Zusammenfassung
Luhmanns Theorie sozialer Systeme hat den Menschen und seine semantischen Nachfolger, das Subjekt und die Intersubjektivität, exkommuniziert. Soziales erscheint als operativ geschlossenes System, als rekursives Netzwerk kommunikativer Ereignisse und Strukturen, das alles andere aus sich ausschließt und in die Umwelt des Systems verbannt. Nur die Kommunikation kommuniziert. Ganz ohne Subjekte kann und soll das freilich nicht gehen. Sie werden als externe Bedingungen der Möglichkeit, als Betreiber oder Prozessoren von Kommunikation benötigt. Intern kommen sie als Thema, als Referenten für die Anlagerung von Erwartungen und als Zurechnungspunkte ins Spiel, die als Quelle von Mitteilungsereignissen identifiziert und verantwortlich gemacht werden können.
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Literatur
Vgl. dazu besonders Habermas 1971e, S.189ff., 1981, Bd.2, S.31ff. sowie 1984, S.65ff.
So Luhmann 1986a mit dem Titel “Intersubjektivität oder Kommunikation- Unterschiedliche Ausgangspunkte soziologischer Theoriebildung”.
Vgl. auch Luhmann 1994, S.53: “Gibt man der Frage nach dem Beobachter einen ‘meta-physischen’ Primat…, lösen sich die alten Probleme der Ontologie, des Wahrheitskonsenses, der ’Intersubjektivität’ auf.” - Gleichwohl finden sich auch Formulierungen vorsichtiger Annäherung wie die, daß “… Kommunikation denn auch Bedingung für so etwas wie ’Intersubjektivität’…” sei; vgl. Luhmann 1990a, S.19. Statt Komplettablehnung signalisiert diese Redeweise eher Bedarf für eine systemtheoriekompatible Neufassung des Intersubjektivitätsbegriffs.
Die strukturellen Einrichtungen zur Lösung dieses Problems bleiben in der Systemtheorie bisher eher unterbelichtet. Vgl. etwa Luhmann 1984, S.198f.; 1986b, S.85ff.; ausführlich dazu Schneider 1994, Kap.3 und 4 sowie 2002, Bd.2, Kap.9. 9–9. 11.
Insofern versuche ich, die “Äther-Hypothese der Soziologie” (so eine Charakterisierung des “Regelparadigmas” von Peter Fuchs 1993, S.19, Fußn.16) nicht nur zu ‘retten’, sondern darüber hinaus zu zeigen, daß sie - in einer mit Wittgenstein durchaus kompatiblen Version - als wesentliches Element der systemtheoretischen Kommunikationstheorie betrachtet werden muß.
Für dieses Argument rekurriert Habermas ( 1981, Bd.2, S.33) auf folgende Bemerkung Wittgensteins im § 225 der Philosophischen Untersuchungen: “Die Verwendung des Wortes ‘Regel’ ist mit der Verwendung des Wortes ’gleich’ verwoben”.
Vgl. Habermas 1984, S.70: “Das ‘Undsoweiter’, mit dem der Lehrer (der die Anwendung einer mathematischen Regel lehrt; W.L.S.) eine Reihe von Zahlen, die eine Regel exemplifizieren sollen, abbricht, steht für die abstrakte Möglichkeit, unendlich viele weitere Operationen auszuführen und unendlich viele weitere Fälle zu generieren, die der Regel entsprechen. Die Kompetenz, die ich durch das Erlernen einer Spielregel oder einer grammatischen Regel erwerbe, ist eine generative Fähigkeit.”
Vgl. dazu Quine 1960, § 12ff. und 1969, S.26ff. sowie die Beiträge zum Thema “radikale Interpretation”, in: Davidson 1986, S.183ff. und Davidson 1990, S.203ff.
Vgl. Lyotard 1987 sowie die - wesentlich über Wittgenstein vermittelte - Konfrontation von Lyotard und Habermas durch Frank 1988. Zu Derrida siehe vor allem seine Auseinandersetzung mit Austin und Searle (Derrida 1988 und 1977; als Darstellung und Kommentierung der Debatte Searle-Derrida vgl. Frank 1983, S.497ff. und 1990, S.491ff.; aus dekonstruktivistischer Perspektive siehe dazu besonders Culler 1988, S.123ff.). Zur Behandlung von Kommunikation im Umkreis der Kybernetik zweiter Ordnung vgl. etwa Pendretti/Glanville 1980; von Foerster 1985, S.85 und 90; Winograd/-Flores 1985, Part I. - Auf die Auseinandersetzung von Habermas mit Derrida, in der Habermas sich stellvertretend an die Derrida-Interpretation von Jonathan Culler hält, komme ich später kurz zurück.
Bekanntlich betrachtet Gadamer jede Auslegung als “Applikation” des gedeuteten Textes (vgl. Gadamer 1965, S.290ff.) und sieht darin die paradigmatische Bedeutung der juristischen und theologischen Auslegung für die Hermeneutik überhaupt.
Oder, um es nochmals mit Gadamer zu formulieren, man versteht jeweils anders,sofern man überhaupt versteht; siehe dazu Gadamer 1965, S.280; vgl. auch a.a.O., S.448: “Jede Aneignung der Überlieferung ist eine geschichtlich andere - was nicht heißt, daß eine jede nur eine getrübte Erfassung derselben wäre: eine jede ist vielmehr die Erfahrung einer ‘Ansicht’ der Sache selbst.”
Vgl. dazu auch Frank 1988, S.47f. Frank (a.a.O., S.48) kritisiert die Habermas’sche Wittgenstein-Interpretation mit dem Einwand, daß Habermas “… in Wittgensteins Regel-Begriff eine Bürgschaft für die starre Identität der kommunizierten Bedeutungen übernommen sieht”.
Als kompakte Zusammenfassung der “doctrine of ‘finitism”’ vgl. Heritage 1984, S.120ff.
Das Parsons’sche Modell der Steuerung des Handelns durch kulturell geprägte Bedürfnisdispositionen und internalisierte Handlungsregeln wird von Garfinkel dementsprechend charakterisiert als “making out the person-in-society to be a judgemental dope” (a.a.O., S.68). Vgl. dazu auch Heritage 1984, S.120ff. sowie Schneider 2002, Bd.2, S.47ff.
Vgl. auch Hassemer 1968, S.160 mit der auf die Subsumtion empirischer Sachverhalte unter gesetzliche Tatbestände bezogenen Feststellung: “Seine (des gesetzlichen Tatbestandes, W.L.S.) Grenzen sind nicht schon immer bestimmt, sondern werden erst im Auslegungsprozeß bestimmbar.”
Vgl. dazu Hassemer 1968, S.112f.: “Jede Sachverhaltsentscheidung bedeutet ja ein Neu-und damit Anders-Verstehen des angewendeten Tatbestandes” sowie a.a.O., S.165: “Positive Garantien für die Richtigkeit der Auslegung gibt es nicht außerhalb des Auslegungsprozesses selber”.
Zur Rolle der Negation in der Konstitution von Sinn vgl. Luhmann 1971, S.46ff.
Auch interaktionsleitende Typisierungsschemata sind nur durch entsprechende Operationen der Indifferentialisierung möglich; siehe dazu Schütz 1960, S.230f. sowie Schneider 2002, Bd.l, S.242ff. Durch Ausblendung individualisierter Sinnmomente, welche die Interaktionsbeteiligten gleichwohl mit ihnen verknüpfen können, etablieren sie Schwellen der Indifferenz gegenüber möglichen Unterschieden im Verstehen. Solange ein Mißverstehen sich unterhalb dieser Schwellen bewegt, kann es daher in Anschluß an Culler (a.a.O., S.195f.) charakterisiert werden als ein “… Mißverstehen, dessen Verfehlungen keine Rolle spielen”.
Siehe dazu für die juristische Auslegung Kriele 1981, S.410 (Hervorhebung von mir, W.L.S.): “Auch wenn wir feststellen: Der Text sei eindeutig und erlaube kein Deuteln, so haben wir entschieden, daß wir davon absehen, von Auslegungsmöglichkeiten, die den Text relativieren, Gebrauch zu machen. - Vgl. dagegen Habermas 1971e, S.188 (Hervorhebung von mir, W.L.S.): ”Für die fundamentale Frage, wie denn identische Bedeutungen überhaupt möglich sind, kann aber der Hinweis auf die Rolle der Negation nicht hilfreich sein.“
Vor allem vertreten durch Manfred Frank; vgl. besonders 1983, 1988 und 1990.
Vgl. dazu 1988, S.57: “So bleibt in der kommunikativen Alltagspraxis jenes verletzbare, objektivierend immer wieder verstellte Nicht-Identische, das durch das Netz der metaphysischen Grundbegriffe stets hindurchfiel, auf eine triviale Weise zugänglich.”
Obwohl Habermas sich dabei nur auf kommunikatives Handeln bezieht, gilt dies m.E. auch für strategisch handelnde Teilnehmer, die auf konsensunabhängige Realisierung privater Zwecke aus sind: Sie können diese Zwecke nur dann verläßlich (und nicht nur zufällig) erreichen, wenn sie korrekt antezipieren können, wie der andere die zu seiner Beeinflussung bestimmten Mitteilungen verstehen wird. Im Hinblick auf die reguläre Bedeutung ihrer Außerung müssen daher auch sie “am Bezugspunkt einer aktuell möglichen Verständigung” (Habermas 1988, S.233) festhalten.
Dies bereits in seiner frühen Auseinandersetzung mit Luhmanns Sinnbegriff; vgl. Habermas 1971e, 5.190; ausführlicher dazu 1981, Bd.2, S.34ff.
Vgl. dazu besonders Schegloff, Jefferson, Sacks 1977; Jefferson 1987 sowie Schegloff 1992a. Zur Nähe zwischen der Konversationsanalyse und der systemtheoretischen Thematisierung von Kommunikation als autopoietischem System vgl. Hausendorf 1992.
Ich knüpfe hier zunächst an die Behandlung des Intersubjektivitätsproblems in der Konversations- analyse und der Systemtheorie an, wie ich sie in Schneider 2002, Bd.2, S.53ff. und 297ff. dargestellt (Fortsetzung…)
Und dies unabhängig davon, ob die zugewiesene Bedeutung der ursprünglichen Mitteilungsintention (sofern eine vorhanden war) entspricht oder nicht; vgl. dazu Garfinkel/Sacks 1979, S.171f.
Ich greife hier auf das bereits in Schneider 2002, Bd.2, S.62 verwendete Beispiel aus Schegloff 1988, S.57 zurück und erweitere dessen Interpretation urn einige Gesichtspunkte, die für den gegenwärtigen Zusammenhang zentral sind.
Einleitungsbedingungen bzw. -regeln im Sinne Searles (vgl. 1976, S.88ff., hier: S.102).
Bateson (1982, S.163ff.) weist dem Prinzip der doppelten Beschreibung auf unterschiedlichen Ebenen der Evolution grundlegende Bedeutungen für die Konstitution emergenter Phänomene zu (so z.B. erzeugt das binokulare Sehen den optischen Raum). Als strukturelle Elementareinheit der Interaktion bestimmt Bateson eine dreizügige Sequenz von Reiz, Reaktion und Verstärkung (a.a.O., S.167), bei der in Übereinstimmung mit dem Prinzip der doppelten Beschreibung Reaktion und Verstärkung als Beschreibungen der Reizbedeutung aufgefaßt werden können. Das dadurch konstituierte Emergenzniveau ist Sozialität als Ebene, die nur durch die Kooperation unterschiedlicher Bewußtseine möglich, aber nicht auf Bewußtseinsphänomene reduzierbar ist.
Siehe dazu erneut Schegloff 1992a, dessen Titel der “repair after next turn” die Rolle der “… last structurally provided defense of intersubjectivity in conversation” zuschreibt.
Mit dieser kommunikationstheoretischen Umwidmung des Intersubjektivitätsbegriffs entfallen m.E. die Voraussetzungen für die von Luhmann (1986a) behauptete wechselseitige Ausschließung der Konzepte Intersubjektivität und Kommunikation als Ausgangspunkten soziologischer Theoriebildung.
Noticeably or ‘officially’ absent“ - dieser Ausdruck stammt aus der Konversationsanalyse (vgl. Heritage 1984, S.249) und bezeichnet dort den Ausfall einer erwarteten Möglichkeit (z.B. den Ausfall der Antwort auf eine Frage, wenn der Adressat einfach schweigt), der vor dem Hintergrund der Erwartung zu einem positiven Ereignis wird.
Siehe Schütz 1960, S.30 und 108. Nur als idealisierende Unterstellung des “natürlichen Bewußtseins”, die diese Ausblendung trägt, fungiert die “Generalthese reziproker Perspektiven” in der Kommunikation; siehe Schütz 1971, Bd.1, 5.14. Vgl. dazu auch Schneider 2002, Bd.1, S.236ff.
Zur ausführlichen Diskussion des Luhmann’schen Kommunikationsbegriffs vgl. Schneider 2002, Bd.2, S.276ff.
So auch Heritage ( 1984, S.116) mit der Bemerkung über “… the participants’ believe that breaches of norms are commonly more revealing about the attitudes, motives and circumstances of other people than is conformity”.
Siehe dazu Pollner 1976, der den Gebrauch unkorrigierbarer Prämissen als generelles Charakteristikum “mundanen” Denkens begreift.
Zur Rolle des Reflexionswertes in binären Codes vgl. Luhmann 1990a, S.200 und 202ff.
Zur Struktur von “Nachbarschaftspaaren” (adjacency pairs) vgl. Levinson 1990, S.302ff. sowie Schneider 2002, Bd.2, S.55ff.
Vgl. Schegloff 1992a, S. 1307, Hervorhebungen im Original: “On other occasions, however, although the misunderstanding is overtly rejected, it is not named but is referred to by a pronoun - ‘I don’t mean that’ or ’That’s not what I meant’.”
Vgl. Schegloff 1992, S. 1306, Excerpt 7. - Als Kontextinformationen zu diesem Dialog erwähnt Schegloff, daß Agnes und Portia Schwestern sind und mehrere von ihnen unternommene Versuche, miteinander zusammenzutreffen, vor diesem Gespräch fehlgeschlagen waren.
Siehe dazu bes. Oevermann et al. 1979 sowie Oevermann 1986, 1991 und 1993b.
In aller Deutlichkeit und Konsequenz siehe dazu Schegloff 1987, 1992b und 1996.
Exemplarisch dazu der Sammelband von Drew und Heritage 1992.
Vgl. dazu Lulunann 1984, S.383ff. Aus der Perspektive der Konversationsanalyse siehe Hausendorf 1992.
Als Ausarbeitung der Systemtheorie für Systeme der Interaktion unter Anwesenden vgl. jedoch Kieserling 1999.
Zur Bedeutung “unterschiedliche(r) Auflösungsvermögen als constraint soziologischer Theorien” vgl. Junge 1993, S.106ff.
Als Beispiel dazu vgl. die Explikation des “closing problems” in Schegloff/Sacks 1974.
Zur Diskussion des Verhältnisses zwischen objektiver Hermeneutik und Systemtheorie vgl. auch Bora 1994 sowie die Beiträge von Bora, Nassehi und Sutter in Sutter (Hrsg.) 1997.
Oder, wie Luhmann/Schorr ( 1979, S.28) formulieren: Die Funktion von Erziehung besteht “… in der Ermöglichung von eher unwahrscheinlichen Prämissen für soziale Kontakte, die normalerweise außerhalb des Erziehungssystems liegen”; vgl. entsprechend Luhmann 2002, S.38f. Siehe dazu auch Tenon (1989, S.813), der für das Erziehungssystem die folgende Funktionsbestimmung gibt: Erziehung ist “… dasjenige gesellschaftliche System, in dem bei allem Wechsel der Generationen generelle und gesellschaftlich für unverzichtbar erachtete Prämissen für Kommunikation je subjektiv, als ‘Habitus’, universalisiert werden, die sich ohne Ausdifferenzierung von Erziehungstätigkeit nicht universalisieren lassen”.
Ein Parallelfall dazu ist das System der Krankenbehandlung (vgl. Luhmann 1997, S.407f.).
Das Lachen der Mitschüler kann freilich schlimmer verletzen, als eine schlechte Zensur. Um die Differenz zwischen primär sachlich bewertender Kommentierung und wesentlich (positiv oder negativ) sanktionierender Zensierung sozial durchzusetzen, muß das Auslachen von Mitschülern deshalb als Delikt behandelt, d.h. ebenfalls zum Gegenstand entsprechender Struktursicherungsoperationen werden. Siehe dazu die folgende Mitteilung eines Lehrers (zitiert nach Hargreaves/Hester/Mellor 1981, S.100): “… Ich dulde kein Gelächter, wenn jemand etwas falsch macht. Das ist das allererste; ich bestehe von Anfang an darauf. Ich sage: ‘Mir macht nichts, ob ihr eine Antwort richtig hinkriegt oder nicht. Meldet euch und versucht eine Antwort. Wenn die Antwort falsch ist, ist sie halt falsch’. Und wenn einer von ihnen lacht, ermahne ich sie immer.”
Vgl. dazu Luhmann 1981a, S.339f., der Organisationssysteme bestimmt als “… soziale Systeme, die aus Entscheidungen bestehen und Entscheidungen wechselseitig miteinander verknüpfen”.
Zum Zusammenhang von Organisierbarkeit und funktionssystemischer Ausdifferenzierung von Erziehung vgl. Luhmann/Schorr 1979, S.53f.
Ich übernehme die zitierte Sequenz von Edwards/Westgate 1987, S. 39; Hervorhebung von mir, W.L.S.
Zum Konzept des “double bind” (bzw. der “Doppelbindung”) vgl. Watzlawick u.a. 1969, S.194ff.
Oder mit einer Formulierung Luhmanns, die generell darauf gemünzt ist, daß jeder Versuch der Erziehung in einer Gesellschaft, die das Streben nach Individualität propagiert und prämiert, zugleich Motive für abweichendes Verhalten miterzeugt: “Dieser Weg des Widerstandes ist besonders deshalb attraktiv, weil er Chancen bietet, Individualität zu entwickeln” (Luhmann 2002, S.49).
Vgl. dazu die Antwort eines Lehrers auf die Frage, wie er reagiere, wenn ein bestimmter Problemschüler “Dummheiten” mache (zitiert nach Hargreaves/Hester/Mellor 1981, S.215): “… Wenn es nicht viel Unruhe erzeugt, unternehme ich manchmal sehr wenig, denn die Störung wäre viel größer, wenn ich offensichtlich etwas dagegen unternehmen würde…. Manchmal schreie ich Fritz an, so daß der Rest der Klasse nicht angesteckt wird. Mit anderen Worten, sie merken, daß das, was Fritz sich erlauben kann, nicht für sie zutrifft.”
Die Unterscheidung zwischen der inhaltlichen und der interaktionsstrukturellen Dimension der untersuchten Äußerungen entspricht der Unterscheidung zwischen Inhalts-und Beziehungsaspekten der Kommunikation, wie sie Watzlawick u.a. (1969, S.53ff.) verwenden.
Vgl. dazu auch Tilman Ernst ( 1979, S.297f.), der als eines der wesentlichen Elemente des “Tenors” einer überwältigenden Anzahl von Zuschriften an die Bundeszentrale für politische Bildung (bis zum 8.2.1979 gingen ca. 50 000 Briefe und Postkarten ein, ohne daß bis zu diesem Zeitpunkt ein Ende abzusehen gewesen wäre) “Betroffenheit/Schockiertheit durch den Film” nennt.
Cultural dope“, unter diesem Titel resümiert und kritisiert Garfinkel die Parsons’sche Konzeption des Akteurs. Was dieses Etikett meint, formuliert Garfinkel (1967, S.68) wie folgt: ”By ‘cultural dope’ I refer to the man-in-the-sociologist’s society who produces the stable features of the society by acting in compliance with preestablished and legitimate alternatives of action that the common culture provides.“ Vgl. dazu auch Schneider 2002, Bd.2, Kap.6.1.8, S.47ff.
Das Prinzip der strikten Kopplung von Äußerungen gilt für die Ausführung sogenannter “Nachbarschaftspaare” (adjacency pairs), wie z.B. Frage/Antwort, Aufforderung/Erfüllung bzw. Ablehnung etc. Vgl. dazu Heritage 1984, S.245ff.
Ähnliches gilt für Mitteilungen über die Veränderung quantitativer Werte (Arbeitslosenziffern, Staatsverschuldung, Wirtschaftswachstum etc.) und daran anschließende Trendextrapolationen. Zur Rolle von Konflikten und Quantitäten als Nachrichtenselektoren vgl. auch Luhmann 1996, S. 59f.
Ein “Unterschied, der bei einem späteren Ereignis einen Unterschied ausmacht” - dies ist bekanntlich die von Gregory Bateson (1983, S.488) stammende Definition einer elementaren Informationseinheit.
Vgl. Lazarsfeld, Berelson, Gaudet 1969, S.28. - Zur Diskussion, Kritik und Modifikation der These des two-step-flow vgl. u.a. Katz 1957, Merten 1988 und 1994, Schenk 1989 sowie Eisenstein 1994.
Vgl. dazu Eisenstein 1994, S.170ff. und die dort angegebene Literatur. Die Gruppe der Isolierten wird in einer Studie von Robinson 1976/77 mit 51% beziffert.
Vgl. dazu auch die folgende Passage aus dem Artikel “Meldungsmacher. Alles, was ein Kanzler braucht: Die Nummer der dpa”, von Michael Hanfeld, erschienen in der FAZ vom 18. August 1999, S.47: “Helden werden geboren und Schurken gerichtet allein über dpa. Es beginnt damit, daß sich A über B, sagen wir Alice Schwarzer über Annemarie Schimmel, beschwert und sie der Häresie bezichtigt, sich C, Ralph Giordano zum Beispiel, dem Protest anschließt, mit dem sich D und E via Agentur solidarisieren Binnen Minuten ist in der Republik der Agenturen der Ausnahmezustand ausgerufen, das Individuum isoliert, der Schuldige kenntlich gemacht. Schließlich stand es in der Meldung von dpa.”
Zum Problem der Anwendung oder Applikation als hermeneutischem Grundproblem, das in paradigmatischer Deutlichkeit im Kontext der theologischen und der juristischen Hermeneutik hervortritt, vgl. Gadamer 1965, S.290ff.
Zur Mystik als Prinzip religiöser Gemeinschaftsbildung vgl. Troeltsch 1965, S.848ff.
Zur Kontrastierung von “Kirche” und “Sekte” vgl. Troeltsch 1965, S.362ff. und Weber 1980, S.622ff. und 721ff.
Zu dieser Charakterisierung von Schrift vgl. Hahn 1998, S.343 und 353f.
Zur Unterscheidung Inklusion/Exklusion vgl. Luhmann 1997a, S.618ff.; mit spezifischem Bezug auf die katholische Kirche im römischen Reich, a.a.O., S. 624.
Diese Lösung des Problems ungleicher Wissensverteilung ist nicht auf die katholische Kirche beschränkt. “Der Masse der Dogmen gegenüber kann in einer dogmenreichen Kirche in weitestem Umfang dagegen nur fides implicita, die allgemeine Bereitschaft der Unterstellung aller eigenen Überzeugungen unter die im Einzelfall maßgebende Glaubensautorität verlangt werden, wie dies die katholische Kirche in weitestem Umfang tat und tut”, vermerkt Weber 1980, S.342.
Zum Begriff der Konsensfiktion vgl. Luhmann 1964, S.68ff.; siehe dazu auch Hahn 1983.
Aus dem 1.Kap. des ersten Buches der Decretalen de summa trinitate et fide catholica, hier zitiert nach Ritschl 1890, S.10.
Ockham schreibt diese Traktate bereits unter dem Eindruck des von Johannes Lutterell (dem ehemaligen Kanzler der Universität Oxford, an der Ockham lehrte) gegen ihn erhobenen Vorwurfes, Irrlehren zu vertreten. Sachlich enthalten sie kaum Neues gegenüber seinem früheren Kommentar zu den Sentenzen von Petrus Lombardus. Ihre Funktion scheint deshalb vor allem in der Verteidigung der schon bisher von ihm eingenommenen und von Lutterell attackierten Position zu bestehen. Vgl. dazu besonders Leppin 2003, S. 114f.
Vgl. Guillelmi de Ockham Opera Theologica. Hrsg. v. P.J Lalor u.a., Bd.1–10, St. Bonaventura, N.Y. 1967–1986, Bd.10, 90,18ff., hier zitiert nach der Übersetzung in Leppin 2003, S. 114.
So Leppin 2003, S.114, mit Verweis auf Guillelmi de Ockham Opera Theologica, Band 10, 101, 4552.
Wie Flasch ( 1989, S.28) vermerkt, wurde diese Formel, die bereits Papst Gregor IX. 1228 in seiner Ermahnung an die Pariser Theologieprofessoren gebraucht hatte, “im 13. Jahrhundert zum Schlagwort gegen das Überhandnehmen der Philosophie”.
Wie Jürgen Miethke ( 1969, S.294) darlegt, hält es Ockham für zulässig, die Konsubstantiationslehre als die plausiblere Auffassung gegenüber der offiziell anerkannten Transsubstantiationslehre zu vertreten, weil er bei seinem Studium der als authentisch anerkannten Quellen (d.h. der Bibel, der Kirchenväter, der päpstlichen Dekretalen, der Konzilsbeschlüsse sowie der Schriften von Theologen, die von der römischen Amtskirche rezipiert wurden) keine Ansicht angetroffen habe, die mit der seinen unvereinbar gewesen wäre.
Für Ockham könnte sie zumindest zum Teil erfolgreich gewesen sein: Zwar wurde er vor dem päpstlichen Gericht zu Avignon wegen Häresie angeklagt. Der Prozeß, der von 1324 bis 1328 dauerte, endete auch damit, daß eine päpstliche Kommission einen Teil seiner Lehren als häretisch verwarf. Er selbst aber wurde nicht als Häretiker verurteilt. Die Gründe dafür sind freilich unbekannt Zum Prozeß gegen Ockham vgl. ausführlich Miethke 1969, S.46–74; resümierend dazu Leppin 2003, S.133ff.
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Schneider, W.L. (2004). Intersubjektivität aus hermeneutischer, konversationsanalytischer und systemtheoretischer Perspektive. In: Grundlagen der soziologischen Theorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97105-0_4
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