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Nahrungsmeidungen, -verbote und -tabus in strukturalistischer Perspektive

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Zur Soziologie des Essens
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Zusammenfassung

Die Begründung des Strukturalismus im soziologischen Denken wird gemeinhin auf die zweite Hälfte der 40er Jahre unseres Jahrhunderts datiert und steht in untrennbarer Verbindung mit dem Theoretiker Claude Lévi-Strauss. Vorläufer finden sich mit Montesquieu und Durkheim jedoch bedeutend früher. Boudon & Bourricaud gehen gar davon aus, daß die strukturale Analyse im soziologischen Denken traditionell derart verankert sei, daß es — im Gegensatz zur Linguistik oder Anthropologie — nicht zum expliziten Begriff einer strukturalen Soziologie gekommen ist.232

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Literatur

  1. vgl. R. Boudon & F. Bourricaud, Soziologische Stichworte: ein Handbuch, Opladen 1992, Artikel über Strukturalismus

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  2. C. de Montesquieu, De l’esprit de lois, Paris 1961 (zuerst 1748), Überblick in: G. Kiss, Einführung in die soziologischen Theorien, Bd. 1, a.a.O., S. 222–225

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  3. Mehr als durch Durkheim wurden die Überlegungen Lévi-Strauss’ durch dessen Neffen und Schüler Marcel Mauss beeinflußt. Der Tauschtheorie von Mauss entnahm Lévi-Strauss z.B. den Gedanken des Reziprozitätsprinzips.

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  4. Die Übersetzung von „langue“ als „Sprache” ist aufgrund der begrifflichen Mehrdeutigkeit im Deutschen etwas unglücklich, wird in der linguistischen Fachliteratur aber so praktiziert. „Sprache” als die menschliche Sprechfähigkeit allgemein ist bei de Saussure mit „langage” bezeichnet, während „Sprache“ im engeren Sinne, als Einzelsprache (z.B. Nationalsprache), dem Begriff,,langue” entspricht.

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  5. vgl. F. de Saussure, Grundfragen der Allgemeinen Sprachwissenschaft, Berlin 31969 (zuerst 1916), S. 38

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  6. A. de Ruijter, Claude Lévi-Strauss, Frankfurt/ M./ New York 1991, S. 18

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  7. Die Rolle der Musik in der theoretischen Konzeption Lévi-Strauss’ läßt sich der „Ouvertüre“ entnehmen, die er dem ersten Band seiner „Mythologica” voranstellt. (C. Lévi-Strauss, Mythologica, Bd. I: Das Rohe und das Gekochte, Frankfurt/ M. 1976, S. 1153 (insbesondere S. 30f.)

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  8. Die Papierblatt-Metapher ist allerdings in der Hinsicht irreführend, als daß Bezeichnetes und Bezeichnendes nicht als von Natur aus völlig voneinander abhängig vorgestellt werden können. Es lassen sich Lautbilder produzieren, denen keine Bedeutung entspricht, wie auch gedankliche Konzepte existieren, denen keine Zeichenformen entsprechen. In diesen Fällen haben wir es aber nicht mit Zeichen zu tun, deshalb: Zeichen sind als Zeichen nicht anders als in der beschriebenen Doppeltheit denkbar.

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  9. A. de Ruijter, Claude Lévi-Strauss, Frankfurt/ M./ New York 1991, S. 23

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  10. Der empirisch wahrnehmbaren konkreten Realität einer Sprachäußerung würde bspw. als unbewußte eigentliche Realität das Sprachsystem zugrunde liegen, wie der von Lévi-Strauss untersuchte Frauentausch auf tieferliegenden Heiratsregeln oder der Gütertausch auf den Regeln des ökonomischen Systems basiere.

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  11. C. Levi-Strauss, Strukturale Anthropologie, Frankfurt/ M. 1967 (zuerst 1958), S. 304

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  12. A. de Ruijter leistet diese analytische Trennung, der wir uns anschließen. (Vgl. A. de Ruijter, Claude Lévi-Strauss, a.a.O., S. 29ff.)

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  13. C. Lévi-Strauss, Mythologica, Bd. C Das Rohe und das Gekochte, a.a.O., S. 19f.

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  14. D. Sperber, Der Strukturalismus der Anthropologie, in: F. Wahl (Hg.), Einführung in den Strukturalismus, Frankfurt/ M. 1973, S. 181–258; S. 252

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  15. Als Beispiel führt Lévi-Strauss den Geschenketausch unter Kindern an (und verweist damit auf Studien von Jean Piaget und S. Isaacs). Das Erhalten von Geschenken könne als positive Zuwendung, als Gradmesser für Beliebtheit und Anerkennung interpretiert werden, während das Geben von Geschenken auf eine Machtposition hindeute. Das Kind entwickle daher das Bewußtsein, daß es für die angestrebte Befriedigung seines (physiologisch vorgegebenen) Bedürfnisses nach Sicherheit das Beste sei, eine Gegenseitigkeit herzustellen. Daraus ergebe sich zudem die Annahme der Zugehörigkeit zu einer Gruppe als eigener Wert. (vgl. C. Lévi-Strauss, Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft, Frankfurt/ M. 1981, S. 151f.)

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  16. Die Auffassung, daß Inhalten Formen aufgezwungen werden, bietet dem Vorwurf des Formalismus einigen Boden. Vgl. z.B. N. Yalman, »Das Rohe: das Gekochte:: Natur: Kultur«. Beobachtungen zu Le Cru et le Cuit, in: E. Leach (Hg.), Mythos und Totemismus. Beiträge zur Kritik der strukturalen Analyse, Frankfurt/ M. 1973, S. 109–131; S. 128 (Yalman hält auch das Problem des Unbewußten für nicht gelöst). Dagegen argumentiert A. de Ruijter, Claude Lévi-Strauss, a.a.O., S.39.

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  17. vgl. C. Lévi-Strauss, Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft, a.a.O., S. 118

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  18. z.B. M. Frank, Was ist Neostrukturalismus?, Frankfurt/ M. 1983

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  19. Die „natürliche“ Ordnung wird hierbei zum Medium der Konstruktion einer sozialen Ordnung gemacht. Diese These widerspricht der Vorstellung einer Naturalisierung des Sozialen, d.h. der Vorstellung, eine wie auch immer gegebene natürliche Ordnung würde auf das gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen übertragen. In diesem Sinne Rührt eine strukturalistische Untersuchung nicht zur These einer Naturalisierung des Sozialen, sondern entgegengesetzt zur These einer Sozialisierung der Natur.

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  20. Levi-Strauss stellt z.B. das Vokaldreieck wie folgt dar: a (C. Lévi-Strauss, The Culinary Triangle, in: Partisan Review, 33 (1966), S. 586–595; S. 586)

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  21. vgl. C. Lévi-Strauss, The Culinary Triangle, a.a.O., S. 589. Dieser Aufsatz, der eine englische Übersetzung des im „L’Arc“, einer französischen Zeitschrift, ein Jahr zuvor erschienenen Artikels ist, findet sich in streckenweise abgeänderter Form auch in der „Mythologica’ (C. Lévi-Strauss, Mythologica, Bd. III: Der Ursprung der Tischsitten, a.a.O., S. 504–532). Der vorliegenden Bearbeitung liegen beide Fassungen zugrunde.

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  22. Interessant im Hinblick auf diese Thematik ist U. Tolksdorf; Grill und Grillen oder: die Kochkunst der mittleren Distanz. Ein Beschreibungsversuch, in: Kieler Blätter zur Volkskunde, Jg. 5 (1973), S. 113–133. Tolksdorf gibt in seinem (nicht nur für Grillabende) empfehlenswerten Aufsatz ein Beispiel für eine strukturalistisch orientierte Nahrungsethnologie. Eine seiner zentralen Thesen besagt, daß sich das Freiluft-Grillen von anderen Kochtechniken durch den Grad seiner Öffentlichkeit (Garungsprozeß ist offen keine geschlossenen Kochgeräte; Garungsprozeß findet inmitten der Verzehrsgemeinschaft statt) und seiner Affinität zur Natur unterscheide. Indem er das kulinarische System, das ebenso der Kommunikation zwischen den Menschen diene wie das Sprachsystem, mit letzterem verbindet, halt Tolksdorf fest, „daß die Merkmale »Öffentlichkeit« und »Natur« bei unseren Leitformen [Freiluft-Grillen, M.S.] auch im Bereich soziale Zeit und sozialer Raum wiederzufinden sind. Ihnen entspricht auf soziologischer Ebene eine öffentlichere, eine »natürliche«, eine distanziertere »zwanglose Geselligkeit«: eine Kommunikation der mittleren Distanz.“ (S. 124f.)

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  23. C. Lévi-Strauss, The Culinary Triangle, a.a.O., S. 589

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  24. Lévi-Strauss weist verschiedentlich darauf hin, daß hierzu auch andere teilweise direkt umgekehrte Auffassungen bei den von ihm untersuchten Gesellschaften bestehen. Er versteht es jedoch, diese in sein Konzept zu integrieren. Der oben vorgenommene Verzicht auf solche Details ist dem Anliegen geschuldet, das Modell Lévi-Strauss’ kurz und knapp zu umreißen und so wenig Verwirrung zu stiften, wie möglich.

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  25. C. Lévi-Strauss, Mythologica, Bd. III: Der Ursprung der Tischsitten, a.a.O., S. 532

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  26. vgl. U. Tolksdorf, Ein systemtheoretischer Ansatz in der ethnologischen Nahrungsforschung, in: Kieler Blätter zur Volkskunde, Jg. 4 (1972), S. 55–72; S. 58

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  27. U. Tolksdorf, Strukturalistische Nahrungsforschung: Versuch eines generellen Ansatzes, in: Ethnologia Europaea, Jg. 9 (1976), H. 1, S. 64–85; S. 77f.

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  28. In diesen Zusammenhang würde Tolksdorf auch eine Untersuchung von Tischordnungen und dergleichen einordnen.

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  29. James G. Frazer geht davon aus, daß Nahrungstabus und Nahrungspräferenzen bei den Ureinwohnerinnen Mittelmelanesiens auf die kulinarischen Gelüste der schwangeren Frauen zurückzuführen sind. Dabei hinterfragte er das Auftreten dieser Gelüste selbst allerdings nicht weiter, sondern behandelt sie als universales, naturgegebenes Phänomen, was Lévi-Strauss ein gutes halbes Jahrhundert später heftig kritisiert. (vgl. J. G. Frazer, Totemism and Exogamy, London 1910, S. 106f.)

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  30. Mit dem Aufkommen der aus Japan stammenden „makrobiotischen Ernährung“ gibt es in dieser Hinsicht seit den 70er Jahren wieder Belebungen, die jedoch nicht sehr weit verbreitet sind. Gemäß dem Prinzip von Ying und Yang erhalten bestimmte Lebensmittel bspw.

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  31. U. Tolksdorf, Die Schwangerschaftsgelüste (Picae gravidarum), a.a.O., S. 93f.

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  32. U. Tolksdorf, Die Schwangerschaftsgelüste (Picae gravidarum), a.a.O., S. 98

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  33. E. Leach, Anthropologische Aspekte der Sprache: Tierkategorien und Schimpfwörter, in: E. H. Lenneberg (Hg.), Neue Perspektiven in der Erforschung der Sprache, Frankfurt/ M. 1972, S. 32–73; S. 37

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  34. Hierbei müssen die Ergebnisse der Untersuchung von Nahrungsablehnungen nicht immer gleich ausfallen, d.h. „zu nahe“ und „zu ferne” Tiere als nicht-eßbar gelten. Eric B. Basso kommt in seiner Studie über die Kalapalo in Zentralbrasilien zu dem gegenteiligen Fazit, daß gerade nur die beiden Kategorien „ganz nah“ und „ganz fern” für die Eßbarkeit der in sie zusammengefaßten Tiere („nah“: Affe, friedlich lebende Vögel -* zweibeinige Landbewohner, andere dem Menschen ähnlich lebende Landtiere; „fern”: z.B. Fische) in Frage kommen. (Vgl. E. B. Basso, The Kalapalo Indians of Central Brazil, New York 1973, S. 630ff.)

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  35. vgl. C. Levi-Strauss, Mythologica, Bd. III: Der Ursprung der Tischsitten, a.a.O., S. 508

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  36. Diese Formen des Frauentausches diskutiert Lévi-Strauss in „Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft“, a.a.O.

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  37. Die dieser Wortzusammenstellung innewohnende Widersprüchlichkeit diskutiert die Autorin auf den ersten Seiten von „Ritual, Tabu und Körpersymbolik. Sozialanthropologische Studien in Industriegesellschaft und Stammeskultur“, Frankfurt/ M. 1981. Nick Fiddes nimmt den Begriff des natürlichen Symbols zur Grundlage seines Buches über das „Fleisch”, welches er als Symbol der Macht begreift. Das wichtigste Merkmal von Fleisch sei „seine greifbare Verkörperung der Herrschaft des Menschen über die natürliche Welt.“ (N. Fiddes, Fleisch. Symbol der Macht, a.a.O., S. 15) Näheres zu Fiddes Ausführungen muß hier leider ausgespart bleiben. Das Gleiche gilt für die Diskussion bei M. Bernard, Der menschliche Körper und seine gesellschaftliche Bedeutung, Bad Homburg 1980, S. 112ff. Bernard kontrastiert die Symboltheorie von Douglas u.a. mit einem psychoanalytischen Symbolismus, wie er bspw. von Bruno Bettelheim vertreten wird.

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  38. M. Douglas, Ritual, Tabu und Körpersymbolik. Sozialanthropologische Studien in Industriegesellschaft und Stammeskultur, a.a.O., S. 106

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  39. M. Douglas, Deciphering a Meal, in: Daedalus. Journal of the American Academy of Arts and Sciences, Winter 1972, S. 61–81; S. 79

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  40. Hierbei folgen wir der Bibel-Ausgabe der Württembergischen Bibelanstalt, Stuttgart 1972.

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  41. zu 6: Der Klippdachs und der Hase wurden aufgrund ihrer ständigen, schnellen Kaubewegungen für Wiederkäuer gehalten.

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  42. So bspw. Maimonides, der es für einen „Wahnsinn“ hält, Gründe für die einzelnen Vorschriften ausfindig machen zu wollen. (zitiert bei M. Douglas, Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu, Frankfurt/ M. 1988, S. 62) Maimonides, der selbst Arzt gewesen ist, versuchte aber dennoch, den Speisegesetzen eine vernunftgeleitete physiologische Basis zuzuschreiben.

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  43. M. Douglas, Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu, a.a.O., S. 74

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  44. vgl. M. Douglas, Deciphering a Meal, a.a.O., S. 79. Beispiele hierfür sind das Sodomieverbot, das Douglas anführt, aber auch die Heiratsregeln, auf die Eder hinweist. Letztere verwerfen eheliche Verbindungen mit halbblutigen Angehörigen des jüdischen Volkes.

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  45. vgl. K. Eder, Die Vergesellschaftung der Natur. Studien zur sozialen Evolution der praktischen Vernunft, a.a.O., S. 146

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  46. Möglicherweise liegt hierin auch ein zusätzlicher Grund für die Ablehnung des Fleisches von an BSE erkrankten Rindern, da diese Tiere vom Menschen künstlich zu Fleischfressem gemacht wurden und dies um so mehr durch den BSE-Skandal ins Bewußtsein gerückt wurde.

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  47. K. Eder, Die Vergesellschaftung der Natur. Studien zur sozialen Evolution der praktischen Vernunft, a.a.O., S. 147 [Hervorhebung von K. Eder]

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Setzwein, M. (1997). Nahrungsmeidungen, -verbote und -tabus in strukturalistischer Perspektive. In: Zur Soziologie des Essens. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97378-8_6

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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