Zusammenfassung
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist politische Partizipation77 und Einflußnahme der Bürger nur in einem rein institutionellen Beteiligungsraum konzipiert. Die verfassungsmäßigen Beteiligungsrechte umfassen die Mitarbeit in Parteien und die Teilnahme an Wahlen für die Repräsentationsorgane. Eine umfassende Bürgerbeteiligung (z.B. über Volksbegehr, Volksabstimmung) ist nicht vorgesehen und auch nicht gewünscht: das geringe politische Wissen und vermutlich auch die demagogische Beeinflußbarkeit der Bürger würden den politischen Prozeß unkalkulierbar machen.
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Literatur
Zur kritischen Diskussion des Partizipationsbegriffs vgl. u.a. Meyer 1992, Sauer 1994 und Hoecker 1995.
Problematisch ist dabei vor allem der Indikator „politisches Interesse“, der z.B. in den Wahluntersuchungen des Instituts für Demoskopie in Allensbach durch die simple Frage operationalisiert wurde „Interessieren Sie sich für Politik?” — was immer die Befragten darunter verstehen mögen (vgl. auch Köcher 1994).
In seiner neuen Definition bezeichnet Max Kaase (1993, 429) politische Partizipation als,jene Verhaltensweisen von Bürgern.., die sie allein oder mit anderen freiwillig mit dem Ziel unternehmen, Einfluß auf politische Entscheidungen auszuüben“. Damit ist politische Partizipation als instrumentelles und zweckrationales Handeln bestimmt, das von der Idee eines rational -entscheidenden Subjekts ausgeht, das seine Interessen autonom erkennt, Wege der Interessenvertretung berechnet, abwägt und in einen Prozeß überführt, um diese Interessen möglichst optimal durchzusetzen. Sein Pendant ist der rationale, professionelle Politiker, der in diesem Aushandlungsprozeß keine eigenen privaten Interessen verfolgt. Der Prozeß selbst ist ein rational gedachter Willensbildungs-und Entscheidungsprozeß (vgl. Sauer 1994, 102 ).
Vgl. hierzu oben Kap. 2.1. und weiter unten Abschnitt 4.3.2.
Vgl. hierzu auch Hoecker 1995, 163ff.
Bei insgesamt sinkender Wahlbeteiligung.
Dies ist aber, wie auch die insgesamt geringe Wahlbeteiligung in letzter Zeit, offensichtlich kein Spezifikum der weiblichen Wahlberechtigten.
Zu den Wahlentscheidungen vgl. Tabelle im Anhang.
In der Zeit des Nationalsozialismus haben Frauen in den Anfängen bis 1930 deutlich weniger als Männer die NSDAP gewählt, ihre Wahlpräferenzen lagen auch hier bei den konservativen Parteien. Erst bei den Wahlen von 1932 und 1933 haben sie mit ihren Stimmen allerdings wesentlich zum Wahlerfolg der NSDAP beigetragen.
Die analoge Frage stellte sich bereits im Zusammenhang mit der NS-Zeit, nämlich inwieweit Frauen durch ihre Wahlentscheidungen das Dritte Reich mit seiner (nicht nur) emanzipationsfeindlichen Politik ermöglicht und unterstützt haben. Um auf diese Weise mithilfe ihrer Wahlentscheidung gezielt Frauenpolitik zu machen bzw. entsprechende
Vgl. hierzu detailliert Hoecker 1995, 77ff.
Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.2.
Einen Hinweis hierauf bietet auch ein Vergleich zwischen der Zahl der Frauen im Bundestag jeweils zu Beginn und zu Ende einer Wahlperiode: in der Regel erhöht sich ihre Zahl dadurch, daß bei Ausscheiden von Männern aus dem Parlament Frauen der hinteren Plätze als Nachrücke-rinnen in den Bundestag einziehen (vgl. hierzu Cornelissen 1993, 340).
Vgl. hierzu unten Kapitel 7.1.
Die Schwankungen liegen zwischen 5,8% (1972) und 9,8% (1983).
Zur Entwicklung des Frauenanteils im Bundestag siehe Tabelle im Anhang.
Vgl. hierzu u.a. Hoecker 1995, 152ff.
Vgl. hierzu Tabelle im Anhang.
Dieser Konflikt wird bei der Vergabe parteiinterner Positionen bisweilen durch eine Erhöhung der Zahl der Positionen gelöst; dieser Ausweg ist
Zum folgenden vgl. Cornelissen 1993, 335–338 und Schnitger 1990, 139–160.
Dies u.a., weil der Frauenbericht des Generalsekretärs einen starken Schwund bei den weiblichen Parteimitgliedern und eine auffallende Wahlabstinenz bei den jüngeren Frauen auswies.
Dieser Anteil liegt erheblich höher als der Anteil von Frauen an den Parteimitgliedern (25%), ist also ein eindeutiger Schritt in Richtung gleicher Repräsentation beider Geschlechter.
Vgl. hierzu vor allem Meyer 1990, auch Cornelissen 1993 und Sauer 1994.
Als sehr problematisch wird allerdings das sog. „Müttermanifest“ einer Gruppe grüner Frauen von 1987 diskutiert, das sich in konservativer Absicht (miß)verstehen und mißbrauchen läßt.
Ihre Vorlage eines Antidiskriminierungsgesetzes wurde 1990 im Bundestag abgelehnt.
Zusätzlich sollen Frauen durch ihr ehrenamtliches Engagement in der Familie den Abbau von Sozialleistungen auffangen.
Alfred Schütz konstatiert in seinem „Versuch über den Fremden“ als wesentliches Element von Fremdheit das Fehlen einer gemeinsamen geschichtlichen Tradition; der Neuankömmling könne allenfalls Gegenwart und Zukunft teilen, bleibe aber ausgeschlossen von der lebendigen Erfahrung und sozialen Interaktion, innerhalb derer sich die Regeln und Orientierungsschemata der Gruppe gebildet haben (zit. nach SchölerMacher, 1991, 99).
Hier sei nur an das aus Zeitungen und Nachrichtensendungen bekannte „Gruppenbild mit Dame“ erinnert.
Wenn Männer beschimpft werden, dann soll das natürlich auch treffen — aber nicht ihre Männlichkeit. Das Selbstverständnis als Mann darf intakt bleiben. Bei der angegriffenen Frau setzt jedoch gerade dort „die Kritik“ an: ihr Selbstwertgefühl als Frau soll zerstört werden ” (SchmalzJakobsen, zit. nach Schnitger 1990, 130 ).
Mit ihren Formen der Bewährung an der Basis bzw. in Vorfeldorganisationen und ihrem Prinzip der Anciennität.
Einen Hinweis hierauf bietet die Zahl der verheirateten weiblichen Abgeordneten mit Kindern im Bundestag: sie lag 1987 um 30% niedriger als die der Männer mit vergleichbarer Familiensituation (Cornelissen 1993, 343).
Wenn ein Mann vier-bis fünfmal abends weg ist — politisch, das dient dem Gemeinwohl und ist Voraussetzung für das Bundesverdienstkreuz. Ist die Frau nur zweimal in der Woche politisch weg, und ein Kind kriegt eine Fünf in Englisch, ist klar, wer schuld ist“ — Hanna Renate Laurien, zitiert unter „Worte der Woche” in Die ZEIT vom 11. 8. 1995.
Vgl. für das Folgende Schöler-Macher 1991, 98ff, Hoecker 1987, Sauer 1994.
Gerade in solchen männerbündischen Strukturen, die auf der Geschlechtsgleichheit basieren und damit quasi geschlechtsneutral agieren, sind Frauen nicht vorgesehen. Vielmehr brächten sie hier ein Element aus einem anderen Kontext ein, nämlich den Kontext der sexuellen Konkurrenz.
Vgl. oben Kap.2.1.
Im März 1989 hatte die rot-grüne Regierungskoalition in Berlin unter Walter Momper 8 von insgesamt 13 Regierungsämtern mit Frauen besetzt. Das Projekt „Zum Wandel der politischen Kultur durch die Präsenz von Frauen in politischen Führungspositionen- Eine Untersuchung zur politischen Tätigkeit und Wirkung der acht Berliner Senatorinnen“ unter Leitung von Prof. Barbara Schaeffer-Hegel wurde im Zeitraum Oktober 1990 bis April 1992 von der DFG gefördert.
Claudia Bernardoni berichtet über die Senatorinnen Dr. Michaele Schreyer (Stadtentwicklung und Umweltschutz) und Prof.Jutta Limbach (Justiz), Elke Heinsen über Ingrid Stahmer (Gesundheit und Soziales) beide in: Frauenforschung 4/1992; zum Gesamtprojekt vgl. Schaeffer-Hegel 1993.
Barbara Schaeffer-Hegel berichtet über die Kultursenatorin Anke Mar-tiny, die angesichts der sozialen Probleme bei der Wiedervereinigung geäußert habe, daß eben im Zweifelsfall der Wohnungsbau Vorrang vor der Kultur haben müsse. In der Presse wurde diese Meinung allerdings als Regelverletzung und politische Inkompetenz gewertet (1993, 8).
Dies läßt sich z.B. an den Diskussionen um die Reform des § 218 StGB zeigen. Zwar wurde zunächst ein parteiübergreifender Vorschlag von Frauen ausgehandelt, letztlich setzten sich aber inhaltliche Interessen und vor allem Parteiideologien und die von den Parteien eingeforderten Loyalitäten durch (vgl. Gerecht 1994 ).
Als Beispiel sei hier an die Ressortvermehrung der Regierung Kohl 1990 erinnert, als das Süßmuth-Ministerium in drei unterschiedliche Ressorts aufgeteilt und so die Frauenbeteiligung im Kabinett erhöht wurde. Ein ähnliches Verfahren wurde im SPD-Bundesvorstand angewandt.
Vgl. hierzu die Tabelle im Anhang.
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© 1996 Leske + Budrich, Opladen
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Cordes, M. (1996). Das politisch-administrative System. In: Frauenpolitik: Gleichstellung oder Gesellschaftsveränderung. Analysen, vol 53. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97318-4_4
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