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Psychoanalyse der sadomasochistischen ‚Gehorsamskultur‘

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Paradigma Politische Kultur
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Zusammenfassung

Den erkenntnistheoretischen und informativen Nutzen der Psychoanalyse und der psychiatrischen Befunderhebung für die (politisch-kulturelle) Beobachtung und Diagnose individueller und kollektiver Wertmuster innerhalb von politischen Systemen hat überaus eindrucksvoll und engagiert A.MITSCHERLICH1 in seinen Arbeiten zur ‚psychoanalytischen Sozialpsychologie‘ nachgewiesen.2 Die Psychoanalyse nennt er „das kostbarste Instrument der Menschenkenntnis, das wir besitzen“.3 Der theoretische Bezugsrahmen ist dabei für ihnl insbesondere die klassisch gebliebene Arbeit FREUDs2 ‚Massenpsychologie und Ich-Analyse‘.3

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Literatur

  1. Im folgenden wird neben der in unserem Zusammenhang besonders fruchtbaren Abhandlung: A.MITSCHERLICH und M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, München (hier benutzte 9.Auflage, 1973) auf folgende Veröffentlichungen Bezug genommen: A.MITSCHERLICH, Der unsichtbare Vater. Ein Problem für Psychoanalyse und Soziologie, in: KZfSS, 7. Jg., Heft 2/1955, S.188–201; A.MITSCHERLICH, Der Leitwert Pflicht-Gehorsam, in: W.HARTENSTEIN /G.SCHUBERT, Mitlaufen oder Mitbestimmen. Untersuchung zum demokratischen Bewußtsein und zur politischen Tradition, Frankfurt 1961, S.88–103; A.MITSCHERLICH, Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft. Ideen zur Sozialpsychologie (10. Aufl., Neuausgabe, 1973), München 1963; A.MITSCHERLICH, Das soziale und das persönliche Ich, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 18. Jg., 1966, S.21–36; A.MITSCHERLICH, Die Idee des Friedens und die menschliche Aggressivität, Frankfurt/Main 1969; A.MITSCHERLICH und M.MITSCHERLICH, Eine deutsche Art zu lieben, 2.Auf1., München 1970.

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  2. A.MITSCHERLICH u. M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, a.a.0., S.85. Das Buch entstand innerhalb eines sozialpsychologisch-sozialmedizinischen Forschungsprojektes (mit Unterstützung des Foundation Fund for Research in Psychiatry).

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  3. Vgl. A.MITSCHERLICH, Ein Leben für die Psychoanalyse. Anmerkungen zu meiner Zeit, Frankfurt 1980. Vgl. ferner das vollständige Schriftenverzeichnis (bis 1968) der Arbeiten A.MITSCHERLICHs zur Sozialpsychologie, Zeitgeschichte und Gesellschaftswissenschaft, in: P.BRUCKNER/ Th.LEITHÄUSER/W.KRIESEL, Psychoanalyse, Frankfurt 1968, S.103–108. Die drei Autoren legen hier zum 60. Geburtstag von A.MITSCHERLICH eine kritische Würdigung von MITSCHERLICHS Sozialpsychologie vor; vgl. dazu besonders S.44–67: „Die Abkunft der Sitten aus der Gewalt“. – Zur Interpretation MITSCHERLICHs vgl. auch P.BRUCKNER, Fortschritte der analytischen Sozialpsychologie in Deutschland. Übersichtsreferat Ober A.MITSCHERLICHs Arbeiten zur Sozialpsychologie 1946–1962, in: KZfSS, 15. Jg., 1963, S. 676–692.

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  4. Die durch FREUD vermittelte Einsicht, daß Moral und Werteinstellungen ohne Kenntnis ihrer unbewußten Inhalte und Motive keine zureichende Beurteilung erfahren können, „bleibt der Mehrheit unbekannt oder wird ängstlich verleugnet ...“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:261.

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  5. In „Massenpsychologie und Ich-Analyse“ hat Sigmund FREUD in Kritik an älteren Beobachtungen, besonders derer von LE BON, die Dynamik des psychischen Geschehens bei der Machtübernahme durch einen Massenführer geschildert.

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  6. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S. 345.

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  7. Seine klinischen Beobachtungen charakterisiert MITSCHERLICH als ‚fallorientiert‘. Sie beruhten nicht auf Experimenten. „So kann man ihnen auch keine statistische Beweiskraft zubilligen; manches ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einfach durch empirische Methoden, sondern nur durch das gleiche Verfahren, eben die psychoanalytische Methode, nachprüfbar.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S.300. - Seine klinischen Beobachtungen und Bewertungen bemesse der Psychoanaltyiker „zunächst an dem erwartungsgemäßen Durchlaufen einer psychosomatischen Entwicklung, charakterisierbar durch a) zunehmende Fähigkeit der Triebbeherrschung, b) wachsende Realitätskontrolle, c) steigende Integration der Selbsterhaltungstendenzen, der sexuellen und aggressiven Triebbedürfnisse mit den Anforderungen der sozialen Umwelt und ihrer Institutionen; schließlich d) durch zunehmende kritische Selbstdistanzierung mit Erweiterung der Fähigkeit zur Einfühlung.“ (1967:287).

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  8. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, s.298. - Natürlich ist MITSCHERLICH sich darüber im klaren, „daB kollektive Reaktionsweisen sich nur mittelbar mit individuellen vergleichen lassen.“ ( 1967: 39 ).

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  9. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:299.

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  10. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:345.

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  11. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, S. 16.

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  12. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:9.

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  13. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda.

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  14. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:10.

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  15. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:11.

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  16. Bei MITSCHERLICH findetsich nirgends der Terminus Politische Kultur, der seinerzeit noch nicht die heutige Popularität genoß. Aber MITSCHERLICHs Bezeichnungen „nationale Kultur“ (1967:52), „deutsche Kultur“ (1967:53), „Sozialkultur unserer Bundesrepublik“ (1967:57) zielen inhaltlich unzweifelhaft auf das kollektive politische BewuBtsein der Bundesrepublik und der Deutschen.

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  17. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:10.

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  18. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:84.

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  19. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:278.

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  20. Die ‚thought reform‘genannte Prozedur der fernöstlichen ideologischen Gehirnwäsche habe die psychoanalytische Annahme der Veränderbarkeit der sozialen und politischen Persönlichkeit der Menschen ‚im Großexperiment‘bestätigt (falls man in Deutschland nach den Erfahrungen der jüngsten Geschichte noch solcher Anreize bedürfe). „Die soziale Persönlichkeit eines Menschen läßt sich andern. Und das geht selbstverständlich nicht ohne Rückwirkungen auf sein persönliches Ich ab. Der Mensch, um mit einer aus dem Orient stammenden Metapher zu sprechen, kann sein Gesicht verlieren — und ein neues annehmen.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S.281.

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  21. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:260 ff.

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  22. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:285.

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  23. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967: 23, 259.

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  24. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:261.

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  25. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S.80. Das äußere sich in der „geheimen Anklage, daß die anderen an unserer Erniedrigung, an unserer Niederlage, daran, daß es ans so schlecht gegangen ist, daß man uns so mißversteht, schuld sind“ (ebda.).

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  26. MITSCHERLICH erblickt darin „den in der Ambivalenz gefundenen Gegenpart libidinöser Art zu den aggressiv-destruktiven Triebbedürfnissen.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:62.

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  27. Zumindest im politischen Feld diene unser Sendungsbewußtsein „der Kompensation von Kleinheitsängsten, der Bekämpfung unseres Gefühls der Wertlosigkeit.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:79.

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  28. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:63.

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  29. Hierin sieht MITSCHERLICH ein Amalgam aus völlig unbehelligt erhaltenen ideologischen Elementen des Nazismus mit denen des kapitalistischen Westens. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:42 f.

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  30. Aus der Bemühung, „die uns gegenüber nicht mehr so häufig verbalisierte, aber nach wie vor empfundene Verachtung“ zu überspielen (1967:59), blieb in der langewährenden Anlehnung an die USA „deren Hauptgegner und Hauptfeind auch der unsrige.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:64.

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  31. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:80.

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  32. MITSCHERLICH konstatiert diese Defizite nicht nur, er macht auch engagiert auf die Folgen in doppelter Hinsicht aufmerksam, wie sie sich zum Beispiel aus den charakteristischen Autoritätsbeziehungen ergeben. Vgl. z.B. 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S. 331.

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  33. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:74.

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  34. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:96.

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  35. MITSCHERLICH übersieht keineswegs, daß sich hier „ein spezifisch deutsches mit einem zeittypischen Verhalten“ überdecke. „Für alle Länder, die vom Prozeß der Industrialisierung ergriffen wurden, wird die fatale Frage immer drängender, wie man politisches Engagement der Massen gerade an den Prozessen erreichen könnte, die über ihr Fortleben und die Art ihres Zusammenlebens entscheiden, auf die sie aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen schwindende Möglichkeiten des Einflusses haben. Denn die Vorgänge der Konzentration der Macht an wenigen Orten, die höchst vermittelte Einflußmöglichkeit vielseitig abhängiger Spezialisten schließen aus anderen Gründen als in der Vergangenheit, aber ebenso wirkungsvoll die Massen von den politisch wirklich bedeutenden Entscheidungen aus.“ Vgl. A.u.M. MITSCHERLICH, 1967: 18.

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  36. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda.

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  37. An der Einstellungskonstellation „politisches Desinteresse/wirtschaftliches Interesse“ läßt sich MITSCHERLICHs Fragestellung prägnant demonstrieren: „Diese Entwicklung bietet sich uns wie eine Selbstverständlichkeit dar. Sie so einzuschätzen ist gewiß ein Trugschluß, ein Einblick in die Motive dieses einseitigen Verhaltens scheint vielmehr das, was zu fordern ist. Das gleichsam Natürliche dieses werktätigen Eifers verdeckt zunächst schon einmal die Zusammenhänge, aus denen heraus es ihm gelingt, sich in unserem Bewußtsein mit solcher Selbstverständlichkeit zu präsentieren.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S.19.

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  38. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda.

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  39. Daß auch dieser Phänotypus ‚folgenreich‘sei, ergibt sich aus MITSCHERLICHS Beobachtung, daß aus den durch die gesellschaftlichen Prozesse in Apathie gezwungenen Massen (einer neuen Größenordnung) fortwährend irrationale destruktive Verhaltensweisen hervorbrechen, z.B. „Verhärtung in nationalistischer Selbstbezogenheit“ (vgl. 1967:18).

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  40. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda.

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  41. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S. 84.

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  42. Wir sprechen korrekterweise von Verleugnung und nicht Verdrängung. Verleugnung ist ein Abwehrmechanismus, der sich auf störende Wahrnehmung der äußeren Realität bezieht. Störend heißt, daB die Wahrnehmung Unlust erweckt. Verdrängung gilt der Unlust bereitenden Wahrnehmung eigener Triebregungen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird ungenau Verdrängung für alle Entlastungsversuche von störenden Erfahrungen benutzt.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967: 39.

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  43. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:84.

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  44. MITSCHERLICH, Mediziner und Psychoanalytiker, Forscher auf dem Gebiet psychoneurotischer und psychosomatischer Krankheiten, der sich in seinen frühen psychosomatischen Arbeiten u.a. der „Ejaculatio praecox“ (1947), wie dem „Phantomglied — seine Deutung und Bedeutung“ (1947) gewidmet hatte, erwartete — sozialpsychologisch gesehen — nach dem Zusammenbruch von 1945 das Auftreten von Neurosen. Die auffällige Tatsache eines Ausbleibens von Anzeichen innerer Krisen bedürfe einer Erklärung: „Diese Vergangenheit lastete offenbar nicht so, daß sie nur unter Zuhilfenahme seelisch motivierter Symptome zu bestehen war ...“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH,1967:45 f.

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  45. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:35.

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  46. Schuldgefühle und Realangst, schreibt MITSCHERLICH, waren 1945 zu groß, um diesen realitätsverleugnenden Abwehrvorgang zu kontrollieren und durch schließliche Einsicht und Einfühlung zu korrigieren; aber die psychische Belastung dieses „kollektiven Berührungstabus“ dauere an, weil Einsicht auch später nicht erstrebt wurde: „Wo die jüngste Geschichte uns in ihrer ungeschminkten Brutalität wieder in Erinnerung gebracht wird — etwa weil ein Prozeß gegen einen Naziverbrecher stattfindet -, da wird die Vermeidung fortgesetzt und werden die Berichte in den Zeitungen überschlagen. Wenn trotzdem diese Vergangenheit wieder aufleuchtet, wird sie keinesfalls als Teil der eigenen Geschichte, der eigenen Identität erkannt. Es ist anzunehmen, daß die derart ‚Nicht-Betroffenen‘ auch dann so denken, wenn sie allein mit sich selbst sind. Infolgedessen entsteht nicht jener fühlbare Leidensdruck, der den neurotischen Patienten in die analytische Behandlung und damit zur Durcharbeitung des Verdrängten bringt. Die Vergangenheit soll, was uns betrifft, ohne daß Anlaß zur Reue wäre, auf sich beruhen.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigheit zu trauern, S.31.

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  47. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:36.

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  48. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:37.

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  49. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S. 38.

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  50. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:44 ff.

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  51. In seiner 1.Krankengeschichte beschreibt MITSCHERLICH z.B. einen „Typus aggressiver Unterwürfigkeit, der in unserer nationalen Kultur kein Fremdling ist. Wie er gehorcht und im Quälen Schwächerer seine Lust findet, damit demonstriert er ein Obrigkeits-Untertanen-Verhält-nis, das nicht nur in dieser niederen Polizei-Ebene, sondern bis in sehr viel feinere Verzahnungen sadistisch-masochistischer Triebbedürfnisse und -befriedigungen hinein wirksam bleibt.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967: 52.

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  52. Immerhin konnte MITSCHERLICH auf Aufzeichnungen über „rund 4000 Patienten, die wegen neurotischer oder körperlicher Erkrankungen in den letzten Jahren die Psychosomatische Klinik der Universität Heidelberg aufsuchten“, zurückgreifen, die er auf Anhaltspunkte für den Zusammenhang ihrer gegenwärtigen neurotischen Symptome mit Erlebnissen in der Nazizeit untersuchte. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967: 44.

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  53. Vgl. dazu S.FREUDS Unterscheidung von „Trauer und Melancholie“ (Ges. Werke, Bd. X, S.431) und MITSCHERLICHs darauf fuBende psychologische Interpretationen von Trauer, Melancholie, „Trauerarbeit“ und der „Unfähigkeit zu trauern“. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:77 ff.

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  54. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, 5. 79.

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  55. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:61.

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  56. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda. – Vgl. dazu auch A.MITSCHERLICH, 1961, Der Leitwert Pflicht-Gehorsam, in: W.HARTENSTEIN/G.SCHUBERT, Mitlaufen oder Mitbestimmen. Untersuchung zum demokratischen BewuBtsein und zur politischen Tradition, Frankfurt 1961, S. 88–103.

    Google Scholar 

  57. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:75.

    Google Scholar 

  58. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:73.

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  59. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:33.

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  60. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda.

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  61. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S.74. Diese Form der „hörigen Liebe“ illustriert MITSCHERLICH bedrückend an der naiven Redewengung ‚Liebe macht blind‘: „Alles, was das vergottete Objekt, der Führer, befiehlt, wird ipso facto zur Wahrheit, zum Gesetz: ‚Das Gewissen findet keine Anwendung auf alles, was zu Gunsten des Objektes geschieht; in der Liebesverblendung wird man reuelos zum Verbrecher. Die ganze Situation läßt sich restlos in eine Formel zusammenfassen: das Objekt hat sich an die Stelle eines Ich-Ideals gesetzt.‘ ( S.FREUD, Massenpsychologie und Ich-Analyse). Wenn sich dieser Vorgang millionenfach gleichzeitig wiederholt, sind nach statistischer Wahrscheinlichkeit genügend Extremvarianten von Anbetern darunter, die bedenkenlos agieren, was der Führer befiehlt.“ ( 1967: 76 ).

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  62. Die aus der mörderischen Aggression stammenden Schuldgefühle werden beschwichtigt, indem man das ursprüngliche Objekt, den Vater, dem diese Aggression eigentlich gilt, schließlich als etwas erlebt, dem man sich hingegeben, sich geopfert hat: Man tat alles nur für den Führer und das Vaterland. Hier wird eine der psychologischen Wurzeln jenes Patriotismus sichtbar, der so verblendeter Aggression fähig ist; er muß sich Gegner erzeugen, um die unerträgliche ambivalente Spannung zur eigenen Vater-Autorität in eine Beziehung zu einem Objekt außerhalb der eigenen Gruppe zu verlagern. Es ist zu beobachten, daß der Fanatismus dieser Vaterlandsliebe immer in Korrelation zum Grad der Härte steht, mit dem die Autorität des Vaters unbedingte Unterwerfung fordert, und zwar nach dem Rollenschema, das er für solches Verhalten in seiner Gesellschaft vorfindet.“ ( 1967: 63 ).

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  63. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:62.

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  64. Bekanntlich hatten die Eltern Angst vor ihren Kindern, die von den Jugendorganisationen aufgefordert wurden, sie auszuhorchen und gegebenenfalls beim Ober-Vater anzuzeigen. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, 5. 62.

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  65. Eine gültige psychoanalytische Erkenntnis ist für MITSCHERLICH, daB in ‚hochgestimmten Massengesellschaften‚ Rivalitäts-Aggression aus ihrem Binnenraum verschwindet und in der Verfolgung von Sünden-bücken wieder auftaucht. „Ein jeder wird automatisch als Feind empfunden, der diese Idealbildung und diese feindselige Haltung festgelegten Aggressionsobjekten gegenüber nicht mitmacht.“ (1967:73). So habe HITLER nichts verlangt, „worin nicht Millionen ihm zu folgen bereit sind; er führt, nicht unfaustisch, Sadismus und Sentimentalität, FremdenhaB und Vergottung des Selbstideals als Herrenwesen in barbarische Maßlosigkeit hinein.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:29 f.

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  66. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967: 225 ff.: „Identifikationsschicksale in der Pubertät“, vgl. 5.257 ff. „Pubertät und politisches Verhalten“. MITSCHERLICH berücksichtigt hier u.a. die empirischen Ergebnisse aus HABERMAS u.a.: Student und Politik, Frankfurt 1961.

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  67. Was aber in der Pubertät an geistigen und intellektuellen Interessen im Ansatz nicht erworben wird, pflegt sich später — wie bereits angedeutet — nicht mehr zu entwickeln. Identifikationsmbglichkeit mit einer idealen Person oder Sache auf der einen, der Konflikt mit einer Autorität auf der anderen Seite scheinen für die Entwicklung und Erhaltung der geistigen Interessen des Jugendlichen eine unersetzbare Funktion auszuüben. Nicht selten wird der Autoritätskonflikt verewigt. Das geschieht vor allem in Zeiten, deren Wertsysteme nur Macht, aber keine Oberzeugungskraft besitzen und in denen keine neuen Orientierungsmöglichkeiten sich abzeichnen.“ Vgl. A. u.M.MITSCHERLICH, 1967: 260.

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  68. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:249 ff.

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  69. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S. 262.

    Google Scholar 

  70. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda.

    Google Scholar 

  71. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:326.

    Google Scholar 

  72. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, ebda.

    Google Scholar 

  73. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S.325 ff.

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  74. Far den humanen Umgang mit Menschen, für persönliche Mitverantwortung, far individuelle Würde seien adäquate Formen des Wohnens, der Architektur, der Stadtplanung, der Regionalentwicklung notwendig.

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  75. Hier ist nicht nur an den Verfall des Prestiges jahrelang erlernter Fähigkeiten zu denken, sondern auch an die Verzweiflung über die vielfältigen Formen der Umweltzerstörung (vgl. z.B.‚GLOBAL 2000‘).

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  76. MITSCHERLICH weist im übrigen darauf hin, daß solche aggressiv-destruktiven Ausbrüche sich bei Personen ereignen, „die sich sonst eher apathisch verhalten. Außer der versagten Selbstbestätigung durch anschaubare individuelle Leistung in der Industriegesellschaft wird hier eine zweite Motivation der Teilnahmslosigkeit an den überpersönlichen Vorgängen in der Umwelt sichtbar.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967: 326.

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  77. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S. 352.

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  78. Es liegt auf der Hand, daß solche Schwächen in der Persönlichkeitsstruktur zu kommerzieller (Alkoholismus, Drogen, Promiskuität, Prostitution) wie zu politischer Ausbeutung (Extremismus, Radikalismus, Heilslehren, Messianismus) einladen, d.h. statt Bewußtseinsentwicklung wird durch den Einsatz kommerzieller und politischer Machtmittel (Werbung, Manipulation) die Infantilform solcher Abhängigkeit bewußt erhalten.

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  79. Auch die „Persönlichkeiten“ der Politiker eignen sich für MITSCHERLICHs psychoanalytische Fragestellung: „Haben wir es mit narziBtisch strukturierten Persönlichkeiten zu tun, die ihre intellektuellen Leistungen der Befriedigung ihres oft unersättlichen Bedürfnisses nach Anerkennung unterordnen müssen“,oder mit Personen, „deren Libido nicht so heftig an das eigene Selbst“, an Machtbefriedigung fixiert ist, und die deshalb unbehelligter Interesse und Einfühlung für ihre Umwelt aufbringen können? Die Kernfrage geht dann dahin, „ob die Struktur der Gesellschaft der narzißtischen oder der zur Erkenntnis, zur Anerkennung von Fremdem auBerhalb des eigenen Selbst befähigten Persönlichkeit Unterstützung zuteil werden läßt. Es ist kaum zu bezweifeln, daß die narziBtischen Befriedigungen stärker als die ‚altruistischen‚ im System unserer Zivilisation angeregt werden.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:317.

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  80. Auch für die politischen Autoritäten ergeben sich Konsequenzen: Verzichtleistungen können nicht mehr fraglos gefordert werden; Triebbefriedigung wird als Selbstverständlichkeit erwartet; Autorität kann sich nicht mehr durch Mängelbefriedigung legitimieren.

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  81. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die Unfähigkeit zu trauern, S.353. Die Brücke von artspezifisch angeborenem reguliertem Triebverhalten und einem psychischen Bedürfnis nach sozialer Normierung finde sich im individuellen Streben nach Lust. Lustgewinn, -erhaltung und -wiederholung, bzw. Unlustvermeidung aktiviere soziale Ritualisierungsbedürfnisse. „Ritualisierungen treten funktionell an die Stelle von artspezifisch angeborenem reguliertem Triebverhalten. Sie schaffen das konservative Element, das Gleichgewicht, ohne das keine Gesellschaft funktionieren kann - so absurd Inhalt und Methode dieses Rituals sein mögen.“ ( 1967: 285 ).

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  82. Wiederholt mach MITSCHERLICH darauf aufmerksam, daß die genannten psychischen Prozesse (Derealisiation, Abwehr, Verdrängung, Aggression) durchaus allgemeinmenschliche Bedürfnisse seien. Trotzdem vollziehe sich die Art und Heftigkeit dieser psychischen Prozesse in einer jeweils kulturspezifischen Weise. „Der Satz ‚Andere Völker, andere Sitten‚ kann auch dahin verstanden werden: ‚Andere Völker, andere Abwehrtaktiken‚.“ (1967:33). „Es sind die kleinen Gradunterschiede in der Heftigkeit, mit der Vorurteile verteidigt, unvertrautes Denken abgewehrt wird, und nicht grelle Differenzen, die über die Sterilität oder Produktivität einer Gesellschaft entscheiden.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967: 70.

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  83. Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967:331.

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  84. MITSCHERLICHs Hoffnung auf Verständnis seiner Hypothesen und Ergebnisse und sich daraus entwickelnden Lernprozessen und Einsichten ist allerdings schwach, „weil der antipsychologische Affekt in Deutschland sich auf eine tiefe psychologische Unbildung stützen und einer weiten Zustimmung spontaner Art sicher sein kann. Wahr-scheinlich werden unsere Kritiker uns Einseitigkeit vorwerfen, obgleich es uns darauf ankam, durch entschiedene Einseitigkeit eine historische Linie von Motivationen herauszuarbeiten, die ohne solche Hartnäckigkeit gar nicht aufzufinden und zu verfolgen ist. Unser Verfahren kann man sicher kritisieren, aber erst, nachdem man das zur Kenntnis genommen hat, was ohne die Anwendung psychoanalytischer Hypothesen nie zu fassen wäre.“ Vgl. A.u.M.MITSCHERLICH, 1967, Die dnfähigkeit zu trauern, S.84. - Undeutlich erscheinen m. E. die Aussagen MITSCHERLICHs zum Bestand und zur Wirkung von Traditionen, „d.h. unzerstörten und wirksam geblie-benen Identifikationen“ (1967:21). Einerseits betont MITSCHERLICH: „Nach dem Ausmaß der Katastrophe, die hinter uns liegt, konnte es nicht zu einer Traditionsorientierung kommen; die Tradition war gerade das, was durch die nationalsozialistische Herrschaft am nachhaltigsten zerstört wurde, und es war zuvor schon eine höchst problematische Tradition gewesen. übrig geblieben sind äuBerliche Gewohnheitselemente, Verhaltensmuster und Konformismen, welche eine darunterliegende ziemlich unartikulierte Lebensform wie eine Kulisse verdecken. Und diese überall aufgestellten Versatzstücke geben unserer innenpolitischen Wirklichkeit und unserem Alltag einen theatralischen und unwahrhaftigen Beigeschmack.“ (1967:20 f.). Andererseits präzisiert MITSCHERLICH eindrucksvoll die Kontinuität der „Traditionslinie von Befehlen und Gehorchen als Leitwerten unserer Gesellschaft“ ( 1967: 61 ).

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© 1985 Leske Verlag + Budrich GmbH, Leverkusen

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Mitscherlich, A. (1985). Psychoanalyse der sadomasochistischen ‚Gehorsamskultur‘. In: Paradigma Politische Kultur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97171-5_69

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97171-5_69

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-322-97172-2

  • Online ISBN: 978-3-322-97171-5

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