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Kindheit zwischen Individualisierung und Institutionalisierung

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Wandlungen der Kindheit

Part of the book series: Reihe Kindheitsforschung ((KIND,volume 1))

Zusammenfassung

Gegenwärtige Darstellungen zur Lage der Kindheitsforschung in der BRD wie auch empirische Analysen zu kindlichen Lebenslagen und Lebensweisen verweisen auf grundlegende’in der Sache selbst’ liegende, damit den Konstitutionsbedingungen ihres Gegenstandes geschuldete, aber auch wissenschaftsgeschichtlichen Herangehensweisen zuzurechnende Probleme. Im Vordergrund unterschiedlichster Beiträge steht dabei die Frage, inwieweit ein Wandel gesellschaftlicher Verhältnisse einen Wandel des Gegenstandes “Kindheit” induziere bzw. inwieweit zu konstatierende Wandlungsprozesse kindlicher Lebensweisen auf eben gesellschaftliche Wandlungsprozesse zurückzuführen seien. Komplementär zur darin eingelassenen Frage nach den Konstitutionsbedingungen von Kindheit geht es um die Frage nach einer Kindheitsforschung, die auf der Höhe ihrer Zeit wäre (vgl. etwa Büchner 1990, 79; Zinnecker 1990; Alanen 1988). Zusätzliche Schwierigkeiten bei der Frage einer möglichen Bestimmung der Herangehensweise an Forschungen zur Entwicklung von kindlichen Lebenslagen und Lebensweisen ergeben sich dann, wenn die Eingebundenheit von Kindern in Familienleben kindheitstheoretisch und kindheitspolitisch zur These von der’Familienkindheit’ führt, die die Aufgabe nach sich zieht, individuell wie gesellschaftlich bedingte Entwicklungen des Familienlebens in ihren Auswirkungen auf Kinder zu diskutieren: und dies zum einen in den Reden vom Eigenrecht bzw.

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Anmerkungen

  1. Exemplarisch für die Vorstellung von der Familienkindheit — und trotz der Berufung auf gesellschaftliche Entwicklungsprozesse — lassen sich Aussagen der Bundesregierung in ihrem Bericht zur Vorbereitung der XX. Europäischen Familienministerkonferenz 1989 mit dem Thema “Kindererziehung in Europa von heute und Rolle der Familiendienste” heranziehen: “In der Bundesrepublik Deutschland spielt nach wie vor die Familie die Hauptrolle bei der Kindererziehung. Zwar ist wie in allen Staaten der Europäischen Gemeinschaft neben die Familie das System der öffentlichen Erziehung und Bildung in Kindergärten und Schulen getreten. Dennoch ist die Kindheit eine’Familienkindheit’ geblieben. Kinder wachsen nach wie vor in Familien auf und erhalten dort die ihr Leben prägenden Erfahrungen. Allerdings hat sich die Kindheit insofern verändert, als die Arbeitsvollzüge aus dem Familienleben mit der Modernisierung und Industrialisierung unserer Gesellschaft ausgelagert worden sind und für Kinder dort nicht mehr erfahrbar werden. Kindheit ist zu einem sozialen Status mit eigenen Rechten und Pflichten geworden. Die notwendigen Erfahrungen und Fertigkeiten werden an die Kinder gezielt herangetragen” (Bericht 1989, 1).

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  2. In diesen Kontext gehört auch die Diskussion um die’Refamilialisierung der Jugendhilfe’ (s. dazu Karsten 1987).

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  3. Mit meiner Darstellung nehme ich Überlegungen auf, die ich zuerst in meinem Text “Das Kind als Subjekt?” (1991) entwickelt habe.

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  4. Zu diesem Zusammenhang s. Adorno (1966, 257): “Das Individuum fühlt sich frei, soweit es der Gesellschaft sich entgegengesetzt hat und, wenngleich unverhältnismäßig viel weniger, als es glaubt, etwas gegen sie oder andere Individuen vermag.

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  5. Seine Freiheit ist primär die eines solchen, der eigene Zwecke verfolgt, die in den gesellschaftlichen nicht unvermittelt aufgehen; soweit koinzidiert sie mit dem Prinzip der Individuation. Freiheit dieses Typus hat sich der naturwüchsigen Gesellschaft entrungen; innerhalb einer zunehmend rationalen erlangte sie einige Realität. Zugleich jedoch blieb sie inmitten der bürgerlichen Gesellschaft Schein nicht weniger als die Individualität überhaupt… Über den Kopf der formal freien Individuen hinweg setzt das Wertgesetz sich durch.… Der Prozeß der Verselbständigung des Individuums, Funktion der Tauschgesellschaft, terminiert in dessen Abschaffung durch Integration.”

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  6. M.E. kann die in diesen Studien einsichtig werdende Ambiguität der historischen Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, die einen Ausdruck in den Widersprüchlichkeiten, Mehrdeutigkeiten und Mehrwertigkeiten sowohl historischer Situationen als auch der Verfaßtheit historischer Akteure annimmt, Positionen gegenübergestellt werden, mit denen speziell in der Kinder- Diskussion gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und die Frage nach Subjektivitätspotentialen überwiegend negativ aufeinander bezogen werden: Leitmotive wie Ansätze lassen sich auffinden in Thesen vom “Verschwinden der Kindheit”(Postman 1982), zu “Tendenzen der Liquidierung von Kindheit” (Hengst 1981), zur Psychiatrisierung und Therapeutisierung von Kindheit” (Wambach 1981).

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  7. Zu dieser Problemstellung vgl. Gelis (1986, 690): “The new relations that started to form between parents and children at the end of the fifteenth century testify to a breaking up of ancient solidarities; the interest of the couple was diverging from that of lineage, and the interest of the individual from that of the group. A complex evolution like this took more than a generation or even a century to come about, and many factors intervened to step up or slow down its pace. Today, at a time when Western societies face challenges whose import we are just beginning to gauge — an aging population, fertilization in vitro, surrogate mothers — we have a strong sense of having reached a turning point in our development And we may rightly wonder whether our current debates did not already exist in the bud with the first signs of a new view of the child”.

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  8. Auf ähnliche Probleme beziehen sich auch Überlegungen von Martin und Nitschke (1986, 31 f.), wenn sie schreiben: “… man kann auch nicht ohne weiteres annehmen, daß es vor allem strukturfunktionale Beziehungen sind, die im Prozeß der Sozialisation das Verhältnis z.B. zwischen Erwachsenen und Kindern, zwischen Familie und Gesellschaft regeln. Man muß doch davon ausgehen, daß es mit der Kindheit verbundene elementare Herausforderungen gibt, auf die zwar jeweils in kulturspezifischer Weise geantwortet wird, ohne daß aber diese Antworten vollständig aus dem Zusammenhang der jeweiligen Erwachsenengesellschaft erklärt werden könnten. Wirken, so muß man fragen, Traditionen? Muß man vielleicht von einer Art von “Gegenseitigkeitsordnung” reden, in der das Verhältnis der Geschlechter zueinander, das von Eltern und Kindern, von Elternhaus und Schule — bewußt oder unbewußt — nach dem Prinzip der Komplementarität geregelt ist. Oder reagieren Kinder und Jugendliche — erst in ihrer Phantasie, dann in ihrem Handeln — früher als Erwachsene auf Veränderungen ihrer Umwelt. Haben Erwachsene in Zeiten eines gesellschaftlichen Wandels von ihnen zu lernen?”

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  9. Aus einer Perspektive, die Sozialpsychologie, politische Psychologie und Gesellschaftstheorie miteinander vermittelt, nähert sich Kilian (1971, 273f.) dieser Problemstellung: “Die Sozialtechniken und die Gesellungsformen des Menschen, welche das Gesicht der Herrschaftskulturen bestimmten, haben in der gegenwärtigen Phase der geschichtlichen Entwicklung ihre Funktion als Ordnungsfaktoren weitgehend eingebüßt. Der organisierende Prozeß der herrschaftsstrukturellen Sozialtechniken beginnt in einen desorganisierenden Prozeß umzuschlagen, in welchem eben jene Faktoren, die bisher der Erhaltung der Ordnung dienten, zu Faktoren der Unordnung und der Zerstörung werden. Umgekehrt wird deutlich, daß die Entfaltung der durch gewohnheitsmäßige unbewußte Repression bisher weitgehend’unterentwikkelten’ freien Kommunikationsfähigkeit im weitesten Sinne des Wortes als jenes noch kaum erkannte Kulturziel der heute lebenden Generation anzusehen ist, von dessen weitgehender konkreter Realisation die Überlebenschancen der Menschheit in der nächsten Zukunft möglicherweise abhängen werden”.

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  10. Institut für Erziehungswissenschaft Universität Bonn

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© 1993 Leske + Budrich, Opladen

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Sünker, H. (1993). Kindheit zwischen Individualisierung und Institutionalisierung. In: Wandlungen der Kindheit. Reihe Kindheitsforschung, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97259-0_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97259-0_2

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-322-97260-6

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