kommen sie jedoch zumindest ansatzweise in Kap. I und II von Teil B dieser Arbeit.

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  38. Thomas McCarthy, Ideale und Illusionen. Dekonstruktion und Rekonstruktion in der kritischen Theorie, Frankfurt/M. 1993, S. 206.

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  39. Daß Horkheimers Rückbeziehung der Erkenntnis auf den geschichtlichen Lebensprozeß zur Integration der Einzelwissenschaften in die „Erkenntnis des gesamtgesellschaftlichen Verlaufs führen mußte, wie er sie in den dreißiger Jahren anstrebte (Max Horkheimer, Vorwort [zu Heft 1/2 des 1. Jahrgangs (1932) der Zeitschrift für Sozialforschung],in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 3, Frankfurt/M. 1988, S. 36–39, hier: S. 36), hat Thomas McCarthy (Ideale und Illusionen, S. 197) prägnant formuliert: „Sofern es nicht mehr möglich ist, das Subjekt der Erkenntnis und des Handelns als einsames, unbeteiligtes und körperloses Subjekt und die Strukturen der Vernunft als zeitlose, notwendige und unbedingte Strukturen anzusehen, wird die Vernunftkritik durch die nötige Umgestaltung in die Richtung der soziohistorischen Forschung getragen.“

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  40. Schmidt, Die geistige Physiognomie, S. XXII; die Metapher von der,doppelten Frontstellung’ verwendet Peter Moritz, Kritik des Paradigmenwechsels. Mit Horkheimer gegen Habermas, Lüneburg 1992, S. 10.

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  41. Vgl. Korthals, Die kritische Gesellschaftstheorie des frühen Horkheimer, S. 317 (u. ff.), der Lukács einem,hegelianisch-philosophischen’ Marxismus zurechnet, der durch geschichtsphilosophische Spekulation und eine prinzipielle, weitgehend in Unkenntnis begründete Skepsis gegenüber den naturwissenschaftlichen Methoden und ihrer Weiterentwicklung gekennzeichnet sei. — Zu Horkheimers Skepsis gegenüber Lukâcs vgl. Asbach, Kritische Gesellschaftstheorie, Kap. I.A.2.3.

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  42. Mit Recht hat Stephen Eric Bronner (Of Critical Theory and its Theorists, Oxford, Cambridge/Mass. 1994, S. 12 ff.) die bisher oft unterschätzte Bedeutung Karl Korschs für die Kritische Theorie hervorgehoben, wobei dies vor allem für Horkheimer anzunehmen ist. Buckmiller (Die,Marxistische Arbeitswoche’, S. 156, 172) hat Korsch als „eigentliche [n] geistige [n] Initiator“ des der Gründung des Instituts für Sozialforschung vorhergehenden Theorie-Seminars sowie des ursprünglichen Programms des Instituts nach 1923 bezeichnet, unterschätzt aber aus der Perspektive des Bruchs zwischen diesem und dem 1931 von Horkheimer vorgestellten Institutsprogramm die theoretischen Übereinstimmungen. Wie unten (S. 287 ff., 303 ff.) gezeigt wird, muß auch Horkheimer aufgrund seiner philosophischen Positionen Korschs Erklärung beipflichten, nach welcher der wirkliche Materialismus „im Gegensatz zum abstrakt naturwissenschaftlichen Materialismus Feuerbachs und aller früheren oder späteren, bürgerlichen und vulgärmarxistischen, abstrakten Materialismen, stets ein geschichtlicher und dialektischer Materialismus geblieben ist, d.h. ein die Totalität des geschichtlich-gesellschaftlichen Lebens theoretisch begreifender und umwälzender Materialismus”, der sich stets bewußt bleiben müsse, daß alle philosophischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse „Bestandteile der geschichtlich-gesellschaftlichen Gesamtwirklichkeit“ sind (Karl Korsch, Marxismus und Philosophie, hrsg. und eingel. von Erich Gerlach, Frankfurt/Wien 19725, S. 117) und „sowohl das vorwissenschaftliche und außenwissenschaftliche als auch das wissenschaftliche Bewußtsein der natürlichen und erst recht der geschichtlich-gesellschaftlichen Welt nicht mehr selbständig gegenüber[steht], sondern als ein realer, wirklicher,,wenn auch geistig ideeller’ Teil dieser natürlichen und geschichtlich-gesellschaftlichen Welt in dieser Welt mitten darin” (ebd., S. 131).

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  43. Korsch, Marxismus und Philosophie, S. 109.

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  44. Korthals kennt, überspitzt formuliert, nur den Gegensatz zwischen empiristisch-experimenteller Verifikation von Aussagen (=,wissenschaftlich’) und ihrer geschichtsphilosophischen-spekulativen Begründung (_,unwissenschaftlich’) und kommt auf dieser Grundlage zu der Auffassung, daß Horkheimer „erst nach 1935 der konstitutiven Rolle der gesellschaftlichen Praxis“ nachgehe (Die kritische Gesellschaftstheorie des frühen Horkheimer, S. 321). Damit wird er schon dem Korsch von Marxismus und Philosophie trotz dessen Nähe zu führenden Positivisten nicht gerecht (vgl. Michael Buck-miller, Karl Korsch. Zwischen materialistischer Dialektik und positiver Wissenschaft, in: L. Danneberg u.a. (Hrsg.), Hans Reichenbach, Braunschweig/Wiesbaden 1994, S. 113129, vor allem S. 118 ff.). Ebensowenig paßt dies jedoch auf Horkheimer, von dem auch ohne eine „aktivistische Verklammerung der Theorie mit dem geschichtlichen Subjekt Proletariat” — wie sie Buckmiller (Die,Marxistische Arbeitswoche’, S. 172) von Korsch entwickelt und als implizite „marxistisch-programmatische Leitlinie“ des Frankfurter Instituts in seinen ersten Jahren wirksam sieht — bereits in den zwanziger Jahren eine dialektische Beziehung der Wahrheit auf vergangene und zukünftige Praxis in einem umfassenden, nicht auf szientifische Bestätigung beschränkten Sinn angestrebt wird.

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  45. Dahms, Positivismusstreit, S. 26.

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  46. Dahms, Positivismusstreit, S. 26, der hierzu ganz richtig bemerkt, daß die wichtigsten, den philosophischen Gehalt und die dialektische Methode der marxistischen Theorie bestimmenden Schriften von Lukâcs und Korsch nicht umsonst „in Grünbergs Archiv (dem Vorläufer der Zeitschrift für Sozialforschung) veröffentlicht bzw. ausführlich besprochen worden [sind], also in der unmittelbaren Umgebung der späteren Frankfurter Schule (Pollock war ja einer von Grünbergs Assistenten)“ (ebd., S. 26 f.). Und auch die Teilnahme von Korsch und Lukâcs an der Marxistischen Arbeitswoche 1923 (vgl. v. Reijen/Schmid Noerr, Grand Hotel Abgrund), auf der die Diskussion des noch nicht veröffentlichten Textes von Korsch über Marxismus und Philosophie im Zentrum gestanden haben soll (Jay, Dialektische Phantasie, S. 23)läßt keinen anderen Schluß zu, als daß Horkheimer, wenn auch selbst bei dieser Tagung nicht anwesend, sich mit beider Positionen ausführlich auseinandergesetzt haben muß. Doch leider findet all dies kei-nen unmittelbar nachweisbaren Niederschlag in den erhaltenen Texten des hier interessierenden Zeitraums.

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  47. Hier bereits zeigt sich ein bleibendes Charakteristikum der Kritischen Theorie: „It is the style of critical theorists to establish their own theoretical self- understanding through the critique and rejection of alternative or opposing points of view“ (Joan Al-way, Critical Theory and Political Possibilities. Conceptions of Emancipatory Politics in the Works of Horkheimer, Adorno, Marcuse, and Habermas,Westport, Connecticut/ London 1995, p. 25).

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  48. So schreibt Gerhard Schweppenhäuser (Ethik nach Auschwitz. Adornos negative Moralphilosophie, Hamburg 1993, S. 12) angesichts der ähnlich gelagerten Situation in bezug auf Adorno. ermöglicht wird.

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  49. Schmid Noerr, Nachgelassene Zeugnisse, S. 410. — Hinweise zu den nicht in Horkheimers Gesammelten Schriften veröffentlichten, im Max-Horkheimer-Archiv (Frankfurt/ M.) ausgewerteten Texten sowie zu den dabei verwendeten Regeln der Transkription vgl. den Anhang, unten, S. 311–313.

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Asbach, O. (1997). Einleitung: Max Horkheimers Weg zur Kritischen Theorie. In: Von der Erkenntniskritik zur Kritischen Theorie der Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97387-0_1

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