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Der analytische Ertrag der Verdrossenheitsforschung

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Politikverdrossenheit
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Zusammenfassung

In diesem Kapitel sollen die beiden ersten der in der Einleitung (vgl. Seite 21) aufgeworfenen Forschungsfragen — was wird in der Literatur unter politischer Verdrossenheit verstanden, und welche etablierten Begriffe sind möglicherweise besser geeignet, um die entsprechenden Phänomene zu beschreiben — abschließend beantwortet werden. Dazu werden zunächst die wichtigsten Ergebnisse der Bedeutungsanalyse in knapper Form zusammengefaßt (Abschnitt 3.1). Anschließend werden einige der zentralen Konzepte aus dem Bereich der Politischen Soziologie, die in Konkurrenz zum Begriff der Politikverdrossenheit stehen, im Überblick vorgestellt (Abschnitt 3.2). Deren Auswahl ergibt sich aus den in der Verdrossenheitsliteratur vorgenommenen Gleichsetzungen einerseits (vgl. Abschnitt 2.6.1.2 auf Seite 117), andererseits aus dem Sachzusammenhang. Auf der Grundlage dieser Darstellung wird dann im letzten Abschnitt des Kapitels ein Resümee des analytischen Ertrages der Verdrossenheitsforschung gezogen.

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Referenzen

  1. Kritisch zur Gleichsetzung von alienation mit politischer Unzufriedenheit äußerst sich u. a. Koff (1973: 281f).

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  2. Als zweite Bedeutung von disa ection führen die Wörterbücher von Langenscheidt übrigens ausdrücklich „(Staats-)Verdrossenheit“ an.

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  3. Vgl. zum Verhältnis zwischen efficacy und responsiveness Vetter (1997: 44f). Beide Gruppen von Items sind im Continuity Guide zu den amerikanischen Wahlstudien (Center for Political Studies oJ) dokumentiert.

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  4. Die Verwendung dieser ltembatterie zur Messung von diffuser Unterstützung für das regime bei Farah et al. sowie in einer Reihe anderer Studien wird von Westle (1989b: 106ff) scharf kritisiert. Eine angemessene Würdigung von Westles Argumentation würde an dieser Stelle jedoch zu weit führen. Vgl. dazu ergänzend Abschnitt 3.2.3, Seite 192.

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  5. Allenfalls könnten die Items im Sinne einer politischen (Un-)Zufriedenheit der Burger mit sich selbst interpretiert werden. Diese Überlegung erscheint jedoch allzu weit hergeholt.

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  6. Um dem Problem der Dimensionalität beizukommen, wurde 1988 eine Reihe neuer, trennschärferer Items zur Messung der internal efficacy in die NES aufgenommen (Niemi et al. 1991), die inzwischen auch in Deutschland erfolgreich eingesetzt werden (Vetter 1997: 113). Im Rahmen meiner Argumentation ist es aber nicht nötig, auf diese neueren Entwicklungen näher einzugehen.

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  7. Dies deckt sich im wesentlichen mit dem Argument von Holtz-Bacha (1998), die Politikverdrossenheit mit alienation gleichsetzt, da alienation, wie im nächsten Abschnitt gezeigt wird, häufig als (in-)efficacy operationalisiert wird.

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  8. Vgl. dazu ausführlich die Abhandlung von Ludz (1975: 5ff), auf die an dieser Stelle summarisch verwiesen sei.

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  9. Zwischen diesen beiden Ansätzen bestanden allerdings insofern Verbindungen, als eine ganze Reihe älterer Arbeiten die Zusammenhänge zwischen sozialstrukturellen Merkmalen wie Alter, Bildung, ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht einerseits und einer über Einstellungsvariablen gemessenen Entfremdung andererseits untersucht hat. In neueren Publikationen hingegen werden wie in der Verdrossenheitsforschung vor allem politische Faktoren sowie Medieneinflüsse zur Erklärung von politischer Entfremdung herangezogen.

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  10. Ähnlich wie bei der Unterscheidung zwischen sozialpsychologisch und sozialstrukturell orientierten Autoren bestehen auch hier zahlreiche Querverbindungen zwischen den Ansätzen (vgl. u. a. Koff 1973, in neuerer Zeit Chen 1992, weiterführende Literatur zu diesem Thema nennen Mason et al. 1985: 114, FN 4). Die Hinweise auf solche Differenzen sollen deshalb lediglich der Orientierung des Lesers und nicht etwa der Entwicklung einer strikten Typologie dienen.

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  11. Auch solche Arbeiten, die andere Indikatoren als die NES-Items nutzen, konzipieren alienation häufig als Gegenteil von support Vgl. hierzu beispielsweise Lockerbie (1993: 282f).

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  12. Vor dem Hintergrund der Regierbarkeitsdebatte entwickelte die Forschung vor allem in den siebziger Jahren ein besonderes Interesse an der Kombination eines geringen politischen Vertrauens mit einer hohen internen und einer niedrigen externen efficacy, weil sie in Weiterführung einer Hypothese von Gamson (1968: 48) hier ein besonderes Risiko für die Stabilität der Demokratie zu erkennen glaubte Ähnliche Überlegungen finden sich übrigens ebenfalls bereits in der „Civic Culture“-Studie.

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  13. Ob es allerdings sinnvoll ist, die Batterien unter einer gemeinsamen Bezeichnung zusammenzufassen, ist angesichts der Tatsache, daß sich beide Konstrukte nicht nur inhaltlich, sondern auch faktoranalytisch voneinander trennen lassen, wie schon die ersten Arbeiten auf diesem Gebiet gezeigt haben, mehr als fraglich.

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  14. Vergleichbare Überlegungen wurden bereits in Kapitel 2.3 zur Regierbarkeitsdiskussion (insbesondere Abschnitt 2.3.2) vorgestellt und finden sich, wenn auch weniger prominent (vgl. Tabelle 2.36 auf Seite 149), in der Verdrossenheitsdebatte wieder.

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  15. Anti-party sentiment meint die grundsätzliche Ablehnung von Parteien im allgemeinen, manchmal auch nur die Ablehnung aller existierenden Parteien, und entspricht damit in etwa dem im deutschen Sprachraum verbreiteten Begriff des „Antiparteienaffektes“. Das Konzept, dem 1996 ein Sonderheft des „European Journal of Political Research“ gewidmet wurde, ist (zumindest auf der Ebene der Massen) bislang nicht klar definiert, aber in jedem Fall enger gefaßt als Reiters Definition von party decline (Poguntke 1996: 323). Eine Operationalisierung, welche die drei Elemente „Unzufriedenheit mit den existierenden Parteien“, „Präferenz für eine dritte Partei“ (im Falle der USA) und „Wunsch nach einer weniger wichtigen Rolle für die Parteien“ beinhaltet, wurde von Owen und Dennis (1996) entwickelt. Ähnliche Indikatoren finden sich bereits 1983 bei Schmitt und in einigen anderen Studien.

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  16. Der Fragestimulus ist seit 1952 unverändert geblieben und lautet: „Generally speaking, do you usually think of yourself as a Republican, a Democrat, an Independent, or what?“ Mit einer zweiten Frage wird anschließend die Stärke der Parteiidentifikation (für Demokraten und Republikaner) beziehungsweise eine eventuelle Parteineigung (für Unabhängige) erhoben. Zu den Details vgl. Center for Political Studies (1998).

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  17. Hinsichtlich dieser Definition von dealignment gibt es in der Literatur Unklarheiten, auf die bereits Dalton et al. (1984: 13, FN 6) selbst hinweisen. Insbesondere besteht nicht in allen Beiträgen Einigkeit darüber, ob der Begriff sich auf die Einstellungs- oder auf die Handlungsebene beziehen soll. Mit Dalton et al. bin ich der Meinung, daß dealignment den mentalen Prozeß des Zerfalls von Parteibindungen bezeichnen soll, aus dem nicht zwingend eine Kräfteverschiebung zwischen den Parteien folgen muß. Nur so läßt sich dealignment empirisch und analytisch von seinen Ursachen und Folgen trennen (Dalton et al. 1984: 13, FN 6).

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  18. Nur am Rande sei darauf verwiesen, daß sich die Verdrossenheitsdebatte in dieser Hinsicht deutlich von den älteren Krisendiskussionen unterscheidet, die unter weitaus weniger „germanozentrischen“ (Lösche 1995a: 158) Vorzeichen geführt wurden.

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  19. Auch das oben angesprochene anti-party sentiment kann als Entzug von Unterstützung für einzelne authorities beziehungsweise für einen Teil des regimes interpretiert werden. Vgl. dazu auch Westle (1990a: 403f).

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  20. Unklarheit besteht aber häufig über das notwendige Ausmaß der Unterstützung: Während viele Autoren in der Tradition Parsons’ in jedem Entzug von politischer Unterstützung eine potentielle Gefahr für die Stabilität des politischen Systems sehen, weisen andere sehr prononciert darauf hin, daß die Kritik an den bestehenden Verhältnissen zum Wesen der Demokratie gehöre — vgl. dazu u. a. Citrin et al. 1975, Parry 1976, Sniderman 1981, Wright 1981, Klingemann 1999.

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  21. Eine dritte Unterscheidung (Easton 1965b) zwischen unterstützenden Handlungen („overt support”) und unterstützenden Einstellungen („covert support”) spielt hingegen in der Diskussion nur eine untergeordnete Rolle, weil der Unterstützungsbegriff ähnlich wie der Begriff der Verdrossenheit zumeist auf die attitudinale Ebene bezogen wird. Die Entstehung dieser unterstützenden Attitüden wird teils auf Erfahrungen mit dem politischen System, teils auf primäre und sekundäre Sozialisationsprozesse zurückgeführt (Easton 1975: 444ff).

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  22. Legitimität ist in dieser Perspektive also keine von außen festgestellte Qualität des politischen Systems, sondern muß im Sinne Webers (1980: 122f) als subjektiver „Legitimitätsglaube“ der Bürger verstanden werden.

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  23. Westle (1989b: 170ff) hat in diesem Zusammenhang eine hilfreiche Explikation beziehungsweise Erweiterung des regime-Begriffes vorgeschlagen, indem sie zwischen politischer Philosophie, politischen Ordnungsvorstellungen, formaler politischer Ordnung und materialer politischer Ordnung unterscheidet. Ähnlich argumentiert bereits Gamson (1968: 50f).

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  24. Unter Umständen sind ihnen noch die Inhaber von per se unpolitischen Spitzenpositionen zuzurechnen, die aber ihr Amt einer Form der Parteipatronage verdanken. Eine ausführliche Diskussion der Frage, wer zu den authorities zu rechnen ist, findet sich bei Westle (1989b: 174ff).

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  25. Eine ähnliche, ebenfalls auf Parsons zurückgehende Konzeptualisierung verwenden auch Almond und Verba in ihrer klassischen Studie. Kritisch dazu: Conradt (1980: 221ff.

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  26. 26 Ähnliche Überlegungen finden sich bereits bei Kaase (1979), der aber noch den Begriff der Legitimitätskrise verwendet.

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  27. Dieser analytische Rahmen wird allerdings in einigen Beiträgen abgewandelt beziehungsweise erweitert — vgl. vor allem Dalton (1999: 58f), der in Anlehnung an Almond und Verba (1965) die Unterscheidung zwischen affektiven und instrumentellen Einstellungsinhalten wieder einführt.

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  28. Übrigens beschäftigen sich die Autoren von Norris (1999a) fast ausschließlich mit sinkendem Vertrauen (Miller und Listhaug 1999, Newton 1999, Norris 1999b) beziehungsweise abnehmenden Bindungen (Dalton 1999). Nimmt man die bei Easton (1975) getroffene Unterscheidung zwischen den verschiedenen Formen diffuser Unterstützung ernst, so folgt aus dem Rückgang des Vertrauens nicht zwingend, daß die betroffenen Institutionen in den Augen der Bürger nicht mehr als legitim und/oder effizient gelten.

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  29. Für Newton handelt es sich bei Sozialkapital im wesentlichen um interpersonales Vertrauen, a. n. um ein Mikro-Konzept. In der Literatur wird der Begriff in vielen verschiedenen Varianten verwendet. Eine weitergehende Diskussion dieses überaus komplexen Begriffes ist an dieser Stelle weder möglich noch nötig. Für einen ersten kritischen Überblick vgl. Knight (1998).

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  30. Auf die Problematik des Protestbegriffes wurde bereits weiter oben hingewiesen. „Protest“ bezieht sich in der Verdrossenheitsliteratur in aller Regel nicht auf die Bereitschaft, sich an unkonventionellen oder illegalen Partizipationsformen zu beteiligen, sondern bezeichnet eine Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien und Politikern und/oder den emotional motivierten Wunsch, diese politischen Akteure durch die eigene Wahlentscheidung zu „bestrafen“. Klare Definitionen von Protest sind die Ausnahme. In der Mehrheit aller Beiträge dürfte es sich bei Protesteinstellungen jedoch schlicht um einen Spezialfall politischer Unzufriedenheit handeln.

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Arzheimer, K. (2002). Der analytische Ertrag der Verdrossenheitsforschung. In: Politikverdrossenheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97103-6_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97103-6_3

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