Zusammenfassung
In diesem Kapitel behandeln wir die politischen und institutionellen Veränderungen in den untersuchten Gebietskörperschaften zwischen Herbst 1989 und den ersten freien Kommunalwahlen im Mai 1990. In diesem Zeitraum formierten sich die leitungspersonellen Konstellationen, die in den untersuchten Gebietskörperschaften in der ganzen ersten Wahlperiode eine prägende Wirkung auf den Fortgang der kommunalinstitutionellen Entwicklung, auf Funktions- und Leistungsfähigkeit der neuen kommunalen Institutionen haben sollten.
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Literatur
An der Sitzung des Kreistages Brandenburg am 22.12.1989 nahmen nur noch 59 Abgeordnete teil (Soll=110), an der Sitzung des Kreistages Bitterfeld am 24.1.1990 nur noch 111 Abgeordnete (Soll=150).
Dies basierte auf einem Beschluß der Volkskammer vom 28.1.90 zur Kooptierung von Parteien und gesellschaftlichen Organisationen und politischen Vereinigungen, die am Runden Tisch vertreten waren. So wurden beispielweise am 24.1.1990 im Kreistag Bitterfeld 12 Mandate aufgehoben, und zwar CDU 2, FDJ 3, FDGB 3, SED/PDS 3, DFD 1. In der Regel wurden hierfür persönliche Gründe angegeben. Ein Teil dieser Mandate wurde durch Vertreter neuer politischer Vereinigungen ersetzt. Zum Beispiel wurden am 1.3.90 folgende Vertreter als Abgeordnete kooptiert: 5 SPD, 5 DFP (Deutsche Forumpartei), 5 DA (Demokratischer Aufbruch). Der Kreistag Brandenburg beschloß am 5.2.1990, frei werdende Mandate auch neuen Parteien und Organisationen, die nicht im Kreistag vertreten sind, zur Verfügung zu stellen.
Der CDU-Kreisverband forderte Anfang November Änderungen im Kommunalwahlmodus, die NDPD forderte die strikte Trennung von Partei und Staat, die LDPD forderte eine frühere Vorlage von Beschlußvorlagen des Rates an die SVV. Alle Blockparteien bildeten nun eigenständige Fraktionen in der SVV.
Zum neuen Vorsitzenden des Präsidiums wurde ein Mitglied der ehemaligen Blockpartei LDPD (seit 1960 Mitglied der LDPD) gewählt, der zugleich bisher Ratsmitglied im Ressort örtliche Versorgungswirtschaft war. Im neu zusammengesetzten Präsidium befand sich unter 13 Personen nur ein Vertreter der Nachfolgepartei der SED (weiterhin je ein Vertreter CDU, DA, DBD, DFP, LDP, NDPD, SPD, DFD, FDGB, FDJ, VdgB, 1 Parteiloser — das war der ehemalige Ratsvorsitzende). Im April wurden dann noch zwei Präsidiumsmitglieder abberufen.
Vgl. Freiheit. Sozialistische Tageszeitung für den Bezirk Halle, 12.1.1990, S. 6.
Jede Partei bzw. politische Vereinigung war mit 3 Personen vertreten, davon je ein Abgeordneter des Kreistages.
Allerdings waren damit keine Personalentscheidungen verbunden (vgl. Protokolle des Kreistages Bitterfeld. Protokoll der Sitzung des Präsidiums des Kreistages am 12.4.1990).
Vgl. hierzu unsere Ausführungen in Kapitel 1, sowie in den Kapiteln 5 und 6 weiter unten zur Charakterisierung des Neupersonals.
Vgl. Märkische Volksstimme, 19.12.1989, S. 8.
Der Vorsitzende des Rates des Kreises Brandenburg wurde z.B. am 23. Dezember 1989 vom Kreistag abberufen.
Nach dem Kommunalverfassungsgesetz vom Mai 1990 und den Gemeindeordnungen der Länder wurden bis 1994 Oberbürgermeister und Landräte von den Kommunalvertretungen und Kreistagen gewählt.
Der institutionell-personelle Umbruchpfad der zum Kreis Bitterfeld gehörenden Stadt Wolfen konnte nicht in gleicher Weise dokumentiert werden, wird aber in den folgenden Abschnitten als Umbruchpfad mittlerer Intensität weiterverfolgt.
Demokratische Bauernpartei Deutschlands.
Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter.
Demokratischer Frauenbund Deutschlands und Freie Deutsche Jugend.
Häufig blieben die in der ersten Wahlperiode freigewordenen Mandate unbesetzt.Im Kreistag Bitterfeld waren Ende September 1993 nur noch 85 von ursprünglich 90 Abgeordneten vertreten. Insbesondere in den Reihen der schwach strukturierten Parteien und Wählervereinigungen, beim Neuen Forum, beim Bauernverband e.V. und der Bürgerinitiative Bitterfeld konnten keine Nachfolgekandidaten gefunden werden. Aber selbst bei mitgliedsstarken und gut organisierten Parteien wie der CDU und der PDS konnten keine Nachfolgekandidaten gefunden werden.
Unter „alten Parteien“ verstehen wir jene Parteien und politischen Vereinigungen, die bereits vor der Wende bestanden und im Verlaufe bzw. nach der Wende einen mehr oder minder ausgeprägten inneren Wandlungsprozeß vollzogen (CDU, LDPD, NDPD, DBD, SED-PDS u.a.). Unter „neuen Parteien“ verstehen wir jene Parteien, die im Verlaufe bzw. nach der Wende neu entstanden, wie insbesondere die SDP (später SPD), das Neue Forum (später größtenteils in Bündnis90/Die Grünen eingegangen) und der Demokratische Aufbruch (später größtenteils in die CDU eingegangen).
Es handelt sich also nicht um eine Gesamterhebung des Leitungspersonals, befragt wurden lediglich Leitungspersonen in den administrativen und politischen Schlüsselpositionen.
Diese Abweichungen sind jedoch relativ marginal. Sie betreffen z.B. den Punkt, daß zunächst kein eigenständiges Dezernat Finanzen aufgebaut wurde (erst später aufgebaut); in Abweichung vom ersten Vorschlag wurde ein Dezernat Landwirtschaft/Veterinärwesen aufgebaut (später auf Anweisung der Landesbehörden der Landwirtschaftskammer zugeordnet).
Lediglich der Bereich Tourismus wurde nicht, wie vorgeschlagen, mit im Dezernat Bildung und Kultur untergebracht, sondern gemeinsam mit dem Dezernat Umweltschutz.
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Berg, F., Nagelschmidt, M., Wollmann, H. (1996). Wendezeit und lokale Umbruchpfade. In: Kommunaler Institutionenwandel. KSPW: Transformationsprozesse Schriftenreihe der Kommission für die Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den neuen Bundesländern e.V. (KSPW), vol 12. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97344-3_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97344-3_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-1615-7
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