Zusammenfassung
Die sich überstürzenden politischen Ereignisse der letzten Jahre deuten an, daß wir uns in einer Phase politischen und gesellschaftlichen Umbruchs befinden. Dabei scheinen die Auflösung des sozialistischen Lagers des Ostblocks, das unbezweifelbare Ende des Ost-WestKonflikts und die deutsche Vereinigung nur die äußeren — freilich wichtigen — Anzeichen eines tiefgreifenden, gleichsam bis in die Schichten des politischen Urgesteins reichenden Veränderungsprozesses zu sein. Thomas S. Kuhn hat in seinem Buch ‚Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen‘ ein Entwicklungsmodell von Wissenschaft gezeichnet (Kuhn 1973). Der übliche Verlauf wissenschaftlichen Fortschritts ist der des Ansammelns und Aggregierens von Wissen. Der Verlauf dieser normalwissenschaftlichen Entwicklung ist kontinuierlich und linear. Aber dann gibt es Knoten und Gelenkstellen, die ‚wissenschaftlichen Revolutionen‘, in denen das Gebäude der Wissenschaft umgestürzt wird und das traditionelle Paradigma durch ein neues ersetzt wird. Kopernikus oder Einstein — um zwei Beispiele zu nennen — bedeuten solche Revolutionierungen des wissenschaftlichen Weltbildes. Wenn wir dieses Entwicklungsmodell auf die gesellschaftlich-politische Entwicklung übertragen: Befinden wir uns an einer solchen Knoten- und Gelenkstelle der Geschichte? Sind die Veränderungen in Europa beschreibbar als ein politischer Paradigmawechsel im Sinne Kuhns, als eine ‚politische Revolution‘?
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© 1991 Leske + Budrich, Opladen
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Nicklas, H. (1991). Frieden in der Weltgesellschaft?. In: Claußen, B., Gagel, W., Neumann, F. (eds) Herausforderungen Antworten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97240-8_2
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