Zusammenfassung
Politische Willensbildungsprozesse vollzogen sich in der DDR, legt man das Politikverständnis der SED zugrunde, in einem störungsfreien und zentral gelenkten Prozeß. Diese Selbstinterpretationen des Systems sind zu Zeiten der Existenz zweier deutscher Staaten von einem großen Teil der wissenschaftlichen DDR-Forschung im Westen de facto übernommen worden. Sie traf und trifft sich mit jenem Bild, das sich der Bürger in der alten Bundesrepublik vom Innenleben des SED-Staates machte und macht. Nur die Wertungen — demokratischer Zentralismus oder vormundschaftlicher Staat — unterschieden sich. Diese gleichsinnige Charakterisierung der Funktionsmechanismen des SED-Staates als ‚Durchstellen von Maßnahmen von oben nach unten‘ sollte unseres Erachtens nachdenklich machen: Zeichnet die Vorstellung einer vollständigen Ausschaltung des Bürgers von EntScheidungsprozessen ein inwendiges Bild der Wirklichkeit des politischen Alltags in der DDR? Was der vormundschaftliche Staat als Ansinnen an den Bürger formulierte, gelang dies in jedem Falle auch in der Umsetzung? Welche spezifische Form der Klugheit mußten und konnten DDR-Bürger erlernen, um trotz zentraler Vorgaben Handlungsspielräume zu erkennen und zu nutzen?
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© 1993 Leske + Budrich, Opladen
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Grammes, T., Zühlke, A. (1993). Partizipation: Willensbildung im SED-Staat als Gegenstand des politischen Unterrichts. In: Noll, A.H., Reuter, L.R. (eds) Politische Bildung im vereinten Deutschland. Schriften zur Politischen Didaktik, vol 19. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97242-2_11
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Print ISBN: 978-3-8100-0969-2
Online ISBN: 978-3-322-97242-2
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