Zusammenfassung
Wir haben in den letzten beiden Kapiteln so etwas wie eine systemtheoretische Gattungstheorie für das Drama und den Roman entwikkelt, und zwar am Leitfaden des Konzepts der Selbstreferenz. Beides sind narrative Gattungen (im Unterschied zur Lyrik, bei der es um eine subjektive Aussage über ein Weltverhältnis geht), denn beide, Drama und Erzählung, präsentieren eine Geschichte. Nun haben wir gesehen, daß hier eine wichtige Ebenen-Differenz gemacht wird: Die Fabel — sagen wir die Geschichte von Ahasver, dem ewigen Juden, der verdammt ist, bis zur Wiederkehr Christi ruhelos zu wandern — kann entweder im Drama verarbeitet werden, wie in Achim von Arnims „Halle und Jerusalem“ oder in der Ballade von Nikolaus Lenau „Ahasver, der ewige Jude“ oder im Roman, wie in Charles Maturins „Melmoth the Wanderer“ oder Eugène Sues zehnbändigem Reißer „Le juif errant“. Die Geschichte selbst wird immer von ihrer Präsentation unterschieden. Dabei wird natürlich die Präsentation dann als variabel behandelt und die „Zeitgestalt“ der Fabel als feste Größe vorausgesetzt. Es ist diese „Zeitgestalt“ der Fabel, die wir uns jetzt etwas näher ansehen wollen. Damit verbinden wir allerdings die hinterhältige Absicht, uns dem Problem der Interpretation von einer völlig ungeschützten Seite her zu nähern und von da aus ins Zentrum literaturwissenschaftlicher Praxis vorzustoßen.
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Schwanitz, D. (1990). Probleme der Interpretation und ihre systemtheoretische Verschärfung. In: Systemtheorie und Literatur. WV studium. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97127-2_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97127-2_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-22157-1
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