Zusammenfassung
Autonome Frauenpolitik läßt sich unter doppelter Perspektive analysieren: zum einen als Politik der autonomen Frauenbewegung,die als Teil der neuen sozialen Bewegungen einen umfassenden sozialen Wandel in dieser Gesellschaft anstrebt; zum anderen als Politik der Frauenprojekte, die mit ihrer Arbeit an konkreten Themen und Problemlagen ansetzen.
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Literatur
Daher gibt es auch keine Informationen über Mitgliederzahlen und Ausbreitung. Frühere Versuche, sie zu schätzen, setzen etwa an den Auflagen der Zeitschriften EMMA und COURAGE oder an der Mitgliederzahl einzelner Gruppen und Projekte an (Schenk 1981 ). Solche Versuche können die gegenwärtige Entwicklung und Diversifizierung aber auf keinen Fall mehr adäquat abbilden. Ähnliches gilt auch für die neuen Bundesländer, in denen der UFV (Unabhängiger Frauenverband) auch nicht mehr repräsentativ ist für die Frauenbewegung. Zur Darstellung der Frauenbewegung West vgl. u.a. Schenk 1981; zur Frauenbewegung Ost vgl. u.a. Schenk/ Schindler 1993.
Vgl. Wahlstudie 1987, zit.nach Brinkmann 1990,66.
Vgl. unten Abschnitt 6.2.
Allerdings ist die autonome Frauenpolitik „bei der Rezeption durch die etablierten Parteien und Gruppen einem spezifischen Selektionsprozeß unterworfen, in dem alle die politischen Gehalte herausgefiltert werden, die über eine Modernisierung patriarchaler Grundstrukturen hinausführen.“ (Kontos 1990,62)
Vgl. auch die Diskussion zum Punkt Autonomie vs. Institutionalisierung oben in Abschnitt 2.2.1.
Bei einer Analyse von Frauenprojekten stellt Margrit Bruckner eine weitere Dimension von Betroffenheit fest: „Ein ausreichendes Maß an Selbstbetroffenheit scheint eine Ausbildung überflüssig zu machen, denn frau hatte das Problem ja am eigenen Leibe erfahren und gelöst.“ (Bruckner 1991,122) Diese Dimension erweist sich als problematisch im Zusammenhang mit der Forderung nach Professionalisierung in Frauenprojekten — vgl. unten Abschnitt 6.2.
In stark selbsthilfeorientierten Projekten wird hier eher von Gegenseitigkeit als von Parteilichkeit gesprochen. Gegenseitigkeit ist eine symmetrische Kategorie, die von der Gleichheit aller Frauen und ihrer gemeinsamen Betroffenheit ausgeht, während Parteilichkeit asymmetrisch ist. Der Wandel von Gegenseitigkeit zu Parteilichkeit ist sozusagen Gradmesser für die Professionalisierung in einem Projekt (vgl. Bruckner 1991, 122 ).
In der östlichen Frauenbewegung wird ein anderes, weniger radikales Verständnis von Feminismus vertreten. Zu DDR-Zeiten fühlten Frauen sich in der Regel nicht unmittelbar von Diskriminierung betroffen; Formen der mittelbaren Betroffenheit wurden nicht reflektiert (Buckwar/Schild 1993,137). Da das Geschlechterverhältnis weniger als Kampfverhältnis gesehen wird, setzt sich die östliche Frauenbewegung zwar für die Interessen der Frauen ein,sie will dies aber nicht gegen Männer tun; die Notwendigkeit „männerfreier Räume“ in Frauenprojekten wurde bislang als rein westliche Problemsicht abgetan (Rieger 1993, 61 ).
Vgl.hierzu detailliert Riedmüller 1988, Kontos 1986 und 1990
Vgl. auch die Diskussion zur politischen Partizipation von Frauen in Abschnitt 4.1.1.
Vgl. u.a. Mulack 1990,50f; Cavarero 1990.
Der Separatismusvorwurf wird aber vor allem dann erhoben, wenn Frauen den Zugriff auf staatlich verwaltete Steuergelder gewinnen wollen, um sie nach ihren eigenen Vorstellungen und Zielen für die Interessen der benachteiligten Frauen einzusetzen.
Vgl. hierzu auch die Debatte zwischen den „Fundamentalisten“ und den „Realpolitikern” bei den GRÜNEN. Eine Bewegung zu organisieren und zu zentralisieren, um ihr Schlagkraft zu geben, heißt auch: ihr Struktur zu geben. Durch den Aufbau von Vereinsstrukturen und die Abgrenzung von der Basis gewinnt dieser Prozeß aber eine Eigendynamik, die den Widerstand schluckt (vgl. Koch-Klenske 1990, 127 ).
Birgit Sauer beurteilt diese Entwicklung unter frauenpolitischer Perspektive allerdings sehr kritisch. Sie führe zu einer Sozialpolitisierung des feministischen Politikanspruchs und könne auf diese Weise reibungslos in den Dienst der Modernisierung des angeschlagenen Wohlfahrtsstaats genommen werden (Sauer 1994,14).
Dieses Selbstverständnis orientiert sich am Kollektivgedanken. Der Begriff Kollektiv hat im Osten allerdings eine negative Konnotation, während der Begriff Projekt weniger belastet ist und daher vorgezogen wird (vgl. Rieger 1993, 65 ).
In den neuen Bundesländern ergibt sich in diesem Zusammenhang eine spezifische Problemkonstellation und Dynamik: Machtstrukturen, Generationskonflikte, unbewältigte Vergangenheit, beruflicher Absturz, Rollenprobleme, unklare Strukturen, unterschiedliche Verbundenheit mit dem Projekt, Überforderung mit neuen Arbeitsweisen und Inhalten (Rieger 1993,64).,jenachdem, welche Stelle in der Arbeitshierarchie die Frau in ihrem vorhergehenden Berufsleben innehatte, wurden von ihr allein Entscheidungen getroffen oder auf Weisungen gewartet. “ (Buckwar/Schild 1993, 141 )
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© 1996 Leske + Budrich, Opladen
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Cordes, M. (1996). Autonome Frauenpolitik. In: Frauenpolitik: Gleichstellung oder Gesellschaftsveränderung. Analysen, vol 53. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97318-4_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97318-4_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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