Zusammenfassung
Eine bekannte Sentenz besagt, daß Prognosen vor allem dann schwierig sind, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Ganz sicher gilt dies für Aussagen, die für einen weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt eine Welt mit den Bedingungen ihres dann gegebenen Seins und den darin enthaltenen Handlungsmöglichkeiten beschreiben wollen. Die Erfahrung lehrt, daß die Wahrscheinlichkeit einer ungenauen Vorhersage mit dem Zeitraum steigt, den sie umfaßt. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß bei einer Benennung künftiger Entwicklungen eigentlich nur die Kenntnisse über bisherige historische Verläufe in die Zukunft hinein fortgeschrieben werden können. Aber schon Alltagskenntnisse zeigen, daß das menschliche Verhalten offensichtlich unberechenbar ist und daß in der Konsequenz dieser Tatsache plötzlich eintretende Ereignisse nicht auszuschließen sind. Diese Ereignisse mögen zwar mit langfristigen Tendenzen übereinstimmen, aber ihr Eintreten zu einem bestimmten Zeitpunkt und ihre konkreten Wirkungen fir die weitere Entwicklung können nicht vorausgesagt werden. Damit wird allerdings ein Dilemma der Argumentation deutlich. Wollte man nämlich von diesem Prinzip der Fortschreibung gewonnener Einsichten abweichen, würden die Aussagen über längerfristige Entwicklungstrends den Charakter einer unbegründeten Prophetie annehmen. Andererseits stößt die Vorstellung, über lange Zeiträume verlaufende Entwicklungslinien im voraus aus den bisherigen Entwicklungsbedingungen bestimmen zu können, auf den Einwand, daß im Augenblick der Prognose nicht bekannte Faktoren die künftige Entwicklung erheblich beeinflussen können und mehr oder weniger, aber eben nicht genau bestimmbar, beeinflussen werden. Aus der Chaos-Theorie ist aber bekannt, daß kleinste Unterschiede in den Ausgangsbedingungen eines Prozesses beziehungsweise in den Veränderungsbedingungen fortlaufender Prozesse zu anfangs kaum erkennbaren Differenzen in Entwicklungslinien führen. Prognosen müssen noch unbekannte, aber nicht auszuschließende Möglichkeiten künftiger Entwicklungen im Kalkül berücksichtigen, sie erfassen, bewerten und im Grad der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens beurteilen. Nur eine rege Fantasie kann den Blick auf dieses offene Feld von Entwicklungsoptionen eröffnen. Die Betonung der notwendigen Fantasie wirft freilich Probleme auf. Sie ist spontan, ungeregelt und kaum in wissenschaftlichen Denkkategorien zu erfassen. Wichtiger noch ist, daß diese notwendig erscheinende Fantasie auch kaum zu erwarten ist. Ein Blick auf die Zukunftsdarstellung im Film belegt diese These (vgl. dazu u. a. Hömlein/ Heinecke 2000). Science-fiction-Serien, die eine weit in der Zukunft liegende Realität schildern wollen, schreiben beispielsweise nur die jeweils zur Entstehungszeit der Serie vorherrschenden Konflikte, Kulturen, politischen Hierarchien und Einstellungsperspektiven fort.
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Forndran, E. (2002). Frieden in vierzig Jahren. In: Sahm, A., Sapper, M., Weichsel, V. (eds) Die Zukunft des Friedens. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97102-9_19
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