Zusammenfassung
In neuester Zeit unternehmen nun auch Autoren mit ausdrücklich materialistischem Ansatz1 Versuche, Phänomene, die von der Politische Kultur-Forschung untersucht werden, zu erklären. R.OPITZ2 beurteilt dabei das herkömmliche „methodische Instrumentarium“3 solange skeptisch, „wie der ihm zugrunde-liegende Begriff der politischen Kultur abgelöst von der materiellen Kultur auf Mentalitätsstrukturen begrenzt und damit der Gefahr ausgesetzt bleibt, weniger der Gesellschaftserkenntnis als dem Interesse an der Entwicklung psychosozialer Integrationsstrategien dienlich zu sein.“4 Angesichts des unbefriedigenden Untersuchungs- und Diskussionsstandes versucht OPITZ daher, die „Besonderheiten ideologischer Prozesse und das Problem ihrer zweckmäßigsten begrifflichen Erfassung“ mit einer zeitlich-thematisch begrenzten, materialistischen Aufarbeitung und Erklärung der ideologischen Klimaentwicklung in der Geschichte der Bundesrepublik aufzugreifen. Zur Erkenntnis des Zusammenhangs von objektiven und subjektiven Gesellschaftsprozessen entwickelt OPITZ eine ‚weite‘, aber differenzierte Definition von Politischer Kultur („im Unterschied zum Begriff Kultur im engeren Sinne“).1
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Literatur
Besonders bekannt wurde die kritische Auseinandersetzung J.WIATRs mit der Civic Culture-Studie und dem ALMOND/VERBA-Konzept. Vgl. J.WIATR, 1980, The Civic Culture from a Marxist-Sociological Perspective, in: G.ALMOND/S.VERBA (eds.), The Civic Culture Revisited, Boston 1980, 5.103–123. Eine Reihe von Verweisen deuten darauf hin, daß es auch in den sozialistischen Ländern eine Politische Kultur-Forschung gibt; vgl. z.B. W.MARKIEWICZ, 1976, Kultura polityczna jako przedmiot badan naukowycch (Political Culture as a Subject of Scientific Inquiry). - J.WIATR, Soziologe an der Universität Warschau, leitete auch ein von der International Political Science Association veranstaltetes Round Table ‘Political Culture’ in Krakau.
Vgl. R.OPITZ, 1979, Politische Ideologiekonzeptionen im Vorfeld der Gründung der Bundesrepublik, in: U.ALBRECHT/F.DEPPE/J.HUFFSCHMID u.a., Beiträge zu einer Geschichte der Bundesrepublik, Köln 1979, 5. 13–39.
R.OPITZ bezieht sich hier auf den “beachtenswerten Versuch” von M. und S.GREIFFENHAGEN (1979), Das schwierige Vaterland.
Vgl. R.OPITZ, 1979:13.
Diese Kategorisierung von Kultur ‘im engeren Sinne’ und Politischer Kultur ‘im weiteren Sinne’ ist ungewöhnlich. - Den engeren Kulturbegriff bezieht OPITZ “auf die ästhetische Seite der menschlichen Naturbewältigung und Lebensgestaltung und die künstlerische - wie philosophisch-gedankliche - Weltverarbeitung. Ihn, wie Wolfgang Fritz Haug… an das Moment des ‘Genusses’ zu binden, dürfte vor allem deshalb fragwürdig bleiben, weil dann mindestens Teilen der künstlerischen Produktion - etwa Bildern von Otto Dix - entweder eine ihnen Unrecht tuende finale Bestimmung unterstellt oder die Subsummierbarkeit unter den Kulturbegriff abgesprochen werden müßte.” Vgl. R.OPITZ, 1979, Politische Ideologiekonzeptionen im Vorfeld der Gründung der Bundesrepublik, a.a.O., S.14, Fußnote 3.
Vgl. R.OPITZ, 1979:14.
Das Phänomen der ‘Phasenverschiebung zwischen ökonomischen, politischen und ideologischen Prozessen’ ergibt sich für OPITZ aus der Funktion von Politik und Ideologie, “den sich auf Grund der objektiven ökonomischen Fortschrittsprozesse je ausbildenden sozialen Interessen zur Durchsetzung zu verhelfen. Da die sozialen Interessen sich jedoch im Bewußtsein ideologisch reflektieren (primäre Ideologisierungen) und sich nur durch Zusammenfassung und Systematisierung dieses schon ideologisierten Bewußtseins zu einer politischen Interessenrichtung konstituieren und in eine politische Interessenkonzeption übersetzen lassen, ist der ideologische Formationsprozeß dem Prozeß der politischen Richtungsbildung und konzeptionellen Politikbildung einerseits notwendig vorgängig. Da aber andererseits eine politische Interessenkonzeption zu ihrer Durchsetzung breiterer, Ober die eigentlichen Interessentenkreise hinausgehender gesellschaftlicher Resonanz und Unterstützung bzw. der Abwesenheit von übermächtigem politischem Widerstand gegen sie bedarf, entwickelt eine jede, sobald sie sich formiert hat, Überzeugungsstrategien zur Gewinnung von Anhängerschaft in der Gesellschaft bzw. zur Schwächung der Überzeugungsmacht der politischen Gegenkräfte (politische Ideologien), ist betreffs dieser direkten Eingaben in den ideologischen Gesellschaftskampf der Prozeß der Ideologiebildung dem Prozeß der Politikbildung also nachgängig.” Vgl. R.OPITZ, 1979, Politische Ideologiekonzeptionen im Vorfeld der Gründung der Bundesrepublik, a.a.O., S.15.
Interferenzen von Politik und Ideologie ergeben sich - nach OPITZ - aus zwei unterschiedlichen Quellen: 1) aus der notwendigen, “funktionskongruenten Inkongruenz zwischen politischer Interessenkonzeption und ideologischer Integrationskonzeption”, die einen latenten Konflikt strukturell institutionalisiere, und 2) aus der “unvermeidlichen Diskrepanz zwischen primären Ideologisierungen und artikulierten politischen Interessenkonzeptionen…” Vgl. R.OPITZ, 1979:16 f.
Vgl. R.OPITZ, 1979:16.
Vgl. R.OPITZ, 1979:17 f.
Vgl. R.OPITZ, 1979, Politische Ideologiekonzeptionen im Vorfeld der Gründung der Bundesrepublik, a.a.O., S.17. Auch das erscheint äußerst originell: das ‘politische Klima’ als (Kern-)Variable Politischer Kultur!
Die Aufarbeitung der ideologischen Entwicklungsprozesse versteht OPITZ als ‘interdisziplinäre’ Aufgabe und zeitlich “freilich nur über viele Jahre hin…” Vgl. R.OPITZ, 1979:18.
Solche ‘Vulgärideologien’ sieht OPITZ “unterhalb der Ebene der politischen Theorien im engeren wissenschaftlichen Sinne” angesiedelt, “ihnen allerdings meist eng verbunden und oft vorgängig” und “sie an gesellschaftlicher Wirkungskraft in der Regel weit übertreffend.” Vgl. R.OPITZ, 1979:17 f.
Dazu werden die wichtigsten Integrationsvorstellungen der Parteien (z.B. bei K.ADENAUER, F.MEINEKE, W.EUCKEN und R.LÖWENTHAL) analysiert. Vgl. oben, III. Teil, S.340 f.
Vgl. R.OPITZ, 1979:39.
Für OPITZ ist seine Analyse Teil der Verbesserung der Kenntnisse jener “demokratischen Kräfte der Bundesrepublik, die in ihrem politischen Kampf die ökonomische Macht und den ideologischen Widerschein der Gesellschaftsrealität als gleichsam naturbedingte Realität wider sich haben…”, folglich eine “von der gesamten demokratischen Wissenschaft im Interesse der Effizienzsteigerung der Strategien der progressiven Kräfte gemeinsam zu leistende Aufgabe.” Vgl. R.OPITZ, 1979:17 f.
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Opitz, R. (1985). Konzeptionen politischer Vulgärideologien und politisches Klima. In: Paradigma Politische Kultur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97171-5_37
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