Zusammenfassung
Die westlichen Demokratien sind ihren Strukturmerkmalen nach pluralistische Demokratien. Damit ist vor allem dreierlei ausgesagt: ihre Bürger besitzen unveräußerliche, auch Minderheiten schützende Grundrechte, zu denen das Recht der freien Gründung von Parteien und Interessengruppen aller Art gehört; zum zweiten verfügen die Parteien und Interessengruppen über die Befugnis, nach freiem Ermessen zu bestimmen, in welcher Art und Intensität sie miteinander konkurrieren und kooperieren wollen — dazu zählt insbesondere das fundamentale Recht zur Bildung und Praxis von parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition, denn die Frage nach der praktizierbaren Freiheit in einem politischen System ist identisch mit der Frage nach der Freiheit und realen Wirkungschance politischer Opposition; drittens befinden sich in den pluralistischen Demokratien die Prinzipien der Demokratie und der Gewaltenteilung nicht, wie in monistischen Demokratien, in einem Verhältnis unaufhebbarer Spannung, Gewaltenteilung wird hier vielmehr als organisatorischer Ausdruck des pluralistischen Demokratieverständnisses interpretiert.1
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Anmerkungen
Siehe dazu oben S. 99 f. und unten S. 152 f.
Vgl. hierzu die kontrovers geführte Diskussion zur Unterscheidung und Zuordnung von Staat und Gesellschaft bei Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.): Staat und Gesellschaft, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Bd. 471, Darmstadt 1976. Siehe jedoch auch oben S. 65 ff.
Näheres zu dieser Problematik in meinem Buch: Parlamentarische und präsidentielle Demokratie, Opladen 1979, S. 10 ff.
John Locke: Two Treatises of Government. Erste anonym veröffentlichte Ausgabe London 1690.
Charles-Louis de Secondat, genannt Montesquieu: De l’esprit des lois, Paris 1748.
Montesquieu verwendet das Verb „separer“ im sechsten Kapitel des 11. Buches des „Geist der Gesetze”, in dem er seine Gewaltenteilungslehre entwickelt, nur zweimal: einmal, um die Trennung der rechtsprechenden von den anderen Gewalten zu unterstreichen (Abs. 5), zum anderen, um die strikte Interessentrennung des Adels von den Gemeinen (le peuple) hervorzuheben (Abs. 31).
Vgl. Steffani: Parlamentarische und präsidentielle Demokratie, S. 15 ff.
Näheres ebd. S. 63 ff und 307 ff.
Mit der Einsetzung von Sir Robert Peel, der in den Wahlen von 1841 die Konservativen zum Sieg geführt hatte, ist sodann endgültig die heutige Verfassungslage erreicht, die als unabdingbare Konventionsregel verlangt, daß das Kabinett von dem Parteiführer gebildet wird, der in den Wahlen eine Mehrheit erlangt hat.“ Karl Loewenstein: Der britische Parlamentarismus — Entstehung und Gestalt, Hamburg 1964, S. 86.
Näheres hierzu bei Steffani a.a.O., S. 213 ff und 237 ff.
Zur eingehenden Begründung dieser These siehe Steffani a.a.O., S. 37–44. 13 Eine gute, klar gegliederte Einführung zur Vorgeschichte und Konzeption der Verfassung stammt von Erwin Ruck: Schweizerisches Staatsrecht, 3. Auflage 1957. Zum gegenwärtigen Entwicklungs-und Diskussionsstand wichtig das Heft 3 (Oktober 1977) der Zeitschrift für Parlamentsfragen, das dem schweizerischen politischen System gewidmet ist.
Gerhard Schmid „Föderalismus und Ständerat in der Schweiz“, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen a.a.O., S. 334–350.
Von 1874 bis zum 24. Dezember 1977 waren für ein erfolgreiches Volksbegehren, mit dem die Durchführung eines Volksentscheides über ein vom Parlament verabschiedetes Gestz erzwungen werden kann, 30 000 Eintragungen erforderlich, seitdem gilt die Erhöhung auf 50 000. Der Antrag auf Durchführung eines Volksentscheides auf Grund einer Volksinitiative (Volksbegehren) bzw. für eine „Anregung“ bedarf seit dem 24. Dezember 1977 100 000 Eintragungen, zuvor genügten 50 000. Für Einzelheiten siehe Klaus G. Troitzsch: Volksbegehren und Volksentscheid — Eine vergleichende Analyse direktdemokratischer Verfassungsinstitutionen unter besonderer Berücksichtigung der Bundesrepublik Deutschland und der-Schweiz, Meisen-heim am Glan, 1979, S. 35 f und 43 ff.
Hierzu und zur Berechtigung, auch in der Schweiz von einer „plebiszitären“ Gewaltenebene im weiteren Sinne zu sprechen Kurt Eichenberger „Zusammen-und Gegenspiel repräsentativer und plebiszitärer Komponenten im schweizerischen Regierungssystem”, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen Heft 3 1977, S. 318–333, bes. S. 320.
Zur Begründung dieser Begriffe siehe Winfried Steffani; Parlamentarische und präsidentielle Demokratie, Opladen 1979, S. 43 f, siehe dort auch S. 124 ff.
Dazu und zum folgendem Adolf Kimmel: Die Funktionen der Nationalversammlung im politischen System der V. Französischen Republik, Habilitationsschrift-Manuskript, Saarbrücken 1978, Zitat S. 42. Daß die Fraktionsbildung bereits im Parlament der Dritten Republik erheblich weiter ausgeprägt war, als dies bisher angenommen wurde, hat jüngst Rainer Hudemann in seiner sehr eingehenden Studie zum Thema: Fraktionsbildung im französischen Parlament — Zur Entwicklung des Parteiensystems in der frühen Dritten Republik (1871–1875), München 1979, nachgewiesen.
Jean Gicquel: Essai sur la pratique de la Ve Republique, Paris 1968, S. 295, zitiert nach Kimmel a.a.O., S. 173.
Eine deutsche Übersetzung des Verfassungstextes enthält das auch sonst empfehlenswerte Einführungsbuch von Udo Kempf: Das politische System Frankreichs — Eine Einführung, Opladen 1975, 2. Auflg. 1980.
Hierzu jetzt vor allem Adolf Kimmel a.a.O., passim. Dort auch reichhaltige Literaturangaben zum französischen Regierungssystem.
Siehe hierzu meinen Aufsatz „Dreißig Jahre Deutscher Bundestag“, in: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 32–33/ 1979, S. 3 und 7 ff.
Zur Unterscheidung von verfassungsändernder und verfassunggebender Gewalt im Grundgesetz siehe Dietrich Murswiek: Die verfassunggebende Gewalt nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1978, bes. S. 168–190.
Zitiert nach dem Beschluß des Zweiten Senats des BVerfG vom B. August 1978 zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 7 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren vom 23 Dezember 1959… — 2 BvL 8/77 —, Gründe B. II. 1. a. (Hervorhebung nicht im Original).
Die Rede Börners ist wiedergegeben in der Frankfurter Rundschau vom 30. Mai 1972, S. 4. Dort auch die weiteren Zitate.
Vgl. hierzu die Kritik des ehemaligen Richters am BVerfG Konrad Zweigert „Einige rechtsvergleichende und kritische Bemerkungen zur Verfassungsgerichtsbarkeit“, in: Christian Starck (Hrsg.): Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Bd. 1, Tübingen 1976, S. 74 f. Gegen die Mode gewordene überzogene Kritik am Bundesverfassungsgericht wendet sich Otto Kimminich „Verfassungsgerichtsbarkeit und das Prinzip der Gewaltenteilung”, in: Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.), Auf dem Weg zum Richterstaat — Die Folgen politischer Impotenz, München 1979, S. 62–80, bes. S. 76 ff.
Oswald von Nell-Breuning SJ „Aussperrung“, in: Stimmen der Zeit, Heft 1, Januar 1980, S. 3–16, Zitat S. 3. Zur Problematik „Gesetzesauslegung als Rechtsschöpfung” und zum Thema „Der Richter als Gesetzgeber“ siehe auch Kaltenbrunner a.a.O., S. 36 ff.
Angesichts der scharfen öffentlichen Kritik am Bundesverfassungsgericht schrieb Kimminich Mitte der siebziger Jahre kürzlich: „Der objektive Beobachter muß sich wundern, warum bisher noch nicht die übergroße Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts beklagt worden ist.. “, Kimminich a.a.O., S. 79 f.
Zitiert aus der Urteilsbegründung im Fall „Studentenschaft der Universität Hamburg, diese vertreten durch die Freie Hansestadt Hamburg… gegen Norbert Baumann...“ aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 1977, Protokoll S. 18.
Welche Töne bei einem derartigen Dialog gelegentlich angeschlagen werden und wie gereizt das Klima sein kann, hat die weit publizierte Kontroverse zwischen Präsident Benda und Bundeskanzler Schmidt im Oktober 1978 in der Akademie Tutzing gezeigt. Siehe hierzu die kommentierenden Diskussionsbeiträge von Otwin Massing und dem Verfasser in der Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 1, März 1979, S. 119–132.
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© 1980 Leske Verlag + Budrich GmbH, Opladen
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Steffani, W. (1980). Rechtsprechende Gewalt in der pluralistischen Demokratie. In: Pluralistische Demokratie. Uni-Taschenbücher, vol 926. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97148-7_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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